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Baufirmen kämpfen hart um gute Leute

Sebastian Wirbals, Personalleiter der List-Gruppe, schaltet beim Thai-Boxen von seinem stressigen Job ab.

Sebastian Wirbals, Personalleiter der List-Gruppe, schaltet beim Thai-Boxen von seinem stressigen Job ab.

Quelle: List-Gruppe

Karriere 18.04.2019
Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, doch das Personal zum Abarbeiten ist knapp. Inzwischen hat sich die Situation am Bau laut Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen so zugespitzt, ... 

Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, doch das Personal zum Abarbeiten ist knapp. Inzwischen hat sich die Situation am Bau laut Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen so zugespitzt, dass "die Baukonjunktur im Inland durch den verstärkten Fachkräftemangel im Bau- und Ausbaugewerbe signifikant (aus-)gebremst zu werden droht". Die Baufirmen strecken sich gewaltig, um passendes Personal zu finden.

Die Strabag-Tochter Ed. Züblin brauchte im Jahr 2017 im Schnitt 151 Tage, um eine Stelle in Deutschland zu besetzen. "Wohlgemerkt: Dann ist der Mitarbeiter noch nicht da. Die Kündigungsfrist kommt noch obendrauf", konstatiert Anne Di Roberto, Gruppenleiterin HR Development bei Züblin. Di Robertos Wunschvorstellung: eine Vakanz in ein bis zwei Monaten zu füllen. "Aber so schnell kriegen wir normalerweise niemanden."

Züblin fing erst 2017 damit an, in Deutschland Vakanzzeiten für Bau- oder Projektleiter, Angebotskalkulatoren oder Poliere zu messen, weil sich die Nachbesetzungszeiten spürbar verlängert hatten. "Seit zwei, drei Jahren merken wir, dass das mit dem Fachkräftemangel nicht nur ein Thema in den Medien ist." Für 2018 liegt noch keine Auswertung vor.

Dafür hat Di Roberto noch zwei Zahlen für 2017 parat. Die erste: 1.054. So viele Stellenanzeigen schaltete Züblin im vorvergangenen Jahr. Die zweite: rund 11.000. So viele Bewerbungen erhielt das Unternehmen. Rund zehn Kandidaten pro Stelle - das klinge vielleicht auskömmlich, sei es aber nicht, betont Di Roberto: "Für einige kaufmännische Stellen bekommen wir viele Bewerbungen. Dafür gibt es viele technische Jobs, wo wir nur sehr wenige Bewerbungen bekommen."

Eine Besetzung innerhalb von acht Wochen - dieses Kunststück gelingt Sebastian Wirbals, Personalleiter der List-Gruppe, des Öfteren. "Einen Großteil der Stellen besetzen wir tatsächlich grob gesagt innerhalb der ersten zwei Monate." Doch Wirbals spricht nicht nur vom Bau. Die List-Gruppe betätigt sich außer als Generalübernehmer im Schlüsselfertigbau u.a. auch in der Projektentwicklung und -steuerung sowie in den Bereichen Technische Gebäudeausrüstung und BIM-Beratung. Wirbals räumt ein: "Da ist das Spektrum der Berufsbilder so groß, dass wir den Fachkräftemangel in sehr unterschiedlichen Auswirkungen zu spüren bekommen."

Nirgendwo muss der List-Personaler so kämpfen wie im Baugeschäft. "Vor allem die Besetzung von Projekt- und Baustellenleitern gelingt nicht immer auf Anhieb", gesteht er. Hier gehe es um sehr erfahrene Bauprofis, die ein Höchstmaß an Verantwortung übernehmen sollen. "Der Kreis der Personen, der hierfür infrage kommt, ist sehr klein und sehr begehrt" - und in Zeiten wie diesen schon in festen Händen.

Der österreichische Baukonzern Porr tut sich in Deutschland besonders schwer, "Stellen mit signifikanter Praxiserfahrung im Bereich Bauleitung und Kalkulation" zu besetzen. Da der Markt mit Blick auf erfahrene Mitarbeiter "recht umkämpft" ist, sei es eine Herausforderung, wechselwillige Bewerber zu finden. Die "ungefähre" Suchzeit gibt Porr-CEO Karl-Heinz Strauss mit "einem bis vier Monaten" an, "bei Kalkulatoren kann es auch etwas länger dauern". In Deutschland hat Porr zurzeit rund 100 Stellen offen. Vakante Stellen gibt es vor allem im Bereich Bau- und Projektleitung sowie in der Arbeitsvorbereitung und der Kalkulation.

