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"Wer Karriere machen will, muss den Mund auftun"

Philip Dunne (3. v.r.), President Europe bei Prologis, bei einem Treffen mit Nachwuchsführungskräften im Rahmen der Breakthrough-Initiative.

Philip Dunne (3. v.r.), President Europe bei Prologis, bei einem Treffen mit Nachwuchsführungskräften im Rahmen der Breakthrough-Initiative.

Bild: Prologis

Karriere 01.10.2015
Doch gerade Frauen tun sich schwer damit, ihre Karrierewünsche zu formulieren. Deswegen hat Prologis vor rund einem Jahr Breakthrough ins Leben gerufen. Mit der globalen Diversitätsinitiative ... 

Doch gerade Frauen tun sich schwer damit, ihre Karrierewünsche zu formulieren. Deswegen hat Prologis vor rund einem Jahr Breakthrough ins Leben gerufen. Mit der globalen Diversitätsinitiative will der Logistikimmobilienentwickler auch Frauen helfen, in Führungspositionen aufzusteigen. Die Angebote richten sich jedoch an beide Geschlechter.

Seit gut einem Jahr gibt es bei Prologis die Initiative Breakthrough, durch die mehr Frauen in Führungspositionen kommen sollen. "Wir haben uns kein Zahlenziel gesetzt", sagt Martina Malone, "aber ein Anteil von 10% von Frauen in Führungspositionen ist zu wenig". Malone ist Senior Vice President, Client Relations Europe, bei Prologis in Großbritannien und leitet Breakthrough in Europa. Eine feste Frauenquote sei stark diskutiert, doch letztendlich abgelehnt worden. Dennoch werde die Geschlechterverteilung auf den verschiedenen Führungsebenen alle sechs Monate von der Initiative unter die Lupe genommen.

Etwa die Hälfte der Mitarbeiter sind Frauen. Dennoch sind bei Prologis von den 107 Führungskräften auf der Ebene Senior Vice President oder höher nur 13 weiblich. Sie spielen bei der Breakthrough-Initiative eine tragende Rolle. Auf der obersten Führungsebene bleiben die Männer des weltweit rund 1.500 Angestellte zählenden Unternehmens bislang ganz unter sich. Breakthrough will das ändern und setzt dabei auf die stärkere Rekrutierung, Förderung und Bindung von weiblichen Mitarbeitern. Neben einem ausgewogeneren Geschlechterverhältnis soll die Vernetzung gefördert und ein Talentepool aufgebaut werden. Außer Trainings, Netzwerkveranstaltungen und Vorträgen gibt es auch Mentorenprogramme. Die Angebote richten sich an beide Geschlechter, und auch die Männer nehmen diese wahr. In Schulungen wird u.a. das Thema "unconscious bias" aufgegriffen. Gemeint sind damit unbewusste Vorurteile, die beide Geschlechter in Bezug auf Geschlechterrollen haben und die sie am Aufstieg genauso hindern können wie Vorurteile des anderen Geschlechts.

Männern falle es oft leichter, nach einer Gehaltserhöhung oder einer Beförderung zu fragen. Frauen erhalten durch die Initiative Anstöße, stärker für sich selbst einzustehen. "Wer Karriere machen will, muss den Mund auftun", sagt Malone. "Das ist einfach so, sonst wird das mit der Karriere schwierig." Gleichzeitig sollen auch die Chefs für die geschlechtsspezifischen Unterschiede stärker sensibilisiert werden.

Männer seien die besseren Netzwerker, hat Malone beobachtet. Sie würden abends auch mal mit ihrem Chef etwas trinken gehen. Um die Netzwerkchancen während der Arbeitszeit auszubauen, organisiert Breakthrough Lunch-Termine mit Führungskräften. Kündigt sich z.B. der US-Chef zu Besuch in einem europäischen Büro an, dann werden sechs Lunch-Plätze mit ihm per E-Mail vergeben, und zwar auf der Basis "first come, first serve".

Die Initiative ist eingebettet in eine Talentestrategie. Ziel sei es, einen großen Talentepool zu entwickeln. "Prologis soll ein Employer of Choice werden", sagt Malone. Dass sie bei ihrem eigenen Vorstellungsgespräch von drei Frauen interviewt wurde, habe sie damals positiv überrascht und sei ein wichtiges Zeichen gewesen.

