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KPMG-Chefprüfer entlastet Funke und Fell

Die Angeklagten Markus Fell (Zweiter von links) und Georg Funke (Zweiter von rechts) umringt von ihren Anwälten.

Die Angeklagten Markus Fell (Zweiter von links) und Georg Funke (Zweiter von rechts) umringt von ihren Anwälten.

Quelle: Imago, Urheber: Sebastian Widmann

Köpfe 27.07.2017
Einer der beiden KPMG-Partner, die für die Prüfung der Abschlussberichte der Hypo Real Estate (HRE) verantwortlich waren, löste im Strafprozess gegen die früheren Vorstände Georg Funke ... 

Einer der beiden KPMG-Partner, die für die Prüfung der Abschlussberichte der Hypo Real Estate (HRE) verantwortlich waren, löste im Strafprozess gegen die früheren Vorstände Georg Funke und Markus Fell eklatante Widersprüche auf - zugunsten der Angeklagten.

Welche Bedeutung die Aussagen von Holger Techet haben werden, wurde bereits bei der Ansetzung seiner Zeugenvernehmung deutlich: Einen ganzen Tag hatte das Gericht für ihn freigeräumt.

Kaum jemand hatte ein solch umfassendes Bild über die HRE wie Techet. Sollte es tatsächlich so gewesen sein, dass die HRE im Namen von Ex-Chef Funke und Ex-Finanzvorstand Fell Risiken in den Geschäftsberichten für 2007 und das erste Halbjahr 2008 absichtlich verschwiegen hat, wie die Staatsanwaltschaft den beiden vorwirft, hätte Techet es wissen müssen.

Eine Woche vor seinem Auftritt hatte einer seiner Mitarbeiter bereits eine recht steile Vorlage gegeben. Andreas Hackenbroich, Spezialist für Liquiditätsthemen, sei bei der Prüfung des Abschlussberichts 2007 der Meinung gewesen, dass die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Liquiditätsrisikomessung durch die HRE nicht erfüllt wurden, gab er vor Gericht zu Protokoll ("Mindestanforderungen nicht erfüllt!", IZ 27/17). Er könne sich im Übrigen nicht entsinnen, dass Techet oder der zweite KPMG-Chefprüfer Joachim Bors das anders gesehen hätten.

Die Steilvorlage ließ Techet ungenutzt. Er konnte sich nicht mal mehr daran erinnern, dass Hackenbroich das überhaupt gesagt haben soll. Dass er die Systeme zur Messung des Liquiditätsrisikos für verbesserungsfähig hielt, daraus machte aber auch der KPMG-Partner keinen Hehl. "Die Systeme waren grundsätzlich geeignet, um Risiken zu identifizieren, dennoch waren Verbesserungen notwendig", sagte Techet. Dazu habe man entsprechende Feststellungen im mehrere Hundert Seiten dicken Prüfungsbericht getroffen.

Techet wusste, welchen Stellenwert die Prüfung der damals drittgrößten Bank Deutschlands hatte. Nicht nur, weil die HRE zu jener Zeit eines der größten Mandate von KPMG war. Mehrere Millionen Euro flossen dafür in die Kasse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hinzu kam, dass die 2007 ausgebrochene US-Subprime-Krise und die im zweiten Halbjahr durchgezogene Übernahme der Depfa die Abschlussprüfer vor eine enorme Herausforderung stellten.

Eine Heerschar von etwa 100 KPMG-Leuten durchleuchtete die Prozesse des DAX-Konzerns, überprüfte Wertansätze von Bilanzaktiva, sichtete haufenweise Dokumente und befragte zig HRE-Mitarbeiter. Die üblichen Kontrollen des Prüfungsprozesses und -ergebnisses durch einen Berichtskritiker, der den Prüfungsbericht auf Plausibilität liest, und eine Qualitätssicherung, die sich die Prüfungsabläufe genauer anschaut, waren Techet nicht genug. Er gab noch eine zusätzliche Inhouse-Prüfung in Auftrag, den sogenannten Inflight-Review, der durch zwei "sehr erfahrene Partner" durchgeführt worden sei. "Ich wollte nicht riskieren, den Gesamtüberblick zu verlieren", begründete Techet die Maßnahme. Schließlich sei er selbst sehr tief in die Prüfung involviert gewesen.