Laut Arbeitsmarktreport 2019 des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) brauchen 61% der Bauunternehmen länger als zwei Monate, um eine offene Stelle zu besetzen. Nur 12% der Baufirmen werden innerhalb dieses Zeitraums problemlos fündig. Das Zahlenfundament für den vielzitierten Fachkräftemangel am Bau liefert die Bundesagentur für Arbeit (BA). Die BA sieht tatsächlich bei immer mehr Bauberufen einen Engpass. Bei Meistern im Hochbau z.B. beträgt die Vakanzzeit 187 Tage und liegt damit 66% über dem Durchschnitt aller Berufe. Die Arbeitslosenquote liegt bei verschwindend geringen 1,1%, und auf 100 offene Stellen kommen gerade mal 79 Arbeitslose. Damit sind die Kriterien der BA für einen offiziellen Engpass weit übererfüllt.

Bei Bauingenieuren erkannte die BA bei ihrer Fachkräfteengpassanalyse im Dezember 2018 einen Engpass. Im Juni 2018 war das noch nicht der Fall. Wie paradiesisch die Zustände für Kandidaten mit einem Abschluss in Bauingenieurwesen sind, zeigt der Ingenieurmonitor des VDI Vereins Deutscher Ingenieure und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln von Januar 2019. Demnach konnten im dritten Quartal 2018 - rein rechnerisch - bundesweit 100 Arbeitslose aus 572 offenen Stellen für Ingenieure im Baubereich wählen.

Auch für Di Roberto ist es eine Herausforderung, Bauingenieure zu finden, vor allem erfahrene im Alter von 35 bis 45 Jahren. In diesem "Mittelbau" sei der Markt besonders umkämpft. Auch List-Personalleiter Wirbals muss sich gewaltig strecken, will er Kollegen "mit einem großen Erfahrungsschatz" an Bord holen. Dabei lässt er nichts unversucht. Er fischt nach Studienabbrechern und Quereinsteigern aus dem Handwerk und versucht, sie mit einer Weiterbildung fit für eine Tätigkeit als Baustellenleiter zu machen. Er bittet Kollegen aus dem operativen Geschäft um Empfehlungen und umgarnt Wunschkollegen. Den einen oder anderen Bauingenieur hat er so schon gefunden ("List umwirbt Wunschkollegen mit Geschenken", IZ 3/2019).

Bei gewerblichen Baufacharbeitern hat sich der Arbeitsmarkt letztes Jahr gedreht. Lag die Zahl der arbeitslosen Baufachkräfte laut dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie bis April 2018 deutlich über der entsprechenden Zahl der offenen Stellen, kehrte sich das Verhältnis seither um: Im November 2018 kamen auf 15.300 offene Stellen nur noch 13.000 Arbeitslose. Porr reagiert auf das ausgedünnte Angebot an Facharbeitern laut CEO Strauss so: "In Deutschland wird die gewerbliche Ausbildung wieder ausgebaut." Porr bildet seit diesem Jahr z.B. in München und Düsseldorf Beton- undStahlbetonbauer aus, in München zusätzlich Maurer.

Unbestritten, die Bauunternehmen müssen in der Personalbeschaffung ein größeres Rad drehen als früher. Doch dauerhaft unbesetzt bleiben Stellen allenfalls im Ausnahmefall: "Im Grunde schaffen wir es immer, einen sehr gut qualifizierten Mitarbeiter für eine offene Position zu bekommen. Es dauert nur länger als früher, und der Aufwand ist deutlich größer", sagt Bernd Hautz, Personalleiter bei Wolff & Müller. Bei Georg Bechtold, Gesamtpersonalleiter bei der Unternehmensgruppe Diringer & Scheidel aus Mannheim, klingt das ähnlich: "Die Problematik besteht für uns weniger darin, geeignete Arbeitskräfte zu finden. Die Besetzungsdauer in einer Bauboom-Phase ist jedoch spürbar länger."

