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An ihren ersten Job und ihr erstes Gehalt haben Absolventen hohe Erwartungen.

An ihren ersten Job und ihr erstes Gehalt haben Absolventen hohe Erwartungen.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: ASDF

Karriere 24.08.2023
Der Fachkräftemangel kommt den Absolventen in der Immobilienwirtschaft nicht ungelegen. Sie versprechen sich Vorteile bei der Jobsuche und bei Gehaltsverhandlungen. Das spiegelt sich in ... 

Der Fachkräftemangel kommt den Absolventen in der Immobilienwirtschaft nicht ungelegen. Sie versprechen sich Vorteile bei der Jobsuche und bei Gehaltsverhandlungen. Das spiegelt sich in ihren Wunschgehältern wider. Dafür sind sie aber auch bereit, sich reinzuknien.

Sie wissen, dass sie gebraucht werden – und das wollen sie sich bezahlen lassen. Kurz vor ihrem Studienabschluss ist bei den Nachwuchskräften von einer Krisenstimmung in der Immobilienwirtschaft nichts zu spüren. Gut drei Viertel der insgesamt 413 Studenten, die an der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) teilgenommen haben und nach ihrem Abschluss 2023 oder 2024 vom Campus in die Berufswelt wechseln wollen, schätzen ihre Chance auf einen direkten Übergang als gut oder sehr gut ein. Der Fachkräftemangel steigert ihr Selbstbewusstsein und damit auch ihre Gehaltsforderungen für die ersten Arbeitsjahre, die im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind.

Ein Student, der an der Hochschule Biberach kurz vor dem Masterabschluss in Construction and Real Estate steht, sieht die Chancen seines Jahrgangs vor allem darin, dass wenig Konkurrenz mit Mitbewerbern beim Kampf um eine Stelle herrscht. Eine Kommilitonin von ihm geht noch einen Schritt weiter und sagt: "Man traut sich jetzt, sich bei Unternehmen oder für Positionen zu bewerben, die man sich sonst vielleicht nicht zugetraut hätte."

Von hohen Zinsen, geplatzten Deals und Insolvenzen von Projektentwicklern lassen sich Studenten diese Gedanken nicht vermiesen. Sie gehen mit breiter Brust und hohen Ansprüchen in die Bewerbungen. "Es wird weiterhin stark nach Personal gesucht, Gehälter bleiben somit trotz Abschwung der Wirtschaft auf hohem Niveau", ist sich Jonas Koser sicher. Der Student hat erste Bewerbungsgespräche hinter sich und sagt: "Gehalt steht verbunden mit dem Aufgabenbereich für mich an erster Stelle."

Darüber, welche Summen branchenweit realistisch sind, informiert er sich wie viele andere Studenten über Jobportale im Internet. Aber auch in Netzwerken, auf Karrieremessen und bei den eigenen Dozenten machen sich die Berufseinsteiger über mögliche Gehaltsspannen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern schlau. "Zwar wird in der Immobilienbranche in der Regel bei allen Jobs so viel gezahlt, dass man seinen Lebensunterhalt auch in den sieben A-Standorten in Deutschland bewältigen kann. Dennoch möchte man für sich und sein Leben das Beste rausholen", gibt Koser zu. Das sieht auch eine 20-Jährige so, die ihr duales Studium im Vermögensmanagement mit Studienrichtung Immobilienwirtschaft demnächst abschließt: "Aufgrund des Fachkräftemangels sehe ich eine Chance, dass man einen Job findet, bei dem die eigenen Wünsche größtenteils erfüllt sind", kommentiert sie.

Trotz großem Optimismus war die Mehrheit der Studenten in den finalen Semestern zum Befragungszeitraum im Frühjahr noch auf der Suche nach einer ersten Festanstellung. Von 220 jungen Männern waren 154 noch nicht sicher unter, von 193 Frauen hatten 122 keinen Arbeitsvertrag in der Tasche. Die 36 Männer und 45 Frauen, die schon wussten, wo es nach dem Abschluss hingeht, hatten ihre Kontakte zu Arbeitgebern aus Praktika, von Werkstudentenstellen oder aus einer früheren Ausbildung genutzt und Vereinbarungen für eine Übernahme getroffen.

