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Der Adlon-Architekt Jürgen Patzschke ist gestorben

Jürgen Patzschke wurde 1938 in Radebeul geboren und gilt als ein bedeutender Verfechter einer klassisch-traditionellen Architektur.

Jürgen Patzschke wurde 1938 in Radebeul geboren und gilt als ein bedeutender Verfechter einer klassisch-traditionellen Architektur.

Urheberin: Caro Hoene

Köpfe 14.09.2020
Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Rüdiger hat Jürgen Patzschke das Hotel Adlon am Pariser Platz in Berlin entworfen. Die Luxusherberge im historischen Stil ist bis heute das bekannteste ... 

Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Rüdiger hat Jürgen Patzschke das Hotel Adlon am Pariser Platz in Berlin entworfen. Die Luxusherberge im historischen Stil ist bis heute das bekannteste Bauwerk der zeitlebens unzertrennlichen Zwillinge. Jetzt ist Jürgen Patzschke im Alter von 81 Jahren in Berlin gestorben.

Als Kind träumte Jürgen Patzschke davon Förster werden, genauso wie sein Bruder Rüdiger, mit dem er sein ganzes Leben gemeinsam verbracht hat. Doch wie schon ihr Großvater und ihr Vater begeisterten sich die Zwillinge später für die Architektur und folgten dabei dem Vorbild der traditionellen europäischen Stadt und entwarfen Gebäude im klassischen Stil. Das brachte ihnen in einer Zeit, in der das Bauhaus der Maßstab aller Dinge war, viel Schelte ein.

Stuck abschlagen kommt einer "architektonischen Bücherverbrennung" gleich

Doch an einer Architektur, die eine Stadt unpersönlich und unbewohnbar macht, wollten die Zwillinge niemals teilhaben. "Als wir als junge Menschen mitbekommen haben, dass der Stuck von den Fassaden der Gründerzeithäuser abgeschlagen worden ist, waren wir entsetzt. Wir empfanden es als eine Art architektonische Bücherverbrennung. Da sind Kulturen abgeschlagen worden!", sagte Jürgen Patzschke im vergangenen Jahr im Interview mit der Immobilien Zeitung.

Wider den architektonischen Mainstream

Gemeinsam mit seinem Bruder stellte er sich gegen die damals vorherrschende Architektur und Stadtplanung der Moderne: "Wer allein ist und eine Architektur durchsetzen will, die vom Mainstream abweicht, der hat schlechtere Karten als zwei, die sich den Rücken stärken. Allein hätten wir nicht gegen den ganzen Architekturkult der Moderne bestehen können", war Jürgen Patzschke überzeugt. Mit 29 Jahren gründeten die Zwillinge ihr eigenes Architekturbüro und blieben ihrer Linie treu, auch wenn sie für ihren Entwurf des Adlons bei Architekturkritikern viel Spott ernteten und sich danach fünf Jahre lang kein Bauherr fand, der ihnen einen Auftrag erteilte.

Doch das änderte sich bald wieder und die Anerkennung für den klassischen Baustil wurde den Patzschke-Zwillingen später doch noch zuteil. "Wir leben besser und schöner in Städten, seitdem Patzschkes ihre Fackel aufgesteckt haben", sagte Christoph Stölzl, Präsident der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und Berliner Kultursenator a.D., in seiner Laudation zum 80. Geburtstag der Patzschke-Zwillinge im vergangenen Jahr.

Mit ihrer Begeisterung für die Struktur der europäischen Stadt und einer Architektur, die Räume schafft, in denen Menschen sich wohlfühlen, steckten die Zwillinge auch ihre eigenen Kinder an. Jürgen Patzschkes Kinder Till-Jonathan, Tatjana und Thaddäus sind ebenso in die väterlichen Fußstapfen getreten wie Rüdigers Patzschkes Sohn Robert, der eine Patzschke-Depandance auf Goa in Indien aufgebaut hat und damit den Spuren von Jürgen Patzschke folgte, der in jungen Jahren dorthin gereist war und dort schließlich zusammen mit seinem Bruder ein ehemaligen Plantagenhaus für die ganze Familie erwarb. In Berlin lebte Jürgen Patzschke gemeinsam mit seiner Familie und mit der seines Bruders Rüdiger in einem Haus in Berlin-Wannsee. Dort starb Jürgen Patzschke, der bis zum Schluss an seinen Ideen und Entwürfen gearbeitet hat, im Kreis seiner Familie am 10. September.

