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Stimmt die Arbeit, ist Geld nachrangig

Und wohin jetzt? Karrieremessen sind für Studenten und Unternehmen eine gute Möglichkeit, sich gegenseitig abzutasten.

Und wohin jetzt? Karrieremessen sind für Studenten und Unternehmen eine gute Möglichkeit, sich gegenseitig abzutasten.

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Karriere 18.07.2013
Aus der Joboffensive-Umfrage der Immobilien Zeitung lässt sich mehr lesen als die Platzierung von Unternehmen innerhalb der Top-Arbeitgeberliste. Zum Beispiel, warum Unternehmen in die ... 

Aus der Joboffensive-Umfrage der Immobilien Zeitung lässt sich mehr lesen als die Platzierung von Unternehmen innerhalb der Top-Arbeitgeberliste. Zum Beispiel, warum Unternehmen in die Liste gewählt wurden, sprich: womit sie beim Nachwuchs punkten können. Zu welchen Gesellschaften es Uniabsolventen, zu welchen es Fachhochschüler zieht. Und wo die Frauenwelt, wo der männliche Nachwuchs bevorzugt anheuert.

Sicher, das Arbeitsfeld muss stimmen (siehe Tabelle "Tätigkeit und Karrierechancen sind entscheidend"). Ein Student, der am liebsten still und in sich gekehrt Zahlenkolonnen durchfieselt, wird kein Makler werden wollen. Einer dagegen, der gern draußen ist, redet und argumentiert, womöglich schon.

Und so gaben über alle befragten Hochschulabsolventen hinweg 61% die Tätigkeit als Grund dafür an, warum sie das jeweilige Unternehmen auf Platz 1 gewählt haben (Mehrfachnennungen möglich). 45% wollen die Karriereleiter nach oben klettern und sehen sich deshalb bei dem von ihnen auf Platz 1 gewählten Unternehmen gut aufgehoben. Wichtig sind darüber hinaus Standort (34,5%) und Image (28,4%) des künftigen Brötchengebers. Ob der international tätig ist, scheint für viele nicht so wichtig - es ist nur noch für 26% ein entscheidendes Kriterium. Das war auch schon einmal anders. Vor zwei Jahren wollte sich mehr als ein Drittel der Befragten die Möglichkeit offenhalten, in die große weite Welt hinauszuziehen.

Noch nachrangiger ist das Gehalt. "Natürlich sollte die Einkommenshöhe nicht zu sehr vom zu erwartenden Durchschnitt abweichen. Allerdings würde ich eher bei der Vergütung Abstriche hinnehmen, als in einem Tätigkeitsbereich zu arbeiten, der mich nicht fordert oder weiterbringt", sagt Thorben Breitkopf, Student an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (siehe auch die Umfrage im Artikel "JLL, ECE, Hochtief sind top"). Thea Martin studiert an der Hochschule Mittweida Immobilienmanagement und Facilities Management, und auch sie sagt: "Wenn das Unternehmen flexibel gegenüber den Wünschen der Mitarbeiter agiert, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern gepflegt wird und ein offenes Betriebsklima herrscht, dann wäre ich bereit, geringe Abstriche zu machen."

ECE lockt stark mit Tätigkeitsfeld

Ein Blick auf die Top-3-Unternehmen zeigt: Für 59% derer, die JLL auf Platz 1, 2 oder 3 gesetzt haben, war Internationalität der entscheidende Grund. Es folgen Karriereperspektiven (51%), erst dann das Tätigkeitsfeld (41%). An Hochtief schätzen Absolventen in erster Linie die Aussicht auf Karriere (54%); das Arbeitsfeld war für 49% ein entscheidendes Kriterium, die Internationalität für 37%. Beim Einkaufszentrenentwickler ECE ist es eindeutig die Tätigkeit, die das Unternehmen zum Wunscharbeitgeber macht (73%); weit nachrangiger sind mit jeweils etwa 40% Image und Karrierechancen.

