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Bewerberpools helfen Stellen zu besetzen

Kontakte aus Bewerberdatenbanken können erste Anlaufstellen sein, wenn Positionen besetzt werden müssen.

Kontakte aus Bewerberdatenbanken können erste Anlaufstellen sein, wenn Positionen besetzt werden müssen.

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Karriere 29.09.2022
Mit Bewerberpools bauen sich Recruiter eine Pipeline mit vielversprechenden Kandidaten auf, auf die sie zurückgreifen können, wenn sich eine passende Stelle im Unternehmen für sie ... 

Mit Bewerberpools bauen sich Recruiter eine Pipeline mit vielversprechenden Kandidaten auf, auf die sie zurückgreifen können, wenn sich eine passende Stelle im Unternehmen für sie ergibt. Damit die möglichen künftigen Kollegen das Interesse nicht verlieren, halten die Personaler ständigen Kontakt. Und laden auch mal zum Kaffeetrinken ein.

Um sich geeignete Kandidaten für spätere Vakanzen warm zu halten, legen Personalabteilungen Datenbanken mit Kontakten an. So können sie auf frühere Bewerber oder solche, die initiativ auf das Unternehmen zukamen, zurückgreifen, wenn sich eine passende Stelle für sie ergibt. Damit sie den Überblick nicht verlieren, müssen sie die Datensätze regelmäßig pflegen. Doch die Mühe lohnt sich für viele Unternehmen, denn wer immer genügend Kandidaten in der Pipeline hat, muss nicht mehr aktiv auf die Suche gehen.

Kontakte dürfen nicht abbrechen

In den Datenbanken, den sogenannten Bewerberpools, speichern Personaler Informationen von Fach- und Führungskräften, mit denen sie schon einmal Kontakt hatten oder die sich für das Unternehmen interessieren. Das Beratungs- und Planungsunternehmen Drees & Sommer beispielsweise füllt seinen Pool unter anderem mit Bewerbern, die aufgrund fehlender Berufserfahrung, falschem Standort oder weil es gerade keine passende Vakanz gab, abgelehnt wurden. Auch diejenigen, die zum Unternehmen passen könnten, aber ihre Bewerbung zurückgezogen oder ein konkretes Jobangebot abgelehnt haben, sind Teil des Pools. "Grundsätzlich versuchen wir, jeden Bewerber in den Pool aufzunehmen, der künftig für uns von Interesse sein könnte", sagt Amelie Kristin Gryska, Spezialistin Talent Acquisition bei Drees & Sommer. Das heißt: Vom Praktikanten bis zum Top-Manager ist hier jeder dabei. Je mehr Potenzial den Pool füllt, desto größer ist später die Auswahl für die Personaler, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben.

Der Immobilienmakler und -dienstleister JLL hat seinen Bewerberpool mit Menschen "unterschiedlicher Fähigkeiten und Erfahrungen" gefüllt, sagt Christian Quach, Leiter Talent Acquisition. Dazu zählen sowohl Studenten als auch Management-Anwärter sowie Führungskräfte. Wie ausgewogen das Verhältnis zwischen Anfängern und Experten in der Liste ist, kann JLL nicht beziffern. Doch: Egal welches Erfahrungslevel, das JLL-Recruiting-Team setzt sich in regelmäßigen Abständen mit ihnen in Verbindung. So halten die Personaler die Informationen im System aktuell – und stärken die Beziehung zu den Kandidaten.

Zu vielversprechenden Köpfen suchen die Personalverantwortlichen auch persönlichen Kontakt – die ein oder der andere wird auf einen Kaffee eingeladen, wie Quach verrät. In den Genuss kommen wohl vor allem diejenigen, die auf eine Vakanz passen könnten – das Kaffee-Date könnte sozusagen die Eintrittskarte in den Bewerbungsprozess werden.

