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"Ich will Räume öffnen" - für Künstler und Kreative

Torsten Rommel führt in Dresden die galerie module und die Kreativraumagentur. Er ist Ansprechpartner für die Immobilien- und die Kreativwirtschaft.

Torsten Rommel führt in Dresden die galerie module und die Kreativraumagentur. Er ist Ansprechpartner für die Immobilien- und die Kreativwirtschaft.

Bild: sma

Karriere 02.10.2014
Torsten Rommel hat viele Jahre im Theater gearbeitet, ein eigenes Tanztheater aufgebaut, die Ostrale mitgegründet - und dabei immer Räume bespielt. Heute erschließt er für Künstler und ... 

Torsten Rommel hat viele Jahre im Theater gearbeitet, ein eigenes Tanztheater aufgebaut, die Ostrale mitgegründet - und dabei immer Räume bespielt. Heute erschließt er für Künstler und Kreative ungenutzte Räume in Dresden mit der galerie module und der Kreativraumagentur. Der Wirtschaftsmathematiker übersetzt dabei zwischen der Immobilienwirtschaft und den Kulturschaffenden und gibt sein Verhandlungswissen weiter.

Im sonnendurchfluteten Buga-Glaspavillon neben der Handwerkskammer Koblenz soll Torsten Rommel sein Rezept verraten. Wie können Kreativunternehmer besser verhandeln? Auf den Wirtschaftsmathematiker warten u.a. Schriftsteller, Kunstmaler und Grafiker. 2012 wurde er zusammen mit Verena Andreas für ihre Agentur galerie module zum Kultur- und Kreativpiloten Deutschlands ausgezeichnet. Auch deswegen lud ihn das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes zur Diskussion an den Rhein. Als Künstler versteht sich Rommel jedoch nicht. "Ich selbst bin nicht künstlerisch tätig, aber ich schließe gerne Räume auf für Leute, die das können", sagt Rommel. In Dresden verhilft er Kreativen über Zwischennutzungen zu Ausstellungsräumen, berät sie bei ihren Konzepten und der Suche nach Ateliers und Werkstätten. Und der Grenzgänger zwischen Markt- und Kulturwirtschaft will ihnen auch die Scheu vor dem ungeliebten Verhandeln nehmen. Es gebe nicht "die" Verhandlungsstrategie, sagt Rommel. Seine Philosophie lautet: "Seien Sie hart in der Sache und sanft zu den Menschen."

Rommel versteht, warum Kreativunternehmern das Verhandeln so schwer fällt. Sie wollten einfach das tun, was sie machen - und das sei für viele eben schon ein Teil des Lohns. Dadurch geraten sie leicht in die Rolle des Bittstellers. Sein Gegenmittel ist eine gute Vorbereitung, und zwar zu den eigenen Zielen - und denen des Verhandlungspartners. Wichtig sei außerdem: Welche finanzielle Ausstattung ist vorhanden? Ist mein Verhandlungspartner der Entscheider? Wie ist sein Wissensstand über das Produkt oder das Projekt? "Je mehr ich weiß, desto sicherer bin ich", sagt Rommel, "und desto genauere Fragen kann ich stellen."

Es helfe auch, sich ein Entscheidungskreuz mit den Ängsten und Wünschen des potenziellen Kunden aufzumalen. Denn Kaufentscheidungen würden oft von Ängsten und Befürchtungen gesteuert, hat Rommel die Erfahrung gemacht. Es sei daher sinnvoll, diese schon in der Verhandlung zu thematisieren.

Er empfiehlt auch, die Gesprächspartner in zwei Cluster einzuordnen: den erfolgsorientierten und den misserfolgsorientierten Typ. Erstere seien die "Macher", also diejenigen, die loslegen wollen, die dabei sein wollen. Sie ließen sich eher durch die "große Vision" überzeugen. Die andere Gruppe hingegen kalkuliere und berechne stärker. Ihnen müsste anders entgegengekommen werden. Zumal die Verhandlungspartner die Sache oft anders sähen. "Sie sprechen mit Menschen, also programmieren Sie sich auf Empathie", lautet Rommels Rat.

