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Der eiserne Thron

Sabine Eckhardt, Deutschlandchefin von JLL, verteidigt den Thron.

Sabine Eckhardt, Deutschlandchefin von JLL, verteidigt den Thron.

Quelle Thronbild: imago images, Urheber: Zuma Press; Quelle Sabine Eckhardt (Kopf): JLL; Montage: Immobilien Zeitung

Karriere 23.07.2020
JLL erobert auch 2020 den Titel als beliebtester Arbeitgeber von Studierenden immobilienwirtschaftlicher Fachrichtungen. Doch der Kampf war dieses Mal hart. Die Verfolger im ... 

JLL erobert auch 2020 den Titel als beliebtester Arbeitgeber von Studierenden immobilienwirtschaftlicher Fachrichtungen. Doch der Kampf war dieses Mal hart. Die Verfolger im Arbeitgeberranking der Immobilien Zeitung (IZ) - CBRE und Beos - sind so dicht dran am Dauersieger wie nie zuvor.

Branchenkönig! Top Global Player der Immobilienbranche! Marktführer! - die Studierenden sparen nicht mit Lob für ihren Arbeitgeberfavoriten. Für eine Person ist es der erste Titel mit JLL als Wunscharbeitgeber der Studierenden: Sabine Eckhardt, die neue CEO Central Europe. Die ehemalige Vorstandsfrau von ProSiebenSat1 hat bei JLL in Frankfurt als Nachfolgerin von Ex-Deutschlandchef Timo Tschammler im April dieses Jahres das Zepter übernommen - und nun den Thron, den JLL seit Jahren innehat, verteidigt (siehe unter anderem "Zum König gewählt", IZ 27/2017).

JLL hat es geschafft, sich beim Branchennachwuchs einen Namen zu machen. Der Immobilienberater und -dienstleister mit Hauptsitz in Chicago belegt 2020 bereits zum neunten Mal hintereinander den ersten Platz im IZ-Arbeitgeberranking. Dabei kennt nicht einmal jeder zehnte Studierende, der JLL dieses Jahr seine Stimme gegeben hat, das Unternehmen aus eigener Anschauung.

Die Firma punktet mit Internationalität, Größe und Vielfalt und den damit einhergehenden Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten. Manche Nachwuchskraft sieht JLL ganz profan als ideales Sprungbrett ins Berufsleben. Selbst weniger gute Nachrichten, wie z.B. gehäufte personelle Abgänge, können dem Prestige von JLL als Toparbeitgeber nichts anhaben (siehe "Was ist nur los bei JLL?", IZ 49/19). "Weiterhin sehr gutes Image trotz ‚Straucheln‘ im Jahre 2019", notiert ein Teilnehmer der diesjährigen IZ-Arbeitsmarktumfrage. (Zum kompletten Top-Ten-Ranking und Arbeitgeberporträts.)

Über CBRE, den alten und neuen Silbermedaillengewinner im IZ-Arbeitgeberranking, urteilen die Studierenden ähnlich. Auch über diesen Immobiliengroßkonzern US-amerikanischer Prägung sagt nur jeder zehnte seiner Wähler: "Ich kenne das Unternehmen bereits persönlich und habe gute Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht." Doch es hat erneut nicht gereicht. Vizemeister CBRE verpasste es mit 149 Punkten in diesem Jahr um Haaresbreite, den Seriensieger JLL vom Thron zu stürzen.

Bei Unistudenten und Frauen liegt Beos vorn

JLL weist nicht nur die meisten Nennungen als Wunscharbeitgeber Nummer eins auf (30), sondern erzielt auch in der Addition die höchste Gesamtpunktzahl (154). Geschmolzen ist zudem der Abstand zu Platz drei. Den sicherte sich wie schon im vergangenen Jahr Beos (139 Zähler). In zwei Teilrankings belegt Beos sogar den Platz an der Sonne: Die Tochter von Swiss Life Asset Managers hat bei den Universitätsstudenten die Nase vorn und bei den weiblichen Studierenden sammelte Beos - wie auch CBRE - mehr Punkte als JLL.