JLL setzt zusätzlich auf sein "Talentnetzwerk": Während im Bewerberpool nur diejenigen drin sind, die sich schon einmal bei JLL beworben haben, ist das Talentnetzwerk für alle geöffnet. Wer sich für eine Laufbahn bei dem Unternehmen interessiert, kann sich auf der Karriereseite online registrieren und erhält per Mail unter anderem Newsletter, Informationen zu Fachthemen oder Veranstaltungseinladungen.

Ständiger Nachschub ist notwendig

Damit der Pool immer gut gefüllt bleibt, müssen Unternehmen dranbleiben und dafür sorgen, dass Interessierte das Angebot kennen. Viele Branchenfirmen nutzen für die Suche nach neuen Teammitgliedern zum Beispiel Jobmessen, Ausstellungen, Universitätskooperationen und Karriere-Webseiten, um potenzielle Fachkräfte abzufangen. JLL bewirbt sein Talentnetzwerk zusätzlich über Facebook, Linkedin und die eigene Website. Um den Überblick zu behalten, setzt JLL auf systematisch geordnete Daten. Mit welcher Software das Unternehmen arbeitet, möchte es zwar nicht sagen, aber Fakt ist: Der Markt für Talent-Management-Programme ist groß. Zahlreiche Anbieter wie Recruitee, Softgarden und Talention bieten Software-Lösungen rund um die Akquise an. Auch das Karriere-Portal Linkedin hat sich mit dem Recruiting-Tool Talent Solutions in den Markt eingeklinkt. Viele Unternehmen entwickeln zudem eigene Lösungen.

So wie Drees & Sommer: "Früher haben wir Bewerberpools über unser Bewerbermanagementsystem erstellt, allerdings war uns das zu passiv", sagt Recruiterin Gryska. Deshalb hat das Unternehmen ein eigenes System implementiert, das losgelöst von dem Tool für das Bewerbermanagement funktioniert – das Talent-Relationship-System. Das Bewerbermanagement dient nun nur noch dazu, die eingehenden Bewerbungen zu organisieren – nicht aber der Pflege der Liste möglicher Kandidaten. Wen Drees & Sommer in sein Netzwerk aufnehmen möchte, der kommt ins Talent-Relationship-System der Stuttgarter.

Das Unternehmen will so die Ansprache möglichst individuell gestalten. Das heißt: Ehemalige Praktikanten bekommen eine Mail mit offenen Werkstudentenstellen, eine Führungskraft erhält eher Neuigkeiten aus der für sie relevanten Abteilung. Gryska erklärt: "Wir nutzen einen zielgruppenspezifischen Redaktionsplan, um über Neuigkeiten aus der Drees-&-Sommer-Gruppe zu informieren und in Verbindung zu bleiben."

Ein wichtigste Maßgabe ist, dass der Bewerber-Pool muss die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) berücksichtigen muss. Die meisten Bewerbermanagementsysteme bieten zwar eine integrierte Pool-Funktion an, sagt Gryska, "hier muss allerdings die Datenschutzrichtlinie geprüft werden, wenn die Daten der Bewerber über den Bewerbungsprozess hinaus gespeichert werden sollen." Drees & Sommer holt die Einwilligung ihrer Bewerber per E-Mail-Link ein. Die Informationen bleiben anschließend zwei Jahre gespeichert, vorausgesetzt die Kandidaten ziehen ihr Einverständnis nicht vorzeitig zurück. "Dritte erfahren nicht von der Aufnahme in den Pool", betont Gryska. Hier gelte strengste Vertraulichkeit.

Pool-Kandidaten werden nach einiger Zeit aufgefordert, ihre Angaben zu aktualisieren. "Das ist aber kein Muss", sagt Gryska. "Grundsätzlich verstehen wir es immer als Aufgabe der Recruiter, die Kandidaten zu kontaktieren und herauszufinden, ob eine Stelle zum Kandidaten passt und Interesse besteht." Wie viele Bewerber so zum Unternehmen kommen, will sie nicht sagen. Nur so viel: Es werden immer mehr. Auch JLL hält sich bei konkreten Zahlen bedeckt. Für das Unternehmen sei der Talentpool aber ein "wichtiges Instrument".

Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich

Flexible Arbeitszeiten steigern Effizienz und Arbeitgeberattraktivität

Die Konzentration von Mitarbeitern hängt von der Tageszeit ab.

Die Konzentration von Mitarbeitern hängt von der Tageszeit ab.

stock.adobe.com, Urheber: VectorMine

Karriere 29.09.2022
Hybride Arbeitszeitmodelle sind längst in der Branche angekommen. Bei JLL und Commerz Real dürfen sich Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten nahezu selbst aussuchen – allerdings in einem ... 

Hybride Arbeitszeitmodelle sind längst in der Branche angekommen. Bei JLL und Commerz Real dürfen sich Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten nahezu selbst aussuchen – allerdings in einem festgesteckten Rahmen. Die Unternehmen punkten damit als Arbeitgeber und können sogar bessere Leistungen von ihren Beschäftigten erwarten.

Mit Arbeitszeitmodellen, die zum individuellen Lebensstil der Mitarbeiter passen, wollen Unternehmen als Arbeitgeber punkten. Viele bieten ihren Mitarbeitern schon seit Jahren die Möglichkeit an, ihren Arbeitstag so zu gestalten, dass Aufgaben auf passende Uhrzeiten gelegt und Pausen nach Bedarf genommen werden können. Doch seit den Homeoffice-Regelungen während der Corona-Pandemie haben viele das mögliche Zeitfenster noch weiter ausgebaut. Die meisten setzen dabei auf eine Gleitzeit, die einen gewissen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen das tägliche Stundenziel erreicht werden kann. Und diese Gleitzeit ist bei einigen Unternehmen deutlich größer geworden, als sie es noch vor einigen Jahren war.

Beim Beratungsunternehmen JLL sind dadurch inzwischen Arbeitszeiten zwischen 7 und 21 Uhr möglich, beim Vermögensverwalter Commerz Real können die Mitarbeiter schon um 6 Uhr am Morgen anfangen oder bis 23 Uhr im Büro bleiben. Zudem haben viele Unternehmen neue Teilzeitmodelle geschaffen und bieten sogenanntes Jobsharing an, bei dem sich zwei Mitarbeiter eine Stelle teilen und die damit verbunden Aufgaben untereinander aufteilen.

Der Grund dafür, dass sich immer mehr auf alternative Arbeitszeitmodelle einlassen, liegt auf der Hand: Sie sind angewiesen auf Nachwuchs- und Fachkräfte – und müssen sich bei ihnen als attraktive Arbeitgeber beweisen. Fast drei Viertel aller Beschäftigten wollen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten, wie die Umfrage "People at Work 2022: A Global Workforce View" vom ADP Research Institute zeigt. Besonders am Herzen liegt Flexibilität einerseits jungen Leuten zwischen 18 und 24 Jahren, andererseits älteren Beschäftigten über 55 Jahre. In der Immobilienbranche dürften diese Werte noch höher sein – vor allem die Berufe des Maklers und Vertrieblers sind durch unterschiedliche Vor-Ort-Termine schließlich per Definition auf Flexibilität aufgebaut.

Bei JLL macht man keinen Hehl daraus, dass es bei dem Zeitmodell auch darum geht, einen positiven Eindruck auf dem Arbeitsmarkt zu hinterlassen und vielversprechende Kandidaten von sich zu überzeugen. Zwar gibt es schon seit einigen Jahren flexible Arbeitszeiten, aber Corona hat das hybride Arbeiten – zu dem nicht nur orts-, sondern ebenso zeitunabhängiges Arbeiten gehört – vorangetrieben. Auch bei Commerz Real hat die Pandemie der Flexibilität im Unternehmen noch einmal einen Schub gegeben. Die Commerzbank-Tochter will damit die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter unterstützen: "Allein die Möglichkeit zu haben, in Randzeiten liegengebliebene Arbeit zu erledigen oder in Einzelfällen auf einen Wochentag wegen privater Verpflichtungen komplett verzichten und hierfür auf einen Samstag auszuweichen zu können, reduziert den Druck und die Belastung bei den Mitarbeitenden", sagt Christiane Wolfram, Bereichsleiterin People & Culture bei Commerz Real.