"Aktiv zuhören" ist ein wichtiger Schlüssel für gute Verhandlungen, konzentrierte Aufmerksamkeit und Nachfragen gehören dazu: "Habe ich Sie richtig verstanden?" "Meinten Sie XY?" Wer die Sichtweise des anderen nachvollzogen hat, kann dann auf die eigene zu sprechen kommen. Doch Vorsicht, der Mensch kann meist nur mit zwei, drei Argumenten gleichzeitig im Kopf arbeiten.

Einwände vom Gegenüber sollten als Chance begriffen werden, sagt Rommel. Denn offenbar setzt sich der Gesprächspartner mit der Thematik auseinander. Von Gegenargumenten zur Entkräftung hält Rommel nichts. Der Verhandlungspartner sei kein Kontrahent. Beide müssen eine Lösung finden, um das Geschäft zu machen.

Die abschließende Zusammenfassung sollte man nach Möglichkeit selber vornehmen und dann fragen, ob noch etwas fehle. "Denken Sie daran, dass ein Verhandlungsgespräch allen Beteiligten Spaß machen soll", mahnt Rommel, der als Hockey-Nationalspieler viele Wettkämpfe bestritten hat.

Umwege führten ihn zu der Schnittstelle von Kultur, Raum und Immobilien, an der er jetzt tätig ist. Während des Studiums entdeckte er seine Liebe zum Theater und leitete jahrelang die Abteilung Service im Vorderhaus der Komödie Winterhuder Fährhaus, eines privatwirtschaftlichen Theaters. Dort verinnerlichte er eine Maxime: Projekte müssen sich selbst finanzieren. Denn wer von Fördergeldern abhängig ist, ist eben nicht unabhängig in seinem Handeln. Dass Kultur und Zahlen kein Gegensatz sein müssen, zeigte er in seiner Diplomarbeit. Er modellierte mathematisch die Spielplanproblematik im öffentlich finanzierten Theater und berechnete, wie sich die Umbaukosten durch eine Spielplanänderung reduzieren lassen.

In Dresden gründete Rommel das Traumtheater und wurde so auf den Schlachthof aufmerksam. Nur 15% des Areals wurden damals genutzt, der Rest stand leer -"vergessen und verloren". Rommel sah leere Orte, große und kleine Halle, Ställe und Sozialtrakte und wusste sofort: Das ist der ideale Raum für eine Kunstausstellung. Drei Tage lang präsentierten sich 120 Künstler auf rund 3.000 m2 - die Ostrale war geboren. 2009 erhielten die drei Initiatoren dafür den Förderpreis der Stadt.

Später stieg Rommel aus dem Projekt aus und bei galerie module ein. Über die Stadtentwicklung bekamen sie die ersten beiden Kontakte zur privaten Immobilienwirtschaft, die ihnen sofort vier Objekte vorstellten. Das Konzept: Zwischennutzungen organisieren. Diese verlaufen immer nach demselben Muster: je eine Woche für Auf- und Abbau sowie sechs Wochen Nutzung. Es ging ihnen um die Synergie zwischen Kunst und Raum und sie wollten neue Nutzungspotenziale aufzeigen. Vor drei Jahren präsentierten sie sich auf der Expo Real. Inzwischen gehören das Fraunhofer Institut und das Medienkulturzentrum zu ihren Stammkunden. Doch es kamen auch immer mehr Künstler auf sie zu, um sich zu ihrem Konzept beraten zu lassen, viele suchten auch nach günstigen Arbeitsräumen. Nutzungskonzepte für Leerstandsimmobilien wurden entwickelt. Rommel kann sich vorstellen mit der Agentur auch ein ganzes Objekt zu mieten, um dann Einzel-Arbeitsplätze anzubieten. "Die Immobilienwirtschaft und die Kreativwirtschaft sprechen zwei verschiedene Sprachen", sagt er. Sein Team ist zweisprachig.

Sonja Smalian

Marc Stilke

Marc Stilke.

Marc Stilke.

Bild: Marc Stilke

Karriere 28.11.2013
Marc Stilke verbrachte seine Kindheit im niedersächsischen Bückeburg. Nach einem BWL-Studium an der Universität Mannheim wurde er Assistent des CEO von Bertelsmann. Danach folgten Stationen als ... 

