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Aufsichtsräte müssen nachsitzen

Aufsichtsräte werden künftig nicht mehr um regelmäßige Schulungen herumkommen.

Aufsichtsräte werden künftig nicht mehr um regelmäßige Schulungen herumkommen.

Quelle: Imago, Urheber: Ikon Images

Karriere 25.11.2021
Aufsichtsräte der Immobilienbranche besitzen keine nachweisbaren Kompetenzen in Sachen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das zeigt eine stichprobenhafte Analyse von Immobilien-AGs. ... 

Aufsichtsräte der Immobilienbranche besitzen keine nachweisbaren Kompetenzen in Sachen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das zeigt eine stichprobenhafte Analyse von Immobilien-AGs. Alteingesessene sollten die Schulbank drücken. Und eine Durchmischung mit frischen Gesichtern von außen wäre auch kein Fehler.

"Wir wollten jemanden, der uns challenged", sagt Friedrich Weil, "der uns mit der Frage nach dem Warum konfrontiert: What is it all about?" Der 30-Jährige hat vor drei Jahren zusammen mit seinem Kompagnon Volker Busse in Düsseldorf den eher wenig bekannten Projektentwickler Alfons & Alfreda gegründet. Nun haben die beiden ihre Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, um die Tür zum Kapitalmarkt aufzustoßen. Das brachte die Notwendigkeit mit sich, einen Aufsichtsrat zu bestellen. "Natürlich", gibt Weil ehrlich zu, "machen wir momentan immer noch viel, was primär zahlengetrieben ist. Aber unseren Aufsichtsrat haben wir so zusammengestellt, um unsere Projekte in Richtung langfristige Daseinsberechtigung zu entwickeln." Er denkt dabei z.B. an vergünstigte Büromieten für Nutzer, die sich nicht die Neubaumieten von Kanzleien oder Versicherungen leisten können.

Mit Nico Rottke, Vorstand des Investmentmanagers und Finanzierers aam2core, und Jürgen Fenk, Immobilienchef beim Vermögensverwalter Primonial Reim für Europa, sitzen nicht nur immobilien- und kapitalmarktaffine Köpfe im Aufsichtsrat von Alfons & Alfreda: In Gestalt von Andreas Rickert ist auch Impact-Investing-Expertise vertreten. Rickert war früher Berater bei McKinsey. Mit seinem eigenen Beratungshaus Phineo bringt er nun Unternehmen bei, wie sie Rendite und soziale Wirkung in Einklang bringen. Zudem ist er Co-CEO von Nixdorf Kapital, einer vor kurzem gegründeten Investmentgesellschaft, mit der die Erben des Computerpioniers Heinz Nixdorf reiche Unternehmer für die nachhaltige Geldanlage begeistern wollen.

"Wir waren uns nicht sicher, ob Rickert Ja sagt", erzählt Weil, "so ein großer Name wie Vonovia sind wir ja nicht." Rickert ließ sich nicht lange bitten: "Mir gefällt der Anspruch, aus dem Kerngeschäft heraus einen Impact zu gestalten." Und: "Ich will der Immobilienszene zeigen, dass man mit einem wertebasierten Ansatz Geld verdienen kann." Es spricht einiges dafür, dass Rickert ein unbequemer, aber auch inspirierender Aufsichtsrat werden könnte: "Als Feigenblatt stehe ich nicht zur Verfügung", stellt er klar.

Rickert stellt alles, was er tut, in einen größeren Zusammenhang. Keine Generation vor uns habe vor so vielen Herausforderungen auf einmal gestanden: Klimawandel, Digitalisierung, Corona ? und vieles mehr. In dieser Gemengelage trage die Immobilienwirtschaft besondere Verantwortung, nicht zuletzt deshalb, weil Gebäude die Quelle von 40% unserer CO2-Emissionen sind. Rickert denkt dabei an die Schäden, die der Mensch mit dem Bauen anrichtet, und wünscht sich so viel Recycling von Baumaterialien wie möglich. Es geht ihm nicht nur um Vermeidung von Schäden, sondern auch ? pathetisch formuliert ? um die positive Kraft, die von einer Immobilie ausgehen kann, wenn sie dem gesellschaftlichen Bedarf gerecht wird.