Das weiß auch Ulrike Hellert. Sie ist Arbeitspsychologin und Wirtschaftswissenschaftlerin an der FOM-Hochschule in Nürnberg und sagt: "Jeder Mensch kann sich zu unterschiedlichen Zeiten besonders gut konzentrieren. Zwar ist es den meisten auch außerhalb dieser Zeiten möglich zu arbeiten – doch das erfordert mehr Anstrengung." Wann ein Mitarbeiter besonders gut arbeiten kann, hängt vom sogenannten Chronotyp ab, also von der inneren biologischen Uhr. Manche arbeiten morgens besser, andere abends. "Flexible Arbeitszeiten fördern die Produktivität der Mitarbeiter", sagt Hellert. "Und das kommt dann natürlich wiederum dem Arbeitgeber zugute."

Bei JLL kann wohl auch deshalb nahezu jeder arbeiten, wann er möchte – solange er sich an die gesetzlichen Vorgaben hält. Das Arbeitszeitgesetz schreibt nämlich vor, dass Mitarbeiter in der Regel nur acht Stunden pro Tag arbeiten. Pausen sind ebenfalls klar geregelt: Wer an einem Arbeitstag auf sechs bis neun Stunden kommt, dem steht eine Ruhezeit von 30 Minuten zu. An Tagen, an denen die neun Stunden überschritten werden, sind es 45 Minuten. Spätestens nach sechs Stunden muss die Arbeit unterbrochen werden. Am Ende des Tages müssen elf Stunden zwischen dem Feierabend und dem nächsten Arbeitstag frei bleiben.

Um das messen zu können, muss die Arbeitszeit dokumentiert werden – auch bei Vertrauensarbeitszeit, beim mobilen Arbeiten und im Homeoffice. Das hatte der Europäische Gerichtshof bereits im Mai 2019 (Az. C-5/18) klargestellt und die nationalen Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Passiert ist seither allerdings nichts. Das Bundesarbeitsgericht bringt nun mit einem Beschluss vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) wieder Schwung in die Sache. Es hält fest, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, "ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann". Wie das genau aussehen muss, ist noch offen.

Das letzte Wort haben die Vorgesetzten

Neben der Erfassung der Arbeitszeit stellt auch das Abstimmen, wer wann arbeitet, Herausforderungen an die Organisation. Bei JLL gibt es eine klare Regelung: Das letzte Wort hat der jeweilige Vorgesetzte. Der entscheidet darüber, ob genügend Mitarbeiter für Kollegen und Kunden erreichbar sind. "Für Mitarbeiter, die vor Ort bei unseren Kunden arbeiten, sind natürlich die jeweiligen Kundenanforderungen zu berücksichtigen", sagt Personalchefin Patricia Offermanns. Am Ende gilt also wohl doch: Der Kunde ist König und bestimmt zumindest teilweise die Erreichbarkeit der Mitarbeiter. Allgemeingültige Empfehlungen "von oben" sind weder bei JLL noch bei Commerz Real verordnet, jedes Team kann seine Guidelines für Arbeitszeiten selbst gestalten. Auch Empfehlungen, wann welche Arbeit erledigt werden sollte, werden nicht ausgesprochen.

Bei Commerz Real gibt es lediglich die einheitliche Vorgabe, dass Teambesprechungen und Dienstveranstaltungen vor 9 und nach 17 Uhr nach Möglichkeit vermieden werden sollen. "In Einzelfällen können zudem innerhalb von Bereichen, Abteilungen oder Teams Service-Zeiten festgelegt werden”, erklärt Personalerin Wolfram. Service-Zeiten sind die Zeiten, in denen der Arbeitsbereich mit einer Mindestanzahl von Mitarbeitern besetzt sein muss, um die betrieblichen Anforderungen mit "vertretbaren Einschränkungen" erfüllen zu können. Die Service- Zeiten liegen immer zwischen 6 und 23 Uhr. Wenn ein Kollege krank oder im Urlaub ist, kümmert sich der Vorgesetzte um die Vertretung in Absprache mit den Teammitgliedern. Das ist auch bei JLL so: "Dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass andere Arbeitszeiten gelten, am Ende kommt es ja auf das Ergebnis an und nicht darauf, wann genau am Tag die Aufgaben erledigt werden", heißt es vom Unternehmen. Im Einzelfall könne es dann aber auch mal zu Änderungen der üblichen Arbeitszeit kommen.

