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Gefragt ist der innovative Unternehmertyp

Diana Wiedmann ist Chief Human Resources Officer bei Drees & Sommer.

Diana Wiedmann ist Chief Human Resources Officer bei Drees & Sommer.

Urheber: Tom Maurer Photography

Karriere 12.10.2023
Seit sieben Monaten ist Diana Wiedmann Chief Human Resources Officer bei Drees & Sommer (Dreso). Im Interview spricht sie über die Herausforderungen eines Unternehmens mit ... 

Seit sieben Monaten ist Diana Wiedmann Chief Human Resources Officer bei Drees & Sommer (Dreso). Im Interview spricht sie über die Herausforderungen eines Unternehmens mit vielfältigen Leistungsschwerpunkten und die Bedeutung einer innovationsfreudigen Unternehmenskultur.

Immobilien Zeitung: Beim IZ-Ranking der Top-Arbeitgeber liegt Drees & Sommer aktuell erstmals auf Platz eins. Hat sich dadurch die Bewerberzahl erhöht?

Diana Wiedmann: Wir haben schon festgestellt, dass der Spitzenplatz unter den Top-Arbeitgebern der Immobilienwirtschaft positiv angekommen ist. Und das zahlt auch auf die Marke Drees & Sommer als Ganzes ein. Allerdings ist der Arbeitsmarkt gerade auch in unserer Branche unter Druck.

IZ: Was war ausschlaggebend für Ihren Wechsel zu Dreso?

Wiedmann: Tatsächlich war es der Leitsatz "Machen dürfen" und auch das, was ich in meinen rund 23 Jahren in anderen Branchen gelernt habe, zur Umsetzung zu bringen. Zudem gefällt mir, in einem Unternehmen tätig zu sein, das Wertschätzung für den Menschen zeigt. Ich kann Ihnen in nur drei Worten beschreiben, was mir bei Dreso wichtig ist: Unternehmertum, Innovation und die Menschlichkeit.

IZ: Wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen, auf was achten Sie bei Ihrem Gegenüber besonders?

Wiedmann: Das Wichtigste ist immer, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin authentisch ist. Ich weiß, das sagen viele, aber man spürt im Gespräch schnell, ob dieser Mensch seine Ziele lebt, ob er begeisterungsfähig ist. Das Zweite ist "People and Performance". In der Performance steckt für mich auch das Wort Fortschritt mit drin: Ob der Mensch für Fortschritt und Innovationen steht.

IZ: In einem Bewerbungsgespräch spielt man letztlich immer eine Rolle. Bewerber wollen sich ja verkaufen. Und wie man das am besten macht, dafür gibt es eine Menge Ratgeber. Wie schauen Sie dahinter?

Wiedmann: Ich verdeutliche das mal am Beispiel Begeisterungsfähigkeit: Wenn die am Ende des Gesprächs noch genauso hoch ist wie am Anfang, merkt man, ob der hoffentlich künftige Mitarbeiter für die Aufgabe brennt. Sowohl für die Themen, die er in der Vergangenheit gerockt hat, und die Aufgaben, die er meisterte, als auch für das, was der Bewerber bei uns machen möchte. So kann man auch die angesprochene Authentizität bewerten. Sie sprachen von Rollenspiel. Aber sobald man tief in ein Thema eintaucht, merkt man schon, was der Mensch mir gegenüber bewirkt und gemacht hat, wofür er brennt und warum er morgens aufsteht. Das kann man schwer spielen.

"Der Mensch im Mittelpunkt aller Prozesse"

IZ: Ein bekanntes Sprichwort lautet: Neue Besen kehren gut. Sie sind seit Februar bei Dreso. Was haben Sie als erstes geändert oder was möchten Sie verändern?

Wiedmann: Ich möchte dem Menschen noch mehr Stellenwert geben, den er verdient als wichtigster Weichensteller für den Erfolg des Geschäfts. Finanzen spiegeln den Erfolg eines Unternehmens, aber so ein Euro schmeckt ja immer gleich. Der Mensch macht uns besonders. Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt und das auch in der Durchgängigkeit aller relevanten Prozesse. Was heißt das für unsere Mitarbeitenden? Sie müssen genau das spüren. Das ist der Grund, warum ich morgens aufstehe. Das ist die große strategische Antwort. Ins Kleine übertragen stellen wir fest, dass die Fluktuation zurückgegangen ist. Sie sprachen das IZ-Ranking an. Es sind viele kleine Dinge, die wir konsequent tun, und das merken auch die Mitarbeitenden.

IZ: Wie steht es um die Fluktuation?

Wiedmann: Die konnten wir gegenüber dem Vorjahr reduzieren. Da spielen natürlich sowohl interne wie auch externe Faktoren eine Rolle. Nach Covid ist die Fluktuation überall nach oben gegangen, weil sich während der Pandemie niemand verändern wollte. Aber wir sehen jetzt, dass unsere Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung, das Arbeiten am Thema Mitarbeiterführung, alle unsere angeblich weicheren Themen, greifen. Eine langfristige Mitarbeiterbindung ist uns bei Drees & Sommer besonders wichtig.

IZ: Welche Maßnahmen nutzen Sie zur Mitarbeiterbindung?