Hinzu kommt: Die Unternehmen wollen es mit dem Aufbau der eigenen Belegschaft nicht übertreiben und fahren lieber auf Sicht - man weiß ja nie, wann der Wind auf dem Immobilienmarkt sich wieder dreht. Und wenn es so weit ist, will keine Firma zu viele Leute auf der Payroll haben, vor allem gewerbliche. In der Baubranche ist der temporäre Zukauf von Arbeits- und Leistungskapazitäten fast schon traditionell ein wichtiger Teil der Personalstrategie. Die List-Gruppe z.B. beschäftigt schon lange keine Bauarbeiter mehr.

Dieses Vorgehen macht Baufirmen "flexibel hinsichtlich des aktuellen Bedarfs an gewerblichem Personal" und gibt ihnen "auch die notwendige Flexibilität hinsichtlich des Einsatzorts", erläutert Bechtold. "Sicherlich", räumt er ein, "wäre bei der derzeitigen Auftragslage das Risiko einer Nichtauslastung von eigenem Personal weniger gegeben. Zu Zeiten normalen Nachfrageverhaltens ist jedoch die Kalkulation mit Subunternehmerkosten immer planbarer und dem Markt angepasster als mit eigenem Personal."

Die ersten Wolken ziehen schon auf. Im Bauboom müssen die Firmen in ihrem Bemühen, qualifiziertes Personal aufzustocken, vielleicht in Kauf nehmen, dass sie auch weniger gut qualifizierte Arbeitskräfte einstellen und diese dann fit für den Job machen. Doch "gleichzeitig prognostizieren Analysten bereits einen Rückgang der Aufträge in den kommenden Jahren im Bereich Industrie und Wirtschaft. Aus gutem Grund agieren Bauunternehmen also vorsichtig", erklärt Bechtold.

Doch das ist Zukunftsmusik. Stand heute sind die Firmen froh um jeden halbwegs passenden Mitarbeiter, der kommt - oder nicht geht: "Wegen der hohen Baukonjunktur können einerseits nicht alle offenen Stellen (zügig) besetzt werden, andererseits steigt die Abwerbung von Arbeitskräften im Bauhauptgewerbe rasant an", schreiben die Immobilienweisen im aktuellen Frühjahrsgutachten.

Wirbals gibt zu: "Ohne das passende Gehalt bewegt man keinen seiner Wunschkandidaten zu einem Wechsel oder auch zum Verbleib im Unternehmen." Hautz wird deutlicher: "Geld spielt eine Riesenrolle." (Siehe auch "Leute zu halten ist die größte Kunst")

"Noch wichtiger als Finden ist Binden", betont Di Roberto. Sie hält den schnöden Mammon nur bedingt für ein Bindemittel: "Niemand geht nur wegen zu wenig Geld. Führen ist extrem wichtig." Darum setzt sie u.a. auf eignungsdiagnostische Instrumente im Auswahlprozess von Führungskräften und achtet darauf, dass die Leitwölfe regelmäßig Rückmeldungen von Vorgesetzten, gleichrangigen Kollegen und Untergebenen erhalten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein weiterer Hebel, an dem Di Roberto ansetzt. Allen Mitarbeitern, deren private Situation dies erfordert, wird die Möglichkeit für mobiles Arbeiten geschaffen. Auch ein Bauleiter kann einen Teil seiner Aufgaben im Homeoffice erledigen, weiß Di Roberto.

Selbst die Bundesregierung beschäftigt sich - Stichwort: Wohnungsbau - jetzt mit dem Fachkräftemangel am Bau. Mehr als das branchenübergreifende Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Menschen außerhalb der EU den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern und von dem auch der Bau profitieren soll, ist den Spitzenpolitikern dazu aber noch nicht eingefallen.

Dabei spielen Fachkräfte aus dem Ausland längst eine wachsende Rolle. So hat sich der Anteil von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischem Pass im Hoch- und Ausbau laut der Bundesagentur für Arbeit in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt (auf 20% bzw. 17%). Auch die Zahl entsandter Arbeitnehmer ist seit der Finanzkrise stärker gestiegen als die der inländischen Beschäftigten: Sie hat sich der Sozialkasse Soka-Bau zufolge ebenfalls mehr als verdoppelt (auf 85.000 im letzten Jahr).