Insgesamt tauchen rund 150 Namen auf der Liste der Wunscharbeitgeber auf. Und immerhin jeder vierte Studierende votierte zumindest auch auf der Grundlage von Erfahrungen, die er mit dem betreffenden Unternehmen gesammelt hat, z.B. als Praktikant oder Werkstudent. In dieser Hinsicht sticht der Drittplatzierte Beos heraus: Den Asset-Manager und Projektentwickler, der ausschließlich in Deutschland aktiv ist, kennt fast jeder zweite seiner Wähler persönlich. Unter den Top Ten gehört dieser Aspekt nur bei noch zwei weiteren Unternehmen zu den drei wichtigsten Wahlkriterien.

Das Verfolgerfeld halten die drei Topplatzierten auf Abstand: Drees & Sommer auf Rang vier bringt es auf 103 Zähler. Der Projektsteuerer schob sich gegenüber 2019 um zwei Plätze vor. Union Investment hat sogar drei Plätze gutgemacht und findet sich auf Rang sieben wieder (2019: Platz zehn).

Die großen Gewinner 2020 heißen jedoch Art-Invest und Commerz Real. War Art-Invest im vergangenen Jahr noch aus den Top Ten herausgerutscht und auf Platz 13 gelandet, katapultierten die Studenten das Unternehmen nun auf Rang sechs. Commerz Real schafft erstmals den Sprung in die Top Ten, die genau genommen dieses Mal eine Top Eleven ist: Die Commerzbank-Tochter (2019: Rang 18) teilt sich mit ECE (Vorjahr: Platz neun) wegen Punktgleichheit den zehnten Rang.

Überzeugt hat Commerz Real u.a. mit "interessanten Transaktionen am Büroimmobilienmarkt", wie die Befragten preisgaben. Damit dürfte nicht zuletzt das milliardenschwere Millennium-Portfolio gemeint sein, das der Fondsmanager 2019 dem Publikumsfonds hausinvest einverleibte.

Den fünften Platz aus dem Vorjahr behauptet hat BNP Paribas Real Estate (BNPPRE). BNPPRE macht damit die Riege der drei "Maklerhäuser" unter den ersten Fünf wie schon 2019 komplett. Abgerutscht ist Patrizia: von Sechs auf Acht.

Die großen Verlierer des Arbeitgeberrankings 2020 heißen allerdings Corpus Sireo und Cushman & Wakefield. Corpus Sireo, eine weitere deutsche Tochter von Swiss Life Asset Managers, musste einen Abstieg von Platz vier auf Platz neun hinnehmen. Das ist die schlechteste Platzierung seit 2011. Von 2014 bis 2018 gehörte Corpus Sireo gar stets zu den Top Drei. Cushman & Wakefield wiederum verabschiedete sich gleich ganz aus den Top Ten. Vergangenes Jahr noch als einziger Neueinsteiger auf Position acht gelandet, reichte es für den Immobilienberater diesmal nur für Rang 19. Interessant ist, dass anders als in den Vorjahren in der aktuellen Ausgabe fast alle Teilnehmer der IZ-Arbeitsmarktumfrage einen oder mehrere Wunscharbeitgeber angegeben haben. In der Vergangenheit nannte meist rund die Hälfte der Teilnehmer keinen Wunscharbeitgeber.

Der Studierenden liebstes Betätigungsfeld ist laut der IZ-Befragung übrigens die Projektentwicklung (siehe "Traumjobs in der Immobilienwelt", IZ 25/20). Dass mit Art-Invest wieder ein Projektentwickler in den Top Ten vertreten ist, ist daher nur konsequent. Mit Strabag und Instone stehen zwei weitere Entwickler und Bauträger vor den Top-Ten-Toren. Ob die weiteren Tätigkeitsfelder von Strabag, das Unternehmen ist u.a. im Facility- bzw. Property-Management aktiv, die Wahrnehmung bei den Absolventen in spe beeinflussen, ist nicht auszumachen. Im Verfolgerfeld dahinter tummeln sich jedenfalls Unternehmen, die - auch oder ausschließlich - Immobilien entwickeln: Edge auf Platz 16, Signa und Catella gemeinsam auf Rang 17, die CG Gruppe auf Rang 20 und Hines auf Rang 25.