Die Gehaltswünsche steigen parallel zum Selbstbewusstsein

Das Gehalt muss aber stimmen. Für 82% der Teilnehmer bleibt das Geld einer der wichtigsten Punkte bei der Entscheidung für eine Stelle und somit für einen Arbeitgeber. Und die Forderungen der Studenten sind hoch. Fast 50.000 Euro brutto wollen die Absolventen im Durchschnitt in ihrem ersten Jahr in der Immobilienbranche verdienen. Unterschiede zwischen jungen Männern und jungen Frauen gibt es nicht allzu große: Ihre Wünsche liegen auf den Monat gerechnet nur etwas über 100 Euro auseinander.

Ausschlaggebend für die Selbstbewertung ist bei der Mehrheit ihr angestrebter Abschluss und die Hochschulform. Am meisten verlangen die Uni-Absolventen. Ihr durchschnittlicher Gehaltswunsch liegt bei 57.703 Euro für die ersten zwölf Monate. Über alle Ausbildungsstätten hinweg veranschlagen junge Männer mit Bachelorabschluss im Schnitt 53.571 Euro, ihre Kommilitoninnen 51.932 Euro. In den Masterstudiengängen rufen die Männer ein Wunschgehalt von 58.467 Euro auf, bei den Frauen liegt es bei 56.643 Euro (siehe Grafiken "Mit Master- und Universitätsabschluss steigen die Gehaltswünsche").

Für die Arbeitgeber ist ein Mastertitel für die meisten Berufe innerhalb der Branche kein Einstellungskriterium. Doch sie unterscheiden zwischen den beiden Qualifikationen auf der Gehaltsebene – nicht zuletzt, um die Mühe des verlängerten Studiums nach dem Bachelor zu belohnen. Vorrangig assoziieren sie mit dem Masterabschluss aber umfangreicheres Fachwissen und mehr Praxiserfahrung durch Praktika.

Daher verdient ein Trainee mit Bachelorabschluss bei Commerz Real mit 4.600 Euro weniger als einer mit Master (5.000 Euro). "Hierbei handelt es sich um Fixgehälter", betont Christiane Wolfram, Global Head of People & Culture. Feste Gehaltspakete statt Verhandlungen mit Einsteigern gibt es auch bei Swiss Life Asset Managers. "Im Trainee-Programm erhalten Bachelorabsolventen ein Jahresbruttogehalt von 48.000 Euro, Masterabsolventen in Höhe von 50.000 Euro", erklärt Head of Human Resources Kristina Gukelberger. Bei BNP Paribas Real Estate spricht Philipp Benseler, der als Managing Director auch für das Personal zuständig ist, von Vergütungspaketen. Sie werden nach festen Kriterien wie Abschluss, Weiterbildungen und Praxiserfahrungen zugeordnet.

Dass es gerade bei Einstiegspositionen oft nur wenig Spielraum bei den Gehaltsverhandlungen gibt, erklärt Monika Ulmer den Nachwuchstalenten regelmäßig. Sie ist Inhaberin der Personalberatung Monika Ulmer Real Estate Recruitment und weiß, dass mit der Höhe der Gehaltsforderung die Anforderungen durch den Arbeitgeber wachsen und diese oft mit einem stärkeren zeitlichen Einsatz verbunden sind.

Diesen zu erbringen, dazu sind die Berufseinsteiger durchaus bereit. Und sie rechnen mit einer höheren Belastung aufgrund dünnerer Personaldecken. "Man muss flexibler sein für mehrere Einsatzmöglichkeiten", denkt eine Studentin aus Aachen im Jahr vor ihrem Berufseinstieg. "Einerseits kann so der eigene Wert für potenzielle neue Arbeitgeber gesteigert werden, andererseits kann dadurch auch Überforderung entstehen", meint sie. Andere rechnen damit, dass in schmal besetzten Abteilungen mehr Aufgaben an sie übertragen werden als sonst zum Berufsstart üblich. Sie schlussfolgern, dass sie nach wenigen Monaten, und somit schon in Einsteigerpositionen, ein hohes Maß an Verantwortung im Joballtag schultern müssen.