All diese Flexibilität ist jedoch nicht für jeden Mitarbeiter das Richtige. Arbeitspsychologin Hellert unterscheidet bei Mitarbeitern zwischen Segmentierern und Integrierern. Während erstere klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit brauchen, tendieren Integrierer dazu, diese Grenzen zu verwischen – und beiden kann es mit ihrem Vorgehen gut gehen.

Thomas Rigotti, Professor für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Mainz, bestätigt: "Jeder Mensch hat einen individuellen Drang nach Flexibilität." Während der eine sein Diensthandy nach Feierabend also am liebsten ausgeschaltet in die Ecke legt, kann es den anderen sogar stressen, nicht auch am Wochenende mindestens einmal seine Mails zu checken. Rigotti glaubt daher nicht, dass flexible Arbeitszeiten zum "Verbummeln" von Aufgaben führen könnten – jedenfalls nicht allein. "Dazu kann nur eine hohe Autonomie gepaart mit Orientierungslosigkeit führen", sagt er. "Und Orientierungslosigkeit rührt meist daher, dass Unternehmen die Ziele ihrer Mitarbeiter nicht klar genug definieren oder kommunizieren." Ein wenig Struktur braucht es, bei aller Flexibilität, dann doch.

Die Autorin: Celine Schäfer ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Celine Schäfer

JLL schafft mit Capital Markets Hub Standards für Young Professionals

Silvia Fiedler, Christoph Westphal,  Mario Bartz, Margaux Hermann und Mirjam Wiringer (v.l.).

Silvia Fiedler, Christoph Westphal, Mario Bartz, Margaux Hermann und Mirjam Wiringer (v.l.).

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 25.08.2022
Young Professionals werden zum Berufsstart bei JLL seit Februar im Capital Markets Hub betreut. Die zentrale Anlaufstelle soll Nachwuchskräfte mit unterschiedlichen Vorkenntnissen ... 

Young Professionals werden zum Berufsstart bei JLL seit Februar im Capital Markets Hub betreut. Die zentrale Anlaufstelle soll Nachwuchskräfte mit unterschiedlichen Vorkenntnissen individuell unterstützen, während sie in lokalen Teams mitarbeiten. Dabei sollen sie Kenntnisse zu allen Assetklassen und Transaktionsschritten sammeln, um in ihrer Karriere flexibel bleiben zu können. Einheitliche Standards sollen die Karrierelevel für die Nachwuchskräfte und ihre Kollegen transparent machen.

Als zentrale Anlaufstelle für Young Professionals hat bei JLL der Capital Markets Hub im Februar seine Arbeit aufgenommen. Christoph Westphal, der ihm vorsteht, beschreibt ihn rund sechs Monate nach dem Start als "eine Mischung aus Ausbildungsverein und Heimathafen", in dem Potenziale erkannt und gefördert werden und gleichzeitig "Raum für gemeinsames Lernen" entstehen soll. Damit bezieht er sich auf die Ausbildung und das Onboarding von Nachwuchskräften, die im standortübergreifenden Zentrum gelenkt werden, und zwar mit dem übergeordneten Ziel, allen Nachwuchskräften einen einheitlichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen.