Arbeitgeber, die nicht gänzlich mit dem Tätigkeitsfeld überzeugen, können mit Internationalität, ihrer Größe - so denn nennenswert - und durchaus auch mit Geld punkten. Will heißen: Bei den Zweit- und Drittplatzierten sind diese Aspekte wichtiger als beim Wunscharbeitgeber.

Je nach Geschlecht, Hochschulart und Abschluss gibt es unterschiedliche Vorlieben. Unter den Top-15-Unternehmen liegt JLL bei Männern wie bei Frauen klar vorn, der Unterschied ist extrem gering (siehe Tabelle "JLL punktet bei Mann und Frau gleichermaßen"). Beim weiblichen Nachwuchs kommen zudem ECE und Corpus Sireo gut an, die Herrenwelt bevorzugt noch Hochtief und CBRE.

JLL bei Uni- und FH-Studenten vorn

Bei Universitätsstudenten hat JLL den größten Stein im Brett. Auf das Beratungshaus entfallen knapp 12% der Punkte, die Unibesucher vergeben haben. Deutlich dahinter folgen CBRE mit 7,1% und Corpus Sireo mit 6,4% der vergebenen Punkte. Fachhochschüler würden am ehesten bei JLL (11% der Punkte), ECE (7,4%) und Hochtief (6,9%) anheuern, Berufsakademie-Studenten zieht es stärker zu BNP Paribas Real Estate (9,2%), Patrizia und JLL (jeweils 7,6%).

Auch abhängig davon, auf welchen Abschluss die Studenten gerade hinarbeiten, zeigen sich Unterschiede. JLL und ECE werden von Diplomern favorisiert; die allerdings werden weniger - Hochschulen bieten Diplomstudiengänge für Neulinge nicht mehr an, umgestellt wurde auf Bachelor und Master. Und wer punktet bei dieser wichtigen Gruppe? In erster Linie auch JLL. Auf die Frankfurter entfallen knapp 12% der von Bachelorstudenten und 7,4% der von Masterstudenten vergebenen Punkte. Hochschüler mit Bachelor-Ziel haben zudem ECE, Drees & Sommer und Hochtief im Blick, Master-Macher Corpus Sireo, ECE und Hochtief.

Auffallend ist, dass von den 622 Umfrageteilnehmern 344 und damit mehr als die Hälfte keinen Wunscharbeitgeber benannten. Damit sind sie nicht planloser - oder offener - als die in den Vorjahren Befragten. Für Unternehmen könnte das aber ein Hinweis darauf sein, dass es sich lohnt, bis zuletzt um Hochschüler zu werben.

Joboffensive 2013

Das Top-Arbeitgeber-Ranking ist ein Teilergebnis der Umfrage im Rahmen der Joboffensive 2013. Diese jährliche Befragung zur Arbeitsmarktsituation sowie den Anforderungs- und Qualifikationsprofilen führt die Immobilien Zeitung seit 13 Jahren unter Unternehmen und Studenten der Immobilienwirtschaft durch. Schirmherrin ist Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Unterstützt wird die Initiative von der Aareal Bank, Bernd Heuer & Partner Human Resources, Bilfinger Facility Services, BNP Paribas Real Estate, CBRE, Corpus Sireo, DTZ, ECE, Irebs Immobilienakademie, IVG Immobilien, Kaufland, Messe München / Expo Real, mfi management für immobilien, Patrizia Immobilien und RGM.

622 Studenten (328 Männer und 294 Frauen) immobilienwirtschaftlicher oder fachlich verwandter Studiengänge, die ihr Studium bis März 2015 abschließen werden, beteiligten sich in diesem Jahr an der Umfrage. Sie haben dabei nicht nur ihre Wunscharbeitgeber genannt, sondern auch Auskunft über ihre Gehaltsvorstellungen (siehe "Vier Prozent mehr Gehalt für Berufseinsteiger", IZ 23/2013), ihre Qualifikationen und Berufswünsche gegeben. Alle Umfrageergebnisse sind im IZ-Karriereführer 2013/14 für die Immobilienwirtschaft zu finden, der im August veröffentlicht wird.