Schwerpunkte waren die Integration der Depfa, die Bewertung von Wertpapieren und "im Zeitablauf auch das Thema Liquidität". Im Prüfungsbericht wird die Liquiditätslage der HRE als "kritisch" eingestuft, weil sich die Laufzeiten bei der Mittelaufnahme zusehends verkürzten und die Unsicherheit an den Märkten zunahm. Wie es denn sein könne, wollte das Gericht von Techet wissen, dass die KPMG der HRE ein uneingeschränktes Testat erteilte, obwohl die Bank im Geschäftsbericht 2007 von einer "stabilen" Liquiditätslage sprach? Das ist eine der Kernfragen, mit der sich das Gericht seit Beginn des Verfahrens beschäftigt. "Kritisch" sei nicht so zu verstehen, dass die HRE-Gruppe keine Liquidität mehr bekommen habe, sondern dass man das Thema im Auge behalten müsse. "Man fällt nicht gleich tot um, aber man muss das Thema eng begleiten", erklärte Techet seine Interpretation. Dass es überhaupt zu einer aus seiner Sicht missverständlichen Auslegung kam, liege an der Übersetzung des Berichts aus dem Englischen. Dort hätte das Wörtchen "critical" einen "ganz anderen Touch" als im Deutschen.

Einen Widerspruch, wie ihn das Gericht sieht, könne er daher nicht erkennen. Ihm ging es darum, den Finger zu heben, Risiken eindeutig zu benennen und darauf zu bestehen, auf Unsicherheiten im Lagebericht hinzuweisen, was auch erfolgt sei. "Es wurde nach unseren Wünschen umformuliert, ergänzt und einzelne Passagen gestrichen." Deshalb habe es auch zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gegeben, ein uneingeschränktes Testat zu erteilen. Das Gleiche gelte für angebliche Diskussionen über eine positive Fortführungsprognose (Going-Concern-Prinzip). Laut einer handschriftlichen Notiz, die das Gericht zitierte, aber keiner der Prozessbeteiligten einer Person zuordnen konnte, soll darüber "intensiv diskutiert" worden sein. Techet widersprach dem mehrfach. Wenn dem so gewesen wäre, hätte man das an prominenterer Stelle bei KPMG diskutiert. "Wir hatten intensiv über die Liquidität gesprochen. Laut den Reports war eine Mittelaufnahme immer möglich. Dass der Bank die Liquidität ausgeht, war definitiv nicht angezeigt. Wir hatten kein bestandsgefährdendes Risiko gesehen, sonst hätten wir ein Testat nicht erteilt." Auch für einen Einschränkungsvermerk habe es keine Veranlassung gegeben.

Nach dem Geschmack der HRE-Vorstände seien die Prüfungsergebnisse nicht gewesen, unterstrich Techet. "Das hat nicht immer Freude ausgelöst." Techet berichtet über "harte Gespräche", bei denen der Ton auch schon mal rauer und lauter wurde. "Ich bin aber nicht eingeknickt. Die Transparenz, die ich bei den Themen Liquidität und CDO-Bewertung gefordert habe, ist umgesetzt worden." Fell soll ihm daraufhin "mit hochrotem Kopf" gesagt haben, dass er die Wiederwahl von KPMG nicht unterstützt hätte, wenn er gewusst hätte, wie unkooperativ KPMG sei. "Mich hatte das alles nicht beeindruckt, unser Auftraggeber war schließlich der Aufsichtsrat und nicht der Vorstand", sagte Techet. Diesem gegenüber habe man eine Art Warnfunktion gehabt. Und dort schienen seine Botschaften auch angekommen zu sein. Dass der damalige Aufsichtsratschef Kurt Viermetz den Beschluss gefasst hatte, einen Liquiditätsausschuss einzurichten, habe er als ein gutes Zeichen empfunden. Außerdem sollte die Refinanzierung auf längerfristig umgestellt werden. "Wir hatten den Eindruck, dass die das ernst nehmen", sagte Techet rückblickend.

Im zweiten Halbjahr 2008 hatte sich die Lage für die HRE sogar entspannt. "Das war unser Eindruck damals", erinnerte sich Techet. Im Zwischenbericht, der Mitte August publiziert wurde, stand, dass selbst unter einem Worst-Case-Szenario die Zahlungsfähigkeit der HRE und ihrer Tochterbanken jederzeit sichergestellt sei. Dann kam die Lehman-Pleite. Wenige Woche danach war die HRE nicht mehr überlebensfähig und musste gerettet werden.

Nikolas Katzung

Köntgen wird HRE-Vorstand

Köpfe 18.09.2014
Thomas Köntgen, früherer Vorstandssprecher der Eurohypo, wurde zum Vorstand der Hypo Real Estate (HRE) und der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) bestellt. ... 

Thomas Köntgen, früherer Vorstandssprecher der Eurohypo, wurde zum Vorstand der Hypo Real Estate (HRE) und der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) bestellt.