Wiedmann: Es gibt natürlich monetär messbare Maßnahmen, viel wichtiger sind aber die weichen Faktoren. Wir haben uns vor anderthalb Jahren, da war ich schon frei beratend für Drees & Sommer tätig, auf den Weg gemacht, am Thema Führungsverständnis zu arbeiten. Das haben wir ganz bewusst mit den Mitarbeitenden und Führungskräften zusammen entwickelt. Besonders daran ist, dass wir nichts von der Stange eingekauft haben, sondern uns selbst auf die Reise machten. Also von Dreso für Dreso. Ein weiteres Thema, das bei allen Generationen wichtig ist, ist die Weiterentwicklung, sprich die Weiterbildung bei uns in der Akademie. Das dritte ist das Unternehmertum, für das wir stehen. Das heißt, dass jeder auf jedem Level machen darf. Wir stehen für sehr flache Hierarchien und Offenheit. Jeder darf mit einer Idee zur Partnerschaft gehen. Und wenn sie sinnvoll ist, darf ich sie im Sinne des Unternehmertums umsetzen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal von Drees & Sommer.

IZ: Das klingt sehr nach Hochglanzprospekt. Wir wissen ja alle, in einem Unternehmen muss man Spielregeln einhalten. Da sind die Anforderungen des Kunden und Mitarbeiter müssen sich ins Team einordnen können. Da hat das Unternehmertum seine Grenzen.

Wiedmann: Sicher, ich sprach darüber, was wir tun. Aber natürlich ist auch ganz wichtig, wie wir es tun. Sie sprechen das Thema Teamfit an, was eines der großen Bleibe- und auch Komm-Anreize ist. Mitarbeitende müssen sich wohl- und abgeholt fühlen. Wichtig ist die gegenseitige Unterstützung. Das Thema Connect ist umso wichtiger, da wir im Projektgeschäft arbeiten. Wichtig ist auch, das Thema Team herauszustellen, also wo kann ich mich bei Dreso konkret einbringen.

IZ: Ist es aus Ihrer eigenen Lebens- und Berufserfahrung wichtig, das Unternehmen oder sogar die Branche zu wechseln?

Wiedmann: Ich würde sagen, sowohl als auch. In den Corporate Units war es für mich ein Vorteil, gesehen zu haben, wie zum Beispiel Human Ressources bei Biotech oder bei Siemens läuft. Ursprünglich komme ich aus dem Finanzwesen und konnte dort viel lernen, was ich jetzt noch umsetzen kann. Bei Drees & Sommer bilden wir eine große berufliche Bandbreite ab. Entscheidend ist, dass sich der Einzelne verwirklichen kann. Ob jemand mehr im IT- oder Design-Bereich arbeiten möchte oder doch wieder näher an die Baustelle will, wir versuchen, die Möglichkeiten zu schaffen.

IZ: Dreso arbeitet mit Start-ups zusammen. Machen Sie das so, wie die großen Konzerne in Stuttgart, die diese Start-ups irgendwann absorbieren oder die guten Leute abwerben?

Wiedmann: Wir haben in ein eigenes Innovationscenter, das sich ganz bewusst mit der Start-up-Welt beschäftigt, investiert. Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass wir zusammenpassen, dann gehen wir einen gemeinsamen Weg. Der kann viele Formen annehmen. Start-ups und Innovationen sind ein großes Thema, wir gehen da individuelle Wege. Das Netzwerken, das Connecting, funktioniert ja nicht nur bei Mitarbeitenden, sondern auch bei Firmen, um Innovationsthemen zu treiben.

IZ: Dreso deckt recht komplizierte Themen und Arbeitsfelder ab. Wo und wie rekrutieren Sie neue Mitarbeiter in Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels?

Wiedmann: Der erfolgreichste Kanal ist "Mitarbeitende werben Mitarbeitende", weil das die glaubwürdigsten Multiplikatoren sind. Auch Social Media spielt eine wichtige Rolle, weil wir dort Einblicke in unsere Arbeitswelt geben können. Der Auftritt muss authentisch sein, weil man durch Bewertungen sehr schnell den Spiegel vorgehalten bekommt. Auch der demografische Wandel muss nach unten wie nach oben betrachtet und berücksichtigt werden.

"Die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, nimmt leider etwas ab"

IZ: Sie sind ein junges Team. Über 54% der Mitarbeitenden bei Drees & Sommer sind jünger als 35 Jahre.

Wiedmann: Das spricht für sich, offensichtlich sind wir für Jüngere attraktiv.

IZ: Da könnte ich jetzt Altersdiskriminierung heraushören.

Wiedmann: Eben nicht, deswegen hatte ich zuvor die zwei Seiten des demografischen Wandels angesprochen. Es bedarf jeweils besonderer Anreizsysteme. Jüngere und Ältere lernen in gemischten Teams gut voneinander, das schafft eine Win-Win-Situation.

IZ: Muss Dreso je nach Standort beim Gehalt eine Schippe drauflegen?

Wiedmann: Wir haben marktgerechte Benchmarks, das gilt auch für unsere ausländischen Niederlassungen, um wettbewerbsfähig zu agieren.

IZ: Welche Rolle spielen aktuell Benefits für die Mitarbeiter und welche gibt es in Ihrem Haus?

Wiedmann: Bei uns spielen die Benefits eine große Rolle. Dazu gehören Krankenzusatzversicherungen, Jobrad oder der Trend Wellbeing. Wir bieten hier sehr vergünstigt europaweit Zugang zu Fitnessstudios. Auch das Thema Altersvorsorge zählt zu den wichtigen Benefits und wird immer wichtiger. Zudem ist die Aufenthaltsqualität des Arbeitsorts sehr relevant, beispielhaft kann ich hier unseren Büroneubau in Vaihingen anführen., Das Büro muss eine Begegnungsstätte sein, damit die Leute gerne dorthin kommen. Daran hat natürlich auch das Team einen entscheidenden Anteil. International gibt es unterschiedliche Gewichtungen, das hängt auch von der jeweiligen steuerlichen Behandlung ab. Auf der monetären Seite gibt es zum Grundgehalt ein Prämiensystem.