Martina Vetter

Robert Patzschke

Robert Patzschke mit seiner Frau.

Robert Patzschke mit seiner Frau.

Urheber: Michael Haiser

Karriere 06.02.2020
Der Berliner Architekt Robert Patzschke (47), geschäftsführender Gesellschafter des Büros Patzschke Architekten, hat eine besondere Verbindung zu Indien. Schon seine Kindheit verbrachte er ... 

Der Berliner Architekt Robert Patzschke (47), geschäftsführender Gesellschafter des Büros Patzschke Architekten, hat eine besondere Verbindung zu Indien. Schon seine Kindheit verbrachte er teilweise dort und er besuchte das Internat an der Lawrence School Sanawa. Erste berufliche Erfahrungen sammelte er beim Architekturbüro Gherzie Eastern in Bombay, anschließend im Architekturbüro Patzschke. 2005 bis 2014 baute er in Indien eine Niederlassung des Architekturbüros auf. Studiert hat Patzschke an der North London University und in Berlin an der Universität der Künste. Er ist verheiratet und Vater von Zwillingen.

Wo wohnen Sie zurzeit?

Ich wohne am S-Bahnhof Grunewald in einer Wohnung im Erdgeschoss eines gründerzeitlichen Gebäudes. Leider haben auch hier die Nachkriegsentstuckungsmaßnahmen ihr Zeugnis abgelegt und so ist das ehemals reich geschmückte Gebäude nun ein schlichter Putzbau. Hier im Erdgeschoss dieses Gebäudes mit einem kleinen Garten nimmt man Teil an dem gemütlichen Treiben dieses kleinen Platzes, der das Zentrum des umliegenden urbanen Gefüges darstellt. Innerhalb der Wohnung spielt sich in der Küche das Leben ab, dort ist auch mein Lieblingsplatz. Gerade die frühen Morgenstunden von 5 bis 7 Uhr genieße ich hier sehr - es sind die einzigen Momente am Tag, die ich für mich alleine habe, bevor die Familie erwacht und der Büroalltag seinen Lauf nimmt.

Haben Sie bei dieser Immobilie oder einer anderen beim Bau schon einmal selbst mit Hand angelegt?

Aufgrund meines Berufs als Architekt und meiner Tätigkeit als Planer habe ich selbstverständlich an meiner Wohnung und an vielen Gebäuden schon selbst Hand angelegt, sowohl planerisch-zeichnerisch als auch physisch handwerklich. Das Interieur unserer eigenen Wohnung besteht aus einem eklektizistischen Sammelsurium verschiedenster Gegenstände, Möbel und Elemente. Die Küche und Einbauschränke sind aus Spolien, aus historischen Bauelementen, zusammengestellt. Gesammelte Gegenstände und herumliegendes Spielzeug der Kinder machen die Wohnung lebendig und gemütlich.

Was muss das perfekte Haus/die perfekte Wohnung unbedingt haben?

Gerade als Architekt weiß ich, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, ein schönes Gebäude, ein schönes Haus und ein schönes Wohnumfeld zu gestalten. Gerade das macht es für Architekten so schwierig, ihr eigenes Wohnhaus zu entwerfen. Man möchte dort alle über die Jahrzehnte angesammelten Ideen unterbringen und so werden gerade Architektenhäuser oft ein zusammengewürfeltes Konglomerat verschiedenster Ideen. Andererseits gibt es verschiedene grundsätzliche Erfordernisse oder Aspekte, die eine perfekte Wohnumgebung beinhalten sollte. An erster Stelle steht hier natürlich das Wohnklima. Die Behaglichkeit bezüglich Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftzirkulation muss gegeben sein. Hier bin ich jedoch der Meinung, dass diese nicht unbedingt mit technischen Mitteln herbeigeführt werden sollte. Das Haus, so wie es bei Altbauten häufig der Fall ist, sollte passiv in der Lage sein, diesen Aspekt zu unterstützen.

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist für mich die Himmelsausrichtung. Der Blick nach Osten zum Sonnenaufgang wird für mich mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Genauso schön und wünschenswert ist der Blick nach Westen, um gemeinsam mit Familie und Freunden im Abendlicht den Tag ausklingen zu lassen. Ein perfektes Haus sollte sowohl Räumlichkeiten für ein geselliges Beisammensein anbieten als auch den einzelnen Bewohnern Rückzugsmöglichkeiten bieten. Aber auch die Praktikabilität der Wohnung sollte nicht unterschätzt werden und so würde ich in meiner nächsten Wohnung großflächige Abstellmöglichkeiten planen und mir meine eigene persönliche Ankleide wünschen.