Die nächste Joboffensive-Umfrage findet im Frühjahr 2014 statt. Weitere Infos unter www.izjobs.de/joboffensive.

TIPP

Porträts von rund 150 Arbeitgebern sind im IZ-Karriereführer 2013/14 für die Immobilienwirtschaft zu finden. Der Leitfaden beinhaltet neben einer aktuellen Arbeitsmarktanalyse auch Infos zu Berufsbildern, zu Einstiegsgehältern und zu den Anforderungen von Unternehmen an Young Professionals. Zudem sind die Steckbriefe von 165 immobilienwirtschaftlichen Studiengängen sowie Beiträge und Tipps zum Thema Berufseinstieg und Karriere enthalten. Der IZ-Karriereführer wird im August veröffentlicht und kostet 29 Euro.

Christine Rose

Die Baturina

Aufgewachsen in der Sowjetunion, hat man ihr beigebracht, dass das Kollektiv immer Recht hat. „Doch das Gegenteil ist der Fall, nicht das Kollektiv hat Recht, sondern das Individuum.“

Aufgewachsen in der Sowjetunion, hat man ihr beigebracht, dass das Kollektiv immer Recht hat. „Doch das Gegenteil ist der Fall, nicht das Kollektiv hat Recht, sondern das Individuum.“

Bild: Christof Mattes

Köpfe 17.07.2013
Ihr Mann Juri Luschkow regierte als mächtiger Bürgermeister von Moskau. Sie selbst leitete viele Jahre erfolgreich einen Baukonzern. Bis sie in den Sog politischer Machtspiele geriet. ... 

Ihr Mann Juri Luschkow regierte als mächtiger Bürgermeister von Moskau. Sie selbst leitete viele Jahre erfolgreich einen Baukonzern. Bis sie in den Sog politischer Machtspiele geriet.

Sie kamen mit Maschinengewehren und maskiert. Zu fünfzehnt stürmten sie in Tarnanzügen am 17. Februar 2011 das Bürogebäude am Nikitiski Pereulok 5 in der Moskauer Innenstadt, weniger als einen Kilometer vom Bolschoi Theater entfernt. Gegen 10 Uhr verriegelten die Männer die Zugänge zu den Räumen. Ihr Ziel: Geschäftsunterlagen des Bau- und Immobilienkonzerns Inteko. „Diebstahl von 13 Milliarden Rubel" (318 Millionen Euro) lautete der Vorwurf aus dem Innenministerium gegen die Firmeninhaberin Elena Nikolaewna Baturina – nach Forbes-Liste die mit 1,1 Milliarden US-Dollar reichste Frau Russlands, von der es heißt, sie kontrolliere ein Viertel des Moskauer Wohnungsbaus.

Heute lebt und arbeitet Baturina zumeist in London. In Russland war sie schon länger nicht mehr. Wenn sie Lust auf Borschtsch hat, kocht sie sich welchen, und Wodka mag sie ohnehin nicht. „Mir fallen nicht viele Gründe ein, warum ich zurück nach Moskau fahren sollte. Aber ich könnte es", meint die Wahl-Britin und sitzt dabei etwas zu aufrecht.

Noch ein knappes halbes Jahr vor der Razzia wäre ein solcher Überfall undenkbar gewesen. Denn Baturina ist nicht nur reich, sondern auch mit Juri Luschkow verheiratet, jenem Mann, der 18 Jahre lang als Bürgermeister über Moskau herrschte und Anfang des Jahrtausends als aussichtsreicher Kandidat für das russische Präsidentenamt und möglicher Nachfolger von Boris Jelzin gehandelt wurde. Erster Mann im Staate wurde dann aber doch Wladimir Putin – mit Luschkows Unterstützung. Allerdings brachte der inzwischen 77-jährige Schirmmützenträger den 2008 angetretenen Nachfolger Putins, Dimitrij Medwedew, mit Kritik an dessen Führungstil erheblich gegen sich auf. Medwedjew holte zum Gegenschlag aus, im Sommer 2010 waren Zeitungen und Fernsehen voll mit Vorwürfen gegen Luschkow und seine Amtsführung: Er hätte versagt beim Kampf gegen das Moskauer Verkehrschaos und gegen die verheerenden Waldbrände, unzählige historische Gebäude hätte er abreißen lassen, um die Stadt nach seinem Willen umzubauen, und immer wieder fiel das Stichwort Korruption. Einen Rücktritt verweigerte Luschkow zwar, den Machtkampf mit dem Kreml verlor er dennoch. Ende September 2010 feuerte Medwedew den Bürgermeister.