Rund ein Vierteljahr benötigte die HRE, um einen Nachfolger für Manuela Better zu finden, die Anfang Juni nach dem abgeblasenen Verkauf der Depfa von ihren Ämtern zurückgetreten war. Köntgen wird gemeinsam mit Finanzvorstand Andreas Arndt als Co-Vorsitzender die Geschicke der Bank verantworten. In Arndts Aufgabenbereich fällt u.a. die Verantwortung für die Privatisierung der Bank, während Köntgens Schwerpunkte die operativen Aufgaben sind. Vor seinem Wechsel war Köntgen mehr als 16 Jahre bis zum Jahresende 2013 für die Hypothekenbank Frankfurt (ehemals Eurohypo) tätig gewesen. 2008 war er in den Vorstand der Bank berufen worden und übernahm 2011 die Funktion des Vorstandssprechers.

Bei der HRE trifft Köntgen auf einen alten Bekannten: Im Vorstand nimmt er neben Wolfgang Groth Platz, der vor seinem Wechsel zur HRE 2010 knapp 16 Jahre für die Eurohypo, zuletzt als Niederlassungsleiter, tätig war. Auch im Aufsichtsrat wird der neue Co-Chef einen früheren Kollegen wiedersehen: Joachim Plesser, zwischen 1996 und 2009 im Vorstand der Eurohypo, wurde vor knapp drei Wochen in das Kontrollgremium der HRE gewählt. Für Branchenkenner ist die Benennung von Köntgen aus diesen Gründen nachvollziehbar.

Nicolas Katzung

pbb verliert Chefin

Köpfe 12.06.2014
Manuela Better will nicht mehr die Vorstandsvorsitzende von Hypo Real Estate Holding und pbb Deutsche Pfandbriefbank sein. Währenddessen läuft es operativ bei der pbb gut. ... 

Manuela Better will nicht mehr die Vorstandsvorsitzende von Hypo Real Estate Holding und pbb Deutsche Pfandbriefbank sein. Währenddessen läuft es operativ bei der pbb gut.

Manuela Better hat die Aufsichtsräte von Hypo Real Estate (HRE) und pbb gebeten, sie von ihren Pflichten als Vorstandsvorsitzende beider Gesellschaften zu entbinden. Nach der Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung gegen den ausverhandelten Verkauf der Depfa und für die von ihr nicht präferierte Abwicklung unter der FMS Wertmanagement habe sie "keine Basis mehr" für die Ausübung der Mandate gesehen, sagte Better. Der Aufsichtsrat bedauere die Entscheidung sehr, hieß es. Better habe mit der Restrukturierung der HRE und deren Tochtergesellschaften pbb Deutsche Pfandbriefbank und Depfa "einen wertvollen Beitrag zur Aufarbeitung der Finanzkrise in Deutschland geleistet". Mit der Koordination der Arbeit im Vorstand habe der Aufsichtsrat bis auf weiteres Andreas Arndt betraut.

Die unter der Holding angesiedelten Gesellschaften sind rechtlich und operational voneinander getrennt, verfolgen aber aufeinander abgestimmte Unternehmensziele. Die pbb mit Sitz in München ist Mitte 2009 aus dem Zusammenschluss von Hypo Real Estate Bank und Depfa Deutsche Pfandbriefbank entstanden. Dort wird unter anderem die Immobilienfinanzierung verantwortet.

Operativ geht es der pbb gut. Im ersten Quartal 2014 wurde ein Vorsteuerergebnis von 38 Mio. Euro erzielt, fast einem Drittel mehr als im Vorjahresquartal. Das Neugeschäft von 1,6 Mrd. Euro bewegte sich auf Vorjahresniveau. Vorstandschefin Better sah die pbb bei Bekanntgabe der Zahlen "auf dem prognostizierten Weg für die angestrebte Reprivatisierung". Vom Neugeschäft (einschließlich Prolongationen um mehr als ein Jahr) entfielen 1,3 Mrd. Euro auf Immobilien, davon rund 50% in Deutschland. Größere Volumina wurden zudem in Frankreich (14%), Nordeuropa (14%) und Osteuropa (17%) vergeben. Der Anteil der Erstkreditvergaben lag bei 97% (Gesamtjahr 2013: 76%) und der durchschnittliche Beleihungsauslauf für neue Darlehen stieg von 61% auf 63%. Das Immobilienfinanzierungs-Portfolio wuchs auf 22,8 Mrd. Euro.

Bernhard Bomke

Norbert Müller leitet Vertrieb in Auslandsmärkten der pbb

Norbert Müller.

Norbert Müller.