Wo möchten Sie im Alter wohnen?

Früher bestand der Wunsch, in Indien zu wohnen. Nach zehn Jahren Wohnen und Arbeiten in Indien bin ich froh, wieder in Deutschland zu sein. Ein Leben im Alter auf dem Lande in Italien wäre eine durchaus denkbare Variante.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Das Schinkelsche Kasino an der Havel am Schloss Glienicke ist für mich ein perfektes Ensemble. Die Lage am Wasser mit dem Park im Hintergrund, das kleine Gebäude mit seiner ausgewogenen klassizistischen Gliederung und die langen Pergola-bekrönten Kolonnaden sind an ausgewogener Schönheit kaum zu übertreffen.

Und welches Gebäude in Deutschland würden Sie gerne abreißen und warum?

Gerade in Berlin gibt es unzählige Gebäude, die man gerne abreißen sollte. Die Kriegszerstörung hat ihre großen Narben hinterlassen, jedoch muss man auch dazusagen, dass die gleiche Zahl an Gebäuden, die im Krieg zerstört wurde, etwa noch einmal in den Nachkriegsjahren zerstört wurde. Ein Erneuerungs- und Modernisierungswahn hat in Deutschland und in Berlin dazu geführt, dass noch nach dem Krieg unzählige Gebäude abgetragen wurden, die nur leichte Kriegsschäden aufwiesen. Wir freuen uns heute über die alte Berliner Mitte. Wir können von Glück reden, dass in der DDR die Modernisierungswut vielleicht aufgrund fehlender wirtschaftlicher Mittel nicht ganz so stark ausgeprägt war wie im Westen der Stadt. Hätte man die Gebäude wieder aufgebaut, hätten wir womöglich ein in der Nachkriegszeit entstandenes UNESCO-Weltkulturerbe wie heute die Innenstadt von Warschau, die ebenfalls weitestgehend nach dem Krieg wiederaufgebaut wurde. Die entsprechenden Narben der 50er-, 60er- und 70er-Jahre gilt es peu à peu zu heilen, damit Berlin wieder eine schöne europäische Stadt werden kann.

Wann, wo und womit haben Sie als Erwachsener zum ersten Mal Geld verdient?

Parallel zum Studium fing ich an, mir eine Einnahmequelle aufzubauen. Zur damaligen Zeit Anfang/Mitte der 90er-Jahre war die CAD-gestützte Illustration von Gebäudeentwürfen noch nicht fortgeschritten bzw. ganz am Anfang. Aufgrund meiner Fingerfertigkeit im Malen und Zeichnen, vor allem von Architekturen, habe ich parallel zum Studium Architektur-Visualisierungen, Renderings und Illustrationen handzeichnerisch erarbeitet. Aufgrund des normalerweise in der Immobilienbranche zur Verfügung stehenden recht auskömmlichen Werbeetats waren diese Bilder, diese Auftragsmalerei gut bezahlt und so hatte ich das Glück, dass ich schon als Student ein gutes Leben führen konnte. Ein Großteil dieser Einnahmen floss in Reisen in verschiedenste Länder der Welt.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienbranche gefunden?

Mein Weg in die Immobilienbranche war quasi vorgezeichnet. Als Sohn des Architekturbüros Rüdiger und Jürgen Patzschke ist schon früh mein Wunsch aufgeflammt, selber Architekt zu werden und so ging mein Weg immer mit dem Ziel der Architektur vor Augen mit größeren und kleineren Umwegen und Abstechern doch geradewegs in die Immobilienbranche.