Breakthrough hat zudem einen ökonomischen Hintergrund. Diversity ist ein business case. Je mehr unterschiedliche Blickwinkel vertreten seien, desto besser sei das fürs Geschäft, sagt Malone. Geschlechtervielfalt als Wirtschaftlichkeitsrechnung. Gestützt wird diese Argumentation u.a. von einer "Women matter"-Studie von McKinsey. Demnach haben Unternehmen, in denen Frauen im obersten Quartil der Führungsgremien vertreten sind, durchschnittlich eine um 47% höhere Eigenkapitalrendite sowie ein um 55% höheres operatives Ergebnis (Ebit). Mit Breakthrough soll der Gedanke der Geschlechtervielfalt langfristig in der DNA der Firma verankert werden. Deswegen ist die Initiative in den Zielen für 2015 festgeschrieben und wird von der obersten Führungsebene unterstützt. Die Umsetzung spiegele sich jedoch noch nicht in den Vergütungsstrukturen bzw. Boni wider, sagt Malone.

Auf ein solches Modell hatte einst Vinci Facilities, neben anderen Maßnahmen, gesetzt und die Frauenförderung im Unternehmen erfolgreich angestoßen (siehe "Wer Frauen fördert, erhält mehr Geld"). Auch die European Public Real Estate Association (Epra) will den niedrigen Frauenanteil im Top-Management der europäischen Immobiliengesellschaften erhöhen. Im Board of Directors, dem obersten Führungsorgan, sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur 13% Frauen. Epra rief eine Gender-Diversity-Initiative ins Leben, die mittels Schulungen, Netzwerkaufbau und Mentorenprogrammen den Frauenanteil erhöhen will. Die Mitgliedsunternehmen sollen sich dazu bekennen, talentierte Managerinnen zu fördern und zu unterstützen. Auch der International Council of Shopping Centers (ICSC) hat mit "Women in Retail Real Estate" ein europäisches Diversitätsprojekt aufgelegt, das weiter ausgebaut werden soll.

Bei Prologis engagiert sich Malone für Breakthrough auch, damit mehr Frauen Beruf und Familie vereinbaren können. Eine Kinderpause sollte keine Karrierebremse sein, sagt die Mutter von zwei Kindern. Sie wünscht sich, dass die Entscheidungsfrage Kinder oder Karriere künftig kein Thema mehr ist. "Das ist eine ganz gemeine Frage. So eine will ich mir nicht stellen müssen."

Das Thema Frauen und Karriere holt Prologis auch auf die Immobilienmesse Expo Real. Am Messe-Dienstag diskutiert Philip Dunne, President Europe von Prologis, das Thema "The war on talent for Real Estate's Top Jobs - Where are the women?" von 14 Uhr bis 15:30 Uhr in Halle C2, Raum C22. Seine Gesprächspartner sind u.a. Christian Ulbrich (CEO Emea von JLL) und die ehemalige Präsidentin der Royal Institution of Chartered Surveyors, Louise Brooke-Smith. Vernetzen können sich Frauen auch beim Frühstück des Vereins Frauen in der Immobilienwirtschaft am Messe-Mittwoch ab 10 Uhr am Stand der Stadt München (A1.320). Am 8. Dezember 2015 findet in Berlin der erste Jahreskongress Immobilien-Frauen statt. Veranstalter des Netzwerkkongresses für Frauen, die den Takt angeben, ist Heuer Dialog. Die Teilnahmegebühr beträgt 950 Euro zzgl. 19% USt. Nähere Informationen gibt es unter www.heuer-dialog.de/veranstaltungen.

Sonja Smalian

Frauen fehlen berufliche Netzwerke zum Aufstieg

Zum Frauennetzwerktag von Vinci Deutschland war die ehemalige taz-Chefredakteurin Bascha Mika (zweite Reihe, siebte von rechts) als Referentin geladen, die den Frauen Mut zusprach, im Job auch nach höheren Positionen zu streben.

Zum Frauennetzwerktag von Vinci Deutschland war die ehemalige taz-Chefredakteurin Bascha Mika (zweite Reihe, siebte von rechts) als Referentin geladen, die den Frauen Mut zusprach, im Job auch nach höheren Positionen zu streben.

Bild: E. Lenz-Greenhough

Karriere 25.04.2013
Bei Vinci Deutschland sollen mehr Frauen Führungspositionen übernehmen können. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen des Bauhaupt- und -nebengewerbes auf ungewöhnliche Mittel: ... 