So gesehen erscheint auch die Zusammensetzung von Aufsichtsräten in einem anderen Licht. Eigentümer- und Anlegerpflege sind wichtig, keine Frage ? aber damit endet der Verantwortungsradius des gern als Kontrollgremium kleingeredeten Organs nicht. Zumal es ja am Ende des Tages im Interesse von Eigentümern und Anlegern ist, ob und, wenn ja, welche strategischen Leitplanken der Aufsichtsrat gemeinsam mit der operativen Führung setzt. "Wenn ich auf die Kohorte insgesamt gucke, sehe ich lauter Altherrenclubs", formuliert Rickert bewusst etwas überspitzt.

Der 47-Jährige will den Beweis antreten, dass ein breiter aufgestellter Aufsichtsrat auch in der Immobilienwelt erfolgreicher ist. "So öffnen sich ganz andere Türen, und als Immobilienentwickler wird man nicht mehr nur als der gierige Investor wahrgenommen."

Aufsichtsräte sind dafür da, die Chefs herauszufordern

Leute wie Rickert, die von außen frischen Wind reinbringen und die operative Führung herausfordern, sind in Aufsichtsräten Mangelware. Diese gefühlte Wahrheit belegt eine Analyse von Tobias Just, dem Leiter der Immobilienakademie der International Real Estate Business School (Irebs). Just hat zusammen mit Thomas Wiegelmann, Mitglied des Harvard Alumni Real Estate Board und Geschäftsführer von Schroder Real Estate Asset Management, die öffentlich zugänglichen Lebensläufe der Aufsichtsratsmitglieder von elf Immobilienaktiengesellschaften unter die Lupe genommen.

Ihr Interesse an dem vermeintlichen Randthema erklärt Just so: "Es ist ein klassisches Innovationsproblem, dass der Vorstand gerade in stürmischen Marktphasen strategische Themen gegenüber dem operativen Geschäft unterpriorisieren muss." Genau hier komme der Aufsichtsrat als aktives Korrektiv ? und nicht nur reaktives Kontrollorgan ? und Sparringspartner auf Augenhöhe ins Spiel: "Der Aufsichtsrat ist ja gerade nicht für das Tagesgeschäft, sondern für strategische Entscheidungen wichtig ? unter Umständen Entscheidungen, bei denen Weichen für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre gestellt werden."

Das Argument, dass es doch in nahezu jeder Immobilienfirma mittlerweile einen Beauftragten für Digitalisierung und ESG (Environmental Social Governance) gebe, überzeugt Just nur bedingt: Fachabteilungen kommunizierten mit dem Vorstand oder der Geschäftsführung häufig eben nicht auf Augenhöhe ? Kritik oder Verbesserungsvorschläge könnten da schon mal unangesprochen oder ungehört bleiben. "Kritische Fragen des Aufsichtsrats dagegen leiden unter diesem Vorbehalt nicht."

In ruhigen Zeiten mögen Aufsichtsräte eine ruhigere Kugel schieben können. Doch derzeit ist so viel Aktivität gefragt wie schon lange nicht mehr: Der Umgang mit den Folgen des Klimawandels und die digitale Transformation lassen viele neue Geschäftsmodelle entstehen, die wiederum die ureigenen Geschäftsmodelle von Immobilienunternehmen tangieren. "Immobilienunternehmen brauchen auf diese Herausforderungen mitunter ganz neue Antworten. Denn solche langfristigen Trends können ziemlich schnell auch kurzfristige Folgen für das Geschäft haben", mahnt Just.

Just und Wiegelmann scannten die CVs von Aufsichtsratsmitgliedern auf diesen fünf Feldern: Immobilien, Kapitalmarkt, Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie Nutzerkompetenz, womit tiefgreifende Kenntnisse der Geschäftsmodelle der Mieter gemeint sind. Unter die Lupe genommen wurden Gremien mit mindestens drei Köpfen. Alles in allem wurden mehr als 33 Aufsichtsratsmitglieder auf den Prüfstand gehoben.

Die Ergebnisse sind eindeutig (vgl. Tabelle). So weisen viele Aufsichtsräte von Immobilienunternehmen sowohl Immobilien- als auch Kapitalmarktkompetenz vor. Letztere dominiert: Bei genau zwei Dritteln der betrachteten Personen (66%) machen Just und Wiegelmann einen Haken in Sachen Kapitalmärkte. Immobilienkenntnisse bringen 58% in das von ihnen kontrollierte Unternehmen mit. Dass Kapitalmarktkompetenz bei Aktiengesellschaften als wertvollstes geistiges Asset im Aufsichtsrat bewertet wird, darauf deutet auch dieses Indiz hin: Die Streuung bei Immobilienkompetenz ist größer; zum Teil bringen weniger als die Hälfte der Aufseher dieses Know-how aus früheren Jobs mit.

