Gegen den Investor Lars Windhorst liegt ein Haftbefehl vor, weil er zu einer Anhörung des Amtsgerichts Hannover zum Insolvenzverfahren der seinem Firmengeflecht entstammenden Gesellschaft ...
Gegen den Investor Lars Windhorst liegt ein Haftbefehl vor, weil er zu einer Anhörung des Amtsgerichts Hannover zum Insolvenzverfahren der seinem Firmengeflecht entstammenden Gesellschaft Projekt Ihme-Zentrum Hannover nicht erschienen ist. Windhorst hat dagegen Widerspruch eingelegt. Um die Revitalisierung des Ihme-Zentrums voranzubringen, verhandelt Insolvenzverwalter Jens Wilhelm V über Mietverträge, mit denen die Mieter die Sanierungskosten übernehmen und die Fläche temporär mietfrei nutzen können.
„Ernsthafte Gespräche mit Investoren über Teilverkäufe bahnen sich noch nicht an“, sagt Jens Wilhelm V, Insolvenzverwalter der Projekt Ihme-Zentrum (PIZ), der seit Oktober 2023 im Insolvenzverfahren befindlichen Gesellschaft aus dem Firmengeflecht des Investors Lars Windhorst. Aber: „Im Hintergrund wird der Verkauf vorbereitet, ein Datenraum ist eingerichtet und wesentliche Unterlagen sind bereits zusammengestellt.“
Erfolgreicher ist Wilhelm hingegen beim Entwirren der wirtschaftlichen Strukturen rund um die PIZ wie auch zum Hintergrund der 290 Mio. Euro Grundschulden zugunsten zweier Gesellschaften aus dem Umfeld des Unternehmers Ulrich Marseille, die auf der PIZ lasten. „Wir sind größere Schritte weitergekommen, aber aus bestimmten Gründen kann ich hierzu noch keine Details öffentlich vermelden.“
Zu diesen Fortschritten hat Lars Windhorst nichts beigetragen, denn er erschien nicht zur Anhörung des Insolvenzgerichts, dem Amtsgericht Hannover, am 22. April. In der Konsequenz veranlasste das Gericht einen Haftbefehl nach § 98 Insolvenzordnung, um Windhorsts Auskunfts- und Mitwirkungspflichten durchzusetzen. Der Haftbefehl liegt seit Ende Mai vor – und Windhorst hat bereits Widerspruch eingelegt.
Aldi und Woolworth verhandeln über Anmietung
Aufmerksamkeit des Insolvenzverwalters beanspruchen zudem die Gespräche mit potenziellen Mietern für die seit 2009 weitgehend im entkernten Zustand brachliegenden Gewerbeflächen. So verhandelt Wilhelm etwa mit Aldi und Woolworth über die Anmietung der ehedem vom Supermarkt Huma genutzten Flächen an der Blumenauer Straße nahe der Kreuzung Am Schwarzen Bären. Von den 4.600 qm würde Aldi knapp 1.700 qm nutzen und Woolworth rund 1.200 qm.
„Es findet demnächst ein Termin vor Ort mit dem bisherigen Planungsbüro und den Mietinteressenten statt“, berichtet Wilhelm V, der eine Eröffnung Ende 2025 in Aussicht stellt. Im Mietvertrag würde festgelegt, dass die Mieter selbst den Umbau samt Sanierung bezahlen und anschließend die Flächen eine Weile mietfrei nutzen könnten.
Erste Wohnungen sind saniert
Eine ähnliche Konstruktion wird mit der Stadt Hannover für einige der leer stehenden, sanierungsbedürftigen Wohnungen verhandelt. „Hier gibt es Gespräche mit dem Fachbereich Gesellschaftliche Teilhabe der Landeshauptstadt Hannover, der Wohnungen anmieten möchte.“ Auch hier werde das Modell temporäre Mietfreiheit für Sanierungskosten diskutiert.