Marc Stilke verbrachte seine Kindheit im niedersächsischen Bückeburg. Nach einem BWL-Studium an der Universität Mannheim wurde er Assistent des CEO von Bertelsmann. Danach folgten Stationen als Verlagsleiter des Gabler-Verlags und der G+J Wirtschaftspresse, als Geschäftsführer von Lycos Europe und als Vorstand von AdLink Internet Media. Heute ist der 47-Jährige CEO von ImmobilienScout24. In seiner Freizeit praktiziert er Yoga und leitet die Berliner Regionalgruppe der Studienstiftung des deutschen Volkes. Stilke ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

Wo wohnen Sie zurzeit?

Miete in Bonn (Familie), Eigentum in Berlin (während der Woche).

Bitte beschreiben Sie Ihre Wohnung mit ein paar Sätzen.

Eine Jugendstil-Doppelhaushälfte, Baujahr 1924, im Godesberger Villenviertel. Weiß mit blauen Fensterläden und schönem Garten.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz in der Wohnung?

Unsere Terrasse unter einem Windsegel mit Blick in den Garten (sonntags beim Familienfrühstück).

Haben Sie bei dieser Immobilie oder einer anderen beim Bau schon einmal selbst Hand mit angelegt?

Nein, ich habe zwei linke Hände. Ich liebe dafür die Gartenarbeit.

Was muss das perfekte Haus bzw. die perfekte Wohnung unbedingt haben?

Es muss ein Altbau sein, hohe Decken (meine Körpergröße 2,03 m!), Parkett, Garten/Dachterrasse.

Womit haben Sie als Erwachsener zum ersten Mal Geld verdient?

Mit einer Werbeagentur für lokale Unternehmen mit zwei Freunden - Kunden waren unsere Eisdiele, eine Fahrschule und ein Friseur.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienbranche gefunden?

Über ImmobilienScout24, wir sind der Brückenbauer zwischen Immobilienbranche und der digitalen Welt.

Was braucht man, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Mut, Risiken einzugehen und neue Wege einzuschlagen, sowie Überzeugungskraft, um unsere Kunden für die Chance der digitalen Veränderungen zu begeistern.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Indem wir unsere Mitarbeiter zu einem Fest einladen.

Was stört Sie in der Immobilienbranche am meisten?

Die Zurückhaltung gegenüber technologischen Neuerungen.

Und was finden Sie besonders gut?

Die Vielfalt und die Möglichkeit, Menschen bei wichtigen Lebensentscheidungen zu unterstützen.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Kontrabassist.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Die Kristallhütte im Zillertal - stylish chillen am Gipfel.

Was bringt Sie privat auf die Palme? Und was beruflich?

Faulheit und Antriebslosigkeit.

Wo oder wie können Sie besonders gut entspannen?

Beim Sport, beim Lesen, beim Reisen, beim Rotwein.

Nennen Sie einen Ihrer Lieblingssongs?

Streets of Philadelphia von Bruce Springsteen.

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an ...?

Das Schnorcheln auf Bali und den anschließenden Sundowner am Strand.

Welche kürzlich besuchte Veranstaltung hat Ihnen besonders gut gefallen?

Bruce-Springsteen-Konzert im Berliner Olympiastadion.

In welcher Lokalität kann man Sie häufiger antreffen?

Im Café Einstein am Gendarmenmarkt.

Und mit welcher noch lebenden Persönlichkeit würden Sie dort gerne einmal einen Abend verbringen?

Mit Pep Guardiola.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Wiener Schnitzel, hauchdünn und tellergroß, wie es in Österreich serviert wird.

Mit wem würden Sie gerne mal für einen Tag das Leben tauschen?

Mit einem Hauptschullehrer, aus Respekt und Interesse an diesem Job, der viel zu wenig Anerkennung genießt.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Optimismus und Lebensfreude auch in schwierigen Lagen.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben - welchen Traum erfüllen Sie sich?

Ein Strandhaus auf Spiekeroog.

IZ

Arbeitsplätzchen gefällig?

Mit einem lebensgroßen Aufsteller warb die List-Gruppe für die diskrete
Mitnahme der "Arbeitsplätzchentüten" mit einem Flyer zu den aktuellen
Stellenangeboten - und einem Keks.

Mit einem lebensgroßen Aufsteller warb die List-Gruppe für die diskrete Mitnahme der "Arbeitsplätzchentüten" mit einem Flyer zu den aktuellen Stellenangeboten - und einem Keks.