Das traf auch seine Ehefrau Elena Baturina und ihr Bauimperium. Inteko geriet mitten hinein in den politischen Strudel. Die Medien berichteten über sie und schrieben ihren Aufstieg der Korruption und ihrer Position als Ehefrau von Luschkow zu. „Gibt es einen neuen Fall Chodorkowksi?", hieß es drohend in einer Schlagzeile. Für Putin war Luschkow vor allem der Garant für stabile Macht- und Stimmenverhältnisse im Zentrum seines Reichs und in der Stadtduma. Grund genug ihn – im Gegensatz zu anderen Gouverneuren – lange im Amt zu halten. Aber nicht Grund genug, sich in dem Konflikt vor ihn zu stellen. Befreundet seien sie nie gewesen, erzählt Baturina: „Ich habe mich immer von allen Offiziellen distanziert."

Elena Baturina wächst mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einer Zweizimmerwohnung in einem sowjetischen Plattenbau auf und besucht Schule Nr. 899. „Mir war klar, dass ich, um etwas im Leben zu erreichen, eine Universität besuchen musste." Da ihre Familie nicht wohlhabend ist, verdingt sie sich in der Fabrik, in der auch Mutter und Vater tätig sind. In ihrer Freizeit studiert sie. Ihr erstes Geld gibt sie für eine über 3.000 Rubel teure Küche und für ein „ungeheuer teures Schlafzimmer aus Rumänien für 6.800 Rubel" aus, die sie über sechs Monate von ihrem Gehalt abstottert.

Elena ist 26 Jahre alt, als sie 1989 Inteko gemeinsam mit ihren Bruder Wiktor gründet. Ihr erster großer Auftrag besteht aus Plastikgeschirr für die einheimische Fastfood-Kette „Russkoje Bistro", wofür das Geschwisterpaar eigens eine Fabrik errichtet. Im Baugeschäft sind sie noch nicht. Beim einem der nächsten Aufträge ahnt die Unternehmerin jedoch, dass das der Schlüssel für den Aufstieg der Firma sein könnte: Für das Olympiastadion Luschniki sollen Plastikstühle geliefert werden. Die Renovierung des größten Stadions Moskaus Mitte der 90er ist ein Prestigeprojekt, auch von Bürgermeister Luschkow. „Ich wusste, dass wir diese Ausschreibung nur gewinnen konnten, wenn wir einen günstigeren Preis boten als die anderen", betont Baturina mit fester Stimme. Sie und ihr Team optimieren jedes Detail und erhalten den Zuschlag, denn die zweitplatzierten Deutschen waren deutlich teurer. Mutmaßungen, dass Baturina sich nur deshalb durchsetzte, weil sie mit dem Stadtoberhaupt verheiratet ist, verstummen dennoch nie ganz.

Kennengelernt haben sich die beiden 1987, als die damalige Doktorandin dem 30 Jahre älteren Juri als Mitarbeiterin zugeordnet wurde. Eine Versetzung, die die Nachwuchskraft zunächst sehr aufbringt, weil sie von ihrem Arbeitsplatz in einem wirtschaftswissenschaftlichen Institut nicht weg will. „Ich war dort unter elf Angestellten die einzige Frau, das hat mir sehr gut gefallen", grinst Baturina fröhlich. Ihre Romanze beginnt rund zwei Jahre später. Sie heiraten 1991.