In puncto Digitalisierung und Nachhaltigkeit schneiden die untersuchten Aufsichtsräte denkbar schlecht ab: Exakt 0% der mehr als 33 Personen verfügen nachweisbar über Wissen auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit. Eindeutig belegbare Qualifikation bei Digitalisierung ist nur in einer homöopathischen Dosis von 3% der Aufsichtsräte vorhanden.

Kompetenzen in Sachen ESG oder digitaler Transformation absprechen wollen Just und Wiegelmann niemandem. "Ich gehe davon aus, dass jeder Manager in grundlegenden Fragen der Umweltökonomie und Digitalisierung Wissen und Erfahrung aufgebaut hat und dies fortlaufend tut", sagt Just. "Aber die Frage ist doch: Was ist für ein Unternehmen und den Aufsichtsrat so relevant, dass es als Schwerpunkt in einem Lebenslauf auftaucht und auch wert ist, an den Kapitalmarkt kommuniziert zu werden?" Darin drücke sich doch auch die Akzentuierung der Arbeit eines Aufsichtsrats aus.

Georg Allendorf hält diese Resultate der Analyse für ebenso richtig wie falsch. "Formale Kompetenzen in den Bereichen ESG und digitale Transformation mögen wirklich so schwach ausgeprägt sein", räumt der frühere Geschäftsführer von DWS Real Estate zwar ein. Allendorf ist nach seiner Karriere bei der Deutschen Bank selbst unter die Aufsichtsräte gegangen. Er feierte bei Corestate Premiere. Beim Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) trommelt er für "Building Better Boards", so der Titel eines Leitfadens, den das ICG im Frühjahr veröffentlicht hat.

Den in der Analyse festgestellten Mangel erklärt er sich so: "Man sucht erfahrene Führungskräfte für solche Positionen, damit typischerweise eher ältere bzw. solche mit Vorstandserfahrung. Solche Personen sind aber auf beiden Feldern sehr dünn gesät. Denn wenn überhaupt, gibt es diese Vorstandspositionen erst seit wenigen Jahren, und diese Personen stehen dann meist noch nicht für Aufsichtsratsmandate zur Verfügung."

Allendorf bricht für die (ehemaligen) C-Level-Führungskräfte aus der Immobilienbranche, die ? irgendwann ? auch in den Aufsichtsräten von Immobiliengesellschaften sitzen, eine Lanze: "Viele von ihnen haben Erfahrung mit beiden Themen, auch wenn sie nicht formal darin gearbeitet haben." Der frühere Immobilienfondsmanager der Deutschen Bank nimmt sich selbst als Beispiel: Er habe zwar zu seiner Zeit nie direkt als ESG- oder Digitalisierungsbeauftragter gewirkt, aber "an beiden Themen intensiv mitgearbeitet, entsprechende Strategien beauftragt und die Umsetzung begleitet".

Fragt sich, ob das reicht. Für Personalberater stellt es sich jedenfalls als ein schwieriges Unterfangen dar, innerhalb der Immobilienwirtschaft jemanden mit Digitalisierungs- oder ESG-Kompetenz für einen Aufsichtsrat zu finden. "Denn solche Personen sind in der Immobilienbranche eher in der zweiten Führungsebene zu finden, kaum auf dem Vorstands- und Geschäftsführungsniveau", sagt Sebastian Walter. Er sollte es wissen: Walter ist seit mehreren Jahren einer der weltweit erfolgreichsten Partner der Personalberatung Heidrick & Struggles. Er hat allein in diesem Jahr mehr als zehn hochkarätige Aufsichtsrats- und Beiratspositionen in Immobiliengesellschaften besetzt. Seine Unterstützung wird u.a. dann benötigt, wenn Private-Equity-Investoren IPOs der von ihnen gehaltenen Immobilienportfolios/-unternehmen vorbereiten und ein Aufsichtsrat für die künftig börsennotierte Immobilienaktiengesellschaft zusammengestellt werden muss.

Werde ein Bedarf an ausgeprägten Skills in den Bereichen ESG oder Digitalisierung festgestellt, "muss man diese aus anderen Industrien rekrutieren, am besten mit vergleichbaren Geschäftsmodellen, z.B. der Finanzindustrie", erklärt Walter. Dass der Bedarf da ist oder zumindest da sein sollte, daran zweifelt Walter nicht: "Im Moment sind Nachhaltigkeit und digitale Transformation in Aufsichtsräten von Immobiliengesellschaften wenig repräsentiert, die Branche hinkt hinterher." Die Unternehmen entwickelten aber zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass fundierte Kenntnisse und Netzwerke in diesen Bereichen jedem Aufsichtsrat gut zu Gesicht stünden. "Dieses Thema wird in den nächsten Jahren auch in der Immobilienbranche Fahrt aufnehmen."