Bechtold ist skeptisch, ob die Bemühungen der Bundesregierung fruchten: Unternehmen wie Diringer & Scheidel bräuchten auch auf der gewerblichen Ebene Mitarbeiter, die in den Berufsbildern ausgebildet wurden - und keine Hilfsarbeiter. Wenn Unternehmen Arbeitskräfte aus dem Ausland erst "mit viel Aufwand" fit machen und zusätzlich Sprachbarrieren überwinden müssen, sei das Problem nur verschoben.

Harald Thomeczek

Hurra, hurra, die Quote, die ist da!

Wer kriegt den Job? Durch ein neues Gesetz künftig wohl öfter die Frau.

Wer kriegt den Job? Durch ein neues Gesetz künftig wohl öfter die Frau.

Bild: Africa Studio/Fotolia.com

Karriere 28.01.2016
Auch in Immobilienunternehmen sind Führungspositionen fest in männlichen Händen. Ist die Anfang des Jahres in Kraft getretene Frauenquote der längst fällige Schub von außen - oder so ... 

Auch in Immobilienunternehmen sind Führungspositionen fest in männlichen Händen. Ist die Anfang des Jahres in Kraft getretene Frauenquote der längst fällige Schub von außen - oder so überflüssig wie ein Kropf? Und welche Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils setzen sich die von der freiwilligen Selbstverpflichtung betroffenen Immobiliengesellschaften?

In unserem Unternehmen wird stets der Bewerber mit der größten Kompetenz und Qualifikation eingestellt, ungeachtet dessen, ob es eine Frau oder ein Mann ist." - "Chancengleichheit ist für uns ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensführung, unabhängig von Vorgaben des Gesetzgebers."

Wer sich zum Thema Frauenquote umhört, gewinnt schnell den Eindruck, dass eine gezielte Erhöhung des Frauenanteils auf den obersten Management-Ebenen überflüssig ist, weil Unternehmen sowieso immer dann eine Frau einstellen, wenn diese für einen Job besser geeignet ist als ein männlicher Kandidat. Das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen führt also, so könnte man diese Aussagen weiterdrehen, schlimmstenfalls dazu, dass gerade nicht der beste Bewerber den Job kriegt.

Seit dem 1. Januar 2016 müssen rund 100 börsennotierte und voll mitbestimmte Unternehmen mit Sitz in Deutschland bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat einen Frauenanteil von mindestens 30% vorweisen. Gelingt das nicht, bleibt der Stuhl leer. Nach einer Untersuchung des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (FidAr) fielen Ende Dezember 2015 exakt 102 Firmen unter diese Regelung, darunter Bilfinger (aktueller Frauenanteil im Aufsichtsrat: 8,3%; siehe Tabelle unten auf dieser Seite), Hochtief (18,8%) und die Kölner Strabag (25%).

Neben dieser harten Quote sieht das Gesetz vor, dass sich börsennotierte oder mitbestimmte Firmen bis September 2015 selbst Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, im Vorstand und auf den beiden obersten Führungsebenen unter dem Vorstand stecken mussten. Rund 3.500 Unternehmen in Deutschland fallen unter diese Regelung. Eine Mindestvorgabe gibt es jedoch nicht, und wer seine Ziele verfehlt, muss keine Sanktionen fürchten. Die erste Frist läuft Ende Juni 2017 ab. Die Unternehmen müssen ihre Ziele danach aktualisieren, haben dann aber fünf Jahre Zeit, die Latte zu überspringen.

Wie haben sich von der Quote betroffene Immobilienaktiengesellschaften gewappnet? Wie ehrgeizig sind sie in puncto freiwillige Selbstverpflichtung? Nicht alle von der Immobilien Zeitung stichprobenhaft befragten Immobilienunternehmen geben (detailliert) Auskunft - aber immerhin einige.