Der Nachwuchs ist bereit, sich reinzuhängen

Von ihrem Berufswunsch abbringen lassen sie sich davon aber nicht. Im Gegenteil: Die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu arbeiten, ist für 80% der Befragten wichtig bis sehr wichtig bei der Jobwahl. Sie möchten von Anfang mit ihren erfahrenen Kollegen auf Augenhöhe arbeiten und Verantwortung übertragen bekommen. Flexible Arbeitszeiten und die Option auf Homeoffice sieht die Mehrheit als selbstverständlich an.

Zudem haben die meisten Nachwuchskräfte von Anfang an ihren weiteren Berufsweg im Auge. 88% der Studenten loten schon während des Bewerbungsprozesses Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten aus und beziehen sie in die finale Entscheidung mit ein.

So macht es auch Studentin Alice Eising, die wenige Monate vor ihrem Bachelor-Abschluss in Architektur steht. Ihr ist bewusst, dass gerade im ersten Job noch viel Luft nach oben auf der Karriereleiter ist. Bevor die 25-jährige Münchnerin einen eigenen Gehaltswunsch äußert, will sie von einem potenziellen Arbeitgeber wissen, welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für sie bestehen. Ihre erste Lohnforderung würde sie herunterschrauben, wenn sie die Möglichkeit sieht, ihr Profil weiter zu schärfen und bei zukünftigen Gehaltsverhandlungen von zusätzlichen Qualifikationen zu profitieren. "Lieber ein niedrigeres Einstiegsgehalt, aber dafür gute und schnelle Aufstiegschancen", lautet ihre Strategie.

Genau in diesem Sinne appelliert Personalexpertin Ulmer an die jungen Talente: "Verdient wird später". Ein roter Faden im Werdegang und ausreichende Verweildauer bei einem Arbeitgeber zahlen sich laut ihr nach einigen Jahren zuverlässig aus.

Doch selbst wenn ein Unternehmen alle Wünsche erfüllt: Längst nicht jeder Berufseinsteiger will länger bleiben (vgl. Grafik "Der erste Job dient oft als Sprungbrett"). Ein volles Jahr planen zwar alle Studenten an ihrer ersten Anstellung festzuhalten, die meisten (38%) sogar mindestens zwei Jahre. Mindestens oder deutlich mehr als drei Jahre aber nicht mal jeder zweite (44%). Dass ein Arbeitsplatz als langfristig gesichert gesehen werden kann, war deshalb nur für 64% der Umfrageteilnehmer ein wichtiges bis sehr wichtiges Kriterium bei der Jobentscheidung.

Stattdessen sieht die Mehrheit die Einstiegszeit als Sprungbrett zur weiteren Karriere. Nach zwei bis drei Jahren wollen sie auch finanziell davon profitieren. Die Mehrheit wünscht sich von Anfang an jährliche Gehaltssteigerungen von bis zu 10%. Nach zwei bis drei Jahren liegen die geäußerten Wunschgehälter im Schnitt schon 20% bis 25% höher als zum Einstieg.

Janina Stadel

Es fehlt an den Soft Skills

Karriere 12.01.2017
Personaler berichten hinter vorgehaltener Hand, dass Absolventen tendenziell immer längere Einarbeitungszeiten benötigen. Diese seien zwar top ausgebildet - ließen aber bei der ... 

Personaler berichten hinter vorgehaltener Hand, dass Absolventen tendenziell immer längere Einarbeitungszeiten benötigen. Diese seien zwar top ausgebildet - ließen aber bei der Persönlichkeitsentwicklung mitunter zu wünschen übrig.