Bild: pbb

Köpfe 28.08.2012
Norbert Müller (47) ist zum Vertriebsleiter für Frankreich, Spanien und Skandinavien der pbb Deutsche Pfandbriefbank, München, berufen worden. Er tritt seine neue Position zum 1. September ... 

Norbert Müller (47) ist zum Vertriebsleiter für Frankreich, Spanien und Skandinavien der pbb Deutsche Pfandbriefbank, München, berufen worden. Er tritt seine neue Position zum 1. September dieses Jahres an. Mit der Berufung Müllers ist die neue Vertriebsorganisation für das Immobilienfinanzierungsgeschäft nun vollständig umgesetzt, wie die pbb mitteilte. Charles Balch betreut seit Ende März 2012 internationale Kunden, die länderübergreifend agieren. Außerdem kümmert er sich um die Märkte Großbritannien und CEE. Gerhard Meitinger leitet seit Anfang Mai dieses Jahres das Immobiliengeschäft in Deutschland und Vorstand Bernhard Scholz ist für die Immobilienfinanzierung und den Geschäftsbereich öffentliche Investitionsfinanzierung verantwortlich.

Vor seinem Wechsel war Müller für das belgische Familienunternehmen Wilhelm & Co. tätig. Bei dem Unternehmen, das sich auf die Bereiche Stadtsanierung und Immobilienentwicklung konzentriert, war Müller schwerpunktmäßig für das Investment und das Asset-Management zuständig gewesen. Weitere berufliche Stationen waren u.a. die DePfa Bank sowie Jones Lang LaSalle, wo er u.a. als Geschäftsführer in Deutschland die Bereiche Capital Markets und Advisory/Valuation Services verantwortet hatte.

Sonja Smalian

Die Frau mit dem "Hypo-Gen"

Köpfe 11.11.2010
Herzlichen Glückwunsch, Frau Better! 50 Jahre wird die HRE-Chefin am heutigen Donnerstag. Ob ihr wirklich zum Feiern zumute ist, darf aber bezweifelt werden. Wahrscheinlich stürzt sie sich in ... 

Herzlichen Glückwunsch, Frau Better! 50 Jahre wird die HRE-Chefin am heutigen Donnerstag. Ob ihr wirklich zum Feiern zumute ist, darf aber bezweifelt werden. Wahrscheinlich stürzt sie sich in ihre Arbeit, glaubt man ehemaligen Wegbegleitern.

Als HRE-Aufsichtsratschef Bernd Thiemann bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz Ende März die frisch gekürte Vorstandsvorsitzende Manuela Better der Öffentlichkeit als "gut kehrenden alten Besen" vorstellte, bezog er sich natürlich nicht auf ihr Alter. Er schien schlicht euphorisiert von der erstaunlichen Expertise der zierlichen Dame mit dem Herz fürs Hypothekengeschäft - seit 22 Jahren macht sie nichts anderes.

Mehr Stallgeruch geht nicht: Über eine Trainee-Stelle bei der Bayerischen Vereinsbank arbeitete sich Better in ihren ersten Berufsjahren bis zur Abteilungsleiterin für internationale Immobilienfinanzierungen hoch. Nach der Fusion mit der Hypobank sammelte sie weitere Auslandserfahrung bei der niederländischen HVB-Tochter FGH Bank.

Seit 2004 ist sie bei der HRE, hat alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Trotzdem gilt sie als unbelastet: Als Ex-HRE-Chef Georg Funke seinen Höhenrausch hatte und 2007 den Depfa-Deal einfädelte, war Better fernab in Hongkong unterwegs - strafversetzt quasi, weil sie ihre Vorstellungen eines Risikomanagements bei Funke nicht durchsetzen konnte. Jetzt soll die Frau mit dem "Hypo-Gen" dafür sorgen, dass der Immobilien- und Staatsfinanzierer einen Neustart hinlegen kann.

Ehemalige Weggefährten beschreiben sie als detailverliebtes Arbeitstier, als "die oberste Sachbearbeiterin". Unter ihren Angestellten genießt sie aufgrund ihrer Fachkompetenz zwar hohes Ansehen. Zwischenmenschlich scheint es dafür hin und wieder zu hapern. Ex-Kollegen berichten, dass manche Mitarbeiter von Better "einiges an Leid erfahren haben", ohne dies genauer zu spezifizieren. Ein rigoroser Führungsstil wird ihr nachgesagt. "Sie reagiert mit Härte", sagt einer. Wer sich aus ihrer Sicht nicht gut genug für eine Kreditverhandlungsrunde vorbereitet hat, den schmeißt sie raus. Mitarbeitermotivation sei jedenfalls nicht ihr Ding. Trotzdem glauben nicht wenige, dass sie die Richtige für diesen Job ist. Unter anderem deshalb, weil sie das Vertrauen des Eigentümers, des Bunds, genießt. "Die wollen keine charismatische Persönlichkeit, sondern einen, der aufräumt", glaubt ein hochrangiger Bankmanager zu wissen. Dafür scheint Better prädestiniert. (nik)