Im folgenden Jahrzehnt gedeiht Inteko prächtig. Der Plastikproduzent verwandelt sich in ein verzweigtes Wirtschaftsimperium. Einen Großteil des Umsatzes verschaffen Bau, Verkauf und Bewirtschaftung von Immobilien aller Art wie Wohnungen, Büro, Einkaufszentren, Hotels und Schulen. Anteile an Gas- und Ölgesellschaften sowie der russischen Bodenbank und zwei Zementfabriken erweitern die Inteko-Welt.

Gut zwanzig Jahre später folgt die Razzia. Einen Nachweis für die Beschuldigungen erbringen die Untersuchungen nicht, Baturina selbst streitet jede gesetzeswidrige Handlung ab. Dennoch verkauft sie im September 2011 die Inteko an die russischen Sberbank sowie an Binbank-Chef Michail Schischkanow. „Um die Firma zu retten und die Mitarbeiter zu schützen", erklärt ihr Sprecher Gennady Terebkov, der seit zehn Jahren bei allen Gelegenheiten an Baturinas Seite steht.

Ihr Büro hat die Geschäftsfrau nun in der Grosvenor Street im vornehmen Londoner Viertel Mayfair. Ein nur wenige Zentimeter großes Klingelschild verrät, dass hier die Euro Assets Finance Ltd. zu erreichen ist. Eine schwarz glänzende Tür hält unangemeldete Neugierige und Geräusche draußen, dahinter wartet viel weißer Marmor. Der Raum lässt einen die Jacke enger ziehen. Die Geschicke ihrer Unternehmungen lenkt Baturina von einem knapp fünf Meter breiten schwarzen Schreibtisch im ersten Stock aus, umgeben von Skulpturen, hohen Vasen, türkisfarbenen Stühlen und halbleeren Regalen.
Die ein Meter sechzig große Mutter zweier Töchter ist schlanker als auf den alten Bildern aus der Moskauer Zeit. Ihre blonden Haare trägt sie gestuft in weichen Wellen bis auf die Schulter, das geblümte Designerkleid aus Seide umspielt die Knie und umschmeichelt die Figur. Die Inteko-Chefin mit Bubikopf und Hosenanzug – in den Medien Moskaus Betonprinzessin genannt – existiert nicht mehr, ebenso wenig die Bürgermeistergattin, die bei offiziellen Anlässen mit aufgedrehten Locken und spitzenbesetzten Gewändern an der Seite ihres Mannes steht.

Neben zwei ehemaligen Inteko-Managern hält vor allem Terebkov seiner Brotherrin die Treue. Er ist dauerpräsentes Mädchen für alles. Unterlagen sind nicht vollständig: „Gennady, wo sind sie?" In einem Dokument fehlt das englische Pendant zu einem russischen Ausdruck: „Gennady, hast Du keinen Übersetzer in Deinem Telefon?" Ein Baturina-Portrait im Internet bleibt unauffindbar: „Sag mir, wo es ist, Gennady!" Terebkovs Familie lebt in Moskau, er besucht sie regelmäßig.

„Das Leben hier ist weniger intensiv", vergleicht die Auswanderin ihre frühere und ihre jetzige Welt. „Und obwohl mir das, was ich in Moskau getan habe, viel Spaß gemacht hat, fehlte mir immer etwas ", fährt sie im Erzählton fort: „Es war nie genug Zeit für die Familie." Dabei zu sein, im Kreise der Regierenden, fehlt Elena nicht. Die offiziellen Auftritte neben Moskaus Bürgermeister betrachtete sie „als Ehre und Arbeit". Die passende Kleidung, um ihren Mann bei der Arbeit zu unterstützen, wären heute allerdings Gummistiefel und Matschhose. Denn der Mann, der einst für eine Stadt mit rund zwölf Millionen Einwohnern zuständig war, züchtet Schafe in Kaliningrad. „Warum ein erfolgreicher Bürgermeister von Moskau Landwirt wurde, müssen Sie den russischen Präsidenten fragen", kommentiert Elena Baturina ausdruckslos.

