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Wiener Staatsanwälte ermitteln gegen René Benko

René Benko ist ins Visier der Strafverfolger geraten.

René Benko ist ins Visier der Strafverfolger geraten.

Quelle: Imago, Urheber: photonews.at

Köpfe 17.04.2024
Die Wiener Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Signa-Gründer René Benko persönlich aufgenommen. Eine Bank will bei einer Kreditverlängerung im vergangenen Jahr von Benko mit ... 

Die Wiener Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Signa-Gründer René Benko persönlich aufgenommen. Eine Bank will bei einer Kreditverlängerung im vergangenen Jahr von Benko mit Blick auf die finanzielle Situation der Signa-Gruppe hinters Licht geführt worden sein. Nach Informationen der Immobilien Zeitung handelt es sich um die österreichische Schelhammer Capital Bank.

„Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen René Benko, eine Signa-Gesellschaft sowie eine weitere Person wegen Betrugs aufgrund des mutmaßlichen Vortäuschens der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe und ihrer Zahlungswilligkeit bei der Verlängerung eines Bankkredits eingeleitet“, teilte die Wiener WKSta am frühen Montagabend mit. Die Justizbehörde bestätigte damit Medienberichte, wonach Benko selbst als Beschuldigter bei den Betrugsvorwürfen geführt wird.

Laut dem österreichischen Radiosender Ö1 geht es um einen 25-Mio.-Euro-Kredit an eine Signa-Gesellschaft, der vergangenen Sommer ausgelaufen wäre. Das weder von der WKSta noch von Ö1 namentlich genannte Kreditinstitut verlängerte das Darlehen, fühlt sich im Nachhinein aber über die damalige wirtschaftliche Situation der Signa-Gruppe getäuscht und stellte eine Verdachtsanzeige gegen Benko.

Bank erhebt Vorwurf der faktischen Geschäftsführung

Laut dem Anwalt der Bank, Johannes Zink, führte Benko selbst die Finanzierungsverhandlungen für die Kreditprolongation – obwohl er bei Signa längst kein operatives Amt mehr bekleidete. Zink sprach im Ö1-Sender von faktischer Geschäftsführung. Ein Vorwurf, der Benko zum wiederholten Male gemacht wird. „Es besteht nach Ansicht meiner Mandanten der Anschein, dass René Benko als faktischer Geschäftsführer selbst für die Signa-Gruppe tätig geworden ist, selbst Finanzierungsgespräche geführt hat und auch selbst Korrespondenz mit den Banken geführt hat“, sagte Zink im Radio.

Nach Informationen der Immobilien Zeitung (IZ) handelt es sich bei der Bank, die die jetzigen Ermittlungen ins Rollen gebracht hat, um die österreichische Privatbank Schelhammer Capital Bank. Diese taucht auf der Ende 2023 von der Bild-Zeitung geleakten Gläubigerliste der großen Signa-Gesellschaften tatsächlich mit einer Summe von knapp unter 25 Mio. Euro auf – das passt zu der in den österreichischen Medien genannten Zahl. „Die Schelhammer hatte einen 2023 auslaufenden Kredit über 25 Mio. Euro als Corporate Loan an eine Entity der Signa Holding gegeben”, bestätigt ein Kenner der Materie der IZ. Darlehensnehmer soll eine Gesellschaft mit dem Namen Signa Holding (Sub) Financing AT gewesen sein. Bei dem Darlehen habe es sich demzufolge nicht um eine Immobilienfinanzierung gehandelt.

Die österreichische Wirtschaftszeitung Der Standard schreibt, dass es sich laut ihr vorliegenden Unterlagen um ein sogenanntes Wertpapier-Lombard-Geschäft gedreht habe. Ein Lombardkredit ist ein Darlehen, bei dem Wertpapiere als Sicherheit dienen (und nicht etwa eine Immobilie). Laut Standard bestand die Besicherung im den in Rede stehenden Fall darin, dass die als Kreditnehmerin auftretende Signa-Gesellschaft Aktien an die Bank verpfändete. Der Standard nennt den betreffenden Finanzierer nicht namentlich. Nach IZ-Recherchen geht es dabei um die Schelhammer Capital Bank.

Die Bank, die Benko angezeigt hat, soll die kompletten 25 Mio. Euro inzwischen abgeschrieben haben, wie Der Standard und auch das österreichische Medium Kleine Zeitung berichten. Laut dem gestern Nacht veröffentlichten Artikel der Kleinen Zeitung handelt es sich „bei dem Institut, das die Sachverhaltsdarstellung eingebracht hat, um die gut kapitalisierte Schelhammer Capital Bank aus der Grawe-Bankengruppe“. Die Schelhammer Capital Bank und die Grave-Bankengruppe wollten die Informationen der IZ zur Causa Benko unter Verweis auf das Bankgeheimnis weder bestätigen noch dementieren. Benkos österreichischer Anwalt Norbert Wess wies die Betrugsvorwürfe gegen seinen Mandanten laut den Medienberichten zurück.