Bild: sma

Karriere 21.11.2013
Die List-Gruppe hat die diesjährige Expo Real auch zur Rekrutierung genutzt und dafür eine eigene Kampagne entwickelt. Eine lebensgroße Pappfigur sollte die am Stand vorbeiströmenden ... 

Die List-Gruppe hat die diesjährige Expo Real auch zur Rekrutierung genutzt und dafür eine eigene Kampagne entwickelt. Eine lebensgroße Pappfigur sollte die am Stand vorbeiströmenden Besucher zum Zugreifen nach den Stellenangeboten animieren.

In weißen Papiertüten mit dem Aufkleber "Arbeitsplätzchen" und einem stilisierten roten Keks hatte das Unternehmen einen Flyer, auf dem die neun ausgeschriebenen Stellen aufgelistet waren, sowie ein Plätzchen - also einen Keks - verpackt. Zu den diskreten Tütchen haben in den drei Tagen etwa 300 Messebesucher gegriffen. Auf dem Stand selbst hätten sich nur sehr wenige getraut, um Fragen zu den Ausschreibungen zu stellen, sagt Laura Raasch, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit bei List. Am größten sei das Interesse nach einer Ausschreibung in der Projektentwicklung gewesen. Das Unternehmen, das rund 100 Beschäftigte an drei Standorten zählt, hat bei der Rekrutierung ganz auf den Stand gesetzt und war weder in der Online-Jobbörse auf der Expo-Real-Homepage noch innerhalb des Job Corners am Messemittwoch vertreten. Hat sich der Aufwand für die Gruppe gelohnt?

Nach der Messe hätten schon Bewerbungsgespräche stattgefunden. Und es habe mehr Zugriffe auf die Homepage des Unternehmens gegeben. "Die Besucher der Expo Real beschäftigen sich auf der Messe in der Regel nicht offensiv mit dem Thema Arbeitgeberwechsel, da sie für ihren Arbeitgeber nach München reisen. Mit der Aktion "Arbeitsplätzchen?" war es dennoch möglich, potenzielle Bewerber auf unsere Unternehmensgruppe aufmerksam zu machen und über die offenen Stellen zu informieren", sagt Gerhard List, Vorstandsvorsitzender von List. "Die Reaktionen waren durchweg positiv. Insofern bin ich mir sicher, dass wir uns als Arbeitgeber interessant gemacht haben", lautet sein Fazit zu der Aktion.

Sonja Smalian

Powerpoint ist die Ausrede des Unvorbereiteten

Spannend erzählen und die Zuhörer bei Laune halten, ist ganz schön schwer.

Spannend erzählen und die Zuhörer bei Laune halten, ist ganz schön schwer.

Bild: apops/Fotolia.com

Karriere 03.10.2013
Verlegen nestelt der junge Mann am Schlips. Seine Worte kommen erst zögernd, dann sprudeln sie aus seinem Mund. Mit starrem Blick auf seine elektronischen Folien hastet er durch ein opulentes ... 

Verlegen nestelt der junge Mann am Schlips. Seine Worte kommen erst zögernd, dann sprudeln sie aus seinem Mund. Mit starrem Blick auf seine elektronischen Folien hastet er durch ein opulentes Zahlenwerk, liest "Botschaften" wie "Der Kunde ist König" von der Wand, vergleicht Äpfel mit Birnen, verkauft Binsenweisheiten als neu und informativ, kommt nicht zum Schluss und zieht kein Fazit. Danach wissen seine Zuhörer: "Der Mann kann lesen." Mehr nicht. Überzeugen, mitnehmen und begeistern geht anders. Denn ein Bauvorhaben, eine Vertriebskampagne oder ein Marketingkonzept so vorzutragen, dass die Botschaft ankommt, ist hohe Kunst.

Ganz anders zum Beispiel Willi Brandt. Der große schwere Mann, früher Öffentlichkeitsarbeiter der nach Österreich verkauften bundeseigenen Vivico, wirkt entspannt, souverän, hat reden gelernt und sagt: "Eine Zahlenaussage pro Präsentation, locker bleiben, nicht vorlesen und Körpersprache bewusst einsetzen."

"Doch das ist Handwerk", sagt der heutige Eigentümer der Frankfurter Agentur Markenguthaben. Und kommt erst im zweiten Schritt. Davor gilt es, Grips einzuschalten und zu überlegen: Was will ich eigentlich sagen? Was will ich mit der Präsentation erreichen? Wie lauten meine Kernbotschaften? Wo steht mein Unternehmen? Was will ich erreichen?