Das einzige Unternehmen, das außer JLL jemals an der Spitze des IZ-Arbeitgeberrankings stand, war mit Hochtief eines, das ebenfalls nicht zuletzt als Projektentwickler Anziehungskraft auf die Immobilienstudenten entfaltete. Die Essener wurden von 2009 bis 2011 dreimal in Folge auf Platz eins gewählt.

Die Wohnungswirtschaft gibt ein trauriges Bild ab

Während Makler bzw. Berater sowie Asset- und Fondsmanager reich im Ranking vertreten sind und auch das Entwickeln und Steuern von Baustellen dort seinen Platz hat, fehlt die klassische Wohnungswirtschaft wie eh und je im IZ-Arbeitgeberranking. Genau genommen geben die großen Wohnungsvermieter hierzulande ein trauriges Bild ab: Die größte deutsche Wohn-AG Vonovia teilt sich Platz 32 mit dem Chemiekonzern BASF, und der neue DAX-Wert Deutsche Wohnen, erst Ende Juni anstelle der von Corona gebeutelten Lufthansa in den deutschen Leitindex aufgerückt, erhält keine einzige Stimme. Auch die Gewerbe-AG Aroundtown, immerhin der größte Bestandshalter deutscher Gewerbeimmobilien, sucht man vergebens.

Größe allein reicht nicht: Tatsächlich ist sie für den studierenden Nachwuchs das unbedeutendste Kriterium bei der Jobwahl. Die beliebtesten Arbeitgeber der Immobilienbranche bestechen mit anderen Vorzügen. So ist ein positives Image ein entscheidendes Wahlkriterium für Studenten. Bei fast allen Top-Ten-Unternehmen zählt es zu den drei wichtigsten Aspekten.

Am allermeisten wird die Arbeitgeberwahl aber davon beeinflusst, ob das Tätigkeitsfeld mit den persönlichen Wünschen der Studierenden übereinstimmt. Dieses Kriterium taucht nicht nur bei praktisch allen Top Ten unter den drei wichtigsten Gründen auf. "Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Rolf Elgeti, war an meiner Hochschule für mehrere Vorlesungen als Gastdozent da und hat unglaublich interessante Einblicke in seine Tätigkeit gegeben, die mit meinen Wünschen an einen späteren Job übereinstimmen", begründet etwa eine 20-jährige Bachelorstudentin der Hochschule Anhalt ihr Votum für Deutsche Konsum Reit.

Positives Image beeindruckt die Studenten

Die drei Maklerhäuser in den Top Five bestechen dafür, ebenso wie die global agierenden Asset-, Investment- und Fondsmanager Union Investment und Patrizia, durch ihre Internationalität und die damit verbundenen Möglichkeiten und Karriereaussichten. Finanzielle Aspekte dagegen spielen bei der Entscheidung für den Wunscharbeitgeber eine völlig untergeordnete Rolle, und zwar sowohl bei den Top Eleven wie auch generell. Was nicht heißt, dass die jungen Leute nicht auf die Zahlen bzw. den Unternehmenserfolg schauen würden, ganz im Gegenteil. Ein Fan des Maklerhauses Engel & Völkers z.B. betont: "Ich bin ein Zahlenmensch. Und hier bei diesem Unternehmen sprechen einfach die Zahlen für sich. 2018 wurde ein Rekord-Markencourtage-Umsatz in Höhe von 720 Mio. Euro erzielt. Dieser Umsatz wurde 2019 um weitere 13% gesteigert."