Rund um Signa wird weiter ermittelt
Nachdem sich die Münchner Staatsanwaltschaft bereits wegen des Verdachts der Geldwäsche mit Signa beschäftigt, wird nun auch aus Wien heraus wegen Betrugsverdachts ermittelt. Eine Rolle spielt dabei der Staatsfonds Saudi-Arabiens. Gleichzeitig versucht René Benko, das Vermögen seiner Familie zu schützen.
Auch die Staatsanwaltschaft München I beschäftigt sich mit Vorwürfen gegen Verantwortliche der Signa-Gruppe. Sie bestätigte der IZ, dass „seit Ende letzten Jahres Geldwäscheverdachtsanzeigen eingegangen sind, die wie üblich zur Eintragung eines Verfahrens geführt haben“. „Dabei wird selbstverständlich der Sachverhalt umfassend in rechtlicher Hinsicht, also auch im Hinblick auf mögliche sonstige Straftaten, geprüft.“ Und bei der Wiener WKSta laufen bereits Ermittlungen gegen Geschäftsführer einer Signa-Projektgesellschaft. Der Verdacht lautet hier auf „schweren Betrug im Zusammenhang mit einer Kapitalbeschaffungsmaßnahme“. Nach IZ-Informationen geht es in beiden Fällen um die Doppel-Projektentwicklung Corbinian/altes Hertie-Kaufhaus zwischen Münchener Hauptbahnhof und Stachus.
 

Harald Thomeczek

Konkursverfahren über René Benko eröffnet

Die Gläubiger von René Benko könnten womöglich nicht mal 20% ihrer Forderungen wiedersehen.

Die Gläubiger von René Benko könnten womöglich nicht mal 20% ihrer Forderungen wiedersehen.

Quelle: Imago, Urheber: Eibner Europa

Karriere 08.03.2024
Das Insolvenzgericht in Innsbruck eröffnet diesen Freitag ein Konkursverfahren über das Vermögen von René Benko als Einzelunternehmer. Für die Experten des Gläubigerverbands KSV ... 

Das Insolvenzgericht in Innsbruck eröffnet diesen Freitag ein Konkursverfahren über das Vermögen von René Benko als Einzelunternehmer. Für die Experten des Gläubigerverbands KSV 1870 kommt es überraschend, dass Benko die Eröffnung eines Konkurs- und nicht etwa eines Sanierungsverfahrens beantragt hat. Benko haftet nun mit seinem gesamten Privatvermögen. Spannend ist dabei die Frage, was alles unter sein Vermögen fällt.

Bei einem Konkursverfahren verliert ein Schuldner die Verfügungsmacht über sein Vermögen. „Der ursprüngliche Insolvenzeröffnungsantrag der Finanzprokuratur war ebenfalls auf die Eröffnung eines Konkursverfahrens gerichtet. Aus verfahrensrechtlicher Sicht macht für den KSV 1870 ein Eröffnungsantrag durch René Benko selbst nur dann Sinn, wenn dadurch das von der Finanzprokuratur angestrebte Konkursverfahren verhindert und im Eigenantrag ein Sanierungsverfahren beantragt wird“, erklärt der Gläubigerverband.

Benko befindet sich nun also genau in jener Art von Insolvenzverfahren, welches von der Finanzprokuratur – der rechtlichen Vertreterin der Republik Österreich – bei ihrem Insolvenzantrag gegen die Person René Benko Ende Januar angestrebt wurde. Benko stellte gestern einen eigenen Insolvenzantrag als Einzelunternehmer. Er kam damit anscheinend einem Insolvenzbescheid durch das Innsbrucker Gericht zuvor und gestand selbst ein, zahlungsunfähig zu sein. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Andreas Grabenweger aus Innsbruck bestellt.

Benko haftet mit seinem gesamten Privatvermögen

Das Konkursverfahren umfasst laut KSV 1870 das Beratungsunternehmen und sämtliches Privatvermögen von Benko. Der Signa-Gründer hatte bei der Unternehmensgruppe seit 2013 kein operatives Amt mehr inne, sondern fungierte nur noch als deren Berater. Er hält aber über Privatstiftungen wesentliche Anteile daran. Gleichzeitig erstreckt sich die Wirkung eines in Österreich eröffneten Insolvenzverfahrens auch auf etwaiges im Ausland liegendes Vermögen. „Kurz zusammengefasst geht es nun um das gesamte Vermögen des René Benko“, resümiert Klaus Schaller, Regionalleiter West beim KSV 1870.

Dass Benko direkt ein Konkursverfahren statt einer Sanierung beantragt, könnte vordergründig ein Hinweis darauf sein, dass ein Schuldner nicht davon ausgeht, die bei einem Sanierungsverfahren erforderliche Mindestquote von 20% der Forderungen erfüllen zu können. Andererseits stellt sich die Frage, was genau alles unter „gesamtes Privatvermögen des René Benko“, mit dem der nun haftet, fällt. Experten verweisen zum Beispiel darauf, dass Benko einen großen Teil seines Vermögens in Privatstiftungen untergebracht hat, bei denen nicht er selbst, sondern etwa Familienmitglieder die wirtschaftlich Begünstigten sind. Inwieweit Forderungen von Gläubigern auch mit diesem Geld befriedigt werden können, wäre zu klären. „Die Stiftungen sind so konstruiert, dass da keiner ran kann, und daher ist das dann keine Haftungsmasse“, sagt ein Insider. Benko sei wohl nur bei der in Liechtenstein ansässigen Stiftung der direkt Begünstigte.

Mammutaufgabe mit Spannungsmomenten

Den vom Insolvenzrichter Hannes Seiser bestellten Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger sieht Schaller vor einer Mammutaufgabe. „Primär muss der Insolvenzverwalter klären, ob das Beratungsunternehmen des René Benko ohne weitere Nachteile für die Gläubiger fortgeführt werden kann. Daneben besteht seine Hauptaufgabe darin, sich rasch ein Bild über die Vermögenslage des Signa-Gründers zu verschaffen. Spannend wird dabei insbesondere die Frage, ob und wenn ja welche wechselseitigen Ansprüche zu Signa-Gesellschaften bestehen und welche Vermögensbewegungen in der Vergangenheit in der privaten Vermögenssphäre des René Benko stattgefunden haben“, sagt Schaller.