Bei Bilfinger versichert man, auf die Erfüllung der Quote vorbereitet zu sein. Für Details verweist der Bau- und Dienstleistungskonzern auf den kommenden Geschäftsbericht, der am 16. März 2016 veröffentlicht werde. Die nächsten Aufsichtsratswahlen stehen auf der Hauptversammlung am 11. Mai 2016 an. Mit Blick auf die ersten drei Führungsebenen im Konzern, so teilt ein Sprecher mit, sei es das erklärte Ziel, bis 2020 den Anteil von Frauen in Führungsfunktionen von derzeit knapp 10% auf 15% zu erhöhen.

Bei der Kölner Strabag heißt es, dass Planziele erst im Frühjahr öffentlich gemacht werden. Ob die Frauenquote für den Aufsichtsrat der Strabag AG dann noch gilt? Für das zu über 90% im Besitz der österreichischen Strabag SE befindliche Bauunternehmen ist ein Delisting beantragt.

Bei Hochtief wurden für die Arbeitgeberseite 2014/2015 drei Frauen in den Aufsichtsrat gehoben. Damit erfüllt die Seite der Anteilseigner die 30%-Quote bereits. (Bei voller Mitbestimmung können sich die beiden Aufsichtsratsbänke dafür entscheiden, die Quote jeweils separat zu erfüllen.) Zu Planzielen äußert sich der Baukonzern nicht.

"Wir sind sehr daran interessiert, qualifizierte Frauen auf allen Ebenen unseres Unternehmens einzustellen, zu fördern und an uns zu binden", teilt eine Sprecherin von Hochtief auf Anfrage mit. "Dies gilt über alle Führungsebenen und Hierarchien. Bestimmt durch unsere Branche - den Bau - bewerben sich mehr männliche als weibliche Bauingenieure oder auch Maurer bei uns. Generell treten wir dafür ein, dass der kompetenteste Mensch eine zu vergebende Position besetzen soll - egal, ob es eine Frau oder ein Mann ist."

Elke Holst, Forschungsdirektorin für Gender Studies am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW in Berlin, hört solche Sätze nicht zum ersten Mal: "Viele Unternehmen sagen und empfinden es auch so, dass sie einfach - ohne Ansehen des Geschlechts - den jeweils besten Bewerber bzw. die beste Bewerberin für eine Position einstellen", sagt Holst. Aber die Einschätzung, wer denn der bzw. die Beste ist, sei oft subjektiv, denn sie werde meist durch Zuschreibungen von geschlechterspezifischen Fähigkeiten und Eigenschaften vor dem Hintergrund der tradierten Aufgabenteilung im Haushalt beeinflusst.

Die Unternehmen, erklärt Holst, seien auf diesem Auge oft blind: "Männliche Lebensrealitäten bilden die Norm für Erwartungen an Führungskräfte. Frauen wird dann oft nicht zugetraut, den Anforderungen an eine Führungsposition gewachsen zu sein - und dann ist eben der männliche Bewerber der Bessere. Darum braucht es einen Schub von außen, damit sich der Flaschenhals für einen Aufstieg von Frauen endlich vergrößert."

Des Eindrucks, dass es so einen Flaschenhals tatsächlich gibt, kann sich nicht erwehren, wer sich das DIW Managerinnen Barometer 2016 anschaut. Demnach ist der Frauenanteil in den Vorständen und Geschäftsführungen der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors seit 2006 von 1,2% auf nur 6,3% gestiegen. In Aufsichtsräten kletterte er von 7,8% auf 19,7%.

In der Immobilienbranche ist das weibliche Geschlecht praktisch nicht in Spitzengremien vertreten (siehe "Frauen an der Macht?" auf dieser Seite). Neben den 200 Unternehmen mit dem größten Umsatz (ohne Banken und Versicherungen) analysierte das DIW u.a. auch den Dax 30, den MDax und den SDax. In den dort jeweils anzutreffenden 17 Immobilienunternehmen und -banken sowie bei den Bauunternehmen Strabag, Köln, und Ed. Züblin und der Bima finden sich nur drei Frauen auf insgesamt 64 Vorstandsstühlen. Das entspricht einem Anteil von 4,7% - im Dax ist dieser doppelt so hoch (9,6%). Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten dieser 20 Firmen beträgt 19,4% (Dax 30: 26,8%).

Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen soll die Entwicklung beschleunigen. Doch wie wirkungsvoll kann eine freiwillige, nicht sanktionierte Selbstverpflichtung sein? "Wir legen sehr viel Wert darauf, die Ziele zu erreichen. Gleichwohl begrüßen wir, dass diese nicht strafbewehrt sind und wir durch den Gesetzgeber nicht über die Maßen eingeschränkt werden, da uns primär daran gelegen ist, den perfekten Kandidaten für die jeweilige Tätigkeit zu finden", sagt Thomas Hegel, CEO der börsennotierten Wohnungsgesellschaft LEG Immobilien.

Für die beiden Führungsebenen unterhalb des LEG-Vorstands hat dieser eine konzernweite Zielgröße von jeweils 30% festgelegt - aus freien Stücken: Nach dem Gesetz bestehe keine Verpflichtung, für diese beiden Führungsebenen eine Quote festzulegen, weil die rechtliche Einheit LEG Immobilien AG bis auf den Vorstand keine angestellten Mitarbeiter habe. Ende des abgelaufenen Geschäftsjahrs betrug der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene 25%, auf der zweiten 36%.

Die Verträge von Vorstandschef Hegel und seinen Kollegen Eckhard Schultz und Holger Hentschel wurden im Frühjahr 2015 um eine Amtsperiode verlängert, der Aufsichtsrat habe daher "die Beibehaltung des bestehenden Zustands, also eine Quote von 0%, festgelegt". Für den sechsköpfigen Aufsichtsrat selbst wurde die Messlatte aus dem gleichen Grund auf 16,6% gelegt.

Aydin Karaduman, der neue Vorstandsvorsitzende der DIC Asset, sieht in der Selbstverpflichtung "einen positiven Effekt, der den Unternehmen einen ersten wertvollen Impuls gibt, ihre Personalpolitik anzupassen", aber ihnen zugleich "ausreichend Flexibilität lässt, denn der Veränderungsprozess bedarf auch seiner Zeit". Für den Vorstand habe die DIC eine Zielgröße von 25% beschlossen: Mit CFO Sonja Wärntges hat man dieses Ziel bereits erreicht. Für die Führungsebene unterhalb des Vorstands hat sich die DIC zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil bis Juni 2017 von derzeit 11,1% auf 20% nahezu zu verdoppeln.

Auch Vonovia verweist auf laufende Verträge: "Der Aufsichtsrat der Vonovia hat sich für den ersten Festsetzungszeitraum bis zum 30. Juni 2017 eine Zielgröße von 25% gegeben. Diese Quote erfüllen wir bereits heute. Aufgrund bestehender Verträge ist derzeit keine Frauenquote für den Vorstand der Vonovia vorgesehen", heißt es aus dem Unternehmen. Unterhalb des Vorstands soll die Teilhabe von Frauen an Führungspositionen von derzeit 20% auf 25% ausgebaut werden, kündigt Deutschlands größter Wohnungsvermieter an.

Wie LEG ist auch Adler Real Estate nicht von der Selbstverpflichtung betroffen. Da die Mitarbeiter bis auf den Vorstand alle bei der Adler Real Estate Service GmbH beschäftigt sind und nicht bei der AG, spiele dieses Thema keine Rolle, heißt es. Aktuell ist die Führungsebene unter dem Vorstand zu 25% mit Frauen besetzt. Für diesen und den Aufsichtsrat wurde eine Quote von je 0% beschlossen, denn "der Aufsichtsrat ist mit drei und der Vorstand mit zwei Personen besetzt. Eine andere Quote hätte den Entscheidungsspielraum bei einer Neubesetzung unverhältnismäßig eingeengt", lautet auch hier die Erklärung.

Bei Alstria Office-Reit gibt es ebenfalls keine Bestrebungen, für den nur aus zwei Köpfen bestehenden Vorstand eine freiwillige Frauenquote einzuführen. Bei Führungskräften, die direkt an den Vorstand berichten, beträgt dieser zurzeit 30%. Das soll vorerst auch so bleiben. Im Aufsichtsrat peilt Alstria an, den Frauenanteil bis 2017 von derzeit 17% auf 30% anzuheben.

Harald Thomeczek

BBB-Professoren im Dialog mit der Praxis

Karriere 25.11.2004
Zu ihrem mittlerweile schon 18. Jahrestreffen kamen kürzlich die so genannten BBB-Professoren an der Bauhaus-Universität in Weimar zusammen. Angereist waren 29 Hochschullehrer für ... 