Die Arbeitgeber tragen an diesem Zustand eine Mitschuld. "Jahrelang wurde posaunt, die Absolventen seien zu alt und würden zu spät in den Job starten", sagt Olaf Kenneweg von Kenneweg Property Personalberatung aus Köln. "Durch die leidige Aufteilung in Bachelor und Master können nun logischerweise insbesondere Bachelor-Absolventen noch nicht die notwendigen Soft Skills in der benötigten Ausprägung vorweisen. Abitur nach zwölf statt nach 13 Jahren, keine Bundeswehr, Bachelor nach drei Jahren. Mit 21 oder 22 dann gleich Asset-Manager werden? Wie soll das gehen?", fragt der Recruiting-Spezialist.

Und so kommt es, dass Absolventen - trotz guter und vielseitiger immobilienwirtschaftlicher Ausbildungs- und Studiengänge in Deutschland - zunehmend vermeintlich weiche Kompetenzen vermissen lassen. "Dies wird uns zukünftig immer mehr beschäftigen", unkt Personalberater Frank Groß von immopersonal consulting frank gross aus Kiel. Kommunikations- und Umsetzungsstärke, Teamfähigkeit und sich in Strukturen ein- und unterzuordnen kämen sowohl in der Ausbildung als auch in der Erziehung "leider viel zu kurz".

Monika Ulmer, Inhaberin von Ulmer Real Estate Recruitment aus München, zeigt jedoch Verständnis für etwaige Defizite junger Absolventen: "Bereits das auf acht Jahre verkürzte Gymnasium - G8 - lässt wenig Zeit für außerschulische Aktivitäten wie Teamsport oder Ferienjobs, in denen verschiedene Soft Skills wie z.B. Frustrationstoleranz, Einsatzbereitschaft und Teamgeist trainiert werden können." Und im eng getakteten Bachelor-Studium setzt sich dies fort: "Hier fehlt die Zeit für längere Praktika, in denen der Student sich erproben kann."

Die Arbeitsinhalte und die Anforderungen an jeden Einzelnen sind heute sehr hoch bzw. in der Vergangenheit stetig gestiegen. Der Einzelne muss heute mehr leisten und bereichsübergreifend denken. Auf der anderen Seite bringen Berufseinsteiger immer weniger bis keine betriebliche Berufserfahrung respektive Vorerfahrung mit, weil viele Abiturienten heute gleich nach dem Abi studieren, statt eine Berufsausbildung zu machen: "Der erste Job nach dem Studium ist dann gleichzeitig der Einstieg ins Berufsleben: die erste Übernahme von Verantwortung, hohe Erwartungen an fachliche und soziale Kompetenzen, die Umsetzungen von Aufgaben in der Praxis, die Einhaltung von Leitlinien, Budgets und vieles mehr inklusive ...", klagt Groß.

Wer einen Direkteinstieg favorisiert, macht sich und seinem Arbeitgeber das Leben durch eine Ausbildung vor dem Studium und/oder zielgerichtete Praktika im Studium leichter - und verbessert zugleich seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich: "Hohe Bedeutung haben unternehmens- bzw. aufgabenrelevante Praktika", berichtet Kenneweg. Idealiter macht man dieses Praktikum just in dem Bereich, in dem man später auch arbeiten möchte: "Wenn Studierende Praktika, gerne auch im Ausland, nachweisen können, die einen direkten Bezug zur zukünftigen Aufgabe haben, ergeben sich gute Chancen auf einen direkten Einstieg beispielsweise im Asset-Management oder in der Projektentwicklung", erklärt der Personalberater.

Einmal, als er bei Axa Investment Managers in Köln eine Stelle als Investment-Manager besetzt habe, erzählt Kenneweg, wurde eigentlich ein Kandidat mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung gesucht. "Eingestellt wurde ein Geislinger Absolvent, der u.a. ein sehr gutes Studium und drei praxisrelevante Praktika über insgesamt zwölf Monate vorzuweisen hatte, sechs Monate davon in Kapstadt."