Danach muss der Redner mit seinen Helfern die Botschaften in Worte packen. Unternehmen in angespannten Situationen sollten ihre Schwierigkeiten zum Beispiel nicht verschweigen, aber auch nicht zum Hauptthema machen. Sie könnten sagen: "Wir investieren x Mio. Euro in das Bauvorhaben y. Y ist ein tolles Projekt mit ganz hervorragenden Zukunftsaussichten. Wie beim Segeln", sagt Brandt, "etwas dagegenhalten, aber nicht so viel, dass der Kahn kentert."

Ein Vortrag muss eine gute Geschichte erzählen

Ist bei einer Quartiersentwicklung, wie am Berliner Hauptbahnhof, ein Gebäude zum Beispiel misslungen, gibt der gute Redner das zwar kurz zu, weist jedoch sofort auf all die anderen Gebäude mit besserer Architektur hin. "Dabei darf man ruhig etwas überzeichnen."

Doch auch das Handwerk einer Präsentation will gelernt sein. Ein Vortrag muss logisch aufgebaut sein und sich am besten mit einer Hand voll übergeordneter Kernbotschaften vom Großen ins Kleine entwickeln. So kann der Redner auch einmal Details unterhalb einer Kernbotschaft überspringen, wenn die Zeit davonläuft. "Wir besitzen ein Portfolio. Das besteht aus Büros, Hotels und Einkaufszentren. Einkaufszentren haben wir zehn im Ausland, zwanzig im Inland und eins in Wolfenbüttel. Unser Haus in Wolfenbüttel ..." Und er muss eine gute Geschichte erzählen. Das sagt auch Lutz Grimm, Geschäftsführer der Berliner Agentur für Kommunikationsdesign TPA. "Eine Präsentation sollte vor allem eine Geschichte erzählen, die mit Charts, Ausdrucken und Dummys unterstützt wird."

Bei der Präsentation von Zahlenmaterial gilt: am besten nur eine Zahlenaussage pro Folie. Legende ist der Personalchef, der durch Universitäten tingelte, um für Nachwuchs im Unternehmen zu sorgen. Er zeigte den jungen Leuten zwei Tore mit jeweils einer Zahl: Durch die eine Tür gingen 380 junge Leute in die Firma hinein, durch die andere nur drei wieder hinaus. Die Botschaft kam an. Besser als 1.000 Worte. "Informationen gibt es im Überfluss", sagt Brandt.

Mehr als fünf Zahlen kann sich niemand merken

Das Geheimnis ist die Reduktion. Mehr als fünf Zahlen kann sich niemand merken. Hinzu kommt: Zahlen wollen erläutert werden. "Wir haben zwanzig Hotels im Bestand." Aha. Na und? Wer das sagen möchte, muss im unmittelbaren Anschluss erklären: Wie bringen die Herbergen das Unternehmen voran? Was bedeutet der Besitz von 20 Hotels? Dem Redner ist die Bedeutung klar, dem Zuhörer nicht.

Ein Vortragsredner muss persönlich gut vorbereitet sein. Profi Brandt lernt seinen Einstieg vorher auswendig und übt die ersten Sätze laut vor sich hin. Er kennt Details, ohne sie alle sofort an die Wand zu werfen oder aufzusagen. Wer von 5.000 Immobilien spricht und auf Nachfrage nicht weiß, ob es sich um 5.000 Gebäude oder Gebäudeensembles handelt, sei blamiert.