Bei Vinci Deutschland sollen mehr Frauen Führungspositionen übernehmen können. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Unternehmen des Bauhaupt- und -nebengewerbes auf ungewöhnliche Mittel: Wenn Geschäftsführer in ihrem Bereich Maßnahmen zur Frauenförderung erfolgreich umsetzen, werden sie mit Boni belohnt. Das Programm zur Frauenförderung wird vom Europäischen Sozialfonds finanziell unterstützt und gewann innerhalb des europaweit agierenden Konzerns einen Innovationspreis. Nach fünf Jahren zieht Sylvia Schröpl, Personalleiterin von Vinci Facilities Deutschland, ein erstes Fazit.

Immobilien Zeitung: Frau Schröpl, seit fünf Jahren bauen Sie innerhalb von Vinci Deutschland ein Programm zur Frauenförderung auf. Was hat sich dadurch verändert?

Sylvia Schröpl: Wir haben das Bewusstsein im Unternehmen für die Belange der Chancengleichheit von Frauen von null auf hundert verändert. Heute kann über die Frauenförderung sachlich diskutiert werden.

IZ: Warum engagieren Sie sich so stark für die Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen?

Schröpl: Dafür gibt es viele handfeste ökonomische Gründe. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen wurde verändert. Frauenförderung ist nunmehr ein Ausschreibungsmerkmal. Auch bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand ist die Frauenförderung des Unternehmens ein wichtiges Thema. Und dieser Marktdruck wird weiter wachsen. Zudem wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass Unternehmen mit Frauen in der Führungsspitze wirtschaftlich erfolgreicher sind. Außerdem erlaubt es der Fachkräftemangel nicht, gut ausgebildeten Frauen Aufstiegschancen und Karrierewege vorzuenthalten.

IZ: Sie knüpften das Erreichen des vollen Bonus bei den Geschäftsführern an die Einführung frauenfördernder Maßnahmen. Was hat das gebracht?

Schröpl: Die Mehrheit der Männer hat ihre Selbstverpflichtung im vergangenen Jahr nicht erreicht. Dabei waren die meisten der verschiedenen Maßnahmen zur Frauenförderung sehr einfach zu erreichen. Dazu zählte beispielsweise die Organisation eines Girls' Day. Die Führungskräfte scheinen die unternehmerische Notwendigkeit für die Umsetzung solcher Maßnahmen nicht verstanden zu haben. Dies wirkt sich entsprechend finanziell aus.

IZ: Wie reagieren Sie darauf?

Schröpl: Wir stellen das System um. Zukünftig gibt es anstelle eines umfangreichen Maßnahmenkatalogs nur noch einige wenige Maßnahmen, die jedoch etwas aufwendiger sind. Dazu zählt zum Beispiel die Ausarbeitung eines Karriereplans für eine weibliche Mitarbeiterin, der in einer Beförderung mündet. Welche Aufgaben die männliche Führungskraft umsetzen möchte, darf sie selbst entscheiden. Die zweite Neuerung ist, dass die Führungskräfte für ihr Engagement bei der Frauenförderung künftig zusätzliche Boni erhalten können, also belohnt werden.

IZ: Diese Maßnahmen wirken auf die Beschäftigten. Was machen die Frauen selbst?

Schröpl: Die Grundidee des Konzepts ist es, die aktuellen Arbeitsbedingungen, in denen Frauen keine Karriere machen können, zu verändern. Wir haben gemeinsam Bereiche definiert, in denen wir etwas verändern möchten. Nun erarbeiten die Frauen in kleinen Teams mit bis zu zehn Mitarbeitern verschiedene Maßnahmen.

IZ: Wie sehen diese aus?

Schröpl: Die Arbeitsgruppe Families at work hat beispielsweise eine Kooperation mit dem PME Familienservice aufgebaut. Darüber kann sehr kurzfristig eine Kinderbetreuung organisiert werden. Plötzlich können auch Frauen an Terminen teilnehmen, die in den Abend reichen und von denen sie früher ausgeschlossen waren.

IZ: Wie finanzieren Sie diese Maßnahmen?

Schröpl: Wir erhalten vom Europäischen Sozialfonds und dem Unternehmen mehrere hunderttausend Euro für einen Zeitraum von drei Jahren. Die ersten zwei Jahre wurden wir ausschließlich von Vinci gefördert.

IZ: Warum brauchen Frauen solch eine besondere Förderung überhaupt?