Zu ihrem mittlerweile schon 18. Jahrestreffen kamen kürzlich die so genannten BBB-Professoren an der Bauhaus-Universität in Weimar zusammen. Angereist waren 29 Hochschullehrer für Bauwirtschaft, Baubetrieb und Baumanagement/ Bauverfahrenstechnik aus 18 Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Diskussionsthemen betrafen die Bereiche Ausbildung, Beruf und Forschung.

Zum Forum stießen, neben wissenschaftlichen Mitarbeitern der gastgebenden Hochschule, auch jeweils drei Vertreter der Generalplaner-Zunft und bekannter Generalunternehmer. Von der universitären Ausbildung der Bauingenieure forderten die Generalplaner (vertreten waren Obermeyer Planen + Beraten, CBP Cronauer Beratung Planung Beratende Ingenieure und Assmann Beraten + Planen) u.a. ein verstärktes Einüben interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Architekten und TGA-Fachplanern, Vermittlung von sozialer Kompetenz und Fremdsprachenkenntnissen sowie die Verpflichtung zu lebenslangem Lernen.

Der Spagat zwischen dem Spezialisten- und dem Generalistentum könne dadurch bewältigt werden, dass auch der Generalist mindestens in einer Disziplin sehr sattelfest sein müsse. Eine Spezialausbildung für den Auslandsbau, das internationale Vergaberecht sowie die jeweils zu beachtenden kulturellen Eigenheiten fehle bisher. Seitens der Generalplaner werden von den Absolventen eine solide Grundausbildung und die Fähigkeit zu selbstständigem Arbeiten, kaufmännisches Denken und unternehmerisches Handeln, Teamfähigkeit, Methoden- und Sozialkompetenz sowie Mobilität erwartet.

Für Generalunternehmer - so die Vertreter von Hochtief Construction, Strabag und Bilfinger Berger - sind Baumanagement, Massivbau, Ausbau, TGA, Baubetriebs-, Bauverfahrens- und Baumaschinentechnik sowie Vergabe- und Vertragsrecht wichtige Ausbildungsfächer. Bei 60% der Verlustbaustellen, deren Abrechnungssummen weniger als 95% der Herstellkosten ausmachten, sei die Ursache in Angebots- oder Vertragsmängeln zu sehen. Daher haben das Controlling und das Risikomanagement große Bedeutung.

Einstiegs- und Karrierechancen für Bachelor-Absolventen

Zur Frage, welche Berufschancen sich universitären Absolventen mit Bachelor-Abschluss bieten, äußerten sich die Generalplaner zurückhaltend. Einem Bachelor mit sechs Semestern werde bisher der Praktikant vorgezogen, da dieser preiswerter sei. Die Generalplaner forderten eine Bachelor-Ausbildung von mindestens sieben Semestern.

Hierzu liegt mittlerweile das Ergebnis einer Befragung von 672 Unternehmen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Köln, vor. Die überwiegende Mehrheit der Firmen würde Bewerbern mit Bachelor- oder Master-Abschluss jederzeit eine Chance geben. Auch hinsichtlich der Karriere hätten diese Absolventen gute Perspektiven. Bereits 11,5% der vom IW befragten Unternehmen beschäftigen einen Bachelor- und fast 10% einen Master-Absolventen deutscher Hochschulen. Etwa drei Viertel der Unternehmen können sich vorstellen, künftig einen Bachelor oder Master einzustellen. In 73% der Unternehmen, die bereits einen Bachelor-Absolventen beschäftigen, haben diese die gleichen Chancen auf eine Führungsposition wie Absolventen mit traditionellen Hochschulabschlüssen.

Zum Diskussionsthema Forschung forderten die Generalplaner, dass stärker daran gearbeitet werden müsse, die Schnittstellen zwischen den einzelnen Planungs- und Ausführungsdisziplinen zu beherrrschen. Analoge Forderungen betreffen den Übergang von der Planung zur Ausführung (Design/ Construction). Weiterer Forschungsbedarf bestehe hinsichtlich der Bewertung der Qualität von Planungs- und Ausschreibungsunterlagen (Value Management). Betont wurde ferner die künftige Bedeutung des Bauens im Bestand, auch unter Beachtung des Denkmalschutzes, der Schadstoffe in Bauwerken, der Altlasten im Boden sowie der Standardisierung und Automatisierung zur Kostensenkung.