Generell sieht Kenneweg, wenn es um verantwortungsvolle Positionen geht und ein ausgeprägtes Persönlichkeitsprofil gefordert wird, solche Berufseinsteiger im Vorteil, die sich entweder vor dem Studium erst für eine Ausbildung entscheiden oder die den Weg Abitur, Bachelor, Master gehen.

Oder man macht den Master on the job. So mancher Arbeitgeber greift einem dabei unter die Arme. Art-Invest Real Estate z.B. ist grundsätzlich bereit, Weiterbildungen individuell und mit flexiblen Regelungen zu unterstützen: "Macht z.B. ein Mitarbeiter ein berufsbegleitendes Masterstudium, fördern wir das durchaus finanziell und übernehmen gegebenenfalls die Studiengebühren, wenn der Mitarbeiter die Reisekosten trägt", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Rüdiger Freiherr von Stengel. Für die Präsenzzeiten bringe der Mitarbeiter Urlaubstage ein; die andere Hälfte steuere Art-Invest bei. Voraussetzung: Der Mitarbeiter unterschreibt einen Bindungsvertrag über typischerweise drei Jahre. Verlässt er Art-Invest vor dieser Frist, muss er die übernommenen Studiengebühren anteilig zurückzahlen.

Harald Thomeczek

Dem Arbeitgeber auf den Zahn fühlen

Karriere 15.12.2016
Absolventen, die sich von einer Stellenanzeige angesprochen fühlen oder womöglich direkt von einem Arbeitgeber oder einem Headhunter kontaktiert werden, stehen nicht nur vor der Frage, ob das ... 

Absolventen, die sich von einer Stellenanzeige angesprochen fühlen oder womöglich direkt von einem Arbeitgeber oder einem Headhunter kontaktiert werden, stehen nicht nur vor der Frage, ob das betreffende Stellenprofil zu ihrer Ausbildung passt.

Einsteiger - und nicht nur die! - sollten immer auch das Geschäftsmodell ihres möglichen künftigen Arbeitgebers hinterfragen. Springt das Unternehmen nur auf einen schnellen Hype auf oder verfolgt man langfristige Ziele mit der nötigen finanziellen Substanz im Rücken?

Um das - zumindest ansatzweise - herauszufinden, sollten Absolventen sich, rät Olaf Kenneweg von Kenneweg Property Personalberatung aus Köln, etwa "bei erfahrenen Alumnis erkundigen, wie ein Unternehmen in der Finanzkrise 2008 bis 2010 mit seinen Mitarbeitern umgegangen ist." Denn zur Erinnerung: "Viele Unternehmen haben Kandidaten mit horrenden Gehältern gelockt, aber schnell wieder freigestellt, wenn es nicht mehr wie erwartet lief", erinnert sich der Personalberater.

Auch sollten Kandidaten den Background der handelnden Protagonisten unter die Lupe nehmen. "Mal bei Xing oder LinkedIn die Profile anschauen", empfiehlt Kenneweg. Und Berufseinsteiger sollten auf Portalen wie diesen auch die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit von Mitarbeitern - "auch der Ehemaligen!" - prüfen. Auch Monika Ulmer von Ulmer Real Estate Recruitment aus München gibt jungen Kandidaten den Tipp, sich mithilfe der gängigen Business-Portale "über die bisherigen Verweildauern von Mitarbeitern im Wunschunternehmen - oder noch besser in der entsprechenden Abteilung - zu informieren". Auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie Kununu finden sich ebenfalls wertvolle Hinweise, ist sich Ulmer sicher.

Papier ist bekanntlich geduldig. Die konkreten Arbeitsbedingungen können anhand veröffentlichter Leitlinien kaum zuverlässig überprüft werden. Doch "eine fehlende soziale Nachhaltigkeit schlägt sich auf Dauer in einer erhöhten Fluktuation nieder", warnt Ulmer. Es könnte sich also lohnen, schreibt sie Absolventen ins Stamm-buch, sich bezüglich seines Wunscharbeitgebers auch vorab im eigenen Netzwerk, soweit schon vorhanden, umzuhören. Oder die eigenen Profs zu fragen.