Mirjam Wiringer, Team Leader für die Standorte München und Stuttgart, erklärt, dass durch die Arbeit im Hub zunächst Ungleichheiten bei den Vorerfahrungen der Nachwuchskräfte ausgeglichen werden müssen. "Während einige schon erfahren im Transaktionsprozess oder in einer bestimmten Assetklasse sind, kommen andere direkt von der Uni." Im Hub bekommen sie deshalb Einweisungen, die individuell auf sie zugeschnitten sind. Dafür können sie von den Teamleitern Hilfe anfordern oder Wünsche für Input äußern. Gleichzeitig arbeiten sie vom ersten Tag an mit lokalen Capital- Markets-Teams zusammen.

Auf diese Weise kommen die Berufseinsteiger in den ersten Jahren mit so vielen Themen wie möglich in Berührung, betont die Berliner Teamleiterin Margaux Hermann. "Unsere Nachwuchskräfte sollen Transaktionen nicht nur bis zum Pitch-Prozess kennenlernen. Vielmehr ist es das Ziel, sie vom Anfang bis zum Ende zu begleiten. Nur so kann ein ganzheitliches Verständnis für das Transaktionsgeschäft sichergestellt werden." Auch auf eine Assetklasse müssen sich die Young Professionals bei ihrem Einsteig ins Unternehmen noch nicht festlegen. Stattdessen sammeln sie in den ersten Jahren Erfahrungen mit Büro-, Einzelhandels-, Gesundheits-, Logistik- und Wohnimmobilien. "Unsere Mitarbeiter sollten perspektivisch in der Lage sein, sich auch auf andere Nutzungsarten einzulassen – etwa, wenn es zum Beispiel um Mixed-Use-Immobilien geht", ergänzt Hermann. Die Zahl an späteren Einsatzmöglichkeiten vergrößert sich dadurch und das Unternehmen kann langfristig Personalspitzen oder -engpässe ausgleichen, weil die Young Professionals später für unterschiedliche Schwerpunkte eingesetzt werden können.

Weil zum Wissenstransfer, der im Hub stattfindet, Pitch- und Exposé-Erstellungen gehören, geben die Nachwuchskräfte den Input bei der Arbeit in den Teams auch an ihre Kollegen weiter. "Auf lange Sicht sollen sich Vorlagen und Best Practices effizient als Standards durchsetzen, sodass das Auftreten von JLL auch nach außen standortübergreifend einheitlicher wird", sagt Wiringer. Den Mitarbeitern erleichtere zudem das Arbeiten mit Standards langfristig Standortwechsel innerhalb des Unternehmens.

Um zu erkennen, welche Vorgaben sich als Standards eignen und welche Fortschritte die Young Professionals bei ihren täglichen Aufgaben machen, fordern die Teamleiter regelmäßig Rückmeldungen von ihren Kollegen vor Ort ein. Westphal spricht dabei von einer "Feedbackklammer" und erklärt: "Wir geben nur den Input an den Nachwuchs weiter, mit dem er im Team auch arbeiten kann." Dafür werden Lob, Kritik und Anmerkungen gefiltert und fachliche Kritik von Persönlichem getrennt. Weil alle Rückmeldungen bei ihnen zusammenlaufen, ergebe sich für die Teamleiter ein ganzheitliches Bild zu den Fortschritten und Bedarfen. "So bleiben wir ein zentrales Bindeglied zwischen dem Nachwuchs und den lokalen Capital-Markets-Teams", betont Westphal.

Die Nachwuchskräfte selbst tauschen sich im Rahmen des Hubs regelmäßig untereinander und mit den Teamleitern aus. Ein halbes Jahr nach dem Start betreut jeder Teamleiter acht bis neun Young Professionals an bis zu zwei Standorten. Bis Ende des Jahres soll der Hub deutschlandweit 45 Nachwuchskräfte zählen. Sie durchlaufen zum Karrierestart drei Stufen. Wer direkt aus dem Studium kommt, steigt als Analyst ein. Wer sich in einem früheren Job schon spezialisieren konnte, kann auf einer höheren Stufe als Consultant oder Senior-Consultant dem Hub beitreten. "Ab diesem Punkt soll er dennoch die Gelegenheit nutzen, sich mit allen Bereichen und allen Assetklassen zu beschäftigen", betont Hermann. Mit rund drei bis vier Jahren Berufserfahrung steigen die Young Professionals schließlich zu Associates auf und können mit eigenem Assetklassen-Schwerpunkt den Hub verlassen.