Die IZ-Umfrage fand größtenteils vor dem Lockdown Mitte März statt. Grund genug, beim Seriensieger noch einmal genau hinzuschauen. Zu den Nachwuchskräften, die für JLL votiert haben, gehört auch eine Bauingenieurstudentin, die Werkstudentin im Unternehmen war, als sie an der Befragung teilnahm. "Das Team hat mir so gefallen, dass ich gerne nach meinem Abschluss dort geblieben wäre." Doch wie mancher Wettbewerber führte JLL im April Kurzarbeit ein. Damit beendete JLL zugleich die Vertragsverhältnisse mit Werkstudenten und Praktikanten, "um die Stammbelegschaft zu schützen und weil ein Regelbetrieb in unseren Büros nicht mehr aufrechtzuerhalten war", sagt Anita Thelen, seit Mai 2020 Head of Human Resources Central Europe bei JLL und damit auch für das Personal in Deutschland zuständig. Die Bauingenieurstudentin, die ihren Job als Werkstudentin verlor, zeigt Verständnis: "Der Schritt der Entlassungen ist durchaus nachvollziehbar. JLL wäre diesen Schritt sicher nicht gegangen, wenn das Unternehmen nicht gravierende Folgen der Corona-Situation für sich befürchten müsste."

Dennoch ist die Studentin nicht einverstanden mit dem Vorgehen ihres alten Arbeitgebers: "Es ist verständlich, dass schnell Maßnahmen eingeführt werden, um Arbeitsplätze zu sichern. Allerdings zeigt sich im gleichen Maße auch, wer als sicherungswürdiger Arbeitsplatz gilt. Gerade die studentischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die vielfach finanziell auf ihren Werkstudentenjob angewiesen sind, sollten in die Sicherungskonzepte eingebunden werden. Wenn alle Werkstudenten und Werkstudentinnen vor die Tür gesetzt werden, ist das ein klares Signal, was diese für einen Stellenwert haben."

Fehlende Wertschätzung moniert die betroffene Studentin insbesondere in Anbetracht der Art und Weise, wie JLL bei den Kündigungen vorgegangen ist: "Der Kommunikationsprozess war so intransparent und indirekt, dass bei den Werkstudenten und Werkstudentinnen unterschiedliche Informationen angekommen sind. Eine zentrale Kommunikation durch HR oder den Vorstand wäre wünschenswert gewesen."

JLL trennte sich nicht nur von Werkstudenten und Praktikanten, sondern brach ebenso das Assessment-Center für das Trainee-Programm ab, das im Juni beginnen sollte. Das Auswahlverfahren war noch nicht beendet. "Einen Einstellungsstopp haben wir nicht verhängt", betont Thelen jedoch. "Wir genehmigen jede Woche Stellen, je nach den Anfragen aus den Business-Bereichen, aber sehr reduziert und nur kritische Positionen." Für Nachwuchskräfte sei die Tür nicht per se verschlossen: Fünf der acht Teilnehmer des kürzlich ausgelaufenen Trainee-Programms wurden unbefristet übernommen.

Anders als JLL reagierte der Zweitplatzierte CBRE auf den Corona-Cut. "Wir haben keine Studenten entlassen, aber teilweise die Stunden vorübergehend heruntergesetzt oder die Studenten intern auf andere Stellen allokiert", sagt Mike Schrottke, Head of People. Die Trainee-Programme, versichert er, seien "nicht gestoppt worden". Das Assessment-Center für den Start im Oktober fand im März/April statt - mitten im Lockdown.

Schrottke argumentiert: "Wir haben 60% bis 70% Millennials unter unseren Mitarbeitern in Deutschland. Und da es nach der Krise weitergeht, wäre es falsch gewesen, die Trainee-Programme zu stoppen. Jetzt bereiten wir uns auf den Durchgang für das Jahr 2021 vor." Auch Juniors stellt CBRE laut Schrottke normal ein. Die Gesamtzahl der angebotenen Jobs für Einsteiger liege 2020 wie schon im Vorjahr bei 80 bis 90 Positionen. Corona ändere da nichts.

Auch an der Verteidigung des Throns hat Corona nichts geändert - zumindest in diesem Jahr. Doch der Kampf ist enger geworden und die "Machtverhältnisse" werden ausgeglichener.

Harald Thomeczek

Der Traumberuf heißt Projektentwickler

Auch Frauen haben die Projektentwicklung als Wunschberuf im Blick. Jede Zweite der befragten Studentinnen strebt in diese Sparte.