"Powerpoint ist eine der besten Ausreden, sich nicht auf einen Vortrag vorzubereiten", sagt der Experte weiter, "eigentlich muss ich genauso gut weitermachen können, wenn der Strom ausfällt." "Wer sich zum Sklaven seiner Präsentation macht, wird selber zum Dummie", assistiert Grimm. Und die Berliner Kommunikationsagentin Dorothee Stöbe hält Powerpoint-Präsentationen ebenfalls nicht für die erste Wahl. "Interaktive Präsentationen lassen sich mit onlinegestützten Programmen wie Keynote oder Prezi viel dynamischer gestalten." In kleiner Runde sei aber auch ein einfacher, guter Vortrag manchmal mehr. Im Anschluss lässt die Fachfrau ihren Zuhörern ein "Booklet" als Visitenkarte da. "Wichtig ist, dass es Spaß macht, das zu lesen, es gut aufbereitet ist und alle Fakten/Kosten beinhaltet, die in der Präsentation nur angesprochen wurden." Der "Gipfel" ist erreicht, wenn der Redner nicht im Rhythmus seiner Folie bleibt und keiner etwas merkt. Nicht er selbst, nicht seine Zuhörer. Wer denkt, dieses Szenario hätten wir uns ausgedacht, der irrt. Wer regelmäßig Gast von Präsentationen ist, weiß, wie abhängig Redner von ihren elektronischen Helfern sind und wie oft überforderte Jünglinge verzweifelt auf Laptops herumhacken, während dem Menschen auf der Bühne zur Überbrückung der Zeit nichts einfällt. Nicht mal ein Witz.

Seriosität muss nicht langweilig sein

Apropos Witz: Auch seriöse Präsentationen von Bauvorhaben oder Finanzierungskonzepten müssen nicht zwingend langweilig sein. Willi Brandt hat dabei vergleichsweise leichtes Spiel. "Mein Name ist Willi Brandt. Ich heiße wirklich so. Und so können Sie nachher behaupten, heute eine Rede von Willy Brandt gehört zu haben."

Egal, ob originell und witzig - damit ist das Eis gebrochen. Die Leute sind wach. Und das ist wichtig. Die Hirnforschung zeigt, dass als langweilig bewertete Informationen auf der Festplatte im Kopf ruckzuck wieder überschrieben werden. Um den "Haftungswert" von Inhalten zu erhöhen, gibt es ein weiteres Instrument. Die Körperhaltung: Nicht nur nicht am Schlips nesteln, sondern ebenfalls nicht starr das Pult umklammern und sich zwischendurch bewegen und bei wichtigen Kernaussagen innehalten. "Wir investieren im kommenden Jahr 5 Mio. Euro in den Neubau bezahlbarer Wohnungen."

Genauso wichtig: langsam sprechen, ohne zu leiern. "Meine Damen und Herren", Pause, Pause, Pause, "wir haben 30 Hotels im Portfolio", Pause, Pause, Pause, "wissen Sie, was das für uns bedeutet?" Lesen Sie sich, liebe Leser, diese Passage einmal laut vor. Die Wirkung ist enorm. Und halten Sie Ihren Vortrag als Generalprobe einer zweiten Person, "aber einer, die sich auch traut, Ihnen die ehrliche Meinung zu sagen", schmunzelt der Mann, der noch niemals Bundeskanzler war.

Zwei Dinge entscheiden über Top oder Flop: Bei sich bleiben

Gegen das allgegenwärtige Lampenfieber hilft, neben einer guten Vorbereitung, die für das Kribbeln zuständigen Emotionen im Zaum zu halten. Brandt selbst löst eine größere Rechenaufgabe im Kopf, 328 geteilt durch 12, oder malt geistig, mit geschlossenen Augen, eine riesige Acht. "Zahlen lenken das Gehirn auf die Verstandesebene."

Weiterer Tipp: Persönliche Assistenten und Zuarbeiter, die Hektik verbreiten, Zettelchen zustecken - rausschmeißen. Und statt das letzte Detail aufzusaugen und vor Aufregung unter Umständen gleich wieder zu vergessen: vor der Tür ein Eis essen.

Doch all das Klappern mit all dem Handwerkszeug nützt gar nichts, wenn der Redner nicht zwei Dinge beherzigt. Das Eine: bei sich bleiben. Wer ein großes Haus auf einer schönen grünen Wiese plant, trifft bei Investoren, Finanziers, Mietern, Käufern, den Anwohner drum herum, Naturschützern und dem Bürgermeister zwangsläufig auf unterschiedliche Interessen. Er kann in seinen Vorträgen vor Kritikern durch gewählte Ausdrücke - statt Hochhaus, igitt, Gebäudeensemble mit Hochpunkt - lenkend eingreifen und subtil Widerstände minimieren. Jedem recht machen kann er es nicht. "Das war mit Freibier für alle früher einfacher", lacht Brandt.