IZ: Wie viele Standorte hat Dreso?

Wiedmann: Insgesamt 59, 34 davon im Ausland.

IZ: Die Chance für einen Wechsel ins Ausland muss doch gerade für Jüngere sehr attraktiv sein?

Wiedmann: In den letzten drei Jahren stellen wir diesbezüglich einen Wandel fest. Die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen oder innerhalb Deutschlands an einen anderen Standort, nimmt leider etwas ab. Vielleicht liegt das an Covid oder am wichtiger gewordenen Thema Work-Life-Balance.

IZ: Frau Wiedmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Dagmar Lange.

Dagmar Lange

Gefragte Arbeitgeber - Platz 1: Drees & Sommer

Diana Wiedmann, Chief Human Resources Officer.

Diana Wiedmann, Chief Human Resources Officer.

Quelle: Drees & Sommer

Karriere 13.07.2023
Das international tätige Beratungs- und Planungsunternehmen Drees & Sommer bietet privaten und öffentlichen Bauherren sowie Investoren Lösungen für Bauvorhaben, Immobilienportfolios, ... 

Das international tätige Beratungs- und Planungsunternehmen Drees & Sommer bietet privaten und öffentlichen Bauherren sowie Investoren Lösungen für Bauvorhaben, Immobilienportfolios, Infrastruktur und Stadtentwicklung von der ersten Planungsphase bis zum Betrieb und Rückbau.

Drees & Sommer in Deutschland

Weltweit ist Drees & Sommer an 51 Standorten vertreten. In Deutschland gibt es Büros in 25 Städten. Die Zahl der Mitarbeiter hierzulande ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Bis Ende des Jahres rechnet das Unternehmen mit 4.944 Mitarbeitern deutschlandweit. Sie arbeiten in den Tätigkeitsfeldern Beratung, Planung, Sales, Projekt- und Baumanagement, Corporate Units und Business Support.

Einstieg 2023

In diesem Jahr werden etwa 250 Jobs für Berufseinsteiger angeboten. Der Fokus beim Recruiting des Unternehmens liegt auf Bau- und Wirtschaftsingenieuren sowie Architekten.

Für Studierende bietet Drees & Sommer 2023 insgesamt rund 300 Stellen. Freiwillige Praktika werden mit 2.100 Euro pro Monat vergütet, Pflichtpraktika mit 1.100 Euro. Nachwuchskräfte lockt Drees & Sommer mit einer unternehmenseigenen Academy für Fortbildungen sowie einem Bonus- und Prämiensystem. Zudem betreut das Unternehmen regelmäßig Abschlussarbeiten.

Auslandserfahrungen können Mitarbeiter im Laufe ihrer Karriere etwa in Großbritannien, den Niederlande und Spanien sammeln. Möglich ist das im Rahmen von Projektarbeiten oder bei der Unterstützung von Kollegen an ausländischen Standorten.

Flexible Arbeitszeiten, Mobile-Office-Regelungen und diverse Teilzeitmodelle werden angeboten. Initiativbewerbungen nimmt das Unternehmen jederzeit entgegen. Dafür steht ein Online-Bewerbungsportal zur Verfügung. Die Aufnahme in einen Talent-Pool ist möglich.

Immobilien Zeitung

Konkrete Gehaltsangaben lassen Bewerberzahlen steigen

Angaben zum möglichen Gehalt suchen Bewerber in den meisten Stellenanzeigen vergeblich.

Angaben zum möglichen Gehalt suchen Bewerber in den meisten Stellenanzeigen vergeblich.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 06.07.2023
Nur in wenigen Stellenausschreibungen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft lassen sich konkrete Gehaltsangaben finden. Dabei ist das Entgelt für viele Kandidaten ausschlaggebend bei der Wahl ... 

Nur in wenigen Stellenausschreibungen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft lassen sich konkrete Gehaltsangaben finden. Dabei ist das Entgelt für viele Kandidaten ausschlaggebend bei der Wahl eines neuen Jobs. Doch wer zu offen mit der Bezahlung umgeht, kann auch Nachteile haben, etwa wenn Neid unter Kollegen aufkommt oder Bewerber ohne passende Qualifikation aufspringen wollen.

Über Geld spricht man nicht, das scheint nach wie vor das Gebot für viele Arbeitgeber – zumindest legt das ein Blick auf Stellenausschreibungen nahe. Dabei ist eine belastbare Information darüber, wie hoch das Gehalt ausfällt, für Bewerber relevant.

Thomas Reimann, Chef von Alea Hoch- und Industriebau, wagte deshalb vor fünf Jahren ein Experiment: Er packte Gehaltskorridore in die Jobinserate. Und tatsächlich stieg das Bewerberaufkommen etwa bei Polieren und Bauleitern rapide. Offenbar fühlten sich viele potenzieller Bewerber von der genannten Vergütung angesprochen.