Auch Frauen haben die Projektentwicklung als Wunschberuf im Blick. Jede Zweite der befragten Studentinnen strebt in diese Sparte.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Kzenon

Karriere 12.07.2018
"Projektentwicklung ist Lebenserfahrung. Und wichtige Erfahrungen macht man selten im Guten", sagt Christoph Gröner, Chef der CG-Gruppe. Die Projektentwicklung ist also nichts für ... 

"Projektentwicklung ist Lebenserfahrung. Und wichtige Erfahrungen macht man selten im Guten", sagt Christoph Gröner, Chef der CG-Gruppe. Die Projektentwicklung ist also nichts für Zartbesaitete. Dennoch fasziniert dieses Berufsfeld die meisten der Studenten, die an der Arbeitsmarktbefragung von Immobilien Zeitung und Immo Media Consult teilgenommen haben.

Sie gilt als Königsdisziplin der Immobilienbranche: Die Projektentwicklung ist ein vielseitiges und verantwortungsvolles Handlungsfeld. Das macht ihren Reiz aus - auch unter den 418 Studenten, die an der diesjährigen Befragung im Rahmen der IZ-Joboffensive teilgenommen haben. Fast jeder Zweite (46%) hat bei der Frage nach dem künftigen Wunscharbeitsfeld eines seiner zwei Kreuze bei der Projektentwicklung gesetzt. Dabei gab es etliche Alternativen, die von der Makelei über die Bewertung bis hin zur Hausverwaltung reichten. Deutlich hinter der Projektentwicklung landete das Asset-Management auf Platz zwei (29% der Befragten) vor dem Fondsmanagement/Investment (19%), Projektmanagement/-steuerung (18%) und der Immobilienberatung (12%).

Die jungen Leute, die sich in einem immobilienwirtschaftlichen oder themennahen Studium befinden, wissen genau, auf was sie sich bei der Projektentwicklung einlassen. Viele begründen ihre Wahl damit, dass sie eine Arbeit erwartet, die den gesamten Prozess von der Grundstücksakquise bis zum Verkauf der Immobilie umfasst - inklusive Baustellenflair. Hinzu kommt der Kundenkontakt und ein Mix aus Büroarbeit und Auswärtstätigkeiten. Das Gehalt ist dabei nur ein Punkt von vielen. "Gerade zu Beginn der Berufslaufbahn, wenn man selbst noch recht unerfahren ist, ist das vermutlich ein guter Weg, recht schnell vielschichtige Erfahrung zu sammeln", sagt Tobias Webhofen, ein ehemaliger Student an der Irebs-Hochschule in Regensburg.

Doch ist diese Berufswahl wirklich so glücklich? Einerseits drehen sich etliche Baukräne, die Auftragsbücher sind voll, Fachkräfte werden gesucht. Andererseits wird das kurzfristig verfügbare Bauland knapp, die Preise steigen. "Keiner weiß, wie lange die Party noch geht", sagt ein auf Anonymität bedachter Marktbeobachter. Der Boom in der Immobilienbranche werde nicht ewig anhalten. Und wenn das Geld für Projekte ausgeht, würden auch weniger Entwickler gebraucht. "Ach was", sagen hingegen einige Aktive und Arbeitgeber. "Wann ist die Immobilienwirtschaft schon mal richtig zusammengebrochen?", fragt Gerd Kropmanns, Geschäftsführer der Wohnkompanie NRW. "Selbst nach 2007 hatten wir keinen echten Crash." Sein Unternehmen hat die eigenen Projekte zumindest für die nächsten acht Jahre gesichert. Und auch Rüdiger von Stengel, geschäftsführender Gesellschafter und CFO von Art-Invest, beruhigt. Er sieht künftig eine Auflösung der Berufsgrenze zwischen Projektentwickler und Asset-Manager. Die hohen Kosten von Neuentwicklungen auf der grünen Wiese ließen nun Bestandsentwicklungen stärker in den Fokus rücken. Der Bedarf an Entwicklern bleibt demnach hoch. Und das Interesse am Fach offensichtlich ebenso.