Was braucht man Ihrer Einschätzung nach, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Die Arbeit als Architekt bzw. als Inhaber eines Architekturbüros ist durchaus facettenreich. Man muss sicherlich einige Kommunikationsfertigkeiten mit sich bringen, um sowohl mit potentiellen und tatsächlichen Bauherren und auch mit den eigenen Mitarbeitern und anderen Fachplanern angenehm kommunizieren zu können. Man braucht natürlich auch ein Vorstellungsvermögen und eine gewisse Entwurfsqualität, um die Bauherren für sich gewinnen zu können und muss natürlich vor allem strebsam sein und die Projekte zur vollsten Zufriedenheit abarbeiten. Der aktuelle Boom in der Immobilienbranche hilft natürlich dabei, sich auch mit eigenen Projekten auf eigene Beine stellen zu können. Aber eine kontinuierliche gute Arbeit ist von äußerster Wichtigkeit und so konnte unser Büro auch durch mehrere Immobilienkrisen über die vergangenen 50 Jahre hinweg bestehen.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Im Büro teilen wir unsere Erfolge mit Familienmitgliedern und unseren Mitarbeitern. In speziellen Fällen wird auch mal eine Flasche Champagner geöffnet. Persönlich belohne ich mich gerne mit einer privaten Auszeit. Ein Tag, ein Wochenende, eine Exkursion.

Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Über Misserfolge wird mit stoischer Weiterarbeit hinweggegangen.

Was stört Sie in der Immobilienbranche? Und was finden Sie besonders gut?

Die Berliner Immobilienbranche boomt. Das ist für Architekten natürlich grundsätzlich von Vorteil. Andererseits erhöht sich dadurch auch die Konkurrenz. Gesellschaftlich kritisch ist natürlich die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt. Auch für mittelständige Unternehmen und Personen wird es zunehmend schwierig, sich eigene Immobilien leisten zu können. In der Tat ist es aus diesem Grund auch erforderlich, gewisse politische Instrumentarien zu entwickeln, die dem entgegenwirken. Ich bin jedoch stark am Zweifeln, ob die Strategien des aktuellen Berliner Senats hierfür die richtigen sind. Vielmehr habe ich aufgrund dieser Entwicklungen eher die Befürchtung, dass die Instandsetzung bestehender und der Bau neuer Wohnungen extrem stark zurückgehen wird. Dies werden nicht nur die Wohnungssuchenden zu spüren bekommen, sondern vor allem auch die kleinen Architekturbüros und Handwerksunternehmen.

Baulöwe, Miethai, Heuschrecke: Leute, die mit Immobilien Geld verdienen (wollen), haben nicht immer den besten Ruf. Zu Recht?

Als Architekt habe ich das Glück, dass ich zwar zum einen der Immobilienbranche zugeordnet werden kann, jedoch die negativen Konnotationen im Allgemeinen nicht an das Berufsbild des Architekten gebunden sind. Sollte man den Umfragen Glauben schenken, so gehört der Architekt mit zu den beliebtesten Berufsbildern.

Sie würden jungen Leuten raten, den Weg in die Immobilienwirtschaft einzuschlagen, weil...

Ein Dach über dem Kopf ist eines der Grundbedürfnisse des Menschen. Insofern wird es auch bei jeder Krise den Bedarf nach Wohnraum geben. Wir haben zwar auch schon Phasen erlebt, wo es ein Überangebot an Wohnraum gab und entsprechend die Immobilienwirtschaft krankte. Grundsätzlich halte ich die Immobilienbranche jedoch für verhältnismäßig stabil.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Bei Architekten spricht man oft nicht nur von einem Beruf, sondern von Berufung und so war auch bei mir der Wille, Architekt zu werden, so groß, dass es nie wirklich eine Alternative gegeben hat. Für die Zukunft kann ich mir jedoch vorstellen, mehr Zeit auf dem Lande zu verbringen. Ob nur als Gast am Wochenende oder in irgendeiner Form als Landwirt soll die Zukunft zeigen.

Was bringt Sie auf die Palme?

Grundsätzlich bin ich ein eher ausgeglichenes Gemüt. Ich suche immer nach Lösungsmöglichkeiten und versuche, auch die Gegenseite zu reflektieren. Was mich privat nervt, ist Entscheidungsunfreudigkeit, und was ich in meinem Team fordere, ist pünktliche und gute Arbeit.

Wie können Sie besonders gut abschalten?

Ich verbringe gerne Zeit mit meiner Familie im Freien, in der Natur, am See, im Wald, im Garten. Am besten abschalten von allem - von der Arbeit, von anderen Anspannungen - kann ich jedoch beim Reiten.

Welche kürzlich besuchte Veranstaltung hat Ihnen besonders gut gefallen und warum?

