Karriere-News

Technische Experten sind sehr gefragt

Die Motivation von Bewerbern offenbart sich im persönlichen Gespräch.

Die Motivation von Bewerbern offenbart sich im persönlichen Gespräch.

Quelle: Career Pioneer, Urheber: Alexander Sell

Karriere 25.05.2023
In der Projektentwicklung und im Immobilienmanagement ist die Nachfrage nach Experten mit technischem Schwerpunkt und Interesse für Nachhaltigkeit groß. Wer sich schon während des ... 

In der Projektentwicklung und im Immobilienmanagement ist die Nachfrage nach Experten mit technischem Schwerpunkt und Interesse für Nachhaltigkeit groß. Wer sich schon während des Studiums einen entsprechenden Fokus setzt, hat deshalb gute Karrierechancen.

Um Gebäude in der Zukunft nachhaltig bauen zu können und Bestand entsprechend am Laufen zu halten oder zu sanieren, braucht es neue technische Anlagen und passende Baustoffe. Mit ihnen arbeiten kann aber nur, wer sie kennt – und sie mit einem Blick durch die Techniker-Brille auch versteht. Profis mit technischem Schwerpunkt sind deshalb bei vielen Unternehmen gefragt. Und weil das neueste Wissen an den Hochschulen vermittelt wird, setzen viele auf den Nachwuchs, um sich die Expertise ins Haus zu holen.

Ansprüche von Kunden verlangen neue Experten

"Im Bauingenieurwesen als solchem verändert sich nicht viel. Aber die Ansprüche der Kunden. Vor allem was das Thema Sustainability angeht. Hier müssen wir bei jedem Projekt neue Möglichkeiten finden und entwickeln", beschreibt Silke Bley vom Planungs- und Ingenieurbüro Arcadis die Herausforderungen. Für ihren Arbeitgeber ist sie auf der Suche nach jungen Bauingenieuren und Architekten, die sich am besten schon im Studium einen technischen Schwerpunkt gesetzt haben und so in der Lage sind, sich schnell Wissen zu Heiz- und Klimaanlagen oder isolierenden Baustoffen anzuschaffen.

Gerade bei Studenten muss sie aber zunächst das Interesse wecken. "Viele wollen am liebsten direkt nach dem Studium ins Projektmanagement einsteigen. Doch gerade dafür braucht es viel Erfahrung. Wer hingegen in der Beratung startet und sich von vornherein einen technischen Schwerpunkt setzt, hat in einigen Jahren gute Karrieremöglichkeiten. Denn die technische Projektentwicklung wird sich noch weiter verändern und immer mehr Experten brauchen", prognostiziert Bley.

Zum IZ Karriereforum hat auch JLL eine offene Stelle für Nachwuchskräfte mit technischem Schwerpunkt mitgebracht. Das Unternehmen sucht Nachwuchskräfte, die zum Beispiel als Werkstudenten schon während ihrer Ausbildung den Geschäftsbereich Project & Development Services kennen lernen wollen. "Im Vergleich zu anderen Säulen des Unternehmen ist das ein eher technisch aufgebauter Bereich", beschreibt Talent Acquisition Advisor Sarah Behrens. Gerade jungen Studenten, die das Unternehmen auf den ersten Blick oft nur als Maklerhaus wahrnehmen, müssen Behrens und ihre Kollegen die Aufgaben dieser Abteilung erst nahebringen. "Die Hauptaufgaben liegen in der Unterstützung beim Entwickeln von Arbeitsplatzkonzepten und in der Überwachung von Baubudgets", erklärt sie. Für diese Rolle kommen angehende Ingenieure und Architekten infrage, aber auch Studenten, die einen Abschluss im Fach Immobilienmanagement anstreben.

Die Karriereaussichten in diesem Feld seien gut, ergänzt Behrens. "Viele finden es interessant, weil internationales Arbeiten oder Auslandsaufenthalte in der späteren Karriere nicht selten sind. Auch die Gehälter sind in vielen Positionen hoch und die direkte Verbindung zum Feld Sustainability spricht vor allem junge Nachwuchskräfte an." Aber nicht jeder sei für diese Aufgabe geschaffen, warnt sie. "Es ist oft viel Druck da – sowohl von Seiten der Kunden als auch, was die Arbeitsaufgaben selbst angeht. Damit muss man klarkommen können."

Wegen der hohen Nachfrage baut auch Cushman & Wakefield einen Geschäftsbereich Project & Development Services auf, berichtet Mitarbeiterin Kim Eickmeier. Um dort als Senior Consultant in der Generalplanung eine Chance zu haben, sind laut der Stellenausschreibung fünf Jahre Erfahrung in diesem Bereich nötig, für eine Stelle als Associate Project Manager sogar acht Jahre im Beruf und Führungserfahrung.

Motivation kann fehlende Erfahrung ausgleichen

Seniors mit so viel Erfahrung in Nachhaltigkeitsthemen sind jedoch in jedem Berufsfeld rar, weiß Kristina Gukelberger, Head of Human Resources bei Swiss Life Asset Managers. "Wir suchen Experten aus dem Gebiet Nachhaltigkeit für alle unsere Marken und für ganz verschiedene Aufgabenfelder", sagt sie. Gerade weil es so wenige Seniors am Markt gibt, setzt sie bei Sustainability auf den Nachwuchs. "Es geht nicht immer um die explizite Erfahrung oder um bestimmte Studienabschlüsse, sondern oft eher darum, dass jemand einen gewissen Drive mitbringt, genauso wie Kreativität und Innovationskraft." Ob jemand für das Thema Nachhaltigkeit brennt und die Motivation hat, neue Aufgaben anzugehen, will sie mit ihren Kollegen überwiegend in persönlichen Gesprächen herausfinden. "Wenn mir jemand auffällt, den ich mir gut in unserem Team vorstellen könnte, drehe ich das Recruiting inzwischen auch um und gehe selbst auf den Kandidaten zu, noch bevor er sich bei uns bewirbt", verrät Gukelberger ihre Strategie.

Janina Stadel

Bewerberpools helfen Stellen zu besetzen

Kontakte aus Bewerberdatenbanken können erste Anlaufstellen sein, wenn Positionen besetzt werden müssen.

Kontakte aus Bewerberdatenbanken können erste Anlaufstellen sein, wenn Positionen besetzt werden müssen.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Syda Productions

Karriere 29.09.2022
Mit Bewerberpools bauen sich Recruiter eine Pipeline mit vielversprechenden Kandidaten auf, auf die sie zurückgreifen können, wenn sich eine passende Stelle im Unternehmen für sie ... 

Mit Bewerberpools bauen sich Recruiter eine Pipeline mit vielversprechenden Kandidaten auf, auf die sie zurückgreifen können, wenn sich eine passende Stelle im Unternehmen für sie ergibt. Damit die möglichen künftigen Kollegen das Interesse nicht verlieren, halten die Personaler ständigen Kontakt. Und laden auch mal zum Kaffeetrinken ein.