Die Summe der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten von Benko ist noch nicht klar. Es bleibe abzuwarten, ob durch Signa-Gesellschaften oder Signa-Gläubiger Ansprüche gegen Benko geltend gemacht werden, so der Gläubigerverband. Denkbar sei etwa, dass Benko persönliche Haftungen für Signa-Verbindlichkeiten übernommen hat. Derzeit nicht abschätzbar ist auch das Ausmaß möglicher Schadenersatzansprüche aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs von wesentlichen Signa-Gesellschaften, welche gegenüber Benko geltend gemacht werden könnten. Auch solche Ansprüche müssten im Konkursverfahren vor dem Landesgericht Innsbruck zur Anmeldung kommen. Die Tagsatzung zur Prüfung der angemeldeten Forderung legten die Innsbrucker Richter auf den 24. April.

Insolvenzverwalter kann die „wirtschaftliche Gebarung des Schuldners“ zehn Jahre rückwirkend durchleuchten

So oder so dürften auf Benko hohe Forderungen zukommen. Diese könnten zusätzlich wachsen, wenn der Insolvenzverwalter Geschäftsfälle aus der weiter zurückreichenden Vergangenheit untersucht: Der österreichische Gesetzgeber gebe dem Insolvenzverwalter mit dem Anfechtungsrecht ein sehr mächtiges Werkzeug in die Hand, gibt Gläubigervertreter Schaller zu bedenken. So könnten Anfechtungen des Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen Gläubiger schlechter stellende Rechtsakte nachträglich nichtig machen.

Der Insolvenzverwalter werde das wirtschaftliche Gebaren des Schuldners daher im Detail bis zu zehn Jahre zurück überprüfen. Es sei dabei zu klären, ob der Haftungsfonds der nunmehrigen Gläubiger in der Vergangenheit ungebührlich verringert wurde.

Harald Thomeczek

Die Luft wird dünner für René Benko

René Benko Anfang des vergangenen Jahres an der Seite seiner Frau Nathalie.

René Benko Anfang des vergangenen Jahres an der Seite seiner Frau Nathalie.

Quelle: Imago, Urheber: GEPA pictures

Köpfe 01.02.2024
Die Finanzprokuratur der Republik Österreich, die rechtliche Vertreterin des österreichischen Staates, hat der Zeitung Standard zufolge einen Insolvenzantrag gegen den Signa-Gründer ... 

Die Finanzprokuratur der Republik Österreich, die rechtliche Vertreterin des österreichischen Staates, hat der Zeitung Standard zufolge einen Insolvenzantrag gegen den Signa-Gründer René Benko persönlich gestellt. Ärger droht Benko offenbar auch von den Gesellschaftern der Signa Holding und der großen Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development: Viele von ihnen prüfen wohl Klageoptionen.

Für den Insolvenzantrag der Finanzprokuratur gegen Benko soll es zwei Gründe geben: Laut der Wirtschaftszeitung Der Standard soll Benko dem Finanzamt noch Geld schulden, und außerdem habe Benko möglicherweise noch nicht die vollen 3 Mio. Euro überwiesen, die er dem Insolvenzverwalter der Holding zur Finanzierung des Insolvenzverfahrens zugesagt hatte. Der Insolvenzantrag liege bei den zuständigen Insolvenzrichtern in Innsbruck.

Birgit Fink, Richterin am Landesgericht Innsbruck, möchte den Bericht des Standard gegenüber der Immobilien Zeitung weder bestätigen noch dementieren. Sie darf erst über Insolvenzanträge sprechen, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet ist und in der Insolvenzdatei veröffentlicht wird. Das kann aber ein bis zwei Monate dauern. Bevor es so weit ist, „muss der behauptete Insovenzschuldner seine Vermögenslage erklären, damit der Verdacht einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit vom Tisch ist oder nicht. Auf dieser Basis entscheidet das Insolvenzgericht, ob er wirklich zahlungsunfähig ist oder nicht“, erklärt Fink. Kann der Schuldner zahlen, weisen die Insolvenzrichter den Antrag ab.

Ob Benko nicht zahlen kann oder nur nicht will, ist nicht klar: Laut Standard spielen hier „rechtliche Überlegungen“ hinein. Von drei Tranchen, in denen er die 3 Mio. Euro für das Sanierungsverfahren der Holding einschießen wollte, sollen zwei schon geflossen sein, allerdings teils „von dritter Seite“, wie sich dem jüngsten Zwischenbericht des Insolvenzverwalters Christof Stapf von Anfang dieser Woche entnehmen lasse. Ob auch die dritte, „für diese Woche“ terminierte Tranche schon an Stapf überwiesen wurde, sei nicht bekannt. Was die offenen Steuerforderungen des Finanzamts angeht, sollen Benkos Steuerberater dem Standard zufolge einen Stundungsantrag gestellt haben.