Kapitalvernichtung und Konflikte durch PPP-Projekte

Public-Private-Partnership-Projekte seien für die "Privaten" einerseits große Hoffnungsträger, andererseits bisher vielfach "reine Kapitalvernichtung bis zur Existenzgefährdung", da die Risiken aus sehr hohen Kosten von PPP-Angeboten bei zugleich sehr hoher Bewerberzahl unternehmerisch nicht zu verantworten seien. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn schließlich ein "gesetzter Bewerber" den Zuschlag erhalte.

In diesem Zusammenhang wurde dafür plädiert, auch die außergerichtliche Streitbeilegung und die partnerschaftliche Vertragskultur zu fördern - nicht zuletzt mit dem Ziel, die Fehlallokation von technischem und kaufmännischem Personal einzudämmen. Besonders betreffe dies die Nachtragsstellung und Nachtragsabwehr, meist unter Einbindung zunehmend umfangreicher juristischer Beratung.

Seitens der BBB-Professoren wurde schließlich an die Baupraktiker appelliert, sich in der Forschungsförderung stärker durch Fördermittel und Kooperation mit den Hochschulen zu engagieren.

In einer Rückschau auf 18 Jahre BBB-Jahrestreffen zog Prof. Dr.-Ing. Claus J. Diederichs Bilanz zwischen den 1986 bei der ersten Tagung in Wuppertal aufgestellten Zielsetzungen und den zwischenzeitlich erreichten Ergebnissen.

Rückschau und Blick in die Zukunft

Ein wahrlich historischer Fortschritt, nur durch die informationstechnologische Revolution denk- und machbar geworden, sei hier herausgegriffen: Den Vergleich und die Bewertung von Schwerpunkten in Forschung und Lehre an den einzelnen Standorten kann mittels Internet heute jeder selbst und "in Echtzeit" vornehmen. Im Jahre 2004 wurden so genannte BBB-Listen im Internet angelegt, die es jedem ermöglichen, zu jeder Zeit Dissertationen und Diplomarbeiten einzupflegen. So kann sich jeder über alle Hochschulstandorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz informieren (www.bbb-listen.de). Derzeit sind von 55 Hochschullehrern 210 Dissertationen und 1.443 Diplomarbeiten eingestellt.

1986 wurde für die weiteren BBB-Tagungen ein Jahresturnus vereinbart, der auch durchgängig eingehalten werden konnte. Das Treffen war seitdem schon in Stuttgart, Braunschweig, Darmstadt, Wiesbaden, Karlsruhe, München, Dortmund, Zürich, Dresden, Wien, Berlin, Innsbruck, Hannover, Aachen, Cottbus, Berlin, Graz und nun auch Weimar zu Gast. Das 19. Treffen wird, wie Diederichs ankündigte, voraussichtlich vom 15. bis 17. September 2005 in Kassel stattfinden. Seit 1989 veranstalten übrigens die Assistenten der BBB-Lehrstühle analoge Jahrestreffen, um ebenfalls die Vorteile aus den persönlichen Kontakten zu nutzen.

Diederichs selbst, Initiator und Koordinator des BBB-Kreises, schlug in Weimar vor, die Koordinatorenrolle einem jüngeren Kollegen zu übertragen. Als sein Nachfolger wurde Prof. Dr.-Ing. G. Girmscheid, ETH Zürich, gewählt.

Der BBB-Professorenkreis sieht auch künftig seine Aufgaben darin, für die zukunftsfähige Ausrichtung von Lehre, Forschung, Weiterbildung und die Internationalisierung der BBB-Fächer im Rahmen der Bau- und Immobilienwirtschaft zu sorgen. Die in Weimar praktizierte Diskussion mit Vertretern der Planer- und Ausführungsseite wurde als gelungen bewertet und soll künftig, auch unter Einbindung der Bauherren-/ Auftraggeberseite, fortgeführt werden. (ae)

IZ