Um sich geeignete Kandidaten für spätere Vakanzen warm zu halten, legen Personalabteilungen Datenbanken mit Kontakten an. So können sie auf frühere Bewerber oder solche, die initiativ auf das Unternehmen zukamen, zurückgreifen, wenn sich eine passende Stelle für sie ergibt. Damit sie den Überblick nicht verlieren, müssen sie die Datensätze regelmäßig pflegen. Doch die Mühe lohnt sich für viele Unternehmen, denn wer immer genügend Kandidaten in der Pipeline hat, muss nicht mehr aktiv auf die Suche gehen.

Kontakte dürfen nicht abbrechen

In den Datenbanken, den sogenannten Bewerberpools, speichern Personaler Informationen von Fach- und Führungskräften, mit denen sie schon einmal Kontakt hatten oder die sich für das Unternehmen interessieren. Das Beratungs- und Planungsunternehmen Drees & Sommer beispielsweise füllt seinen Pool unter anderem mit Bewerbern, die aufgrund fehlender Berufserfahrung, falschem Standort oder weil es gerade keine passende Vakanz gab, abgelehnt wurden. Auch diejenigen, die zum Unternehmen passen könnten, aber ihre Bewerbung zurückgezogen oder ein konkretes Jobangebot abgelehnt haben, sind Teil des Pools. "Grundsätzlich versuchen wir, jeden Bewerber in den Pool aufzunehmen, der künftig für uns von Interesse sein könnte", sagt Amelie Kristin Gryska, Spezialistin Talent Acquisition bei Drees & Sommer. Das heißt: Vom Praktikanten bis zum Top-Manager ist hier jeder dabei. Je mehr Potenzial den Pool füllt, desto größer ist später die Auswahl für die Personaler, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben.

Der Immobilienmakler und -dienstleister JLL hat seinen Bewerberpool mit Menschen "unterschiedlicher Fähigkeiten und Erfahrungen" gefüllt, sagt Christian Quach, Leiter Talent Acquisition. Dazu zählen sowohl Studenten als auch Management-Anwärter sowie Führungskräfte. Wie ausgewogen das Verhältnis zwischen Anfängern und Experten in der Liste ist, kann JLL nicht beziffern. Doch: Egal welches Erfahrungslevel, das JLL-Recruiting-Team setzt sich in regelmäßigen Abständen mit ihnen in Verbindung. So halten die Personaler die Informationen im System aktuell – und stärken die Beziehung zu den Kandidaten.

Zu vielversprechenden Köpfen suchen die Personalverantwortlichen auch persönlichen Kontakt – die ein oder der andere wird auf einen Kaffee eingeladen, wie Quach verrät. In den Genuss kommen wohl vor allem diejenigen, die auf eine Vakanz passen könnten – das Kaffee-Date könnte sozusagen die Eintrittskarte in den Bewerbungsprozess werden.

JLL setzt zusätzlich auf sein "Talentnetzwerk": Während im Bewerberpool nur diejenigen drin sind, die sich schon einmal bei JLL beworben haben, ist das Talentnetzwerk für alle geöffnet. Wer sich für eine Laufbahn bei dem Unternehmen interessiert, kann sich auf der Karriereseite online registrieren und erhält per Mail unter anderem Newsletter, Informationen zu Fachthemen oder Veranstaltungseinladungen.

Ständiger Nachschub ist notwendig

Damit der Pool immer gut gefüllt bleibt, müssen Unternehmen dranbleiben und dafür sorgen, dass Interessierte das Angebot kennen. Viele Branchenfirmen nutzen für die Suche nach neuen Teammitgliedern zum Beispiel Jobmessen, Ausstellungen, Universitätskooperationen und Karriere-Webseiten, um potenzielle Fachkräfte abzufangen. JLL bewirbt sein Talentnetzwerk zusätzlich über Facebook, Linkedin und die eigene Website. Um den Überblick zu behalten, setzt JLL auf systematisch geordnete Daten. Mit welcher Software das Unternehmen arbeitet, möchte es zwar nicht sagen, aber Fakt ist: Der Markt für Talent-Management-Programme ist groß. Zahlreiche Anbieter wie Recruitee, Softgarden und Talention bieten Software-Lösungen rund um die Akquise an. Auch das Karriere-Portal Linkedin hat sich mit dem Recruiting-Tool Talent Solutions in den Markt eingeklinkt. Viele Unternehmen entwickeln zudem eigene Lösungen.

So wie Drees & Sommer: "Früher haben wir Bewerberpools über unser Bewerbermanagementsystem erstellt, allerdings war uns das zu passiv", sagt Recruiterin Gryska. Deshalb hat das Unternehmen ein eigenes System implementiert, das losgelöst von dem Tool für das Bewerbermanagement funktioniert – das Talent-Relationship-System. Das Bewerbermanagement dient nun nur noch dazu, die eingehenden Bewerbungen zu organisieren – nicht aber der Pflege der Liste möglicher Kandidaten. Wen Drees & Sommer in sein Netzwerk aufnehmen möchte, der kommt ins Talent-Relationship-System der Stuttgarter.

Das Unternehmen will so die Ansprache möglichst individuell gestalten. Das heißt: Ehemalige Praktikanten bekommen eine Mail mit offenen Werkstudentenstellen, eine Führungskraft erhält eher Neuigkeiten aus der für sie relevanten Abteilung. Gryska erklärt: "Wir nutzen einen zielgruppenspezifischen Redaktionsplan, um über Neuigkeiten aus der Drees-&-Sommer-Gruppe zu informieren und in Verbindung zu bleiben."

Ein wichtigste Maßgabe ist, dass der Bewerber-Pool muss die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) berücksichtigen muss. Die meisten Bewerbermanagementsysteme bieten zwar eine integrierte Pool-Funktion an, sagt Gryska, "hier muss allerdings die Datenschutzrichtlinie geprüft werden, wenn die Daten der Bewerber über den Bewerbungsprozess hinaus gespeichert werden sollen." Drees & Sommer holt die Einwilligung ihrer Bewerber per E-Mail-Link ein. Die Informationen bleiben anschließend zwei Jahre gespeichert, vorausgesetzt die Kandidaten ziehen ihr Einverständnis nicht vorzeitig zurück. "Dritte erfahren nicht von der Aufnahme in den Pool", betont Gryska. Hier gelte strengste Vertraulichkeit.

Pool-Kandidaten werden nach einiger Zeit aufgefordert, ihre Angaben zu aktualisieren. "Das ist aber kein Muss", sagt Gryska. "Grundsätzlich verstehen wir es immer als Aufgabe der Recruiter, die Kandidaten zu kontaktieren und herauszufinden, ob eine Stelle zum Kandidaten passt und Interesse besteht." Wie viele Bewerber so zum Unternehmen kommen, will sie nicht sagen. Nur so viel: Es werden immer mehr. Auch JLL hält sich bei konkreten Zahlen bedeckt. Für das Unternehmen sei der Talentpool aber ein "wichtiges Instrument".

Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich

Die Freude am Jobwechsel wächst wieder

Die Suche nach den besten Fachkräften geht in der Immobilienbranche auch nach der Pandemie noch weiter.

Die Suche nach den besten Fachkräften geht in der Immobilienbranche auch nach der Pandemie noch weiter.

Karriere 07.10.2021
Bewerber aus vielen Bereichen der Branche haben während der Corona-Pandemie neue Strategien bei der Wahl ihrer Arbeitgeber entwickelt. Dadurch geht der Kampf um erfahrenes Fachpersonal in ... 

Bewerber aus vielen Bereichen der Branche haben während der Corona-Pandemie neue Strategien bei der Wahl ihrer Arbeitgeber entwickelt. Dadurch geht der Kampf um erfahrenes Fachpersonal in die nächste Runde.

Ob per Videoschalte, bei Spaziergängen im Freien oder mit Maske und Luftfilter im Raum, Bewerbungsgespräche sind in der Immobilienbranche auch während der Corona-Pandemie nicht weniger geworden. Doch obwohl Personaler im Kampf um die besten Fachkräfte wie eh und je im Dauereinsatz waren, ging die Erfolgsquote über Monate hinweg nach unten. Viele Unternehmen berichten, dass sich auf manche Stellenausschreibungen weniger Bewerber gemeldet haben als üblich, so zum Beispiel bei Hansainvest Real Estate, wie Geschäftsführerin Martina Averbeck mit Zahlen verdeutlicht: "Aktuell haben wir sechs unterschiedliche Positionen ausgeschrieben, davon sind tatsächlich noch zwei Stellen seit 2020 unbesetzt." Technisch geprägte Aufgabenprofile wie in der Projektentwicklung und im technischen Asset-Management seien bei Hansainvest schon länger am härtesten zu besetzen. Inzwischen suche das Unternehmen zusätzlich gezielt im Investment- und im Transaktionsmanagement, berichtet die Geschäftsführerin.

"In den technischen Funktionen gibt es die meisten Schwierigkeiten, aber das war auch vor der Pandemie schon so", bestätigt Andreas Steimel, der bei Allianz Real Estate als COO im Vorstand für das Ressort Personal verantwortlich ist. Im Unternehmen sei die Zahl der Neueinstellungen während der Pandemie auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr geblieben, vor allem in den Abteilungen Akquisition, Asset-Management, technisches Management und Accounting. Zwischen fünf und zehn offene Stellen seien bei dem Investor seit einigen Jahren aber permanent zu besetzen.

Die unveränderte Nachfrage seitens der Unternehmen kennt auch Personalberater Frank Groß: "Bei den Arbeitgebern waren es selbst während der Pandemie nur kurze Phasen von ein bis zwei Monaten, in denen die Personalsuche nach hinten gerückt ist, weil andere Themen, wie etwa die Organisation von Homeoffice, kurzzeitig eine höhere Priorität hatten", erinnert er sich an die Anfänge der Pandemie. "Der große Knick ist aber nie gekommen. Im Gegenteil, die Nachfrage hat sich in einigen Bereichen sogar gesteigert."

Als Beispiel nennt er das Berufsbild des Property-Managers. "Eine Immobilie hat nun mal Bestand. Und was vor der Pandemie gekauft wurde, muss gepflegt und betreut werden", erklärt Groß. Dabei seien Property-Manager während der Lockdowns sogar ganz besonders gefragt gewesen. "Spätestens als es um Themen wie Mietkürzungen ging, waren sie als Ansprechpartner gefragt." Auch bei Transaktionsmanagern habe die Personalsuche nur kurze Zeit nachgelassen, als Reisen nicht möglich waren. Da Objektbesichtigungen vor Ort aber seit einigen Monaten wieder zugenommen haben, gehe das Buhlen um gute Leute auch hier weiter.

Gefragt sind Bewerber, die Erfahrung mitbringen

Sascha Köneke, Senior Consultant beim Personalberater Westwind, beschreibt gerade bei dieser Berufsgruppe eine Schwierigkeit. "Dafür braucht man Erfahrung. Gefragt sind Kandidaten, die schon etwa drei bis fünf Jahre im Beruf sind", sagt er. Ortskenntnisse und ein gutes Netzwerk seien nun mal die Basis für Transaktionen.

"Zwar kommen jährlich Absolventen von den Hochschulen nach, doch die müssen sich auf dem Markt erst einarbeiten", spricht er von einem langfristigen Problem, das schon vor Ausbruch der Pandemie bestand. Doch gerade während der Lockdowns seien Experten mit Berufserfahrung besonders zaghaft gewesen, wenn es um eine berufliche Veränderung ging. "Normalerweise ist es in der Immobilienbranche nicht unüblich, nach drei bis fünf Jahren den Job zu wechseln, um sich weiterzuentwickeln. Doch diese Wechselbereitschaft fehlte vielen Kandidaten während der Pandemie über Monate hinweg", kennt auch Groß das Problem. Er habe vor allem während der ersten zwölf Monate eine ungewohnte Zurückhaltung gespürt. "In vielen Gesprächen habe ich von Bewerbern zu hören bekommen, dass sie erst einmal abwarten wollen, was die Zukunft bringt. Vielen war ein Wechsel mitten in der Pandemie zu unsicher." Am häufigsten habe er diese Aussagen von Familienvätern und -müttern gehört. Aber auch bei Young Professionals sei die Zurückhaltung im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten gestiegen. So habe es in der gesamten Branche weniger Fluktuation in Positionen gegeben, für die Berufserfahrung Voraussetzung ist.

Bei JLL werden derzeit laut Head of Human Resources Patricia Offermanns vor allem Bewerber für die Bereiche Leasing und Bewertung gesucht. "Diese waren mit ihren Kompetenzen bereits vor der Pandemie besonders begehrt", erklärt sie. BNP Paribas Real Estate gibt an, im kaufmännischen und technischen Property-Management verstärkt nach Personal mit Erfahrung mit Gewerbeimmobilien zu suchen.

Das Baugewerbe hingegen kämpft mit Nachwuchsproblemen, sagt Thomas Reimann, Vorstandsvorsitzender von Alea Hoch- und Industriebau mit Sitz in Frankfurt. "Unverändert leidet die Branche unter dem Fachkräftemangel, insbesondere im gewerblichen Bereich. Dabei handelt es sich um Maurer, Betonbauer und Stahlbetonbauer im Hochbau und Rohrleitungsbauer und Tiefbauer im Tiefbau." In diesem Jahr seien durch einen späten Schulstart und auch durch Verzögerungen und Ungewissheiten während der Corona-Pandemie noch viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Dieser Mangel ziehe auf lange Sicht mit sich, dass die Personaldecke in höheren Qualifikationen eng wird, etwa bei Vorarbeitern und Polieren. "Die Situation um Bauleiter ist angespannt, der Markt spürt aber verstärkt die fertig werdenden Hochschulabsolventen." Das lässt Reimann etwas optimistischer in die Zukunft blicken. "Es sollte in den kommenden fünf Jahren eine leichte Entspannung im Bereich der Ingenieure zu spüren sein", prognostiziert er.