„Praktisch alle Gesellschafter lassen sich in puncto Schadenersatz oder Strafrecht beraten“

Ungemach steht Benko auch seitens der Aktionäre und Miteigentümer der Holding und der beiden ebenfalls insolventen Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development ins Haus. Von ihnen prüfen offenbar nicht wenige Möglichkeiten, den Klageweg gegen ihn zu beschreiten. „Praktisch alle Gesellschafter auf allen Ebenen – Signa Holding, Signa Prime und Signa Development usw. – lassen sich gerade in vielen Richtungen juristisch beraten: allen voran in puncto Schadenersatz und Strafrecht“, sagt jemand aus dem Umfeld eines Gesellschafters, der anonym bleiben möchte. „Und alle fragen sich, warum die Staatsanwaltschaft nicht schon lange am Werk ist.“ Ein Insider bestätigt: „Einige Aktionäre prüfen, ob sie klagen, aber sie müssen halt aufpassen, da sie zum Teil selbst in den Aufsichtsgremien vertreten waren.“ Die aufgebrachten Gesellschafter werfen Benko etwa eine faktische Geschäftsführerschaft vor, und auch die Bilanzen der verschiedenen Signa-Gesellschaften bis hin zu den Immobilienbewertungen sind Anlass für viele kritische Fragen.

Abgeordnete stellt 41 heikle Fragen zu Signa
Stephanie Krisper, Abgeordnete im österreichischen Nationalrat, hat 41 Fragen zum Fall Signa an Alma Zadić, Justizministerin des Alpenlandes, gerichtet. Sie will etwa wissen, ob wegen Insolvenzverschleppung ermittelt wird, und äußert Kritik an Wirtschaftsprüfern, die „ihrer gesetzlich bestehenden Verantwortung“ nicht nachgekommen seien. Auch die Frage, ob René Benko als sogenannter faktischer Geschäftsführer agierte, treibt sie um. Unterdessen hat die Republik Österreich Medienberichten zufolge einen Insolvenzantrag gegen Benko persönlich gestellt.

Seit Benko vor über zehn Jahren in einem Korruptionsverfahren rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten verurteilt wurde, bekleidet der Gründer bei der Signa-Gruppe kein operatives Amt mehr, weder als Geschäftsführer noch als Vorstandsmitglied. Benko soll Insidern zufolge dennoch im Hintergrund immer die Strippen gezogen und praktisch die gesamte Kommunikation in Richtung der Anteilseigner geführt haben. Er habe Sitzungen mit Geselleschaftern geleitet, und ohne ihn seien weder Beschlüsse getroffen noch Verträge abgeschlossen worden sein, heißt es hinter vorgehaltener Hand in Gesellschafterkreisen. Benko soll sich mitunter noch nicht einmal die Mühe gemacht, bei Gesellschafterbeschlüssen, die er auf elektronischem Wege verschickte, die operativ Verantwortlichen in cc zu setzen. Er sei zudem fast der Einzige gewesen – bis auf Manuel Pirolt, Vorstandsmitglied von Signa Prime und Signa Development –, der den vollen Überblick über sein Firmengeflecht besaß.

Für Unmut sorgen zudem die Bilanzen. „Die Zahlen, die René Benko uns persönlich präsentierte, stimmten nicht mit den offiziellen Zahlen überein“, sagte jemand aus dem Kreise eines Gesellschafters. „Das ist das Wiedeking-Phänomen.“ Der Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking begründete seinen Ausstieg aus der Signa Holding im Handelsblatt vor Kurzem so: „Ich bin 2016 bei Signa als Aktionär ausgeschieden, weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat.“

Im vergangenen Sommer flossen der Holding von Gesellschaftern noch 350 Mio. Euro zu. Geworben hatte Benko um 500 Mio. Euro, doch nicht jeder Anteiseigner wollte oder konnte mitziehen. Die Verwunderung unter den Gesellschaftern soll im Nachhinein groß gewesen sein, dass beim Abschluss der Kapitalerhöhung Anfang Juli 2023 nicht im Entfernsten von drohender Zahlungsunfähigkeit oder dergleichen die Rede war – denn keine fünf Monate später meldete die Holding Insolvenz an: „Da muss die wirtschaftliche Situation doch sicher schon eine deutlich andere gewesen, als die Wirtschaftsprüfer in ihrem Bestätigungsvermerk zum 31. Dezember 2022 festgestellt hatten“, sagt ein Gesellschaftervertreter.

Harald Thomeczek

Flexible Arbeitszeiten steigern Effizienz und Arbeitgeberattraktivität

Die Konzentration von Mitarbeitern hängt von der Tageszeit ab.

Die Konzentration von Mitarbeitern hängt von der Tageszeit ab.

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Karriere 29.09.2022
Hybride Arbeitszeitmodelle sind längst in der Branche angekommen. Bei JLL und Commerz Real dürfen sich Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten nahezu selbst aussuchen – allerdings in einem ... 

Hybride Arbeitszeitmodelle sind längst in der Branche angekommen. Bei JLL und Commerz Real dürfen sich Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten nahezu selbst aussuchen – allerdings in einem festgesteckten Rahmen. Die Unternehmen punkten damit als Arbeitgeber und können sogar bessere Leistungen von ihren Beschäftigten erwarten.

Mit Arbeitszeitmodellen, die zum individuellen Lebensstil der Mitarbeiter passen, wollen Unternehmen als Arbeitgeber punkten. Viele bieten ihren Mitarbeitern schon seit Jahren die Möglichkeit an, ihren Arbeitstag so zu gestalten, dass Aufgaben auf passende Uhrzeiten gelegt und Pausen nach Bedarf genommen werden können. Doch seit den Homeoffice-Regelungen während der Corona-Pandemie haben viele das mögliche Zeitfenster noch weiter ausgebaut. Die meisten setzen dabei auf eine Gleitzeit, die einen gewissen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen das tägliche Stundenziel erreicht werden kann. Und diese Gleitzeit ist bei einigen Unternehmen deutlich größer geworden, als sie es noch vor einigen Jahren war.