Schröpl: Weil sie sich schwer tun, innerhalb eines Unternehmens berufliche Netzwerke aufzubauen, und sie an den männerdominierten Netzwerken nicht beteiligt werden. Wenn es dann um eine Stellenbesetzung geht, gehen Frauen häufig leer aus, weil sie in den Machtzirkeln unbekannt sind. Deswegen legen wir jetzt ein Mentoringprogramm auf, um die männlichen Führungskräfte mit den weiblichen Beschäftigten zu vernetzen.

IZ: Gerade hat der Bundestag die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Aufsichtsräte abgelehnt. Wie wichtig wäre eine Quote für Frauen in Führungspositionen?

Schröpl: Sehr wichtig. Wenn wir in derselben Geschwindigkeit wie bisher versuchen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, dann sind wir Studien zufolge erst in 25 Jahren da, wo die Unternehmen sein müssen - sein müssen, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Eine Veränderung in absehbarer Zeit ist nur über eine Quote zu erreichen. Die EU-Politikerin Viviane Reding sagte vor kurzem, sie möge die Quote nicht, aber sehr wohl ihr Ergebnis. Ich sehe das ebenso und warte auf eine europäische Entscheidung in dieser Frage. Ansonsten müssen Frauen für das, was Männern automatisch zugesprochen wird, auch weiterhin betteln und kämpfen.

IZ: Frau Schröpl, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

IZ

Wer Frauen fördert, erhält mehr Geld

Hand in Hand mit den Männern funktioniert die Frauenförderung bei Vinci
Facilities Deutschland, zu der Gruppe gehört auch SKE. Personalleiterin
Sylvia Schröpl (rechts) kann für die Finanzierung ihrer Maßnahmen auf
Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds z

Hand in Hand mit den Männern funktioniert die Frauenförderung bei Vinci Facilities Deutschland, zu der Gruppe gehört auch SKE. Personalleiterin Sylvia Schröpl (rechts) kann für die Finanzierung ihrer Maßnahmen auf Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds z

Bild: IZ

Karriere 31.05.2012
Wenn Unternehmen auch Frauen in Führungspositionen haben möchten, müssen sie erfinderisch sein. Weil es immer noch an weiblichen Vorbildern mangelt, können sich viele Frauen eine ... 

Wenn Unternehmen auch Frauen in Führungspositionen haben möchten, müssen sie erfinderisch sein. Weil es immer noch an weiblichen Vorbildern mangelt, können sich viele Frauen eine Führungsrolle nicht vorstellen. Dabei sind nicht nur der drohende Fachkräftemangel, sondern auch Wettbewerbsvorteile gute Argumente für mehr Vielfalt in den Führungsetagen. Bei Vinci Deutschland, einem Unternehmen des Bauhaupt- und -nebengewerbes, werden die alten Strukturen mit einem neuen Personalentwicklungssystem aufgebrochen. Preisgekrönt vom Konzern und gefördert durch den Europäischen Sozialfonds, zeigt es bereits Ergebnisse. Was sich ändern musste, damit die erste Geschäftsführerin berufen werden konnte, erläutert Sylvia Schröpl, Personalleiterin von Vinci Facilities Deutschland, die das Projekt initiiert hat.

Immobilien Zeitung: Frau Schröpl, für Frauenförderung werden bei Ihnen die Männer belohnt. Ein ungewöhnlicher Ansatz, was steckt dahinter?

Sylvia Schröpl: Wir wollten die Arbeitsbedingungen in unserer Unternehmensgruppe so verändern, dass auch Frauen Führungspositionen übernehmen können. Obwohl von den rund 1.800 Mitarbeitern von Vinci Deutschland etwa 20% Frauen sind, ist die Führungsriege fast ausschließlich männlich. Um an diesen Strukturen etwas zu ändern, mussten wir die Männer für die Maßnahmen zur Frauenförderung gewinnen.

IZ: Wie ist Ihnen das gelungen?

Schröpl: Ganz einfach über Geld und Status. Wenn Geschäftsführer in ihrem Bereich Maßnahmen zur Frauenförderung erfolgreich umsetzen, erhalten sie keinen Abzug. Im nächsten Schritt verfeinern wir die Vergütungsregelung, dann wird es Boni für das Engagement geben.

IZ: Und das funktioniert?

Schröpl: Ja, inzwischen ist schon fast ein kleiner Wettstreit ausgebrochen, wer sich mehr um seine Damen bemüht. Und wir haben seit Jahresanfang auch die erste Geschäftsführerin. Das wäre vor ein, zwei Jahren noch undenkbar gewesen.

IZ: Wie finanzieren Sie dieses System?