Personalberater Groß kann den Unternehmen auch in anderen Bereichen Hoffnung machen. Er spricht von einer "neuen Dynamik", die seit etwa sechs Monaten wieder zu mehr Einstellungen geführt hat. Die Bewerber seien wieder wechselfreudiger. Einige suchten sogar gezielt nach einer neuen Herausforderung oder holten einen Jobwechsel nach, den sie sich während der Pandemie nicht getraut haben. "Das ist auch gut so, denn durch das lange Zögern hat sich die Nachfrage nach Fachpersonal nur noch weiter erhöht", sagt Groß.

Das mache sich auch bei JLL bemerkbar. "Nach einer kurzen Phase erhöhten Sicherheitsbedürfnisses sind gute Fachkräfte so offen für neue Herausforderungen wie nie", berichtet Offermanns aus ihrer Erfahrung. "Die Pandemie hat Routinen und Gewohnheiten infrage gestellt oder sogar unterbrochen", lautet ihre Erklärung für den Trend. Sie beobachte, dass viele Kandidaten derzeit bereit sind, sich auf neue Aufgaben und Projekte einzulassen, und sagt sogar: "Hier sehen wir eine deutlich höhere Bereitschaft und Offenheit als noch vor der Pandemie."

"Wie sind Sie durch die Pandemie gekommen?"

Doch viele Bewerber wissen um ihre Begehrtheit auf dem Markt und nehmen potenzielle Arbeitgeber genau unter die Lupe. "Kandidaten fragen in Bewerbungsgesprächen sehr oft, wie ein Unternehmen durch die Pandemie gekommen ist", erzählt Groß. Dabei gehe es ihnen nicht nur darum, abzuklopfen, ob ein Arbeitgeber einen langfristigen Arbeitsplatz anzubieten hat. Vielmehr versuchen die Bewerber laut Groß durch diese Frage ein genaues Bild vom aktuellen Stand des Unternehmens zu bekommen. "Wenn die Antwort lautet, dass ein Kurier die Akten zu den Mitarbeitern nach Hause gebracht hat, ist das für viele Bewerber ein Zeichen dafür, dass die Digitalisierung in einem Unternehmen noch nicht sehr weit ist. Als Arbeitnehmer ist das unattraktiv. Damit wird die Frage, wie ein Unternehmen durch die Pandemie gekommen ist, schnell zum Qualitätstest für den Arbeitgeber."

Auch das Thema Homeoffice beherrscht seit Monaten viele Bewerbungsgespräche. Bei Allianz Real Estate habe man sich auf diesen Wunsch schon eingestellt. Den meisten Bewerbern könne man eine Mischung aus Tagen mit Arbeiten von zu Hause aus und dem persönlichen Austausch mit dem Team im Büro anbieten. Das sei zwar auch vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 schon möglich gewesen, die gezielte Frage danach habe aber in den vergangenen 18 Monaten deutlich zugenommen, sagt Steimel.

Für die Facharbeiter aus dem Baugewerbe bei Alea kommt Homeoffice nicht infrage. Doch auch in der Baubranche stellt Reimann fest, dass Bewerber seit der Pandemie genau auf die Rahmenbedingungen bei einem Job achten. "Wichtiger denn je ist dem Arbeitnehmer inzwischen eine geregelte Arbeitszeit", diese sollte nach Wünschen der Kandidaten nicht über 40 Stunden pro Woche liegen. Eine Erklärung dafür hat Reimann auch: "Ein Großteil unserer Arbeitnehmer sind Familienväter und Familie gewinnt wieder mehr an Bedeutung."

Groß rät: "Wenn ein Kandidat auf Homeoffice besteht, sollte er das von Anfang an klarmachen. Umgekehrt sollte ein Arbeitgeber es sagen, wenn er ein Problem damit hat, Homeoffice anzubieten, oder wenn der Geschäftszweck es nicht hergibt." Das Gleiche gelte für Regelungen in Bezug auf flexible Arbeitszeiten. Durch ein Entgegenkommen könnten Arbeitgeber hier inzwischen mehr Bewerber von sich überzeugen als mit hohen Gehaltsschecks.




Janina Stadel

Liebe Leser:innen,

Brigitte Mallmann-Bansa.

Brigitte Mallmann-Bansa.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Christof Mattes

Karriere 27.05.2021
es ist unser täglich Brot, Entscheidungen zu treffen. Geht es um mehr als um Alltagsfragen, sollten wir diejenigen einbeziehen, die die Ergebnisse hinterher ausbaden müssen. Das klingt ... 

es ist unser täglich Brot, Entscheidungen zu treffen. Geht es um mehr als um Alltagsfragen, sollten wir diejenigen einbeziehen, die die Ergebnisse hinterher ausbaden müssen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Ein Lehrstück dazu - im negativen Sinne - ist die Klimapolitik. Die Redewendung "Nach mir die Sintflut" bekommt da mancherorts einen sehr realistischen Beiklang. Und die Versäumnisse der Verantwortlichen bei der Digitalisierung hierzulande zeigen sich durch die Corona-Pandemie deutlich. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind zu Recht wütend.

Viele von ihnen wollen aber nicht jammern, sondern etwas beitragen. Das möchte auch der eigens gegründete "Förderverein der Deutschen Immobilienwirtschaft". Er will Nachwuchstalenten "eine starke, gemeinsame Stimme" verschaffen, "um Innovation, Austausch und Fortschritt in der Branche zu fördern". Damit das nicht nur warme Worte sind, haben die vier Gründer Dominik Talhof, Frederik Walbaum, Michael W. Urmann und Henry Alves das MAT-Netzwerk und den MAT-Award ins Leben gerufen.

MAT steht für Most Aspiring Talent. 30 junge Frauen und Männer, die maximal 30 Jahre alt sind, wurden jetzt von einer Jury ausgewählt, um den Plänen Leben einzuhauchen. Wir stellen Ihnen in diesem Magazin die MATs vor.

Außerdem haben wir uns mit den Personalverantwortlichen der drei Top-Arbeitgeber der Branche JLL, CBRE und Beos getroffen. In einer offenen Runde ging es um deren Wünsche an ihre Mitarbeiter:innen, ihre Unternehmenskultur und das, was sie dem Nachwuchs bieten können.

Unser Magazin "Immobilienkarriere" hat dieses Jahr wie das MAT-Netzwerk Premiere. Und wie bei den MATs, deren nächste Ausschreibung im Herbst beginnt, soll auch diese Ausgabe nur der Anfang sein: Das Magazin soll Sie jährlich mit Informationen versorgen und eine feste Größe in der IZ-Welt werden.