Weiterbildung muss die Regel sein ? nicht die Ausnahme

Für die Kontrollfunktion eines Aufsichtsrats sind vor allem Betriebswirte bzw. Wirtschaftswissenschaftler und Juristen gefragt und die braucht es selbstverständlich weiterhin. Ebenso wie, speziell bei AGs, kapitalmarktaffine Köpfe. Darüber hinaus benötigen Immobilienfirmen natürlich Immobilienexperten in Aufsichtsräten, nicht zuletzt solche, die selbst als Entscheider schon operative Verantwortung übernommen haben. All das reicht nicht, damit ein strategisch so wichtiges Organ wie der Aufsichtsrat gut für die Zukunft gerüstet ist ? und mit ihm das beaufsichtigte Unternehmen. Oder wie Wiegelmann sagt: "Es braucht einen Anschub von außen."

Zumal Experten, die von außen kommen, in der Regel unabhängiger und sachlicher agieren. Sie tun sich leichter damit, den Vorstand oder die Geschäftsführung mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren. "In der Immobilienbranche herrscht aber eine große Hemmung, jemanden zu nehmen, der nicht aus der Immobilienecke oder einem verwandten Bereich kommt", stellt Immobilienmanagerin Heike Gündling fest, die die Geschicke des Proptechs 21st Real Estate lenkt.

Wiegelmann rät dringend dazu, dass sich Anteilseigner, der Vorstand bzw. die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat darüber klar werden sollen, welche Rolle der Aufsichtsrat über seine klassische Kontrollfunktion hinaus spielen soll ? und dabei energetische und umweltpolitische Herausforderungen und die digitale Transformation nicht zu vergessen. "Das gilt nicht nur für die großen Immobiliengesellschaften, sondern auch und gerade für die kleineren." Ist die Rolle des Aufsichtsrats definiert, "braucht es eine Inventur der vorhandenen Kenntnisse und Netzwerke. Fehlen wichtige Kompetenzen, sollten sich die vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder weiterbilden und ihre Netzwerke ausbauen."

Auch Allendorf kann einen "signifikanten Bildungsbedarf" nicht leugnen: "Aufsichtsräte müssen sich weiterbilden." Nicht zuletzt, damit sie vom Vorstand oder der Geschäftsführung ersonnene ESG-Strategien oder digitale Geschäftsmodelle auf ihre Tauglichkeit und Zukunftsfähigkeit hin abklopfen können. "Interne und externe Weiterbildungsprogramme werden für Aufsichtsräte in der Zukunft nicht mehr der Einzelfall, sondern die Regel sein müssen", fordert Allendorf und verweist auf Schulungen, die die ICG Academy seit fast zehn Jahren anbietet.

Branchenfremde Experten stünden Aufsichtsräten gut zu Gesicht

Es ist allerdings ein großer Unterschied, ob ein Immobilienprofi sich neben dem Kerngeschäft z.B. zu Umweltfragen auf dem Laufenden hält ? oder ob er respektive sie z.B. wirklich aus der Energiebranche kommt. So gesehen, ist es nie ein Fehler, den Aufsichtsrat um Experten von außerhalb anzureichern. "Es geht nicht so sehr um Ersatz als um Ergänzung", sagt Wiegelmann.

Walter fallen jede Menge branchenfremde Köpfe mit ESG- und/oder Digital-Expertise ein, die in ihren Firmen oft in der ersten Reihe stehen: "Tanja Rückert, Monika Schaller, Barbara Frei-Spreiter, Jenny Bofinger-Schuster..." (siehe Kasten). Die Liste zeigt: Alternativen gibt es viele. Nur müssen Immobilienunternehmen bereit sein, über den Tellerrand zu gucken.

Vorschläge für Immobilien-Aufsichtsräte aus anderen Branchen

Sebastian Walter, Personalberater bei Heidrick & Struggles, hat für die Immobilien Zeitung eine kleine Auswahl an branchenfremden ESG- und Digitalprofis erstellt.