Ein Besuch in der Staatsoper mit Ballettaufführungen von S. Eyal und A. Ekman hat mich besonders beeindruckt. Dies ist kein klassisches Ballett, sondern eine Art Techno-Inszenierung in Ballettform. Diese gerade in den frisch hergerichteten Räumlichkeiten der Staatsoper zu sehen, fand ich außerordentlich spannend. Dementsprechend war auch das Berliner Szene-Publikum in diesen doch sehr traditionsreichen Räumlichkeiten vertreten und gerade dieses Spannungsverhältnis macht Berlin aus.

In welcher Bar/Restaurant/Diskothek kann man Sie häufiger antreffen?

Vor 20 Jahren hätte ich Ihnen noch eine Lokalität nennen können, wo ich regelmäßig bin. Damals wäre es wahrscheinlich das "90 Grad" gewesen. Zwischendurch haben mich zehn Jahre Auslandsaufenthalt in Indien etwas aus dem Leben in Berlin herausgenommen. Seit meiner Rückkehr sind auch meine Kinder Teil der Familie und so bin ich meistens Zuhause oder im Büro anzutreffen und nur sporadisch gibt es einen kulinarischen Ausflug in die Stadt zu unterschiedlichen Orten.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Natürlich gibt es viele leckere Sachen, die ich gerne esse: einen guten Fisch, ein paar Scampis, einen hausgemachten Braten und knackiges Gemüse. Wenn ich aber daran denke, was ich am häufigsten esse und auch immer wieder essen kann, dann ist es Ei mit Brot in seinen verschiedensten Darreichungsformen.

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an …?

Mein letzter Urlaub war ein außerordentlich spannender. Meine Mutter arbeitet seit über 25 Jahren als Archäologin an einer Ausgrabung einer Pyramide im südamerikanischen Peru. Sie hat dort die älteste Hochkultur Südamerikas von 3800 v. Chr. nachweisen können. Damit meine Kinder mit eigenen Augen diese spannende abenteuerliche Arbeit ihrer Großmutter wahrnehmen können und in Erinnerung behalten, bin ich mit meinen Zwillingen nach Peru gereist und habe dort zusammen mit meinem Vater und meiner Nichte meine Mutter auf ihrer Grabung besucht.

Mit welcher noch lebenden Persönlichkeit würden Sie gerne einen Abend verbringen?

Gerne würde ich einen Abend zu Hause mit Papst Franziskus zusammensitzen und mich mit ihm über seine persönlichen Ansichten unterhalten. Vor allem sein Streben nach "Tenderness", also nach Zärtlichkeit der Menschen untereinander, konfessionsunabhängig, halte ich für ausgesprochen schön und achtenswert. Obwohl ich mich der europäischen und der christlichen Kultur zugehörig fühle, sehe ich die christliche Kirche aber auch sehr kritisch. Gerade die Bibel als wegweisendes Dokument halte ich für äußerst fragwürdig.

Mit wem würden Sie gerne mal für einen Tag das Leben tauschen? Warum?

So wie ich mir auch ein Gespräch mit Papst Franziskus vorstellen könnte, würde ich auch gern einen Einblick in sein Leben und seinen Tagesablauf sowie das Leben im Vatikan nehmen. Als Architekt würden mich natürlich die Schichten, Einzelheiten und verborgenen Ecken dieses jahrhundertealten Gebäudekomplexes interessieren und faszinieren. Als Mensch hingegen, denke ich, gibt es nur wenige Lebensformen, die so andersartig als das normale profane Leben eines arbeitenden Familienvaters sind. Wie viel dieses Lebens Strategie und harte Arbeit ist und wie viel davon tatsächlich geistiger Kontemplation - das würde mich interessieren.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Grundsätzlich zieht einen das Interesse an der Andersartigkeit ins Ausland. Dabei ist zunächst einmal unwichtig, ob diese Andersartigkeit besser oder schlechter ist. Das Interesse an anderen Lebensformen, Kulturen sowie Flora und Fauna motiviert mich zum Reisen. Dabei wird abgeglichen, was davon besser ist als das, was man zu Hause vorfindet. Aufgrund meiner diversen Reisen, aber vor allem auch aufgrund meines langjährigen Aufenthaltes in Indien, habe ich jedoch festgestellt, dass nicht alles auf der anderen Seite des Zaunes grüner ist. Ich bin ausgesprochen glücklich in Berlin und in Brandenburg und genieße das Glück und Privileg, in diesem Land aufgewachsen zu sein und leben zu dürfen.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben – welchen Traum erfüllen Sie sich?