Ihre

Brigitte Mallmann-Bansa

Chefredakteurin Immobilien Zeitung

Brigitte Mallmann-Bansa

Es geht um mehr als nur Immobilien - Die Ansprüche von Arbeitgebern und Kandidaten wachsen

Die Gesprächspartner der Top-Arbeitgeberrunde in der Redaktion der Immobilien Zeitung: Harald Thomeczek, IZ, Brigitte Mallmann-Bansa, IZ, Anita Thelen, JLL, Mike Schrottke, CBRE, und Holger Matheis, Beos.

Die Gesprächspartner der Top-Arbeitgeberrunde in der Redaktion der Immobilien Zeitung: Harald Thomeczek, IZ, Brigitte Mallmann-Bansa, IZ, Anita Thelen, JLL, Mike Schrottke, CBRE, und Holger Matheis, Beos.

Quelle Immobilien Zeitung, Urheber: Alexander Sell

Karriere 27.05.2021
Sich nur mit Immobilien auszukennen, reicht nicht mehr. Immobilienunternehmen suchen zunehmend digitale Köpfe, die gern Immobilienwissen mitbringen dürfen - aber nicht müssen. Nur mit ... 

Sich nur mit Immobilien auszukennen, reicht nicht mehr. Immobilienunternehmen suchen zunehmend digitale Köpfe, die gern Immobilienwissen mitbringen dürfen - aber nicht müssen. Nur mit Immobilien Geldverdienen zu wollen, reicht allerdings auch nicht mehr. Mitarbeiter:innen und Kandidat:innen fordern von den Arbeitgebern einen gesellschaftlichen Beitrag ein. Innovationsfähigkeit, Freiraum neben dem Beruf und Flexibilität bei der Gestaltung des Jobs - damit gilt es sich für beide Seiten auseinanderzusetzen.

"Wir setzen zunehmend auf digitale, datengetriebene Geschäftsmodelle und versuchen, unsere Leasing-Struktur durch eine stärkere Digitalisierung zu unterstützen", sagt Anita Thelen. Deshalb sucht JLL datenaffine Mitarbeiter und schaut sich in Proptechs und anderen Digitalunternehmen nach den passenden Köpfen mit den nötigen Skills um, "die uns bisher mitunter gefehlt haben". Thelen ist seit Mai 2020 Chief Human Resources Officer (CHRO) Central Europe von JLL. Während sie redet, schaut Thelen auf Mike Schrottke und Holger Matheis herab. Das bringt das Setting der Diskussionsrunde im Besprechungsraum der Immobilien Zeitung (IZ) so mit sich.

Die drei Personalverantwortlichen sind auf Einladung der IZ zur ersten Top-Arbeitgeberrunde zusammengekommen. Schrottke, Head of People von CBRE Germany, und Matheis, Vorstand des Projektentwicklers Beos, belegen mit ihren Unternehmen im IZ-Arbeitgeberranking die Plätze 2 und 3, Thelen vertritt - quarantänebedingt per Bildschirm - den Dauersieger der vergangenen Jahre JLL.

Es braucht datenaffine Menschen

Auch Schrottke sieht ganz neue Kandidatenprofile in die Personalakquise klassischer Immobilienunternehmen einziehen. Für ihn ist der Gedanke, dass Datenspezialisten die Fachabteilungen bei ihrer Arbeit unterstützen, nicht neu: "Auch bei uns spielt das Thema effizientes Data Management eine immer wichtigere Rolle." Das Sammeln und Analysieren von Daten soll Kunden z.B. Miet- oder Kaufentscheidungen erleichtern. Die Auswertung von Daten effizienter zu machen, ist dabei der Job von Spezialisten, die gelernt haben, in komplexen Prozessstrukturen zu denken. Sie bauen Datenbanken auf und entwickeln diese weiter. CBRE hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, Teams rund um Digital Innovation, Digital Advisory und Data Management aufzustellen. Abgeschlossen ist diese Entwicklung aber noch lange nicht: "Wir werden das ist den nächsten Jahren weiter ausbauen", kündigt der Chefpersonaler von CBRE an.

Technologie in allen Geschäftseinheiten

Für den Berliner Projektentwickler und Asset-Manager Beos ist Digitalisierung längst Alltag. "Mit unserem Digital Solutions Team optimieren wir bereits seit Jahren sämtliche Bereiche", sagt Vorstandssprecher Holger Matheis. Als Beispiel nennt er "Beos in a pocket", eine Datenbank auf Basis des Microsoft-Tools Power BI zur Darstellung des gesamten Beos-Immobilienportfolios "und perspektivisch auch zur Projekt- und Fondsplanung". Der Einsatz von Technologien zieht sich durch alle Geschäftseinheiten und -prozesse hindurch, betont Matheis. "Umso wünschenswerter ist auch bei neuen Mitarbeitenden entsprechendes Know-how und die Affinität zu innovativen Tools, die zum einen die Effizienz steigern, zum anderen aber auch mehr Transparenz schaffen. Unabhängig davon, ob sie im Asset-Management, in der Projektentwicklung oder im Finance-Bereich tätig sind."

Die Konkurrenz wird größer

Den Eindruck, dass es anscheinend gar keine Immobilienspezialisten mehr braucht, wehren die drei Personalverantwortlichen mit einem Lachen ab. "Hochqualifizierte Absolventen von Immobilienstudiengängen haben immer noch den gleichen Stellenwert für uns - aber unser Blickfeld ist weiter und die Suchfelder sind breiter geworden", erklärt Thelen.

Mit anderen Worten: Die Konkurrenz für Absolventen mit Immobilien-Know-how wächst. Beim Immobiliendienstleister JLL gilt zudem: Angesichts seiner Beliebtheit beim Nachwuchs kann er es sich leisten wählerisch zu sein und sich die oberen 10% herauspicken. JLL steht seit neun Jahren an der Spitze des IZ-Arbeitgeberrankings, für das Studierende immobilienwirtschaftlicher Fächer alljährlich ihren persönlichen Top-Arbeitgeber benennen.

Doch die Bedürfnisse der Arbeitsuchenden verändern sich ebenfalls, stellt sich heraus. Für viele jüngere Kandidaten ist es heute selbstverständlich, dem Unternehmen selbstbewusst Gegenfragen zu stellen. Ein Punkt ist die Work-Life-Balance, wie Matheis berichtet. Er erzählt, dass er in den vergangenen zwei, drei Jahren des Öfteren von Absolventen den Satz gehört hat: "Übrigens, Freitag werde ich nicht arbeiten."

Der Beruf ist nur noch ein Baustein des Leben

Jüngere wollen neben dem Job eigene Projekte verwirklichen, ist Matheis‘ Beobachtung. "In unserer Generation war es überhaupt nicht denkbar zu sagen: Der Beruf ist nur ein Baustein des Lebens - und das schon zum Einstieg!", gesteht der Beos-Chef mit einiger Verwunderung. Doch er betont: "Es ist ja nicht so, dass ich die nicht einstellen würde!" Allerdings: "Diejenigen, die die Fackel tragen, die ein Projekt mit ihrer ganzen Passion tragen, die braucht's halt auch, und die gibt‘s auch immer noch." Zum Glück, da ist sich die Arbeitgeberrunde einig.