Monika Schaller ist bei Deutsche Post DHL Group Direktorin unter anderem für Nachhaltigkeit. Zuvor hatte sie Führungspositionen in der Unternehmenskommunikation bei Deutsche Bank, Goldman Sachs und Citigroup inne. ?Sie ist sehr stark im Thema Sustainability verankert?, so Walter. Die interne wie externe Kommunikation von Deutsche Post hat die Österreicherin neu ausgerichtet, u.a. mit einer App für Mitarbeiter ohne eigenen PC-Arbeitsplatz.

Renata Jungo Brüngger ist Mitglied des Vorstands und die oberste SustainabilityBeauftragte bei Daimler/Mercedes-Benz. Der Autobauer hat ein eigenes Board, das sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Es besteht aus zwei internen Kollegen ? eben Jungo Brüngger und dem für Entwicklung zuständigen Vorstandskollegen ? sowie zwei externen Experten.

Daniel Barnicle bringt bei Adidas die Kundenperspektive im E-Commerce und Digital Retail ein. Früher war er bei Publicis Sapient, einem Beratungshaus, das Konsumgüterhersteller bei der digitalen Transformation berät.

Saori Dubourg gehört dem Vorstand von BASF an. Die DeutschJapanerin ist im Konzern für das Agrargeschäft und die Geschäfte Zusatzstoffe für Kosmetik und Lebensmittel zuständig. ?Sie gilt innerhalb der Dax-Landschaft als die Sustainability-Verantwortliche schlechthin. Es gibt keine Stärkere, ein absolutes Aushängeschild?, lobt Headhunter Walter. ?Sie ist sehr stark im Bereich Messbarkeit und Kennzahlen bezogen auf das Thema ESG.? Bei BASF hat sie sich zum Ziel gesetzt, neben dem Gewinn den Wertbeitrag, den ein Konzern mit 110.000 Mitarbeitern für die Gesellschaft schafft, sichtbar zu machen ? als Kaufkraft, über die die Mitarbeiter durch ihre Löhne verfügen.

Birgit Klesper leitet bei der Deutschen Telekom seit 2008 den Bereich Group Corporate Responsibility. Seit 2016 konzentriert sich die gelernte Journalistin auf unternehmerische Verantwortung und Nachhaltigkeit. ?Klesper bringt dank ihres umfangreichen Track-Records im Bereich Kommunikation ein extrem breites und belastbares Netzwerk mit?, urteilt Walter. Weit oben auf ihrer Agenda steht z.B. das Thema verantwortungsvolle Digitalisierung (Corporate Digital Responsibility).

Jenny Bofinger-Schuster kommt bei Siemens aus der Unternehmensberatungssparte und hat heute Business-Verantwortung für den Bereich Sustainability and Operational Excellence innerhalb von Siemens Smart Cities ? womit sie mit einem Bein in derImmobilienwelt steht. ?Vom Typ her ist sie sehr pragmatisch und hands-on?, berichtet Walter.

Barbara Frei-Spreiter füllt beim Elektronikkonzern Schneider Electric die Rolle der Executive Vice President Industrial Automation aus. Sie kommt nicht aus einem Dax-Umfeld, ?weist aber trotzdem die meiste Erfahrung im Bereich Sustainability vor?, sagt Walter.

Tanja Rückert ist seit wenigen Monaten Chief Digital Officer bei Robert Bosch ? und eine der weiblichen Top-Führungskräfte in Deutschland. ?Sie ist sehr, sehr stark im Bereich IT sowie in digitalen Themen?, konstatiert Personalberater Walter. Neben ihrer aktuellen Position bei Bosch brächte sie auch einige Erfahrung aus den Bereichen Internet of Things und künstliche Intelligenz aus ihrer Zeit bei SAP in die Immobilienbranche mit. Harald Thomeczek

Harald Thomeczek

ZDF und Veba residieren jetzt Unter den Linden

Köpfe 10.02.2000
Berlin (ch) - Nur wenige Minuten von Brandenburger Tor und Reichstag entfernt produziert das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), Mainz, jetzt "Kennzeichen D", "Berlin Mitte" und andere ... 

Berlin (ch) - Nur wenige Minuten von Brandenburger Tor und Reichstag entfernt produziert das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), Mainz, jetzt "Kennzeichen D", "Berlin Mitte" und andere Politsendungen. Im 1911 errichteten Zollernhof, der jahrzehntelang als Sitz des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend (FDJ) diente, hat auch die Veba AG, Düsseldorf, ihre Hauptstadtrepräsentanz eingerichtet.