... und Eigenbild, Fremdbild und Wirklichkeit abstimmen

Heute dagegen schreien die für Corporate Governance zuständigen Leute: Nein! Das Bier ist Bestechung. Andere schimpfen: Alkohol promoten, bloß nicht! und fragen die Dritten, ob der Gerstensaft auch ökologisch gebraut sei. Solch kleiner Schwank, selbst wenn er nicht soooo neu ist, hilft im Verlauf der Präsentation die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. Showmaster nicht nur beim Fernsehen gehen dafür zur Weiterbildung.

Der zweite Punkt: Eigenbild, Fremdbild und Wirklichkeit aufeinander abstimmen. Einem, dem das vor bald zehn Jahren nicht gelang, hängt sein verhängnisvoller Fehler noch heute nach. Hilmar Kopper, damals Vorstandssprecher der Deutschen Bank, benutzte den Ausdruck "Peanuts" im Zuge der Insolvenz des Immobilienunternehmers Jürgen Schneider für offene Handwerkerrechnungen im Wert von 50 Mio. DM. Diese Zahl setzte Kopper in Relation zu den gesamten Forderungen in Höhe von 5 Mrd. DM. Im Hinblick auf Eigenbild und Wirklichkeit waren die 5 Mio. DM, 1% der Gesamtsumme, also wirklich klein wie eine Erdnuss. Als Fremdwirkung auf die um ihre Existenz bangenden Handwerker und die Öffentlichkeit war die Äußerung fatal. Daran änderte auch nichts, dass die Deutsche Bank Rechnungen schließlich aus eigener Tasche zahlte. Peanuts wurde 1994 zum Unwort des Jahres erklärt.

Wer oder was nervt

. Präsentationen oder Manuskripte vorlesen

. nuscheln, haspeln, stocken, hampeln

. monotone leiernde Stimmlage

. mangelnde Schriftgröße der Folien

. Zahlenabwurf (Angebots- und Transaktionspreise zur Miete und zum Kauf, Spitzen- und Durchschnittswerte mit kurz- und langfristigen Leerständen über zehn Jahre)

. keine "Geschichte" erzählen, sondern mit einer Liste von Fakten langweilen

. Floskeln: Optimierung, Synergieeffekte, Nachhaltigkeit, Prozesse aufsetzen

. Reklamekauderwelsch: "Der Kunde ist König"

. Binsenweisheiten: Im Einkauf liegt der Gewinn, Lage, Lage, Lage

. Lügen: "Unser Haus kennt nur Südseiten"

. unglaubwürdig werden: "Wir sind nicht darauf aus, viel Geld zu verdienen"

. manipulative Grafiken (Indexkurve hört da auf, wo es zum Argument passt)

. Äpfel mit Birnen vergleichen (Preiskurve Wohneigentum London versus Bielefeld, "Sie sehen, Bielefeld hat noch Potenzial")

. endlose Passagen über Verdienste und Potenziale des Unternehmens

. "übermenscheln": ausgiebig über Kinder und kranke Katze erzählen, "der CEO ist auch ein Mensch"

. "das finden Sie alles auf dem Stick", obwohl es im Moment von Belang wäre

. Folien überspringen: "das tut jetzt hier nichts zur Sache"

. Unterlagen nicht mehr in Papierform auslegen, sondern nur digital. Da passen nämlich keine Notizen drauf.

. Computer, die abstürzen

. Handy des Redners klingelt

. im Sitzen präsentieren

. schlechte Zeiteinteilung: nach der Hälfte der Zeit immer noch bei Punkt 2 der 7 Punkte umfassenden Gliederung sein

. Anglizismen: "New Work City" für die Frankfurter Flughafenimmobilie Squaire, The Riverside Financial District für das Büroquartier Maintor

. deutsche Vortragende, die vor deutschem Publikum Englisch reden, um sich weltläufig zu geben

. anbiedern via Lokalkolorit: Kanzlerwaschmaschine sagen nur Reiseführer und Touristen

. wenn ein "Junior Assistance Consult" seine Funktion nicht übersetzen kann

. Architekturentwürfe, die erklärt werden müssen

. bunte Bilder statt Informationen

. Fragen aus dem Publikum abbügeln: "Da komme ich später zu"

. lange reden, nicht auf den Punkt kommen

. kein Fazit ziehen - warum hat der oder die mir das jetzt alles erzählt?

. und - auch das gibt's - Präsentationen, die orthografische, grammatische und Kommafehler in Kompaniestärke aufweisen

Gerda Gericke