So sehr Matheis gesundes Selbstbewusstsein schätzt: Realismus ist ebenso gefragt, z.B. in der Gehaltsverhandlung. "Den Herren der Schöpfung muss man manchmal klarmachen, dass sie den Bogen nicht allzu sehr überspannen sollten", so der Beos-Manager. Die von vielen Absolventen nach dem Studium aufgerufenen Einstiegsgehälter von 50.000, 60.000 Euro überraschen zwar keinen der Personalverantwortlichen. Doch manche Nachwuchskräfte sehen ihren Marktwert bei 80.000, 90.000 Euro, berichtet Matheis. "Da fehlt das Verständnis davon, was jemand zum Einstieg bringen kann. Das passt nicht ins Gehaltsgefüge. Die Leute müssen die ersten zwei Jahre lernen, ehe sie große Sprünge machen können."

Dafür hilft Matheis Bewerberinnen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen, andersherum auf die Sprünge, selbst wenn ihn das mehr kostet. "Frauen muss man manchmal ermutigen, manchen muss man sagen: Pass auf, du bringst das mit, du bringt das mit und bringst das mit - stell dich doch einfach hin und sag: Das ist meine Forderung, das hast du verdient! Und dann sind das halt nicht 3.500, mit denen du einsteigst, sondern 4.000 Euro. Das bist du wert."

Die Erlebnisse von Thelen, Schrottke und Matheis ähneln sich, wenn sie von ihren Gesprächen mit Nachwuchskräften, die sie übrigens durchweg duzen dürfen, erzählen. Sie bestätigen sich gegenseitig: Junge Menschen interessieren sich dafür, welchen Beitrag Immobilienunternehmen im Kampf gegen den Klimawandel leisten, ob sie der Gesellschaft, in und mit der sie Geld verdienen, auch etwas zurückgeben, woher das Geld kommt und wohin es fließt. Das allumfassende Stichwort dazu: ESG.

Die Frage lautet immer öfter: Was ist Euer Beitrag?

Die (Immobilien-)Unternehmen entkommen hier den hohen Ansprüchen des Nachwuchses nicht. "Ihr schreibt euch doch ESG auf die Fahnen. Zeigen Sie mir doch mal ein soziales Projekt, das Beos angeht", hat Matheis Kandidaten in Vorstellungsgesprächen schon sagen hören. Die Jungen fordern aber nicht nur, sie packen durch die Bank auch kräftig und freiwillig mit an, wenn es an die Umsetzung von sozialen oder Umweltprojekten geht, freut sich Matheis über den Veränderungswillen.

Ein solcher Druck von außen kann nicht schaden, findet JLL-Personalchefin Thelen. "Die Innovationsfähigkeit, sich permanent neu zu erfinden, ist im Real Estate-Bereich ausbaufähig", sagt Thelen, selbst Newcomerin in der Immobilienbranche, mit erstaunlicher Offenheit und einem Lächeln auf den Lippen. War sie doch vor ihrem Einstieg bei JLL 2020 viele Jahre in der Lebensmittel- und der Dermatologie-Sparte des Schweizer Großkonzerns Nestlé tätig.

"Früher hatten Mitarbeiter weniger Interesse von einem in den anderen Bereich zu wechseln", konstatiert Thelen. Weil manche Sparte jedoch unter Corona leidet, z.B. Retail, während andere wie etwa Logistik sogar Auftrieb erhalten, "wurden Kollegen darin bestärkt ihren Karrierepfad in einer anderen Abteilung fortzusetzen. Wir haben den Mitarbeitern gesagt: Wir wollen euch entwickeln und neue Möglichkeiten aufzeigen." Dank der Überzeugungsarbeit, die die Führungskräfte geleistet hätten, seien interne Wechsel gelungen.

Es ist mehr Wille zur Veränderung nötig

JLL hat sich Anfang 2021 in Deutschland strategisch neu aufgestellt, mitten in der - dem Hörensagen nach auch, aber nicht nur - coronabedingten Krise. "Der Immobilienbranche ist es viele Jahre sehr gut gegangen, sodass wenig Veränderungsdruck herrschte", stellt Thelen fest. Wenn man wie sie selbst in Unternehmen aus krisenerprobten Branchen gearbeitet habe, "dann arbeite man anders, weil man wisse, dass die Firma ohne Innovation irgendwann nicht mehr existiere".

Angesprochen auf die Kurzarbeit, die von April bis August 2020 bei JLL angeordnet war, versichert Thelen: "Die Budgetplanung für 2021 war wieder deutlich progressiver. Wir stellen ein, auf allen Levels und in allen Business-Lines." Sie beziffert die budgetierten Neueinstellungen im laufenden Jahr auf eine Zahl im "hohen zweistelligen Bereich, vom Berufseinsteiger bis zum erfahrenen Mitarbeiter".

Wir stellen ein: auf allen Ebenen, in allen Segmenten

Schrottke kann das unterschreiben: "2020 waren wir etwas zurückhaltender bei Neueinstellungen. Wir haben geschaut, wie unser Geschäft beeinflusst wird und wie sich die Branche verändert - das ist jetzt klarer, darum können wir auch wieder mehr rekrutieren." Gerade sind in Deutschland um die 60 Jobs bei CBRE frei. Am Jahresende, schätzt er, werden sie in einem "hohen zweistelligen Bereich" Kolleginnen und Kollegen rekrutiert haben (inklusive Wiederbesetzungen).

Beos-Manager Matheis ist gar nie auf die Bremse getreten. Es gab bei Beos keinen Einstellungsstopp: "Klar stellen wir auch mit Corona ein, über alle Segmente, auch Absolventen und Young Professionals." Selbst bei Praktikanten hat Beos wegen Corona nicht die Reißleine gezogen - anders als andere Unternehmen. Dieses Jahr will Matheis um die 30, 40 neue Leute an Bord holen - bei derzeit rund 230 Mitarbeitern insgesamt.

Beim Blick auf die durch die Pandemie veränderte Arbeitswelt herrscht große Einigkeit: Eine Rückkehr in den Status quo ante wird es nicht geben. Bei CBRE gilt ohnehin schon lange die Regelung, dass die Mitarbeiter 20% ihrer Arbeitszeit mobil arbeiten dürfen. Das ließ den Führungskräften allerdings einen gewissen Interpretationsspielraum, weshalb das eine oder andere Gespräch nötig wurde. Vor dem Hintergrund des längsten Remote-Experiments der Geschichte wurden die Mitarbeiter von CBRE hierzulande jetzt gefragt, wie sie sich künftig die Verteilung ihrer Arbeitszeit vorstellen. Die Auswertung ist noch nicht abgeschlossen.