In den vergangenen zwei Jahren ist die Russin in Westeuropa sichtbarer geworden. Ihre vor einem Jahr gegründete Stiftung Be Open ist häufig der Anlass dazu. Die einzige Frau auf der russischen Forbes-Liste will Designern eine Plattform zum kreativen Austausch in Sachen Architektur, Stadtentwicklung und Gesellschaft bieten, sagt sie. Be Open veranstaltet Messen, Wettbewerbe und Installationen rund um den Globus.

Zudem verwaltet sie Hotels in Kasachstan, Russland, Tschechien, Österreich und Irland, Investitionen in weitere Hotels und eine Restaurantkette sind geplant. Das erste Baturina-Lokal soll in London eröffnen, vielleicht noch in diesem Jahr. Vier Hotels gehören bereits zu ihrem Firmengeflecht, ein fünftes ist im Bau und zwei weitere unterstehen ihrem Management. Über ein Hotel in Berlin führt sie Verhandlungen. 100 bis 200 Zimmer groß und mit vier oder fünf Sternen versehen, steht auf der Wunschliste. Aber grundsätzlich gilt: „Jedes Hotel, das Profit abwirft, ist ein gutes Hotel."
Durch den Umzug nach London geriet sie wieder ins Visier der Presse. Die Sunday Times behauptete Ende 2009, die Luschkow-Ehefrau habe das Londoner Herrenhaus Witanhurst gekauft, von dem es heißt, es sei das zweitgrößte in London nach dem Buckingham Palace. Die Meldung war falsch und erweckte zudem den Eindruck, eine wenige Monate vorher gemäß den russischen Antikorruptionsgesetzen abgegebene Vermögensaufstellung sei nicht vollständig gewesen. Elena Baturina prozessiert sofort, die Sunday Times verliert, muss richtigstellen und schließlich Schadenersatz zahlen.

Auch als die russische Presse ihr und ihrem Mann unlautere Methoden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorwarf, zog das Paar energisch und häufig erfolgreich gegen die Medien ins Feld. Doch die Negativpresse riss nicht ab. „Wenn du weißt, dass du nichts Illegales getan hast, aber dessen beschuldigt wirst, und das System das erlaubt, dann ist das System falsch", zieht sie Bilanz. Chancen, ihre Unschuld vor russischen Gerichten zu beweisen, sieht sie nicht. „Ich bin nicht Don Quichotte, ich werde nicht gegen Windmühlen kämpfen!"

Ihren Wegzug aus Russland möchte die gebürtige Moskauerin heute dennoch als normalste Sache der Welt interpretiert wissen. „Für eine Frau ist ihre Familie dort, wo ihre Kinder sind. Und meine Familie ist jetzt in London." An ihren 50. Geburtstag in diesem März tourte die ehemalige Vorsitzende des russischen Reitsportverbands zwar noch mit Mann und Töchtern durch Island. Dann zog es sie jedoch nach Norwegen, Frankreich und Italien. Im Oktober und November stehen Flüge nach Mumbai und Tokio auf dem Plan. „Ich bin nicht wirklich oft in London", gibt sie schlussendlich zu. Ein bisschen Familie findet dennoch im deckenhohen Regal in ihrem Büro statt. Hier stehen vier Fotos in gerahmter Standardgröße: Elena mit Ehemann auf einem Ball beim Tanz, die Töchter als sie noch klein waren, die Töchter als sie noch ganz klein waren, Elena mit ihrer Mutter und Ehemann.

Die 19 und 22 Jahre alten Töchter von Baturina und Luschkow leben seit Herbst 2010 in London und setzen dort ihr in Moskau begonnenes Studium fort. Der Abschied der Teenager aus Russland erfolgte nicht ganz freiwillig. Der wenige Wochen zuvor geschasste Luschkow erklärte damals, es gebe „sehr ernsthafte Gründe", sich um ihre Sicherheit zu sorgen.