Richtlinie sorgt für Druck bei Arbeitgebern

Entgelttransparenz, also der offene Umgang mit Gehältern und Benefits, ist seit Jahren für Arbeitgeber ein Thema. Seit Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetzes im Jahr 2017 können Beschäftigte von Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern Auskunft über die Gehaltsstrukturen verlangen. Ende April ist zudem die EU-Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft getreten. Bis 2026 muss sie in nationales Recht überführt werden. Setzen Arbeitgeber die dann neuen Transparenzregelungen nicht um, drohen Geldbußen. Das Ziel: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Interessant ist Artikel 5 der EU-Richtlinie, gemäß dem alle Bewerber einen Anspruch darauf haben, das "Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne" zu erfahren, das auf "objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien" beruhen muss.

"Der Druck in den Unternehmen ist enorm", sagt Madeleine Kern, Beraterin für Personalmarketing. Arbeitgeber müssten nun dringend anfangen, Gehaltsgefälle intern zu begleichen. Erst danach könne man sich an die Stellenanzeige, also an die Kommunikation nach außen, machen.

In der Immobilienbranche wird aus dem Gehalt nach wie vor meist ein Geheimnis gemacht. "Wir kommunizieren Gehälter in unseren Stellenausschreibungen nicht. In unserem Jobportal haben Bewerber:innen die Wahl, ob sie einen Gehaltswunsch angeben oder dieses Feld frei lassen", heißt es etwa auf Anfrage von der Deka. Bei Drees & Sommer läuft es ähnlich: Aktiv wird von Unternehmensseite aus nichts preisgegeben.

Lediglich bei Auszubildenden oder Juniors geben manche Arbeitgeber etwas tiefere Einblicke. So etwa Commerz Real: Bei Praktikanten, Werkstudenten und Trainees werden die – ohnehin festgelegten – Gehälter in der Ausschreibung kommuniziert. Dadurch kann die Attraktivität der Stelle gesteigert werden. Komplizierter wird es bei den Professionals. "In diesen Fällen fällt es aufgrund der Breite der Gehaltsbänder je nach Erfahrung und Ausbildung schwerer, eine konkrete Angabe zu machen", heißt es auf Anfrage vom Unternehmen. Daher wird das Gespräch über die monetären Erwartungen meist auf den Anfang des Online-Bewerbungsprozesses geschoben. Wieder soll zuerst der Bewerber einen Wunsch angeben.

Gehaltsspannen können Orientierung schaffen

Headhunter Szymon Kedzierski von Fred Executive Search kann es verstehen, dass Arbeitgeber sich zieren, allzu offen mit dem Thema umzugehen. "Bei Berufseinsteigern ist Transparenz meistens unproblematisch", sagt er. "Aber danach hängt das Gehalt von vielen Variablen ab: Welche Ausbildung hat jemand, wie viel Erfahrung, wie gut passt die Person auf die jeweilige Stelle", nennt er einige. Werde ein Korridor angegeben, etwa "65.000 bis 80.000 Euro Bruttojahresgehalt", würden Bewerber oft ungeachtet ihrer Qualifikation auf das obere Ende der Fahnenstange schielen und seien enttäuscht, wenn sie nicht den angegebenen Höchstbetrag bekämen. Zudem werden Stellenausschreibungen auch von der eigenen Belegschaft wahrgenommen. Sieht nun ein Polier, dass an einer Stelle mit selbem Profil ein deutlich stattlicheres Preisschild hängt, kann das intern für Unmut sorgen.

Bei vielen Positionen gibt es neben dem Fixgehalt einen variablen, leistungsabhängigen Anteil. Dessen Zusammensetzung kommunizieren die Arbeitgeber selten nach außen. So bleibt auch bei Angabe der Jahresgesamtkompensation ein großes Fragezeichen. "Die individuelle Vergütung lässt sich viel besser im Bewerbungsgespräch klären", sagt Kedzierski. Er empfiehlt, frühzeitig darüber ins Gespräch zu kommen. "Solche K.o.-Kriterien muss man direkt klären, es ist für beide Seiten verlorene Zeit, wenn man sich am Ende des Prozesses monetär nicht einig wird." Seiner Beobachtung nach besteht aber bei vielen Arbeitgebern eine gewisse Flexibilität: "Fordert jemand 50% mehr als das veranschlagte Budget für die Stelle, dann scheitert es fast immer. Aber bis zu 10% über Budget sind häufig drin, wenn der Kandidat perfekt passt." Diese Einschätzung bestätigt der Immobiliendienstleister JLL aus seiner Praxis. "Für jede Position gibt es je nach Aufgabenbereich, Verantwortung und Erfahrung einen gewissen Spielraum, der von Fall zu Fall unterschiedlich genutzt wird", erklärt das Unternehmen.

Commerz Real bietet Beschäftigten mittels eines außertariflichen Vergütungsmodells einen Überblick über die verschiedenen Karrierestufen und deren Anforderungen, um für mehr Transparenz zu sorgen. Und auch Drees & Sommer kommuniziert sogenannte Gehaltsbänder. Basierend auf Berufserfahrung, regionalen Gehaltsunterschieden und leistungsspezifischen Komponenten gebe es eine gewissen Bewegungsfreiheit, erklärt HR-Chefin Diana Wiedmann. Wer sich bewirbt und dabei weniger verlangt als das unternehmensintern festgelegte Minimum, bekommt ungefragt mehr angeboten. Will jemand mehr als das definierte Maximalgehalt, wird abgewogen: Eine Lösung kann zum Beispiel darin bestehen, dass der Bewerber einen Sign-on-Bonus bekommt, also einen Einmalbetrag bei Einstellung. Alternativ könne ein Entwicklungsplan mit monetärer Komponente erstellt werden.