Beim Beratungsunternehmen JLL sind dadurch inzwischen Arbeitszeiten zwischen 7 und 21 Uhr möglich, beim Vermögensverwalter Commerz Real können die Mitarbeiter schon um 6 Uhr am Morgen anfangen oder bis 23 Uhr im Büro bleiben. Zudem haben viele Unternehmen neue Teilzeitmodelle geschaffen und bieten sogenanntes Jobsharing an, bei dem sich zwei Mitarbeiter eine Stelle teilen und die damit verbunden Aufgaben untereinander aufteilen.

Der Grund dafür, dass sich immer mehr auf alternative Arbeitszeitmodelle einlassen, liegt auf der Hand: Sie sind angewiesen auf Nachwuchs- und Fachkräfte – und müssen sich bei ihnen als attraktive Arbeitgeber beweisen. Fast drei Viertel aller Beschäftigten wollen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten, wie die Umfrage "People at Work 2022: A Global Workforce View" vom ADP Research Institute zeigt. Besonders am Herzen liegt Flexibilität einerseits jungen Leuten zwischen 18 und 24 Jahren, andererseits älteren Beschäftigten über 55 Jahre. In der Immobilienbranche dürften diese Werte noch höher sein – vor allem die Berufe des Maklers und Vertrieblers sind durch unterschiedliche Vor-Ort-Termine schließlich per Definition auf Flexibilität aufgebaut.

Bei JLL macht man keinen Hehl daraus, dass es bei dem Zeitmodell auch darum geht, einen positiven Eindruck auf dem Arbeitsmarkt zu hinterlassen und vielversprechende Kandidaten von sich zu überzeugen. Zwar gibt es schon seit einigen Jahren flexible Arbeitszeiten, aber Corona hat das hybride Arbeiten – zu dem nicht nur orts-, sondern ebenso zeitunabhängiges Arbeiten gehört – vorangetrieben. Auch bei Commerz Real hat die Pandemie der Flexibilität im Unternehmen noch einmal einen Schub gegeben. Die Commerzbank-Tochter will damit die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter unterstützen: "Allein die Möglichkeit zu haben, in Randzeiten liegengebliebene Arbeit zu erledigen oder in Einzelfällen auf einen Wochentag wegen privater Verpflichtungen komplett verzichten und hierfür auf einen Samstag auszuweichen zu können, reduziert den Druck und die Belastung bei den Mitarbeitenden", sagt Christiane Wolfram, Bereichsleiterin People & Culture bei Commerz Real.

Das weiß auch Ulrike Hellert. Sie ist Arbeitspsychologin und Wirtschaftswissenschaftlerin an der FOM-Hochschule in Nürnberg und sagt: "Jeder Mensch kann sich zu unterschiedlichen Zeiten besonders gut konzentrieren. Zwar ist es den meisten auch außerhalb dieser Zeiten möglich zu arbeiten – doch das erfordert mehr Anstrengung." Wann ein Mitarbeiter besonders gut arbeiten kann, hängt vom sogenannten Chronotyp ab, also von der inneren biologischen Uhr. Manche arbeiten morgens besser, andere abends. "Flexible Arbeitszeiten fördern die Produktivität der Mitarbeiter", sagt Hellert. "Und das kommt dann natürlich wiederum dem Arbeitgeber zugute."

Bei JLL kann wohl auch deshalb nahezu jeder arbeiten, wann er möchte – solange er sich an die gesetzlichen Vorgaben hält. Das Arbeitszeitgesetz schreibt nämlich vor, dass Mitarbeiter in der Regel nur acht Stunden pro Tag arbeiten. Pausen sind ebenfalls klar geregelt: Wer an einem Arbeitstag auf sechs bis neun Stunden kommt, dem steht eine Ruhezeit von 30 Minuten zu. An Tagen, an denen die neun Stunden überschritten werden, sind es 45 Minuten. Spätestens nach sechs Stunden muss die Arbeit unterbrochen werden. Am Ende des Tages müssen elf Stunden zwischen dem Feierabend und dem nächsten Arbeitstag frei bleiben.

Um das messen zu können, muss die Arbeitszeit dokumentiert werden – auch bei Vertrauensarbeitszeit, beim mobilen Arbeiten und im Homeoffice. Das hatte der Europäische Gerichtshof bereits im Mai 2019 (Az. C-5/18) klargestellt und die nationalen Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Passiert ist seither allerdings nichts. Das Bundesarbeitsgericht bringt nun mit einem Beschluss vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) wieder Schwung in die Sache. Es hält fest, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, "ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann". Wie das genau aussehen muss, ist noch offen.

Das letzte Wort haben die Vorgesetzten

Neben der Erfassung der Arbeitszeit stellt auch das Abstimmen, wer wann arbeitet, Herausforderungen an die Organisation. Bei JLL gibt es eine klare Regelung: Das letzte Wort hat der jeweilige Vorgesetzte. Der entscheidet darüber, ob genügend Mitarbeiter für Kollegen und Kunden erreichbar sind. "Für Mitarbeiter, die vor Ort bei unseren Kunden arbeiten, sind natürlich die jeweiligen Kundenanforderungen zu berücksichtigen", sagt Personalchefin Patricia Offermanns. Am Ende gilt also wohl doch: Der Kunde ist König und bestimmt zumindest teilweise die Erreichbarkeit der Mitarbeiter. Allgemeingültige Empfehlungen "von oben" sind weder bei JLL noch bei Commerz Real verordnet, jedes Team kann seine Guidelines für Arbeitszeiten selbst gestalten. Auch Empfehlungen, wann welche Arbeit erledigt werden sollte, werden nicht ausgesprochen.