„Es gibt die Heimat und es gibt den Staat und ich beschuldige keinen von beiden, mir das Leben schwer zu machen. Aber bestimmte Personen", erklärt Baturina auf die Frage nach einer möglichen Rückkehr nach Moskau. Und sie erzählt von einem Treffen mit Emigranten, die ihr Land während der Revolution 1917/18 verlassen mussten. „Sie sind nicht verärgert über Russland, aber sie sind sehr traurig darüber, dass viele Dinge falsch gelaufen sind. Aber egal was passiert: Russland ist meine Heimat."

Brigitte Mallmann-Bansa

Walter Rasch als BFW-Präsident wiedergewählt

Walter Rasch.

Walter Rasch.

Bild: BFW

Köpfe 17.05.2013
Walter Rasch ist als Präsident des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen wiedergewählt worden. Er steht seit 2004 an der Spitze des Verbands. Auf der ... 

Walter Rasch ist als Präsident des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen wiedergewählt worden. Er steht seit 2004 an der Spitze des Verbands. Auf der Jahreshauptversammlung wurden ebenfalls die beiden Vize-Präsidenten Horst-Achim Kern (Prohacon) und Frank Vierkötter (Interhomes) sowie der Schatzmeister Dirk Lindner (Lindner Unternehmensgruppe) im Amt bestätigt. Mit Andreas Ibel (Airea) und Dr. Christian Kube (Becker & Kries Unternehmensgruppe) wurden zwei weitere Vize-Präsidenten berufen.

Darüber hinaus gehören dem Bundesvorstand weiterhin Andreas Eisele (EGCP Projektentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft), Karl Heinz Maerzke (Helma Eigenheimbau), Dirk Salewski (beta Eigenheim- und Grundstücksverwertungsgesellschaft), Karl Strenger (Strenger Bauen und Wohnen), Sönke Struck (Struck Wohnungsunternehmen) und Dr. Walter Winkelmann (Wiederaufbau-Gesellschaft) an. Als Nachfolger von Tilmann Schneider (Bewacon Immobilien) rückte Uwe Kraft (Elbe Bau) in den BFW-Bundesvorstand auf.

Sonja Smalian

Gaudís Nachfahren kommen

Der gute Ruf von Architekten wie beispielsweise Antoni Gaudí eilt den Spaniern voraus. Das wiederum hilft, das Interesse von deutschen Arbeitgebern zu wecken.

Der gute Ruf von Architekten wie beispielsweise Antoni Gaudí eilt den Spaniern voraus. Das wiederum hilft, das Interesse von deutschen Arbeitgebern zu wecken.

Bild: BilderBox.com

Karriere 02.05.2013
Die Stuttgarter Nord-Süd Hausbau hat gerade vier spanische Bauingenieure eingestellt und die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main holte jüngst 50 junge Menschen aus der Partnerstadt Madrid an ... 

Die Stuttgarter Nord-Süd Hausbau hat gerade vier spanische Bauingenieure eingestellt und die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main holte jüngst 50 junge Menschen aus der Partnerstadt Madrid an den Main, um sie an Ausbildungsbetriebe zu vermitteln. Die prekäre Lage am Arbeitsmarkt in einigen südeuropäischen Ländern erhöht die Mobilität von Fachkräften und stellt die Unternehmen vor neue Aufgaben.

Neue Denkweisen und andere Herangehensweisen ins Unternehmen zu holen. Das war der Wunsch von Frank Talmon l'Armée. Deswegen blickte der Geschäftsführer der Stuttgarter Nord-Süd Hausbau vor zwei Jahren für die Personalrekrutierung erstmals über die deutsche Landesgrenze hinaus nach Spanien. Ausschlaggebend für das Zielland sei die ähnliche Mentalität gewesen, sagt Talmon l'Armée. Auch das Fachliche habe dafür gesprochen: Die spanischen Vorschriften ähnelten dem deutschen Baurecht und nicht zuletzt sei das Land "von der Architektur wunderbar", schwärmt er.