Davor sollen ihre Titel den erfahreneren Kollegen zeigen, welche Fähigkeiten und wie viel Routine ein junger Mitarbeiter schon mitbringt. Der Frankfurter Teamleader Mario Bartz sieht darin eine Entlastung in allen Teams, weil die Mitarbeiter genau wissen, wem welche Aufgaben zugeteilt werden können. "Dadurch müssen sich die Kollegen vor Ort nicht mit jedem Detail der Wissensvermittlung beschäftigen", schätzt Bartz. Dennoch gebe es einen natürlichen Austausch mit erfahreneren Kollegen an den Standorten, der durch die gemeinsame Arbeit im Alltag entstehe, betont er und nennt das Pricing vor Ort als ein Beispiel für Wissen, das häufig von Kollegen mit langjähriger Standortkenntnis weitergeben wird und sich nur schwer von einer zentralen Stelle aus vermitteln lässt.

Leistungs- oder Zeitdruck soll durch das Stufensystem nicht entstehen. Stattdessen entscheiden die Teamleiter quartalsweise, wer für eine Beförderung infrage kommt. Sie rechnen damit, dass die Aufstiege im Abstand von einem bis eineinhalb Jahren möglich sind. Dafür gebe es im Hub klar definierte jährliche Ziele. Damit sich die Berufseinsteiger auf diese konzentrieren können, seien die Arbeitsverträge und das Fixgehalt einheitlich und nicht an persönliche Deal-Erfolge gebunden. Ein zusätzlicher jährlicher Bonus richte sich aber nach der individuellen Performance.

Stufensystem macht Karriereschritte sichtbar

Um Sicherheit für einen Pitch oder in der Zusammenarbeit mit Kunden zu erlangen, können die Hub-Mitglieder in kleinerer Runde für den späteren Berufsalltag trainieren. Auf Projektebene präsentieren sie sich gegenseitig ihre Ideen und sollen als Team zusammenwachsen. Die Berliner Teamleiterin Silvia Fiedler spricht dabei von einem "geschützten Rahmen", in dem gleichzeitig Teamzusammenhalt und Nähe zu den Kollegen aufgebaut werden soll.

"In unserem Job geht es oft um Leistung, Deadlines und Geschwindigkeit. Zum Ausgleich müssen wir auch Zeit in uns selbst und unsere Teams investieren. So kann Vertrauen aufgebaut werden, was gerade zum Berufseinstieg besonders wichtig ist", sagt Westphal.

Ohne den Hub sei das nur bedingt möglich gewesen. "JLL ist historisch sehr dezentral aufgestellt. Es gibt deutschlandweit fast 30 Teams, die lokal nah am Kunden arbeiten. Für den Kunden ist das gut, aber dem Nachwuchs fehlten Austauschmöglichkeiten, etwa wenn es in einem Team nur einen oder zwei weitere Juniors auf vergleichbarem Karrierelevel gab", blickt er zurück. Bevor der Hub nach rund zweieinhalb Jahren Konzeption seine Arbeit aufgenommen hatte, konnten sich Young Prosfessionals, die bereits für JLL tätig waren, frei entscheiden, ob sie in das neue System wechseln wollen. Das Angebot haben laut Westphal vor allem Mitarbeiter mit wenigen Jahren Berufserfahrung angenommen.

Für die Zukunft haben die Teamleiter schon weitere Pläne geschmiedet. "Wir wollen in den nächsten Jahren auch verstärkt Impulsgeber dafür werden, welche Themen die Branche gerade bewegen und deshalb auch an unsere Kunden weitergegeben werden sollen", erklärt Fiedler. Der ständige Austausch mit den Young Professionals helfe den Teamleitern dabei, Trends und zentrale Fragestellungen zu sammeln und kommunizieren zu können – und zwar auch an Mitarbeiter, die den Berufsstart schon hinter sich haben.

Janina Stadel