Alea-Chef Reimann hat sein Transparenz-Experiment nach einem halben Jahr gestoppt und die Gehaltsangaben aus den Inseraten wieder gestrichen. Auch deshalb, weil die neue Praxis deutlich mehr Arbeit in der Personalabteilung verursacht hat. "Wir haben zu viele Bewerbungen bekommen – teils auch von Leuten ohne passendes Profil für die ausgeschriebene Stelle", erklärt der Firmenchef die Kehrtwende.

Die Autorin: Anne Hüninghaus ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anne Hüninghaus

Strukturierte Exit-Gespräche bringen Erkenntnisse für die Zukunft

Eine Checkliste als Leitfaden hilft dabei, alle wichtigen Themen im  Abschiedsgespräch abzuarbeiten.

Eine Checkliste als Leitfaden hilft dabei, alle wichtigen Themen im Abschiedsgespräch abzuarbeiten.

Quelle: Imago, Urheber: Panthermedia

Karriere 29.06.2023
Wenn ein langjähriger Mitarbeiter die Firma verlässt, reagieren Kollegen und Vorgesetzte oft emotional. Doch Unternehmen wie Drees & Sommer oder Ziegert zeigen, dass ein strukturiertes ... 

Wenn ein langjähriger Mitarbeiter die Firma verlässt, reagieren Kollegen und Vorgesetzte oft emotional. Doch Unternehmen wie Drees & Sommer oder Ziegert zeigen, dass ein strukturiertes Offboarding nicht nur den Abschied erleichtern, sondern auch wichtige Informationen für die Zukunft liefern kann. Damit das gelingt, müssen die letzten Gespräche aber wichtige Themen abdecken und vergleichbar gemacht werden.

Bis vor wenigen Jahren verliefen Abschiedsgespräche bei der Ziegert Group rein nach Bauchgefühl. Dadurch waren die Gesprächspunkte, die Personalmanager und Führungskräfte einbrachten, uneinheitlich und es konnte kein Feedback für die Zukunft extrahiert werden. 2019 hat sich das Unternehmen entschieden, die Prozesse zu überarbeiten. Und davon profitiert der Arbeitgeber, wie Personalchefin Maria Liebich erklärt: "Wir haben gemerkt, wie wichtig das Feedback ist, das wir durch einen durchdachten Offboarding-Prozess bekommen." Liebich und ihr achtköpfiges Team haben einen mehrstufigen Ablauf etabliert, der ein respektvolles Miteinander nach einer Kündigung ermöglichen soll. Berücksichtigt werden ordentliche Übergaben, Wissenstransfer, Abschiedspartys und auch eine mögliche Wiederkehr. Wenn ein Mitarbeiter kündigt, gibt es zwei einstündige Termine für ihn: ein Gespräch mit der HR-Abteilung und eins mit der Führungskraft.

Die einheitlichen Prozessschritte für die Offboarding-Gespräche hat die Personalabteilung auf einer Checkliste festgehalten. Darin geht es um das Arbeitszeugnis, die Arbeitsbescheinigung, Resturlaub, Überstunden, sämtliche Kontaktdaten, den Hinweis auf die Verschwiegenheitsverpflichtung und auch um die Festlegung des letzten Arbeitstags.

Neben der Liste als Orientierung bekommen Führungskräfte zur Vorbereitung auf ein Exit-Gespräch auch eine Beratung durch die HR-Experten im Haus. "Viele glauben das nicht, aber ohne die Checklisten und die vorbereitenden Gespräche gehen wirklich viele Informationen verloren. Oder es werden wichtige Dinge nicht abgefragt", sagt Liebich und nennt Mitgliedschaften im Sportclub auf Firmenkosten als Beispiel. Aber auch ein Hinweis, dass die Angabe des Arbeitgebers in sozialen Netzwerken aktualisiert werden muss, sei wichtig, um Verwirrungen bei Außenstehenden zu verhindern. "Wir hatten schon mehrere Heads of Sales auf Linkedin", sagt Liebich und lacht.

Leitfäden machen Feedbacks vergleichbar

Bei Ziegert sind die HR-Manager verschiedenen Geschäftsbereichen zugeordnet, auch deshalb sei es wichtig, dass die Gespräche anhand jeweiliger Leitfäden ablaufen. So können die Daten strukturierter gesammelt werden. In den Exit-Gesprächen wird es neben dem formalen Teil auch durchaus persönlich: Das Unternehmen will möglichst viel über die Kündigungsgründe erfahren. Um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, kann der betreffende Mitarbeiter selbst entscheiden, an wen innerhalb der Unternehmensgruppe diese Gesprächsinhalte weitergegeben werden, um auf ihrer Grundlage Veränderungen anzustoßen.

Die häufigsten Gründe für eine arbeitnehmerseitige Kündigung sind laut Liebich der Wechsel in eine andere Stadt, das Bedürfnis, sich noch einmal neu zu orientieren, die Branche zu wechseln oder sich weiterzuentwickeln. Liebich und ihr Team halten diese Gründe sorgsam fest und konnten mit der Zeit ein Muster erkennen: Den meisten fehlte es an einer Perspektive oder einem Karrierepfad, den sie verfolgen konnten. Deshalb sprechen Führungskräfte mit ihren Teammitgliedern inzwischen intensiver und vor allem regelmäßig über diese Themen. Auch für solche Entwicklungsgespräche gibt es mittlerweile einen Leitfaden.