Nicolas Katzung

Funke, der Antipath

Ex-HRE-Chef Georg Funke

Ex-HRE-Chef Georg Funke

Bild: HRE

Köpfe 01.07.2010
Sich Freunde machen war noch nie eine große Leidenschaft von Georg Funke. Wozu auch? Was für den ehemaligen Vorstandschef der Hypo Real Estate (HRE) zählte, war allein das Geschäft, ... 

Sich Freunde machen war noch nie eine große Leidenschaft von Georg Funke. Wozu auch? Was für den ehemaligen Vorstandschef der Hypo Real Estate (HRE) zählte, war allein das Geschäft, der Deal. Dafür arbeitete er hart. Das Menschliche? Unwichtig. Networking? Zweitrangig. Wenn Anfang Mai Funkes Klage auf Wiedereinstellung vor dem Münchner Landgericht verhandelt wird, werden die Gefühle wieder hochkochen. Es wird Beschimpfungen und Demütigungen geben. Vielleicht wird ihm sogar Hass entgegenschlagen. Das ist Funke aber egal. Was zählt, ist der Deal - dafür hat er immer gekämpft.

Ende April wird Georg Funke 55 Jahre alt. Etwas früh, um sich zur Ruhe zu setzen. Gerade für einen wie Funke. Der gebürtige Gelsenkirchener ist ein echtes Arbeitstier. Einer, der weiß, was er will und sich dafür mächtig ins Zeug legt.

Hochgearbeitet hat er sich. Vom Verwalter Essener Sozialwohnungen bei der Westdeutschen Wohnhäuser AG bis zum Chef eines weltweit aktiven DAX-Unternehmens. Als geradlinig, unprätentiös und pragmatisch beschreiben ihn Weggefährten von damals. Klingt positiv. Skrupellos, arrogant, größenwahnsinnig hingegen nicht. Auch das wird Funke nachgesagt.


Kein Abitur, keine Banklehre. Der 29-jährige Georg Funke bringt nicht gerade die klassischen Voraussetzungen für eine steile Bankerkarriere mit, als er 1984 bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank anheuert. Dafür jede Menge Immobilien-Knowhow.Funke ist ein Kind des Ruhrpotts. Am 29. April 1955 kommt er in Gelsenkirchen zur Welt. Nur wenige Kilometer entfernt, in Mülheim, drückt er die Schulbank, macht dort die Mittlere Reife. Einen Ort weiter, in Essen, lässt er sich 1972 bei der Westdeutschen Wohnhäuser AG zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ausbilden. Wenig später wird er zur Thyssen Wohnstätten versetzt, spezialisiert sich auf die Bereiche Finanzen und Rechnungsprüfung und studiert an der Fachschule für Wohnungswirtschaft in Hösel.Dann Schluss mit Verwaltung von Sozialwohnungen, raus aus dem Ruhrpott. Funke geht 1984 nach München, wird Banker. Es dauert fünf Jahre, bis er eine führende Position bei der Hypo-Bank einnimmt: 1989 wird er Co-Leiter der Niederlassung London. Die angelsächsische Kultur prägt ihn, Funke liebt das Investmentbanking. Nach der Fusion mit der Bayerischen Vereinsbank zur HypoVereinsbank (HVB) steigt Funke 2000 in den Bereichsvorstand auf. Dann naht die Abspaltung des gewerblichen Immobiliengeschäfts aus dem HVB-Konzern. Funke packt die Gelegenheit beim Schopfe, sticht seinen Konkurrenten im Vorstand, Egbert Eisele, aus und wird 2003 Chef der Hypo Real Estate (HRE).

Leise repariert er die Bank, verkauft massenweise Problemkredite und verbrieft, was das Zeug hält. Erfolg auf ganzer Linie. Funkes HRE schreibt früher und höher als erwartet Gewinne. An der Börse wird gejubelt, die HRE schafft am 19. Dezember 2005 den Sprung in den DAX. Funke wird gefeiert.

Er selbst feiert nicht. Lieber schuftet er. Er weiß, dass er mit seiner HRE das Maximum erreicht hat. Wachsen geht nur noch über Zukäufe. Im Juli 2007 hat er den Depfa-Kauf unter Dach und Fach. Ein halbes Jahr später gerät die HRE in den Strudel der Finanzkrise. Im Oktober 2008 muss Funke seine HRE verlassen.