Schröpl: Wir erhalten über drei Jahre mehrere hunderttausend Euro Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds. Das ist eine große Summe Geld und dadurch wurde das Thema Frauen in Führungspositionen plötzlich auch für die Männer interessant. Denn über diesen großen monetären Hebel erhielt das Thema einen Status und eine Wichtigkeit, die es vorher nicht hatte. Das hat der Initiative einen richtigen Push gegeben. Zudem steht die Geschäftsführung hinter dem Programm und als einzige deutsche Gesellschaft wurden wir 2011 dafür mit dem Innovationspreis des weltweiten Vinci-Konzerns ausgezeichnet.

Für insgesamt 30 verschiedene Maßnahmen gibt's Boni

IZ: Welche Maßnahmen bringen denn Boni?

Schröpl: Wir haben die qualitativen Ziele der Frauenförderung auf quantitativ messbare Ziele heruntergebrochen und insgesamt 30 Einzelmaßnahmen quantifiziert, die mit einem bestimmten Wert hinterlegt sind. Dazu zählen die Organisation eines Girls' Day oder ein Unternehmenstag für Berufsschülerinnen.

IZ: Das bezieht sich auf die Rekrutierung. Was machen Sie für Frauen, die bereits im Unternehmen sind?

Schröpl: Da unterstützen wir Maßnahmen, die Frauen motivieren, in Führungspositionen zu gehen oder zu bleiben, auch wenn sie eine Familie gründen. Das ist uns nun zum ersten Mal mit einer stellvertretenden Niederlassungsleiterin gelungen. Trotz einjähriger Babypause bleibt sie ohne Karriereknick und Unterbrechung auf dieser Position. Sie nimmt am wöchentlichen Jour fixe mit dem Kunden teil, der zwei Stunden dauert, und bleibt über alle Entscheidungsprozesse informiert. Alles läuft weiter über ihren E-Mail-Account. Sie muss sich jedoch nur einklinken, wenn sie es will. Führung in Teilzeit ist möglich und sollte Routine werden. Wir können vorleben, dass es geht!

IZ: Haben Sie auch über den Einsatz einer Frauenquote nachgedacht?

Schröpl: Ja. Ich war früher bei den amerikanischen Streitkräften beschäftigt und dort war die Quote gelebte Normalität. Schnelle Veränderungen können nur über die Quote erreicht werden. Doch dieser Begriff ist inzwischen so negativ behaftet, dass allein aufgrund dieser Tatsache damit nichts mehr bewegt werden kann.

IZ: Weil die Männer sich benachteiligt fühlen?

Schröpl: Ja, und die Frauen auch. Als wir mit unserem Programm zur Frauenförderung begannen, haben wir verschiedene Maßnahmen zunächst nur für Frauen entwickelt und sie erst nach einem Jahr auch den Männern zur Verfügung gestellt, z.B. im Gesundheitsmanagement. Damit haben wir uns viel Antipathie eingehandelt. Deswegen würde ich diesen Ansatz heute auch nicht mehr wählen. Nun zielen unsere Maßnahmen gleichermaßen auf die Verbesserung der Lage für Männer und Frauen, allerdings haben beide unterschiedliche Bedürfnisse. Für Frauen bieten wir Selbstmarketingkurse und für Männer Sensibilisierungskurse an. Wir wollen erreichen, dass beide Geschlechter die Verhaltensweisen des anderen besser verstehen und Frauen leichter aufsteigen können. Denn das bringt dem Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile.

Wettbewerbsvorteile mit Frauen in Führungspositionen

IZ: Inwiefern?

Schröpl: Unternehmen, in denen auch Frauen Führungspositionen bekleiden, sind wirtschaftlich erfolgreicher, wie Studien nachgewiesen haben. Auch der Fachkräftemangel erlaubt es nicht, weiterhin gut ausgebildete Mitarbeiter aufgrund von Familienplanung dauerhaft zu verlieren. Ganz konkret profitiert das Unternehmen aber bereits jetzt von dem Programm. Bei Ausschreibungen von PPP-Projekten konnten wir uns dadurch bereits Vorteile sichern, denn solche Initiativen wurden in der Ausschreibung berücksichtigt. Das ist ein Marktvorteil, der relativ einfach zu erreichen ist, und im europäischen Ausland übrigens oft schon als Standard vorausgesetzt wird. Deutschland hinkt im europäischen Kontext bereits deutlich hinterher. Sie sehen, ich kann also nicht noch fünf Jahre warten.

IZ: Frau Schröpl, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Sonja Smalian