55 der 177 zur Insolvenzmasse zählenden Wohnungen waren teils jahrelang unvermietet. „Die Sanierung und Vermietung leer stehender Wohnungen geht schrittweise voran. Die Insolvenzmasse ist nicht in der Lage, alle Wohnungen auf einmal zu sanieren“, illustriert der Insolvenzverwalter die übersichtliche Liquiditätslage. Aber: „Die ersten Sanierungen sind durchgeführt worden.“
Eigentümer müssen Sonderumlage leisten
Die zum Insolvenzverfahren führende Zahlungsunfähigkeit der PIZ hat nun auch für die anderen Wohnungseigentümer im Ihme-Zentrum einschneidende Folgen. In einer Versammlung der Gesamt-Wohneigentümergemeinschaft im Mai wurde beschlossen, die millionenschwere Lücke für das Hausgeld – mit dem die Gemeinschaftskosten getragen werden – durch eine Sonderumlage zu schließen. Zunächst bis Jahresende 2024 müssen die 525 Eigentümer der weiteren rund 800 Wohnungen monatlich zusätzlich 4,87 Euro/qm in die Hausgeldkasse überweisen.
Zudem konnte sich Wilhelm mit einem Antrag in der WEG durchsetzen, dass bestimmte Aufwendungen, wie etwa der Wachdienst, die Schädlingsbekämpfung und die Außenbeleuchtung künftig nicht mehr allein von den Gewerbetreibenden getragen werden, sondern von allen WEG-Mitgliedern. „Schließlich hat die WEG vor meinem Beschlussantrag sogar noch mal ausdrücklich mit überwältigender Mehrheit entschieden, dass unbedingt ein Wachdienst benötigt wird und sich darüber auch Gedanken gemacht wird, inwieweit der Wachdienst in den Häusern und in welchem Umfang tätig werden kann.“ Es entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ausschließlich die Gewerbetreibenden zahlten, aber alle davon profitierten.
Öffentliche Hand bremst Umnutzung von Büro- zu Wohnraum
Zur Entlastung der WEG-Haushalte sollen künftig Einnahmen aus Photovoltaikanlagen beitragen. Hier hat die WEG-Versammlung beschlossen, Gutachten zu Statik und Winddruck auf den Weg zu bringen.
Nicht recht vom Fleck kommt ein anderes Wohnungsthema: „Bei der Umnutzung von Büros zu Wohnraum, zumindest als sogenannte Zwischenlösung, gibt es keine positiven Nachrichten. Weder die Region Hannover, noch die Landeshauptstadt Hannover oder das Land Niedersachsen sind aktuell zu einer Unterstützung bereit.“ Das gilt etwa für die Idee, in den früheren Büroflächen des kommunalen Energieversorgers Enercity und der Stadt Hannover Geflüchtete unterzubringen. Auch die Gespräche mit der neuen Landeswohnungsgesellschaft seien nicht erfolgreich gewesen. „Es ist nicht hilfreich, dass die öffentlichen Einrichtungen so wenig kooperieren beim Finden von kreativen Lösungen für das Ihme-Zentrum“, ließ sich Wilhelm V Ende April in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) zitieren.
Stadt investiert Millionen in Durchwegung
Gewürdigt wird vom Insolvenzverwalter hingegen das Engagement der Stadt, dass die öffentlich nutzbare Durchwegung von der Ida-Arenhold-Brücke bis zur Blumenauer Straße bis 2026 saniert und modernisiert wird. „Die mangelnde Investitionsbereitschaft des derzeitigen Eigentümers des Ihme-Zentrums hat jeden Fortschritt in den vergangenen Jahren ausgebremst – und das, obwohl bereits Fördermittel erfolgreich eingeworben wurden“, erklärte Stadtbaurat Thomas Vielhaber (SPD).
Seit bald fünf Jahren plant die Stadt, die Durchwegung zu erneuern. Die kalkulierten Kosten liegen bei 4,4 Mio. Euro. Die abgelaufene Frist zur Nutzung der eingeworbenen Bundesfördermittel in Höhe von zwei Millionen Euro wurde auf Bitten der Stadt verlängert. Die Stadt ist bereit, die Lücke von rund 2,4 Mio. Euro zu schließen.