Wenn ich 100.000 Euro zur Verfügung und vor allem mehr Zeit hätte, dann würde ich sicherlich noch mehr reisen und weitere Länder anschauen, vielleicht findet sich ja doch ein Ort, der auch langfristig lebenswerter ist.

IZ

Architektonischer Eigensinn hat Tradition bei Patzschkes

Trotz unterschiedlicher Frisur unschwer als eineiige Zwillinge zu erkennen: Jürgen (links) und Rüdiger Patzschke, hier mit Rüdigers Sohn Robert (rechts) und Jürgens Sohn Till-Jonathan.

Trotz unterschiedlicher Frisur unschwer als eineiige Zwillinge zu erkennen: Jürgen (links) und Rüdiger Patzschke, hier mit Rüdigers Sohn Robert (rechts) und Jürgens Sohn Till-Jonathan.

Quelle: Patzschke Architekten; Urheber: Waldemar Salesski

Karriere 04.10.2019
Als die Zwillingsbrüder Rüdiger und Jürgen Patzschke vor 50 Jahren ihr Büro gründeten, hatten sie sich einer Architektur jenseits des damaligen Mainstreams verschrieben. Statt glatter ... 

Als die Zwillingsbrüder Rüdiger und Jürgen Patzschke vor 50 Jahren ihr Büro gründeten, hatten sie sich einer Architektur jenseits des damaligen Mainstreams verschrieben. Statt glatter Rasterfassaden schufen sie Häuser im klassischen Stil. Damit ernteten sie bei Architekturkritikern reichlich Häme. Das galt vor allem für ihr bis heute bekanntestes Bauwerk, das Hotel Adlon Kempinski in Berlin. Die Zwillinge blieben ihrem Stil treu und ihr Büro, das inzwischen mehrere ihrer Kinder fortführen, läuft heute besser denn je. Die Immobilien Zeitung sprach mit den 80-jährigen Brüdern und Rüdiger Patzschkes Sohn Robert über ihre Karriere, architektonischen Eigensinn und das Glück, damit nicht allein zu sein.

Immobilien Zeitung: Das Hotel Adlon ist Ihr bekanntestes und zugleich umstrittenstes Bauwerk. Wie kamen Sie zu dem Auftrag?

Rüdiger Patzschke: Otto Walterspiel von Kempinski suchte damals nach Architekten für den Neubau des Adlons. Er wollte keine Replik, aber ein Gebäude, das in der Anmutung an das alte Adlon erinnert. Bevor er auf uns zukam, hatte er sich schon die Ideen mehrerer namhafter Büros angesehen und durch die Bank Entwürfe mit Lochfassaden und wenig repräsentativen Eingängen erhalten. Wir lieferten ihm drei Entwürfe, von denen einer genauso gebaut worden ist, wie wir ihn gezeichnet haben.

IZ: Sie haben mit der Hand gezeichnet?

Jürgen Patzschke: Ja, das machen wir in der Entwurfsphase bis heute so. Eine Fassade bekommt einen ganz anderen Charakter, wenn man mit der Hand zeichnet und nicht einfach ein Raster in einen Computer eingibt.

IZ: Für das im traditionellen Stil gebaute Adlon sind Sie von Architekturkritikern sehr angefeindet worden. Wie hat sich das ausgewirkt?

Jürgen Patzschke: Wir haben viel Honorar für das Adlon bekommen, aber danach gab es erst einmal fünf Jahre lang keine Aufträge.

IZ: Und wie haben Sie weitergemacht?

Rüdiger Patzschke: Unbeirrt. Wir waren Überzeugungstäter. Wir wollten nicht teilhaben an einer Architektur, die eine Stadt unpersönlich und unbewohnbar macht.

IZ: Woher kam diese Überzeugung?

Jürgen Patzschke: Als wir als junge Menschen mitbekommen haben, dass der Stuck von den Fassaden der Gründerzeithäuser abgeschlagen worden ist, waren wir entsetzt. Wir empfanden es als eine Art architektonische Bücherverbrennung. Da sind Kulturen abgeschlagen worden!