JLL ist da einen Schritt weiter. Thelen kennt schon die Ergebnisse einer internen Mitarbeiterbefragung genau zu diesem Thema. Sie lässt sich nicht allzu lange bitten und verrät: Zwei Tage die Woche wollen die JLLer:innen in Deutschland im Durchschnitt in Zukunft mobil arbeiten. Wobei die Herren sich ein bis zwei Tage wünschen und die Damen zwei bis drei.

Schrottke schwebt für CBRE ein Idealzustand jenseits fester Quoten vor. Er plädiert für eine Regelung, die sich vor allem an tätigkeits- und ergebnisbezogenen Aspekten orientiert. Mit viel Freiraum müsse aber auch verantwortungsbewusst umgegangen werden: "Wer mehr als einen Tag die Woche zuhause arbeiten will, muss mit Führungskraft und Team klären, wie das möglich ist und wie die Produktivität einzelner und des Teams aufrecht erhalten werden kann."

Direkter Austausch versus komplett digital

Für Matheis "gehört Homeoffice einfach zum guten Ton. Wenn man ein hohes Maß an Selbstverantwortung verlangt, sollte das doch selbstverständlich sein." Komplett zuhause arbeiten, das wollen die Kollegen aber nicht, das weiß er aus Gesprächen im Team. Derzeit gilt bei Beos - wie bei anderen Unternehmen der Swiss-Life-Gruppe - für die Bürobelegung eine Obergrenze von 10%. Das bedeutet z.B. fürs Berliner Headquarter: Nur 13 von 130 Mitarbeitern dürfen da sein. "Der informelle Austausch fehlt, wenn der Property-Manager, der Asset-Manager und die Zentralfunktionen, die an einem Projekt beteiligt sind, nicht mehr an einem Tisch zusammenkommen", klagt Matheis.

Trotz eines zustimmenden Nickens hält Schrottke dem entgegen: "Jetzt rekrutieren wir schon ein Jahr lang voll digital, und wir haben dabei gute Mitarbeiter gefunden; das Onboarding funktioniert auch." Künftig soll die Besetzung bei der Mehrzahl der Stellen "hybrid" erfolgen: zunächst digitale Erstgespräche, gefolgt von persönlichen Gesprächen. "Bei manchen Positionen werden wir im Recruiting und Onboarding aber auch komplett digital bleiben." Er geht sogar noch weiter: "Ein Berliner Team muss nicht zwingend immer jemanden in Berlin einstellen", sagt er mit Blick auf einen "Neuen", der für eine Abteilung in der Hauptstadt engagiert wurde - obwohl er bei Stuttgart wohnen bleibt. Der Mitarbeiter dockt einfach am Stuttgarter Büro von CBRE an.

Mehr Möglichkeiten und mehr Anforderungen

Schrottkes Beispiel reiht sich ein in die Schilderungen der drei Personaler, die zeigen: Es gibt mehr Möglichkeiten für Mitarbeiter:innen und für solche, die es noch werden wollen. Dafür gibt es aber auch mehr Konkurrenz. Der Blickwinkel beim Recruiting ist breiter geworden. Know-how in Sachen Daten und Digitalisierung ist gefragter denn je, eine immobilienspezifische Ausbildung kann zu wenig sein. Im Gegenzug dürfen die Kandidaten von den Immobilienunternehmen mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort fordern, schon im Vorstellungsgespräch selbstbewusst auftreten und verantwortungsvolles Handeln einfordern. Kommt noch Innovationsfähigkeit hinzu, ist die Mischung perfekt. Auf beiden Seiten heißt es also: Wir wollen mehr als nur Immobilienbusiness.

Brigitte Mallmann-Bansa,Harald Thomeczek

Die Absolventen bleiben bei der Jobwahl selbstbewusst

Studierende auf Jobsuche achten bei möglichen Arbeitgebern wegen der Corona-Krise nun auf andere Details.

Studierende auf Jobsuche achten bei möglichen Arbeitgebern wegen der Corona-Krise nun auf andere Details.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Artem

Karriere 23.07.2020
Die Immobilienbranche ist in der Corona-Krise - im Vergleich zu anderen Branchen - bisher mit einem blauen Auge davongekommen. Studierende immobilienwirtschaftlicher Fachrichtungen bereuen ... 

Die Immobilienbranche ist in der Corona-Krise - im Vergleich zu anderen Branchen - bisher mit einem blauen Auge davongekommen. Studierende immobilienwirtschaftlicher Fachrichtungen bereuen jedenfalls nicht, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Die eine oder andere Assetklasse ist in der Gunst des Nachwuchses allerdings gesunken.

Das Angebot für Absolventen ist nicht mehr ganz so üppig. So manche Firma hat Stellenausschreibungen auf Eis gelegt und besetzt nur nach, was unbedingt nötig ist. Trainee-Programme wurden im Frühjahr mitunter gestoppt oder, sofern erst für den Herbst geplant, zumindest mit einem dicken Fragezeichen versehen. Der Grund ist noch nicht mal unbedingt, dass es so schlecht läuft. Es ist vielmehr die große Ungewissheit, der sich vor allem Handelsimmobilien ohne Lebensmittelanker, Hotels und Bürogebäude ausgesetzt sehen. Und mit ihnen die Unternehmen, die sie bauen, managen und vermitteln. Maklerhäuser wie Avison Young, NAI apollo, Colliers, Savills, JLL oder BNP Paribas Real Estate führten Kurzarbeit ein. Erzählungen von nicht verlängerten Probezeiten oder gar Kündigungswellen, abgebrochenen Assessment-Centern und gekündigten Werkstudenten machen die Runde.

Mark Spangenberg, COO bei CBRE in Deutschland, beteuert jedoch: "Einen klassischen Einstellungsstopp hatten wir nicht." Und Personalchef Mike Schrottke ergänzt: "Wir haben uns mit dem Thema Kurzarbeit beschäftigt. Es steht aber nicht im Vordergrund. Sowohl das Management als auch unsere Mitarbeiter in den betroffenen Bereichen haben freiwillig auf Gehalt verzichtet und zusätzlich ihren Resturlaub, größtenteils auch ihre Überstunden abgebaut."

Spuren hinterließ das Coronavirus dennoch auch bei CBRE. "Wir schauen noch etwas genauer hin, wo die Bedarfe im Unternehmen sind", gibt Spangenberg zu. Er präzisiert: "Wir sehen in einigen Bereichen Rückgänge, etwa im Retail Leasing und im Hotelsegment gibt es negative Einflüsse. Dort sind wir zurzeit mit Neueinstellungen vorsichtiger." Dafür läuft es beispielsweise im Bereich Industrial & Logistics weiter sehr gut. "Dort gewinnen wir aktuell Marktanteile und haben zuletzt auch verstärkt eingestellt", berichtet Spangenberg. Im Bürobereich laufen alle großen Mandate weiter, heißt es. Das Fazit der Führungskräfte für CBRE Germany: "Im europäischen Vergleich mit anderen Ländergesellschaften kommen wir wohl glimpflich davon." Mangels Glaskugel müssen Spangenberg und Schrottke beim Blick in die Zukunft allerdings orakeln: "Fraglich sind allerdings die Auswirkungen der Rezession und der Entwicklung im Jahr 2021."