Bei Commerz Real gibt es lediglich die einheitliche Vorgabe, dass Teambesprechungen und Dienstveranstaltungen vor 9 und nach 17 Uhr nach Möglichkeit vermieden werden sollen. "In Einzelfällen können zudem innerhalb von Bereichen, Abteilungen oder Teams Service-Zeiten festgelegt werden”, erklärt Personalerin Wolfram. Service-Zeiten sind die Zeiten, in denen der Arbeitsbereich mit einer Mindestanzahl von Mitarbeitern besetzt sein muss, um die betrieblichen Anforderungen mit "vertretbaren Einschränkungen" erfüllen zu können. Die Service- Zeiten liegen immer zwischen 6 und 23 Uhr. Wenn ein Kollege krank oder im Urlaub ist, kümmert sich der Vorgesetzte um die Vertretung in Absprache mit den Teammitgliedern. Das ist auch bei JLL so: "Dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass andere Arbeitszeiten gelten, am Ende kommt es ja auf das Ergebnis an und nicht darauf, wann genau am Tag die Aufgaben erledigt werden", heißt es vom Unternehmen. Im Einzelfall könne es dann aber auch mal zu Änderungen der üblichen Arbeitszeit kommen.

All diese Flexibilität ist jedoch nicht für jeden Mitarbeiter das Richtige. Arbeitspsychologin Hellert unterscheidet bei Mitarbeitern zwischen Segmentierern und Integrierern. Während erstere klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit brauchen, tendieren Integrierer dazu, diese Grenzen zu verwischen – und beiden kann es mit ihrem Vorgehen gut gehen.

Thomas Rigotti, Professor für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Mainz, bestätigt: "Jeder Mensch hat einen individuellen Drang nach Flexibilität." Während der eine sein Diensthandy nach Feierabend also am liebsten ausgeschaltet in die Ecke legt, kann es den anderen sogar stressen, nicht auch am Wochenende mindestens einmal seine Mails zu checken. Rigotti glaubt daher nicht, dass flexible Arbeitszeiten zum "Verbummeln" von Aufgaben führen könnten – jedenfalls nicht allein. "Dazu kann nur eine hohe Autonomie gepaart mit Orientierungslosigkeit führen", sagt er. "Und Orientierungslosigkeit rührt meist daher, dass Unternehmen die Ziele ihrer Mitarbeiter nicht klar genug definieren oder kommunizieren." Ein wenig Struktur braucht es, bei aller Flexibilität, dann doch.

Die Autorin: Celine Schäfer ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Celine Schäfer

Wiener Staatsanwälte ermitteln wegen Eyemaxx-Insolvenz

Köpfe 09.06.2022
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien hat im Zusammenhang mit der Insolvenz des deutsch-österreichischen Immobilienentwicklers Eyemaxx Real Estate Ermittlungen gegen ... 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien hat im Zusammenhang mit der Insolvenz des deutsch-österreichischen Immobilienentwicklers Eyemaxx Real Estate Ermittlungen gegen zwei Personen aufgenommen. Eine davon ist laut der österreichischen Zeitung Der Standard der Gründer, Vorstand und größte Aktionär von Eyemaxx: Michael Müller.

„Wir führen ein Verfahren gegen zwei Personen“, sagte Oberstaatsanwalt und Mediensprecher René Ruprecht der Immobilien Zeitung (IZ). Die Vorwürfe lauten auf Untreue, Betrug, betrügerische Krida – im österreichischen Strafrecht die vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch einen Schuldner zum Schaden der Gläubiger – sowie grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen. Die Untersuchungen wurden bereits im Februar eingeleitet, Ausgangspunkt war eine Anzeige.

Ein Ende ist laut Staatsanwalt Ruprecht noch nicht abschätzbar. Zur Identität der Beschuldigten dürfe er beim derzeitigen Stand der Ermittlungen keine Auskunft geben. Denn ob die Staatsanwälte überhaupt etwas finden, was strafbar war, ist noch offen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung. „Wir sind noch mittendrin in den Ermittlungen und von einer möglichen Anklage oder gar einem Urteil noch weit entfernt“, so der Staatsanwalt. Auch zu den konkreten Vorwürfen, die u.a. gegen Müller im Raum stehen sollen, mochte Ruprecht nichts Näheres sagen.

Laut der österreichischen Zeitung Der Standard gehen die Ermittler unter anderem dem Verdacht nach, dass die Beschuldigten „investitionsbereite“ Anleihezeichner und einen Darlehensgeber noch sechs Wochen vor dem Insolvenzantrag nicht korrekt über die wirtschaftliche Lage der Firma informiert hätten. Außerdem bestehe der Verdacht, dass der Projektentwickler von ihm emittierte Anleihen nicht mit Einnahmen aus dem operativen Geschäft bedient habe, sondern durch die Begebung neuer Anleihen. Ein dritter Vorwurf laute: Eine Anleihe, die mit dem Schloss in Leopoldsdorf bei Wien – zugleich Sitz von Eyemaxx und Wohnsitz Müllers – besichert war, sei gerade noch rechtzeitig vollständig bedient worden, um eine Anfechtung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens auszuschließen. Ein Teil dieses Geldes sei von einer Eyemaxx-Tochter gekommen – ohne dass der Beschuldigte Sicherheiten bestellt und die nötigen Beschlüsse eingeholt habe. Müller wies gegenüber dem Standard die Vorwürfe „aufs Schärfste“ zurück.