Bei Drees & Sommer übernimmt allein die HR-Abteilung den Offboarding-Prozess: Wer kündigt, bekommt einen Interviewbogen zugeschickt. Die Fragen enthalten Feedbackmöglichkeiten zum Arbeitsumfeld und zur Führungskraft genauso wie zum Teamgefüge und zur eigenen beruflichen Entwicklung während der Anstellung. Dafür gibt es Freitextfelder und Skalenangaben.

Nicht zuletzt will aber auch Drees & Sommer vor allem die individuellen Kündigungsgründe wissen. Dafür folgt eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch. Das Angebot ist jedoch freiwillig. Alle Erkenntnisse, die Drees & Sommer während des Offboardings gewinnt, fließen in eine Austrittsauswertung ein und werden den Fachbereichen mitgeteilt.

Offboarding geht über das Arbeitsverhältnis hinaus

"Was die administrative Organisation betrifft, sind Unternehmen recht weit", sagt Personal- und Organisationsentwicklerin Angelika Gaßmann, Herausgeberin des Fachbuchs "Offboarding. Fach- und Führungskräfte verlassen die Organisation". Was jedoch die Fähigkeiten für eine sensible Gesprächskultur betrifft, wünschten sich viele Führungskräfte mehr Training und eine vorgegebene Gesprächsstruktur, sagt sie. Ihrer Meinung nach liegt die Verantwortung für das Offboarding-Gespräch bei den direkten Vorgesetzten. Möchte ein Unternehmen wahrhaftiges Feedback, was es hätte tun können, um einen Mitarbeiter zu halten, brauche es ein hohes Maß an Vertrauen und Integrität. "Ich traue dies aufgrund meiner Erfahrung nur wenigen Führungskräften zu. Denn es bedeutet, auf kritische Rückmeldungen nicht gekränkt zu reagieren, sondern mit echtem Interesse und der Bereitschaft, lernen zu wollen."

Mit dem Abschied eines Kollegen sollte das Offboarding nicht direkt als abgeschlossen gelten. Laut einer Studie der Königsteiner Gruppe gaben 43% der mehr als 1.000 Befragten an, dass sie sich eine Rückkehr zu ihrem alten Arbeitgeber vorstellen können. Teilgenommen haben Arbeitnehmer aller Altersstufen, die sich in den letzten drei Jahren in mindestens einem Bewerbungsprozess befunden haben. Erschütternd ist, dass nur 5% der Befragten es dann tatsächlich tun. Dabei birgt das Rehiring oder Boomerang Hiring viel Potenzial (siehe "So gelingt es Ex-Mitarbeiter zurückzuholen").

Die Ziegert Group lädt deswegen Ehemalige zu Teamevents ein und bleibt in Kontakt mit Alumni, meist über soziale Netzwerke. Zuletzt kam eine ehemalige Praktikantin nach drei Jahren als HR-Managerin wieder. Drees & Sommer hat für eine stärkere Bindung zu Ex-Beschäftigten das Alumni-Programm "Stay in Contact" ins Leben gerufen. Mit Erfolg: Im Jahr 2022 gab es 22 Rehires, 2023 bereits 13.

Doch nicht nur wer kündigt, auch wer in den Ruhestand geht, braucht ein professionelles Offboarding, am besten während der gesamten letzten drei Arbeitsjahre. Obwohl ein Abschied durch einen Renteneintritt für den Arbeitgeber weniger überraschend kommt als eine Kündigung, gibt es laut Gaßmann nur in wenigen Firmen Standards für diesen Fall.

"Das müssen Unternehmen sich ganz anders ins Bewusstsein heben", sagt sie. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei es ratsam, seine Experten über das reguläre Renteneintrittsalter im Unternehmen zu beschäftigen. Das kann durch geringfügige Beschäftigung, ehrenamtliches Engagement bis hin zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses gehen.

Und noch einen Punkt merkt die Expertin an: Ein gutes Offboarding wird von den scheidenden Arbeitnehmern oft mit positiven Aussagen über den Ex-Arbeitgeber auf Business- und Bewertungsplattformen wie Kununu belohnt. "Beim Offboarding haben Unternehmen die Chance, durch einen wertschätzenden Umgang mit dem Arbeitnehmer gute Geschichten zu schreiben à la: Ich habe den Arbeitgeber gewechselt, aber er ist fair und gut mit mir umgegangen. Ich könnte mich jederzeit wieder dort bewerben", sagt Gaßmann.

Die Autorin: Jeanne Wellnitz ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Jeanne Wellnitz

MAT: Lena Moser

Karriere 25.05.2023
Analystin im Asset-Management bei Sonar Real Estate. Geboren 1996. ... 

Analystin im Asset-Management bei Sonar Real Estate. Geboren 1996.

Werdegang

Analystin im Asset-Management bei Sonar Real Estate seit Juli 2022. Davor Trainee bei Swiss Life AM von April 2021 bis Juni 2022. Werkstudentin bei Drees & Sommer von 2018 bis März 2021. Davor Praktikantin bei Drees & Sommer.

Top-Projekte

Neupositionierung und Entwicklung einer Marketingstrategie für die Immobilie The Squaire. Mitwirkung an einer internationalen Digitalisierungsinitiative durch Unterstützung bei der Entwicklung des Immobilien- und Fondsmodellierungstools als Traineeprojekt. Entwicklung eines Benchmarking-Tools zur strategischen Planung von Hochbauprojekten als Bachelorthesis.