In der Champions League der Immoberufe wollen viele spielen. Doch nur wenige schaffen es. Gerade die Vielseitigkeit der Arbeit ist es, die den Studenten abseits vom Fachwissen viel abverlangt. Schon bei der Grundstücksakquise müsse der Entwickler ein gutes Auge beweisen, sagt Kropmanns. Auf der einen Seite bedarf es viel Kreativität, um recht schnell eine Idee zu haben, was dort realisiert werden könnte. Anderseits sind der Fantasie Grenzen gesetzt. Denn der Entwickler dürfe die Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen und müsse erkennen, was am Ende marktkonform ist und verkauft werden kann. "Der Projektentwickler muss die mutmaßlichen Bedürfnisse der Gesellschaft erfassen und daraus Geld machen", erklärt auch Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender der Berliner CG-Gruppe.

Während des ganzen Prozesses gilt es zudem, unzählige Zügel in der Hand zu halten. "Der Projektentwickler braucht einen inneren Kompass", sagt von Stengel. Er müsse wissen, welcher Schritt vor dem nächsten kommt. "Ein Student kann das kaum leisten, wenn er frisch aus der Hochschule kommt." Deswegen ist es umso wichtiger, dass der junge Mensch erkennt, wann er sich Rat von anderen einholt. Zu großer Stolz ist da fehl am Platz.

Darüber hinaus ist der Umgang mit vielen verschiedenen Charakteren eine alltägliche Herausforderung. Sei es der Bürgermeister, der oft am längeren Hebel sitzt, die Bürgerinitiative, die gegen das Projekt demonstriert, die Bauverwaltung im Rathaus, die sich mit der Genehmigung Zeit lässt, oder der Architekt mit seinen hochfliegenden Entwürfen. "Ganz wichtig ist es, ein Teamplayer zu sein", betont daher Bonava-Personalreferentin Stephanie Voss. Und Kropmanns ergänzt: "Menschenkenntnis und diplomatisches Geschick sind von Vorteil." Das heißt aber in manchen Situationen auch, sich durchsetzen zu können.

Am Ende steht manchmal allerdings auch ein Rückschlag - eine Situation, mit der souverän umgegangen werden muss. Das will gelernt sein und ist nicht selbstverständlich. "Viele Berufseinsteiger sind in ihrem bisherigen Leben von Erfolg zu Erfolg gerannt", berichtet Kropmanns. Sie seien echte Rückschläge oft nicht gewohnt.

Das alles sind Anforderungen, die ein junger Mensch kaum mitbringen kann. "Projektentwicklung ist Lebenserfahrung", sagt Gröner. Jedes Projekt sei anders, jedes bringe neue Herausforderungen mit sich. "Ich selbst lerne auch noch jeden Tag dazu", sagt er. Dementsprechend müssen sich Berufseinsteiger darauf einstellen, dass sie zuerst mit kleineren Aufgaben betraut werden. In aller Regel arbeiten Anfänger die erste Zeit einem erfahrenen Projektentwickler zu. "Sie gehen zum Beispiel gemeinsam in ein Meeting und der Junior macht die operative Nacharbeit", erzählt von Stengel. Der Senior widmet sich in der Zeit dann strategischen Fragen und der Netzwerkpflege. Dabei lernt der Junior den Prozess von A bis Z kennen. Nach etwa zwei Jahren darf er bei Bonava kleine Projekte mit mindestens 30 Wohneinheiten selbst entwickeln. Dabei steht ihm das mindestens zehnköpfige Projektteam mit Rat und Tat zur Seite. Als "erfahrener Projektentwickler" gilt man aus Sicht von Kropmanns erst nach einer etwa zehnjährigen Berufserfahrung.

Ausdauer ist gefragt. Und was für Petra Gacheru, HR-Managerin bei der BPD Immobilienentwicklung, am wichtigsten ist: "Man sollte sich den Beruf aussuchen, für den man Herz und Leidenschaft mitbringt." Dem kann Gröner nur zustimmen. "So richtig etwas auf die Reihe gebracht habe ich seit dem Moment, als ich eine Idee hatte und mich voll reingehängt habe."

Anke Pipke