Die Gläubiger, u.a. die Zeichner von drei Anleihen, hatten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich Mitte Dezember 2021 Forderungen über rund 165 Mio. Euro angemeldet. Im Januar wurde in Aschaffenburg, wo Eyemaxx seinen offiziellen Sitz hat, ein Sekundärverfahren eröffnet.

Den ursprünglichen Sanierungsplan zog die österreichische Insolvenzverwalterin kurz vor Weihnachten zurück. „Es war der ausdrückliche Wunsch der Gläubiger, das Sanierungsverfahren nicht weiter zu betreiben und die Vermögenswerte stattdessen in einem Konkursverfahren zu verwerten“, sagte Wolfgang Schuster-Kramer, Vizepräsident des Landesgerichtes Korneuburg, seinerzeit der IZ. Der Schwenk vom Sanierungs- zum Konkursverfahren dürfte vermutlich damit zu erklären sein, dass die den Gläubigern in Aussicht gestellte Quote von 20% nicht ohne eine Verwertung von Vermögensgegenständen erfüllt werden kann. Außerdem scheiterte offensichtlich ein Asset-Deal, der die Sanierung hätte finanzieren sollen.

Harald Thomeczek

"Stechuhr-Urteil" ist umstritten

Karriere 13.06.2019
Viele Praktiker aus der Branche sehen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das Arbeitgeber zur umfassenden Arbeitszeiterfassung ihrer Mitarbeiter verpflichten will, kritisch. Dafür ... 

Viele Praktiker aus der Branche sehen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das Arbeitgeber zur umfassenden Arbeitszeiterfassung ihrer Mitarbeiter verpflichten will, kritisch. Dafür sei die Trennung zwischen Privat- und Arbeitszeit zu unscharf.

Wohnungsmaklerin Susanne hat gerade eingeparkt. Auf dem Weg zurück ins Büro macht sie Halt am Supermarkt, um schnell ein paar Sachen fürs Abendessen zu besorgen. Flott aus dem Auto rausspringen und in den Markt huschen war gestern. Jetzt bleibt Susanne noch sitzen und greift zum Dienst-Smartphone. Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. In der App zur Arbeitszeiterfassung hat sie von Arbeits- auf Privatzeit umgeschaltet.

An den Obstregalen schaut sich Susanne gerade die Bananen an, da schallt es in ihr Ohr: "Frau Schmitt! Huhu! Gut, dass ich Sie treffe!" Eine Kundin, für die sie gerade ein Haus verkauft. "Ach, Frau Hübner", antwortet Susanne. "Einen Moment bitte!" Und wieder der Griff zum Smartphone: Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. Privatzeit aus, Arbeitszeit an. Zehn Minuten später, Frau Hübner hat jetzt alle offenen Fragen geklärt, greift Susanne wieder zum Handy: Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. Zurück zu den Bananen ... In der Warteschlange an der Supermarktkasse klingelt Susannes Telefon - ein Kollege. Sie soll ihm bei einem technischen Problem helfen. "Moment", sagt Susanne. Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. 15 Minuten später, Problem gelöst. Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. Jetzt kann Susanne zahlen, kauft noch etwas in der Bäckerei, setzt sich anschließend mit ihren Einkäufen ins Auto. Und: Wisch, wisch, tipp, warten, tipp - fertig. Ab ins Büro.

Das Beispiel mit Maklerin Susanne ist fiktiv. Doch ist es wirklich so unrealistisch? Der Europäische Gerichtshof hat im Mai in einem Urteil gefordert, dass die Mitgliedsstaaten Arbeitgeber dazu verpflichten sollen, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Objektiv, verlässlich und für alle Arbeitnehmer zugänglich soll das geschehen. Das kann z.B. handschriftlich sein oder per App erfolgen, wobei immer auch der Datenschutz berücksichtigt werden muss.

Die Frage nach der passenden Technik ist allerdings das kleinere Übel, über das sich die Immobilienbranche Gedanken macht. Praktiker fragen sich vielmehr, wie die Erfassung und damit einhergehend die strikte Trennung zwischen Arbeits- und Privatzeit grundsätzlich umgesetzt werden soll. Der Kölner Wohnimmobilienmakler Roland Kampmeyer sieht darin ein Problem - gerade bei mobil arbeitenden Dienstleistern, deren Arbeitstag durchsetzt ist mit privaten Aktivitäten. "Flexibilität ist die einzige Chance, die wir haben, um uns als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren", sagt er. Und das gerade für eine junge Generation, für die die Arbeit nicht mehr wie selbstverständlich an erster Stelle steht. Stichwort Work-Life-Balance. Er wünscht sich eine je nach Branche individualisierte Lösung.

Auch Thomas Beyerle, Head of Research der Catella Group, sieht die Vorgabe aus Luxemburg kritisch. Er selbst hat mit Catella Vertrauensarbeitszeit vereinbart, die Erfassung der geleisteten Arbeitsstunden ist dabei schwierig. "Die App-Welt sorgt dafür, dass eine funktionale Trennung nicht mehr möglich ist."

Als "realitätsfern" bezeichnet Richard-Emanuel Goldhahn, Deutschlandchef von Cobalt Recruitment, das Urteil. "Ich sehe noch nicht, dass das Urteil mit Leben gefüllt wird." Vielmehr sollte auf die Verantwortung der Arbeitgeber gesetzt werden, ihre Mitarbeiter vor zu viel Arbeit zu schützen.