Ziele

Neben meiner Arbeit als Asset-Managerin möchte ich mich im Bereich Nachhaltigkeit weiter spezialisieren, um gemeinsam Möglichkeiten zu entwickeln, wie ESG im Bestand konkret, transparent und insbesondere messbar umgesetzt und anschließend auch gelebt werden kann. Darüber hinaus möchte ich mittelfristig mein Unternehmen und auch meine Generation stärker nach außen repräsentieren.

Motivation als MAT

Vom MAT-Netzwerk erwarte ich ein lebendiges Netzwerk von Machern und Vordenkern, die mutig vorangehen, bestehende Standards kritisch hinterfragen und gemeinschaftlich kreative und innovative Lösungen zu aktuellen Themen kreieren. Ich erwarte eine Community mit offenem Austausch und neuen Impulsen, an denen wir gemeinsam wachsen und so die Zukunft der Immobilienbranche entscheidend mitgestalten können.

Ethische Grundsätze

Im Fokus meines beruflichen und privaten Handelns steht die Nachhaltigkeit. Warum? Weil unsere Erde einmalig ist und wir die Verantwortung tragen, dass sie auch für künftige Generationen lebenswert ist. Zudem lasse ich mich von Prinzipien wie Vertrauen, Loyalität und respektvollen Umgang leiten.

Netzwerke und Mitgliedschaften

Immobilienjunioren, Alumni-Netzwerk Hochschule Karlsruhe, Netzwerk Deutschlandstipendium Karlsruhe, Kolpingjugend Deutschland.

Kontakt:

Immobilien Zeitung

MAT: Ellena Rustler

Urheber: Daniel R. Schmutzer

Karriere 25.05.2023
Senior Consultant für Lean Construction Management (LCM) bei Drees & Sommer. Geboren 1995. ... 

Senior Consultant für Lean Construction Management (LCM) bei Drees & Sommer. Geboren 1995.

Werdegang

B.Sc. Wirtschaftsing. Bau (HTWK Leipzig), M.Eng. internationales Bauwesen (TH Nürnberg). 2020: Junior Consultant. 2021: Consultant & jährliche Gastvorträge TH Nürnberg & HM München. Verantwortliche für die Software LCM Digital am Standort Bayern. 2022: Senior Consultant und Standortverantwortliche für Lean Site Management. 2022: MBA internationales Immobilienmanagement (HS Biberach).

Top-Projekte

Die Macherei in München mit Accumulata und Art-Invest: Consultant für Lean Management in der Leistungsphase 8. Der Tannenhof in Bad Feilnbach mit Quest: Consultant für Lean Management von Leistungsphase 2 bis 8. LCM Digital (Unterstützung der Softwareentwicklung aus Nutzersicht, Schulung von über 100 Kollegen mit Terminplanung 2.0).

Ziele

Weiterentwicklung der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft. Verknüpfung LCM und BIM, Fördern von Kommunikation und Transparenz durch LCM. Mitarbeiterverantwortung und Führung eines innovativen Teams. Beitragen zur Unternehmensvision 2025, um Ziele wie "lean und digital" unternehmensweit erreichen zu können. Schaffen von nachhaltigem und lebenswertem Wohn- und Arbeitsraum.

Motivation als MAT

Ich als Person besitze eine enorme Motivation Neues aufzunehmen und Kontakte zu knüpfen. Mit meiner Freude an dem, was ich tagtäglich tue, kann ich Menschen in meinem Umfeld begeistern und anstecken. Aber genauso freue ich mich auf die interessanten Inhalte der gesamten MAT-Gruppe, um meinen Horizont und Wissensschatz zu erweitern.

Ethische Grundsätze

Wertschätzender Umgang, Gemeinschaft ohne Barrieren. Wohl der Gemeinschaft steht über dem Einzelwohl. Sharing is caring – Vermeiden von Silodenken und Siloarbeiten.

Netzwerke und Engagements

Alumni TH Nürnberg.

Kontakt:

Immobilien Zeitung

Mitarbeiter lernen individuell

Online ist Weiterbildung auch im  Alleingang möglich.

Online ist Weiterbildung auch im Alleingang möglich.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: baranq

Karriere 13.04.2023
Statt auf festen Workshops für alle Mitarbeiter zu bestehen, legen Unternehmen die Weiterbildung in die Hände des Personals. In einem abgesteckten Zeitrahmen können sich die Mitarbeiter ... 

Statt auf festen Workshops für alle Mitarbeiter zu bestehen, legen Unternehmen die Weiterbildung in die Hände des Personals. In einem abgesteckten Zeitrahmen können sich die Mitarbeiter eigenständig Fachwissen aneignen und so gezielt ihren Interessen nachgehen und persönliche Wissenslücken schließen. Viele Angebote zum flexiblen Selbststudium stehen online zur Verfügung.

Fortbildungen, Coachings, Workshops – fixe Formate zur Mitarbeiterentwicklung gibt es viele. Die sind allerdings oft kostspielig und lassen sich schwer mit flexiblen Arbeitszeiten vereinbaren. Einige Unternehmen setzen deshalb auf freie Lernzeiten und lassen ihre Mitarbeiter selbst entscheiden, wann und wie sie sich weiterbilden. So wie der Immobilieninvestor Union Investment Real Estate: "Weiterbildung erfolgt bei uns bedarfs- und potenzialorientiert", sagt Personalchef Kai Johnson. "Wir appellieren an die Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter in Hinblick auf selbstverantwortliches, lebenslanges Lernen."