Den Studierenden sind die kleinen und großen Einschläge in bestimmten Assetklassen und bei bestimmten Geschäftsmodellen nicht verborgen geblieben. Das gilt auch für die selektivere Einstellungspolitik einiger Unternehmen. Sie sind aber fest davon überzeugt, dass sich die Corona-Pandemie langfristig nicht negativ auf ihre berufliche Laufbahn auswirken wird - und würden sich, wenn sie wieder vor der Wahl stünden, noch einmal für die Immobilienwirtschaft entscheiden.

"Selbstverständlich tangiert die Corona-Krise auch die Immobilienbranche, einige Bereiche durchaus mehr als andere, und es bestehen gewisse Risiken", sagt Farina Lutz, die als selbstständige Immobilienmaklerin tätig ist und an der Hochschule Biberach studiert. "Dennoch hat diese Branche meiner Meinung nach Zukunft und ein enormes Potenzial, weshalb ich meine Entscheidung, diesen Weg eingeschlagen zu haben, nicht bereue", meint sie stellvertretend für viele andere.

Im Branchenvergleich ist die Immobilienwirtschaft in der Corona-Zeit in der Gunst des Nachwuchses sogar gestiegen. Auch weil der Anlagedruck der Investoren sich nicht einfach in Luft aufgelöst hat. Immobilien gelten jetzt noch mehr als sicherer Hafen. Selbst coronabedingte schlechte Nachrichten lassen meist keine Zweifel aufkommen. Ein Beispiel: Der Wohnungsentwickler Instone kassierte die Prognose für 2020 und stellte den Vertrieb eines Projekts in Augsburg aufgrund stockender Nachfrage ein. Schon abgeschlossene Kaufverträge hat er rückabgewickelt. Ein Bachelorstudent von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Holzminden, der Instone in der Arbeitsmarktumfrage 2020 der Immobilien Zeitung (IZ) als Wunscharbeitgeber Nummer eins angegeben hat, bleibt bei seiner Wahl: "Instone hat die Entscheidungen in meinen Augen plausibel begründet, weswegen sich meine Wahrnehmung auf das Unternehmen nicht geändert hat."

"Logistikimmobilien hatte ich vor Corona nur latent auf dem Schirm"

Das mag an der Assetklasse liegen: Wohnen steht mehr denn je für Sicherheit. Andere Nutzungsarten haben einen schwereren Stand: "Vor allem die Assetklassen Retail und Hotel würde ich definitiv als kritischer ansehen, da diese durch die Corona-Krise stark gelitten haben bzw. immer noch stark leiden", sagt Amira Hollweg, die Immobilienmanagement im Master an der HAWK studiert. Handel ist natürlich nicht gleich Handel: "Vor Probleme gestellt werden vor allem Einzelhandelsimmobilien abseits der Ia-Lagen und Shoppingcenter", weiß Masterstudent Mario Sterl von der Universität Regensburg (Irebs). Für Sarah Schwarz ist klar: "Für mich kommt der Lebensmitteleinzelhandel an erster Stelle, da er grundsätzlich systemrelevant war und als Gewinner aus der Krise gehen wird." In der IZ-Umfrage hatte die junge Frau, die im vierten Mastersemester Humangeographie mit dem Schwerpunkt Raumplanung, Raumentwicklung und Raumkonflikte an der WWU in Münster studiert, noch CBRE als ihren Favoriten angegeben. Doch mit der Krise hat sich ihr vorheriger Zweitkandidat Lidl vor den Immobiliendienstleister geschoben.

"Bei Hotels mitzumischen, stelle ich mir äußerst spannend vor"

Hotels haben weiter ihre Fans. Obgleich die Hotellerie wegen des Lockdowns schwer zu kämpfen hat - für Immobilienspezialisten eröffnen sich durch die Umwälzungen, die dem Hotelmarkt prophezeit werden, Chancen. Da ist sich Julius Range, der ebenfalls an der Irebs studiert, sicher: "Hier wird es Insolvenzen geben, die den Markt mit Hotelimmobilien fluten könnten. Die Markenhotellerie wird noch mehr an Einfluss gewinnen. Die Bewertung von Hotelimmobilien wird höhere Risiken einkalkulieren, und die Pachtverträge werden an Krisen angepasst werden müssen. Dort mitzumischen, stelle ich mir äußerst spannend vor." Ein anderer Regensburger Irebs-Student hat gar eine neue Immobilienart für sich entdeckt: "Mich reizen Einblicke in Logistikimmobilien, die ich vor der Corona-Krise nur sehr latent auf dem Schirm hatte."

Und dann ist da noch der Büromarkt, dem viele einen gewaltigen Wandel voraussagen: "Der Bereich Office wird sich bestimmt durch die neuen Möglichkeiten des Homeoffice stark verändern, und ich bin gespannt, wie sich diese Entwicklung weiter fortsetzen wird. Deswegen schaue ich auch auf Investmentunternehmen und hinterfrage deren Strategien seit Corona intensiver", erzählt Hollweg. Bei vielen der Studierenden wecken die möglichen Umwälzungen im Bereich Büro besonderes Interesse. Masterstudent Sterl ist sich sicher: "Die Büroimmobilie wird neu gedacht werden, und digitale Lösungen bekommen einen Schub, sodass sich Smart-Office-Solutions schneller am Markt etablieren könnten." Sterl sollte es wissen: Seine Masterarbeit schreibt er über die Wirtschaftlichkeit intelligenter Büroobjekte.

"Wer schlagartig viele Studierende vor die Tür setzt, verliert an Ansehen"

Bei den Nachwuchskräften verloren haben vor allem Unternehmen außerhalb der Immobilienbranche - die durch den Shutdown oft heftigere Einschnitte zu verkraften hatten als die meisten Immobilienunternehmen. "Automobilhersteller fallen aktuell als Arbeitgeber für mich weg. Vor Corona konnte ich mir das gut vorstellen", sagt Tim Hackenberg, der dieses Jahr seinen Bachelorabschluss in Immobilienwirtschaft an der HfWU Nürtingen-Geislingen macht. Bei Range hat der Umgang mit dem Lockdown die Sicht auf zuvor favorisierte Arbeitgeber negativ beeinflusst. "Bosch und Daimler, die ich zusammen mit Art-Invest angegeben habe, haben auf einen Schlag eine große Anzahl an Praktikanten und Werkstudenten vor die Tür gesetzt. Das halte ich nicht für nachhaltig. Diese Unternehmen haben bei mir an Ansehen verloren." In der Gunst von Alexandra Hell sind insbesondere Unternehmen gesunken, die sich gegenüber ihren Vermietern nicht korrekt verhalten haben: "Es kursierten ja Schlagzeilen, dass manche Großfirmen in der Corona-Krise keine Miete mehr zahlen wollten. Das finde ich überhaupt nicht gut."

Harald Thomeczek