Nach Überzeugung eines ehemaligen Bankkollegen hatte er gar autistische Züge. Einmal sagte Funke zu ihm: "Sie brauchen keine Weihnachtskarten zu schreiben. Der Kunde kommt schon, wenn er was will." Die Beziehungen zu den Kunden hätten für Funke nie eine Rolle gespielt. "Ihn interessierte nur der Deal."

Seinen Geschäftspartnern blieb diese Einstellung offenbar nicht verborgen. Sympathien hat Funke in seinem Umfeld jedenfalls nicht geweckt. "Da war ein Rupert Hackl von der Eurohypo öfter in aller Munde, als es Funke jemals hätte sein können", so ein Kenner des Münchner Finanz- und Immobilienmarkts.
Selfmademan Funke

Genau der Richtige

Aber: Der Erfolg gab ihm Recht. Aus einem dürftig kapitalisierten und ertragsschwachen Unternehmen formte er innerhalb weniger Jahre eine hochprofitable Bank. Niemand in dem einstigen HRE-Mutterkonzern HypoVereinsbank (HVB) hatte das für möglich gehalten. "Funke war genau der richtige Mann für diesen Job", glaubt ein ehemaliger HVB-Manager.

Im Gegensatz zu seinen Kollegen war der Ruhrpottler kein traditioneller deutscher Hypothekenbanker. Das Finanzierungsgeschäft lernte er bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, einem der beiden Vorgängerinstitute der HVB, in London kennen. Kredite vergeben, bündeln, in Wertpapiere umwandeln und an Dritte weiterverkaufen - das war Funkes Verständnis vom Immobilienbanking, und das übertrug er eins zu eins auf die HRE. "Die HRE war gierig, forsch und mutig, aber nicht dilettantisch", stellt ein anderer hochrangiger Ex-HVB-Banker klar. "Die haben es verstanden, gute Leute von Mitbewerbern wegzukaufen", lobt ein Finanzexperte Funkes Geschick. Viel, aber durchaus gutes Geschäft habe seine Truppe gemacht. Sein persönliches Auftreten hat er als gutsherrenartig in Erinnerung. "Großen Widerspruch hat er jedenfalls nicht geduldet."

Zum Wachsen verdammt

Immer weiter, immer schneller - das Motto Funkes, wie es ein HRE-Angestellter beschreibt. "Sehr präsent" sei er gewesen, "immer ziemlich aufgebraust. Da war Dampf unter dem Kessel", sagt er. Starallüren habe er aber trotz des steilen Aufstiegs nicht gehabt. "Die dollsten Klamotten hat er nicht getragen, und sein Münchner Büro war so klein, dass man da nicht zu dritt sitzen konnte." Funke blieb bodenständig.

Trotz des atemberaubenden Erfolgs wusste Funke, dass er in einem Dilemma steckte. "Ich bin zum Wachsen verdammt", sagte er lange vor dem Depfa-Deal zu einem ihm bekannten Vorstand einer anderen Bank. Als dieser Kauf eingefädelt wurde, muss es nach Meinung des Bankers passiert sein: "Funke wurde größenwahnsinnig." Jeder in der Finanzbranche wusste, dass die Depfa "ein großes Rad dreht". Doch Funke hatte sich bereits entschieden. Er brauchte eine neue Story, nachdem die Übernahme der größeren Eurohypo zwei Jahre zuvor gescheitert war. "Funke war ein Gefangener seiner Wachtumsphilosophie. Die Depfa war eine Verzweiflungstat", ist er sich sicher.

Am 6. Mai starten die Verhandlungen vor dem Münchner Landgericht. Funke und zwei seiner ehemaligen Vorstandskollegen klagen gegen ihre fristlosen Kündigungen. Funke will seinen bis September 2013 laufenden Anstellungsvertrag wieder aufleben lassen und pro Jahr 800.000 Euro einstreichen. Außerdem klagt er auf Zahlung eines Ruhegelds von 560.000 Euro - jährlich.

Der letzte Kampf

Die HRE wirft Funke eine zu laxe Prüfung des Geschäftsmodells der Depfa-Gruppe angesichts der fortschreitenden Finanzkrise sowie mangelndes Liquiditäts-Risikomanagement vor. Der Bank liegen nach Auskunft des Aufsichtsrats deutliche Hinweise auf Pflichtverletzungen vor. Zu einem öffentlichen Tête-à-tête der Kontrahenten vor Gericht kommt es dabei nicht. Geführt werden die Verhandlungen als Urkundenprozess, bei dem die Parteien ihre Argumente schriftlich vortragen. Bis ein Urteil gesprochen wird, dürfte es dauern. "Da wird die ganze Bankenkrise aufgearbeitet", heißt es aus dem Umfeld der HRE.