Denn genau das bedeutet freie Lernzeit: Mitarbeiter können selbst entscheiden, wann sie wie viel in welcher Form lernen. Wie viel Zeit sie dafür zur Verfügung haben, variiert: Einige Unternehmen entscheiden sich für die Regel, dass zehn Prozent der bezahlten Arbeitszeit fürs Lernen genutzt werden können, andere überlassen ihren Mitarbeitern die zeitliche Einteilung komplett selbst. Union Investment Real Estate macht zwar keine zeitliche Vorgabe, honoriert aber besonders lernwillige Mitarbeiter: E-Learning-Einheiten von vier Stunden und mehr werden erfasst, damit sich die Mitarbeiter ihre Lernzeit bescheinigen lassen können. So lässt sich auch feststellen, ob die Mitarbeiter das Angebot nutzen oder ob eine andere Lösung besser passt. Zu engmaschig sollte das Tracking auf jeden Fall nicht ausfallen – sonst wird aus der freien Lernzeit schnell eine angeordnete Weiterbildungsmaßnahme mit Leistungsnachweis und alle Freiheiten wären dahin.

Interessen und Bedarfe unterscheiden sich

Das Modell der freien Lernzeit ist wie gemacht für die Immobilienbranche, meint Jens Bergstein, Director im Management Development der Unternehmensberatung Kienbaum: "Freie Lernzeiten lohnen sich besonders in Berufen, die Mitarbeiter zu gewissen Teilen selbst gestalten können und in denen sie selbstständig arbeiten." Sie haben in der Regel ein gutes Gespür dafür, welches Wissen ihnen gerade fehlt oder welches sie weiterbringt. Freie Lernzeit appelliert zudem an ein menschliches Grundbedürfnis: "Menschen sind wissbegierig und wollen lernen", sagt Bergstein. Diesen Antrieb fördern freie Lernzeiten in Unternehmen.

Auch die Bauberater von Drees & Sommer machen sich das Modell zunutze. "Bei uns gilt als Lernen alles, was dem Mitarbeitenden neue Türen öffnet, neue Möglichkeiten oder neue Wege aufzeigt", sagt Personalchefin Diana Wiedmann. "Das kann ein Kurs sein genauso wie ein Fachartikel, das Tüfteln an einer innovativen Lösung für ein Projekt oder der Austausch mit Kollegen." Ein Baustein der Mitarbeiterentwicklung ist die hauseigene Dreso-Academy: Dort finden Drees-&-Sommer-Mitarbeiter E-Learnings, Termine zu Online- und Präsenzveranstaltungen sowie weitere Weiterbildungsangebote. Zusätzlich zu hauseigenen Trainern bieten hier auch extern Trainer und Coaches Formate an. Die Mitarbeiter von Union Investment Real Estate nutzen zum Lernen unter anderem Mentoring-Programme oder Hospitationen oder sie nehmen an Messen und Kongressen teil.

Berater Bergstein ordnet ein: "Die Auswahl der Lernmittel sollte nicht vom unmittelbaren Lernerfolg abhängen", sagt er. Heißt zum Beispiel: Das Lesen von Fachzeitschriften darf nicht nur dann als Lernen gelten, wenn Angestellte direkt Erkenntnisse daraus anwenden können. "Wissen baut sich mit der Zeit auf. Was ich heute lerne, nutzt mir vielleicht erst in fünf Jahren etwas oder ich wende unterbewusst neues Wissen an", sagt er.

Online-Tools ermöglichen flexible Lernzeiten

Die Mitarbeiter von Union Investment Real Estate greifen regelmäßig auf die Lernplattform Linkedin-Learning zurück. Das Karrierenetzwerk bietet verschiedene Onlinekurse an, die Mitglieder jederzeit absolvieren können. Arbeitgeber können über Linkedin-Learning den eigenen Mitarbeitern auch bestimmte Kurse vorschlagen. Oder die Mitarbeiter stöbern selbst in der Auswahl: Beliebte Kurse sind beispielsweise Schlagfertigkeit, Körpersprache für Führungskräfte oder Business-Visualisierung. Linkedin-Learning hat mehr als 16.000 Kurse im Angebot. Der große Vorteil: Mitarbeiter können die Trainings dann absolvieren, wenn es ihnen passt, sie jederzeit unterbrechen und wieder aufnehmen.

Ein Monat kostet im Jahresabo knapp 20 Euro. Die Lerneinheiten sind kurz und knackig und damit oft leichter in den Arbeitsalltag zu integrieren als klassische Schulungen. Ein Tipp von Berater Bergstein: Hat ein Angestellter eine hilfreiche Linkedin-Learning-Einheit absolviert, könnte er danach die wichtigsten Fakten und Erkenntnisse in einem 15-minütigen Impulsvortrag für seine Kollegen zusammenfassen. So haben alle etwas davon.

Damit das freie Lernkonzept seine volle Wirkung entfaltet, braucht es auch die Führungskräfte. "Leitende Mitarbeiter sollten ihre Teammitglieder zum Lernen ermuntern und regelmäßig auf Lernerfolge der Kollegen hinweisen", rät Bergstein. Das fördere die Motivation und führe letztlich zu einer Lernkultur – die sei auch für das Miteinander wichtig. "Hat Lernen einen hohen und selbstverständlichen Stellenwert im Unternehmen, herrscht mehr Fairness." Statt also zu denken: "Toll, der Kollege blättert wieder in seinem Fachmagazin, während ich hier arbeite", lautet der Gedanke im besten Fall: "Stimmt, ich könnte auch mal wieder einen Online-Kurs absolvieren oder ein Fachbuch lesen."

Die Autorin:Jennifer Garic ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Jennifer Garic