Rüdiger Patzschke: Im Studium war das Bauhaus das Maß aller Dinge, so als hätte es zuvor keine Architektur gegeben. Und in der Stadtplanung herrschte das Denken vor, dass man Arbeiten und Wohnen trennen müsse. Wir fanden es dagegen wunderschön, in einem Wohnviertel in Zehlendorf zu arbeiten, wo wir bis heute unser Büro haben. Dass man die historische europäische Stadt als positiv empfinden konnte, diese Gedankengänge gab es damals nicht. Heute fahren alle Leute gerne in alte Städte und die Menschen leben am liebsten in intakten historischen Stadtvierteln.

IZ: Wie haben Sie es geschafft, sich gegen die damals vorherrschende Architekturauffassung durchzusetzen?

Rüdiger Patzschke: Hermann Hesse hat einen wunderbaren Aufsatz über Eigensinn verfasst, in dem es darum geht, sich von den Erwartungen des Umfelds freizumachen und seinen eigenen Sinn zu entdecken und dazu zu stehen. Für uns war es leichter, unseren Eigensinn zu verteidigen, weil wir zu zweit waren und sind. Der doppelte Eigensinn hat uns sehr geholfen.

Jürgen Patzschke: Wer allein ist und eine Architektur durchsetzen will, die vom Mainstream abweicht, der hat schlechtere Karten als zwei, die sich den Rücken stärken. Allein hätten wir nicht gegen den ganzen Architekturkult der Moderne bestehen können.

Robert Patzschke: In der modernen Architektur wird immer alles intellektualisiert. Stadträume und Lebensräume zu erhalten und zu schaffen, das ist das, was uns wichtig ist. Wir haben in Berlin-Mitte um die 30 Gebäude errichtet, an denen die meisten Leute vorbeilaufen, ohne sie bewusst wahrzunehmen, weil sie sich nicht in den Vordergrund drängen. Aber sie fühlen sich wohl, weil wir bei unserer Architektur auf Elemente zugreifen, die sich bewährt haben und daraus eine eigene Schöpfung kreieren.

IZ: Stört es Sie nicht, wenn Architekturkritiker lästern?

Robert Patzschke: Nein. Es ist viel wichtiger, wie die Architektur auf die Menschen wirkt. Jeder Mensch hat ein Gefühl, eine Assoziation oder ein Erlebnis, wenn er irgendwo entlangläuft. Und deshalb ist jeder Mensch ein berechtigter Architekturkritiker.

Jürgen Patzschke: Neotraditionalisten wie wir reflektieren am besten, was die Menschen wollen. Sie wollen einen Wiedererkennungseffekt und ein Wohlgefühl. Wir haben von Anfang an so gebaut, wie wir es für richtig hielten, und haben uns nicht dem Zeitgeist unterworfen. Bei Umfragen lagen wir immer weit vorn, auch wenn Architekturkritiker anderer Meinung waren.

Rüdiger Patzschke: Inzwischen gibt es Untersuchungen über die Wirkung monotoner, großflächiger Fassaden auf die Psyche (siehe "Diese Architektur tut nicht gut", IZ 33/2018, Seite 1).

Das Institut für Wohn- und Arbeitspsychologie hat beispielsweise empirisch bewiesen, dass solche Fassaden die Menschen stressen, während kleinteilig strukturierte, abwechslungsreich gestaltete Fassaden sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Das ist natürlich eine tolle Bestätigung für uns. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Architekten, die sich rückbesinnen. Manche von ihnen bauen traditioneller als wir. Und inzwischen haben wir Entwickler wie Bauwert oder Diamona & Harnisch gefunden, die unsere Auffassung von Architektur teilen.

IZ: Wie sind Sie beiden eigentlich zu ihrem Beruf gekommen? Wollten Sie schon immer Architekten werden?

Jürgen Patzschke: Nein, als Kinder wollten wir Förster werden (lacht). Während des Zweiten Weltkriegs war unsere Mutter mit uns und unserem älteren Bruder in der Uckermark evakuiert, weil es in Berlin zu gefährlich war. Wir sind in Joachimstal eingeschult worden und haben dort, so schlimm das klingt, die sonnigste Zeit unserer Kindheit verbracht. Da war Wasser und Wald, wir suchten Maikäfer und fuhren mit dem Leiterwagen zur Schule.