Im Spätherbst vergangenen Jahres schaltete das knapp 50 Mitarbeiter zählende Unternehmen eine Stellenanzeige auf drei spanischen Jobportalen. Die Anzeige war weitgehend auf deutsch mit einem spanischen Satz: "Möchten Sie Ihre Karriere in Deutschland starten?" Die Antwort war ein vielhundertfaches Ja. Denn die anhaltende Krise auf den Arbeitsmärkten in einigen südeuropäischen Staaten zwingt zur Mobilität (vgl. auch "RICS erhält im Süden mehr Zulauf", IZ 12/13).

Eine deutliche Zunahme der Bewerbungen aus Spanien, Griechenland, aber auch Italien hat auch Andreas Richter in den vergangenen zwei Jahren beobachtet. Den Geschäftsführer der Kölner Personal- und Unternehmensberatung proJob erreichten teilweise Bewerbungen mit verzweifelten Hilferufen. Neben Jung-Akademikern gebe es auch Interesse aus der Altersgruppe 30 bis 50.

Bei der Nord-Süd Hausbau kamen rund 70 Bewerber in die engere Wahl und 14 Interessenten wurden zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Talmon l'Armée persönlich flog für zwei Tage nach Alicante und Madrid. Ursprünglich wollte er nur ein oder zwei Bewerber einstellen, doch dann überzeugten ihn vier Kandidaten. Mit ihnen, darunter einer Frau, hat er Verträge abgeschlossen. Doch damit war es nicht getan. Um die Integration in ein Arbeitsleben in Deutschland zu erleichtern, kümmert sich die Firma ganz besonders um die Neuzugänge: Im einwöchigen Abstand kamen sie nach Stuttgart und nach Köln, damit die knapp 50 Mitarbeiter Zeit hatten, die neuen Kollegen kennenzulernen. Den Flug und die Kosten für den ersten Monat im Hotel übernahm Nord-Süd Hausbau. Auch den sechsmonatigen Deutschkurs trägt das Unternehmen. In dieser Zeit müssen die vier Spanier nur 75% bzw. 80% arbeiten. Die vier Bauingenieure bzw. Architekten - in Spanien sei die Ausbildung der Architekten deutlich technischer ausgeprägt - sind zwischen 30 und 49 Jahre alt. Sie ergänzten sich sehr gut und bildeten zusammen den gesamten Zyklus eines Projekts ab. Nachahmern empfiehlt Talmon l'Armée, die Auswahlgespräche immer vor Ort im Land der Bewerber zu führen, denn das erleichtere die Gesprächsführung.

Offen für die Integration von ausländischen Arbeitskräften muss sich auch das Handwerk zeigen, denn hier ist der Fachkräftemangel inzwischen deutlich spürbar. Keine einzige Bewerbung habe sie auf die Ausschreibung eines Ausbildungsplatzes erhalten, sagt Sonja Feucht vom Heizungs- und Sanitärbauer Bruder + Feucht aus Bad Homburg. Deswegen hat sich das Unternehmen auch an der Initiative der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und des Hessischen Wirtschaftsministeriums beteiligt, die im April dieses Jahres 50 junge Leute aus Madrid für ein zehntägiges Schnupperpraktikum eingeladen hat. Vier junge Menschen, teils mit, teils ohne Ausbildung und deutsche Sprachkenntnisse, lernte Feucht auf diesem Wege kennen, denen sie ihren Betrieb vorstellte. Zwei wird sie im Mai auswählen, die dann ab August bei ihr eine Ausbildung beginnen - und hoffentlich auch beenden werden.

TIPP

Das vierte IZ-Karriereforum für die Immobilienwirtschaft findet am 15. Juni 2013 auf dem Campus der Frankfurter Goethe-Universität statt. Mehr als 30 Aussteller präsentieren sich auf der Job- und Karrieremesse. Info: www.iz-jobs.de/karriereforum

Sonja Smalian