Es dürfte der letzte große Kampf Funkes werden, zumindest in Deutschland. "Der wird hier seines Lebens nicht mehr glücklich", ist sich ein ehemaliger Mitarbeiter Funkes sicher. Seine zwei Kinder seien gemobbt worden. Angeblich weilt Funke mit seiner Familie bereits im Ausland. Seine beiden Münchner Villen werden derzeit jedenfalls nicht mehr von ihm bewohnt.

Nachtrauern wird ihm außer den engsten Bekannten vermutlich niemand. Auch nicht bei seinem alten Arbeitgeber: "Der hat hier viele Lebensläufe zerstört", klagt ein Angestellter der HRE.

3 Fragen an Lutz von Rosenstiel

Herr von Rosenstiel, wie konnte aus dem bodenständigen Georg Funke ein größenwahnsinniger Banker werden?

Herr Funke ist aus meiner Sicht nicht größenwahnsinnig. Man muss beachten, in welcher Welt er lebt, und die dort geltenden Normen und Werte erkennen. Er besitzt ein anderes Wertesystem als die Mehrheit der Bevölkerung. Die Selbstwahrnehmung und die Normen haben sich verschoben. Aus seiner Sicht hat er keinen Fehler begangen. Er fühlt sich vielmehr als Sündenbock für alle anderen. Ihm fehlt die Sensibilität und das Fingerspitzengefühl, um zu registrieren, dass er mit seinem Handeln anderen Menschen geschadet hat. Ein schlechtes Gewissen wird er deswegen aber nicht haben.

Wenn es nicht um Größenwahn geht, dann vielleicht um Schizophrenie oder Autismus?

Das kann ich nicht beurteilen, weil ich ihn nicht persönlich kenne. Wenn ich von dem ausgehe, was in den Medien zu lesen ist, hat Herr Funke aber vermutlich alles, was nicht in seine Wirklichkeit passt, ausgeblendet. Er lebt in einer Welt, in der alles stimmig und konsistent ist. Die Fehler machen dort andere.

Gibt es Chancen, Herrn Funke aus seiner Wirklichkeit herauszuholen, damit er etwas Einsicht zeigt?

Ich glaube, das ist möglich. Man müsste ihm die Chance geben, sich mit einem ruhigen Moderator die konkreten Folgen seines Handelns anzuschauen, daraus zu lernen und die eigenen Werte zu überprüfen. Das funktioniert natürlich nicht in einem aggressiven Umfeld der Konfrontation. Dabei fühlt er sich überrannt.

Prof. Lutz von Rosenstiel lehrte an den Universitäten Augsburg und München Wirtschaftspsychologie und ist Autor und Mitherausgeber von zahlreichen Fachbüchern und -beiträgen zum Thema Organisations- und Marktpsychologie sowie psychologischer Diagnostik.

Nicolas Katzung

Kaafs Korruptions-Karussell Die Ermittlungen ziehen immer weitere Kreise

Köpfe 26.08.1999
Wiesbaden (mol) - Was vor einigen Wochen als mittlerer Bonner Bauträgerskandal begann, hat im Laufe des Monats August immer weitere Kreise gezogen. Im Zentrum der Ermittlungen stehen derzeit die ... 

Wiesbaden (mol) - Was vor einigen Wochen als mittlerer Bonner Bauträgerskandal begann, hat im Laufe des Monats August immer weitere Kreise gezogen. Im Zentrum der Ermittlungen stehen derzeit die Immobiliengeschäfte der Bayerischen Beamtenversicherung (BBV), München.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Erwerb des Bürogebäudes Friedrich-Ebert-Allee 40 in Bonn. Die Immobilie war zu Beginn der 90er Jahre von dem Bonner Bauträger Berthold Kaaf gemeinsam mit dem Heidelberger Projektentwickler Roland Ernst entwickelt und zuletzt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit genutzt worden.