Rüdiger Patzschke: Bei einem unserer Streifzüge landeten wir vor einem Anwesen, das uns sehr beeindruckte. Dort trafen wir auf den Förster, der uns das Haus zeigte und so tat, als ob es seines wäre. Wir dachten, Förster muss ein toller Beruf sein: Man kann immer im Wald sein und in einem so schönen Haus wohnen. Später erfuhren wir, dass es sich bei dem Haus um Carinhall, den Landsitz von Reichsmarschall Hermann Göring gehandelt hatte. Den Förster redete uns unsere Mutter übrigens genauso aus wie den Wunsch, Landschaftsgärtner zu werden: "Wenn die Zeiten schlecht sind, werden in Parks Radieschen und Kohlrabi gepflanzt", sagte sie.

IZ: Haben Sie schlechte Zeiten erlebt?

Jürgen Patzschke: Ja, wir haben sehr schlechte Zeiten erlebt. Als die Ostfront näherrückte, machte sich unsere Mutter mit uns auf den Weg nach Berlin. Dort erst begriffen wir das Elend des Krieges. Das Haus, in dem wir gewohnt hatten, war zerstört, unser Vater tot und unsere Mutter wusste nicht, wie sie uns satt bekommen sollte. Wir bettelten damals in der Nachbarschaft um Kartoffelschalen, aus denen unsere Mutter eine Art Puffer machte, damit wir was zu essen hatten.

IZ: Wie kamen Sie dann zur Architektur?

Rüdiger Patzschke: Das lag ziemlich nah, schon unser Vater und unser Großvater waren Architekten.

IZ: Was war das erste größere Projekt, das Sie gemeinsam gebaut haben?

Jürgen Patzschke: Das war ein Einkaufzentrum mit Restaurants, Boutiquen und einem Theater in Bahia Feliz auf Gran Canaria. 1969, das Jahr, in dem wir unser gemeinsames Büro angemeldet haben, begannen die Planungen. Statt mit Spiegelglasscheiben wie sie damals Mode waren, haben wir das Ganze im Stil eines Bazars mit Rundbögen, weiß getünchten Mauern, Kolonnaden und einem zentralen Platz gebaut. Diese Anlage ist gut angekommen und blüht bis heute. Das war für uns sehr selbstbewusstseinsfördernd!

IZ: Sie haben auch in vielen anderen Ländern gebaut, vor allem in Indien. Wie kam es zu diesen Projekten?

Jürgen Patzschke: Das war eigentlich ein Zufall. Mitte der 60er hatte ich vor, von Istanbul aus nach Abu Simbel zu reisen, um beim Wiederaufbau der Tempel mitzuarbeiten, die für den Bau des Assuan-Staudamms abgetragen worden waren. Doch ich kam zu spät in Istanbul an. Zurück nach Hause fahren wollte ich aber auch nicht, nachdem ich groß getönt hatte, ich mache beim Abu Simbel mit, also reiste ich weiter Richtung Indien.

IZ: Sie sind dort länger geblieben?

Jürgen Patzschke: Nein, aber wir haben zusammen mit unseren Familien viel Zeit dort verbracht und waren fast jedes Weihnachten in unserem ehemaligen Plantagenhaus im heutigen Goa. Einige unserer engsten Freunde sind Inder, das sind wunderbare Menschen.

Robert Patzschke: Ich war mit 17 für ein Jahr auf einem Internat in Indien und dort der einzige Nicht-Inder. Auch ich liebe das Land und die Menschen. Frisch vermählt und gleich nach dem Studium bin ich dann 2005 zusammen mit meiner Frau nach Indien aufgebrochen, um eine Dependance unseres Büros aufzubauen. Wir haben fast zehn Jahre in Indien gelebt.

IZ: Sie haben mittlerweile gemeinsam mit den Söhnen Robert und Till-Jonathan und ihren Partnern Michael Mohn und Christoph Schwebel nicht nur zwei Ateliers mit zusammen etwa 60 Mitarbeitern in Berlin und eine Dependance in Indien, sondern auch in Paris. Wie kam es dazu?

Jürgen Patzschke: Meine Tochter Tatjana lebt in Paris und betreibt dort ein kleines Büro. Auch mein Sohn Till-Jonathan ist Architekt und arbeitet in dem Berliner Atelier in der Pfalzburger Straße. Und mein Jüngster Thaddäus tritt ebenfalls in unsere Fußstapfen. Neben seinem Masterstudium arbeitet er in unserem Atelier am Bahnhof Grunewald.

IZ: Das klingt so, als könnte es das Büro von Patzschke & Partner Architekten auch in den nächsten 50 Jahren noch geben! Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führt Martina Vetter.

Martina Vetter