Kenneweg gibt Absolventen den Ratschlag, noch einen Schritt weiterzugehen und den Spieß einfach mal umzudrehen, also "vorbereitet in Bewerbungsgespräche zu gehen und gezielt Fragen zu stellen - und zwar nicht nur, wie es mit der Work-Life-Balance ausschaut!" Fragen wie diese: Wer sind die Gesellschafter? Wie laufen die Prozesse? Mitarbeiterfluktuation? Kurz-, mittel- und langfristige Ziele des Unternehmens?

Auch all das, was man im Studium gelernt hat, hilft (im Idealfall) dabei weiter, nachhaltigere von weniger nachhaltigen Geschäftsmodellen zu unterscheiden. Ebenso wie das eigene theoretische Urteilsvermögen und bereits im Studium oder zuvor in einer Ausbildung geknüpfte Kontakte in der Branche.

100%ig belastbare Aussagen zur Zukunftstauglichkeit von Geschäftsmodellen oder der Seriosität von Arbeitgebern liefern jedoch auch alle diese Werkzeuge zusammen nicht: "Es ist schwer, aus einer Internet-Recherche und zwei Einstellungsgesprächen herauszufinden, ob nachhaltige Geschäftsmodelle vorhanden sind. Gut vorbereitete Fragen in Bezug auf die strategische Ausrichtung eines Unternehmens sind sicherlich hilfreich - können aber nur ein Bauchgefühl verbessern", konstatiert Frank Groß von immopersonal consulting frank gross aus Kiel trocken.

Ein Punkt, in dem sich Berater uneins sind, ist die ideale Unternehmensgröße des ersten Arbeitgebers. "Mit dem Wechsel von einem größeren zu einem kleineren Unternehmen lässt sich ein Aufstieg auf die nächste Ebene leichter realisieren. Karriereorientierte Absolventen sollten darum bevorzugt bei einem größeren Unternehmen beginnen", empfiehlt Monika Ulmer Hochschulabgängern.

Andererseits ergeben sich bei kleinen und mittelständisch geprägten Unternehmen mitunter sehr gute Möglichkeiten zum Einstieg. "Zwangsläufig nicht in der Anzahl der angebotenen Positionen, aber qualitativ auf jeden Fall", weiß Kenneweg. "Gerade für Absolventen ist hier der Einstieg für die weitere Karriere oft sehr positiv, da Aufgaben gebündelter übernommen werden und es keine kleinteilige Bereichsaufteilung gibt. Junge Mitarbeiter können hier oftmals frühzeitiger Verantwortung übernehmen."

Für die vermeintlich kleinen Fische spricht zudem, dass die Arbeitsinhalte bereichsübergreifend ausgelegt sind. "Der Berufseinsteiger bekommt tiefere Einblicke in das gesamte Unternehmen, in die Vielfalt der Aufgaben und kann somit Prozesse und Ergebnisse ganzheitlich aktiv mitgestalten", sagt Frank Groß. Die großen Fische dagegen sind sehr arbeitsteilig strukturiert und benötigen also in der jeweiligen Disziplin Fachkräfte: "Hier werden dann eher Spezialisten entwickelt."

Uneins sind sich auch die Studenten: Bei der Studierendenbefragung der Immobilien Zeitung vom Frühjahr 2016 sagte ein Drittel der 588 Teilnehmer, keine Präferenzen in Sachen Mitarbeiterzahl zu haben. Rund 20% wollen für Firmen mit maximal 50 Leuten arbeiten, gut 30% sehen sich zum Karrierestart in Unternehmen mit bis zu 500 Köpfen, und nur 16% wollen in Konzernen mit mehr als 500 Leuten anfangen.

Wer sich zum Einstieg bewusst eine kleinere oder mittelständische Firma aussucht (und den Job kriegt), sollte sich besonders gut auf die Berufswahl vorbereiten, so Kenneweg. Sprich: die eigenen Interessen und Stärken besonders gründlich geprüft, sich besonders genau über die verschiedenen Berufsbilder informiert und relevante Praktika gemacht haben.

Harald Thomeczek