90% der Anteile an der Objektgesellschaft wurden von dem Duo Kaaf/Ernst für knapp 290 Mio. DM an ein Konsortium aus Veba (22,5%), Depfa-Bank (22,5%) und der Bayerischen Beamtenversicherung (45%) verkauft. Die Transaktion vermittelte Dieter Diekmann, Mitglied im Vorstand der Veba-Tochter Viterra Baupartner und ehemaliger Oberstadtdirektor von Bonn. Diekmann und Kaaf, der nach "Stern"-Recherchen auch von dem früheren Bundesbauminister Töpfer ein ansehnliches Beratungshonorar für seine Unterstützung in Sachen Schürmann-Bau erhalten hatte, wurden bereits Mitte Juni in Haft genommen. Neben dem Vorwurf, Kaaf habe Diekmann geschmiert, um den Kauf der überteuerten Immobilie über die Bühne zu bringen, gingen die Ermittler noch einem weiteren Verdacht nach: Offenbar hatten auch Vertreter der BBV und der Depfa von dem Deal profitiert.

Der Verdacht konkretisierte sich bald darauf in der Person des BBV-Vorstandsvorsitzenden und Depfa-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Dieter Schweickert, der am 9. August auf dem Flughafen Innsbruck verhaftet wurde. Gegen Schweickert liefen bereits Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Immobilienaffäre der früheren Hypo-Bank.

Glimpflich kam die Wiesbadener Depfa-Bank davon: Die Bochumer Staatsanwaltschaft ließ verlauten, "nach hiesigen Erkenntnissen" seien weder die Bank noch ihre Führungskräfte in die Vorwürfe gegen Schweickert involviert. Ein Zusammenhang zwischen der BBV und dem Depfa-Vorstandsvorsitzenden Thilo Köpfler war zuletzt von dem Nachrichtenmagazin "Focus" hergestellt worden.

Die Depfa bestätigte den Bericht dahingehend, daß sich Köpfler 1994 auf Bitte von Schweickert zu 25% privat an dem Bürohaus Triangel, Friedrichstraße 204 in Berlin, beteiligt hatte. Die übrigen Vorwürfe - die Depfa sei bei der BBV-Siedlung Schönefelder Wohnpark und dem Wiesbadener "Hotel Rose" involviert - wurden von der Bank jedoch dementiert: Man habe sich hier weder als Finanzierer noch als Eigentümer beteiligt, hieß es.

Die Affäre Schweickert bescherte dem Institut neben einer vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen angeordneten Sonderprüfung auch einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden: Am 10. August löste der bisherige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Westphal Schweickert in der Aufsichtsratsführung der Deutschen Pfandbrief-Bank und der Depfa Bank AG Bau Boden ab. Die BBV hält allerdings weiterhin 8,34% an der Depfa Holding Verwaltungsgesellschaft mbH, die 40% des Depfa-Kapitals besitzt.

Die BBV hat Schweickert mittlerweile fristlos gekündigt. Wie die Versicherung mitteilt, war der Vorstandschef "unerlaubterweise" mit 15% an der BBV-Tochter BBV Immobilien GmbH beteiligt. 70% der BBVI werden von der BBV Holding AG gehalten. Die Versicherung kündigte an, alle relevanten Immobiliengeschäfte des Unternehmens in den letzten zehn Jahren prüfen zu lassen.

In der Zwischenzeit recherchierte der "Stern" weiter in Sachen Schweickert. Dessen Schmiergelderlöse aus Geschäften mit Kaaf im Zuge mehrerer Bauvorhaben der BBV summierten sich demnach auf über 7 Mio. DM. Die Zahlungen flossen vor allem für Bauvorhaben in der neuen Hauptstadt: für ein Projekt auf dem ehemaligen Schultheiss-Brauereigelände, einen Wohn- und Gewerbekomplex an der Berliner Krausenstraße, einen Wohnpark am Flughafen Schönefeld und ein Objekt an der Friedrichstraße.

Nach Einschätzung des Banchendienstes "DFI-Gerlach-Report" ist das derzeitige Vorgehen gegen Schweickert lediglich ein "Abfallprodukt" der Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft in Sachen Hypo-Bank. Demnach habe zu den Hypo-Bank-Kunden auch Kaaf gehört, bei dem über Schmiergeldzahlungen an einen ehemaligen Hypo-Generalbevollmächtigten spekuliert werde.

Die Ermittlungen gegen Schweickert haben nun offenbar auch Anhaltspunkte gegen den Vorsitzenden der BBVI-Geschäftsleitung geliefert. Gegen Karl Fütterer, geschäftsführender Gesellschafter der BBVI, ermittelt nun ebenfalls die Münchner Staatsanwaltschaft. Fütterer war im Branchendienst "Direkter Anlegerschutz" bereits seit längerem wegen mehrerer maroder geschlossener Immobilienfonds angegriffen worden - zuletzt in Sachen BBVI-Fonds Nr. 11. Bei beiden Fondsobjekten, einem Bürohaus in Berlin-Teltow und einem in Dresden, seien mittlerweile die Mietgarantien "geplatzt".

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