Mit diesem Urteil spiele das Gericht Arbeitnehmerschutzrechte gegen Vertrauensarbeitszeit aus, sagt Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. "Wir erwarten heute immer größere Flexibilität, Mobilität und Erreichbarkeit", führt er weiter aus. "Unsere Unternehmen arbeiten mit komplexen Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten, die heute schon an der Zumutbarkeitsgrenze liegen." Babiel warnt davor, jetzt auch flexibel tätige, gut bezahlte und führende Angestellte so wie Mindestlöhner unter Kontrolle zu stellen. Er spricht von möglichen "atmosphärischen Störungen". Vielmehr brauche die Bauindustrie mehr Flexibilität in den Arbeitszeitmodellen. Der Acht-Stunden-Tag des Arbeitszeitgesetzes stamme aus einem anderen Jahrtausend.

Die IG Bau reagiert derweil positiv auf das EuGH-Urteil. Es sei "ein Meilenstein für die Stärkung fairer Arbeit. In allen unseren Branchen - Bau, Gebäudereinigung und Agrar - prangern wir seit Jahren Lohndumping durch nichtbezahlte Arbeit an. Überstunden fallen einfach unter den Tisch", sagt IG-Bau-Bundesvorsitzender Robert Feiger. Er erhofft sich vom Staat Vorgaben einer engmaschigen Arbeitszeitkontrolle, "sodass dadurch eine effiziente Abschreckung für schwarze Schafe erzeugt wird". Das Argument der zunehmenden Bürokratie lässt Feiger nicht zu. Das sei auch schon bei der Einführung des Mindestlohns ins Feld geführt worden. "Kein einziger Betrieb ist durch die Erfassung der Arbeitszeiten in den Bankrott getrieben worden."

Anke Pipke

Schaich bleibt Fair-Value-Chef

Frank Schaich.

Frank Schaich.

Bild: Fair Value Reit

Köpfe 11.03.2016

IVG: Nach BGH-Urteil muss Aufsichtsrat neu geordnet werden

Detlef Bierbaum.

Detlef Bierbaum.

Bild: IVG

Köpfe 09.05.2012
Die Bonner IVG Immobilien muss ihren Aufsichtsrat neu ordnen: Detlef Bierbaum (69), der seit Mai 2004 den Vorsitz im Aufsichtsrat führte, gehört dem Gremium nicht mehr an. Hintergrund ... 

Die Bonner IVG Immobilien muss ihren Aufsichtsrat neu ordnen: Detlef Bierbaum (69), der seit Mai 2004 den Vorsitz im Aufsichtsrat führte, gehört dem Gremium nicht mehr an. Hintergrund für den Wechsel an der Spitze ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Das nun rechtskräftig gewordene Urteil aus dem Jahr 2011 erklärt Bierbaums erneute Wahl in den Aufsichtsrat am 20. Mai 2010 für nichtig.

Den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt vorübergehend Frank F. Beelitz (67). Der stellvertretende Vorsitzende gehört dem Gremium seit 2008 an. Beelitz wird auch die diesjährige Hauptversammlung der IVG Immobilien am 15. Mai 2012 leiten.

Auf der Versammlung soll Stefan Jütte (66), bis Ende Juni 2012 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Postbank, Bonn, in den Aufsichtsrat gewählt werden und dort den Vorsitz übernehmen. Dieser Wechsel war bereits im März 2012 angekündigt worden.

Notwendig wurde die Neuordnung des Aufsichtsrats nachdem der Bundesgerichtshof die Revision des Urteils des OLG Köln nicht zugelassen hatte. Auslöser war die Klage eines Aktionärs von IVG Immobilien vor dem Landgericht Köln, der sich in seinem Auskunftsrecht während der Hauptversammlung 2010 verletzt sah. Das Landgericht Köln habe die Anfechtungsklage des Aktionärs in vollem Umfang abgewiesen, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Auf Berufung des Klägers habe das OLG Köln der Klage sodann teilweise stattgegeben.

Gegen diese Entscheidung des OLG Köln hatte die IVG beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt, der nicht stattgeben worden war. Das Unternehmen betont, die BGH-Entscheidung habe keine Auswirkungen auf die in den letzten zwei Jahren durch den Aufsichtsrat getroffenen Beschlüsse.

Sonja Smalian

Friedrich Schwab (55) ist zum 23. Juni 2009 in den Vorstand der InCity...

Köpfe 16.07.2009
Friedrich Schwab (55) ist zum 23. Juni 2009 in den Vorstand der InCity Immobilien, Köln, berufen worden und für den Bereich Finanzen zuständig. Schwab ist Vorstandsvorsitzender der informica ... 
Friedrich Schwab (55) ist zum 23. Juni 2009 in den Vorstand der InCity Immobilien, Köln, berufen worden und für den Bereich Finanzen zuständig. Schwab ist Vorstandsvorsitzender der informica real invest, an der sich InCity gemeinsam mit einem privaten Finanzinvestor Anfang April 2009 mehrheitlich beteiligt hatte. Weitere Mitglieder im Vorstand von InCity Immobilien sind André Peto (Marketing, Vertrieb, Investor Relations) und Klaus Prokop (Objektakquisition, Projektsteuerung, Technik und Qualitätssicherung). Prokop wurde zudem in den Vorstand der informica real invest berufen. Der Aufsichtsrat von informica real invest, Reichenberg, ist zum 30. Juni 2009 zurückgetreten. Ihm gehörten Alexander Kersting (Vorsitzender), Ottmar Fuchs (stellvertretender Vorsitzender) und Jörg Neubert an. Als Nachfolger sind Stefan Eishold (44), Vorstand der Arcus Capital und Aufsichtsratsvorsitzender von InCity Immobilien, sowie Franz-Josef Marxen und Karl-Heinz Zehentner zur Bestellung beim Amtsgericht Würzburg vorgeschlagen.
IZ