Seit Anfang Februar ist das ZDF in der Hauptstadt voll arbeitsfähig - später als die meisten anderen Medien, dafür aber an einer besonders feinen Adresse: im Zollernhof Unter den Linden 36-38. Gemeinsam mit der Veba AG, Düsseldorf, steckten die Mainzer Fernsehmacher 300 Mio. DM in die Sanierung und die Erweiterung des denkmalgeschützten Gebäudes, das 1911 nach Plänen von Kurt Berndt und Bruno Paul errichtet worden war. Nach der 1949/50 erfolgten Instandsetzung der Kriegsschäden diente das Gebäude als Sitz des Zentralrats der FDJ. Im März 1996 begannen die neuerlichen Umbau- und Erweiterungsarbeiten, die jetzt, Anfang Februar, ihren Abschluß fanden. Dabei blieb das Vorderhaus Unter den Linden mit seiner neoklassizistischen Fassade und den Treppenhäusern erhalten. Die rückwärtige Fassade an der Mittelstraße ließ der Berliner Architekt Thomas Baumann unter Aufnahme historischer Formen neu aufbauen. Dadurch entstand ein mit einem Glasdach überspannter, öffentlich zugänglicher Innenhof.

Insgesamt erstreckt sich der Zollernhof über eine Grundstücksgröße von 4.042m2 und verfügt jetzt über eine Bruttogeschoßfläche von 32.000m2. Ziemlich genau die Hälfte davon nutzen die beiden Bauherren selber, den Löwenanteil davon bezieht das ZDF mit rund 300 Mitarbeitern. Die Veba begnügt sich für ihre Repräsentanz mit dem 4. und 5. Obergeschoß des Linden-Flügels und des angrenzenden östlichen Seitenflügels; wie viel Fläche sie dabei beansprucht, will Erich Schruff, Pressesprecher der Veba-Tochter Viterra AG, Essen, nicht preisgeben. 16.200m2 Fläche stehen für Fremdmieter offen, davon allein 11.400m2 Büros. Zwischen einem Drittel und der Hälfte davon sind nach Angaben der Viterra bisher vermietet, darunter an die Deutsche Börse AG. Mieter aus dem Medienbereich sind das Deutschland-Radio, das österreichische Fernsehen ORF und die japanischen Fernsehsender TBS und MBS. Das Berliner Edelrestaurant Möwe wird eine Dependance einrichten, während für die Einzelhandelsflächen die Verhandlungen laut Schruff erst jetzt beginnen.

Bemerkenswert ist, daß sich über ein Drittel der Gesamtfläche in vier unterirdischen Geschossen verbirgt. Das hängt damit zusammen, daß das ZDF einen erheblichen Bedarf an nicht natürlich belichteten Technik- und Funktionsflächen sowie Parkmöglichkeiten für Einsatzfahrzeuge hat. Ganz nach unten gehen müssen künftig auch Schröder, Schäuble und andere Politiker: Die Interviews mit Prominenten führen die ZDF-Mitarbeiter nämlich in einem Studio im vierten Untergeschoß.

IZ

Kaafs Korruptions-Karussell Die Ermittlungen ziehen immer weitere Kreise

Köpfe 26.08.1999
Wiesbaden (mol) - Was vor einigen Wochen als mittlerer Bonner Bauträgerskandal begann, hat im Laufe des Monats August immer weitere Kreise gezogen. Im Zentrum der Ermittlungen stehen derzeit die ... 

Wiesbaden (mol) - Was vor einigen Wochen als mittlerer Bonner Bauträgerskandal begann, hat im Laufe des Monats August immer weitere Kreise gezogen. Im Zentrum der Ermittlungen stehen derzeit die Immobiliengeschäfte der Bayerischen Beamtenversicherung (BBV), München.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Erwerb des Bürogebäudes Friedrich-Ebert-Allee 40 in Bonn. Die Immobilie war zu Beginn der 90er Jahre von dem Bonner Bauträger Berthold Kaaf gemeinsam mit dem Heidelberger Projektentwickler Roland Ernst entwickelt und zuletzt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit genutzt worden.

90% der Anteile an der Objektgesellschaft wurden von dem Duo Kaaf/Ernst für knapp 290 Mio. DM an ein Konsortium aus Veba (22,5%), Depfa-Bank (22,5%) und der Bayerischen Beamtenversicherung (45%) verkauft. Die Transaktion vermittelte Dieter Diekmann, Mitglied im Vorstand der Veba-Tochter Viterra Baupartner und ehemaliger Oberstadtdirektor von Bonn. Diekmann und Kaaf, der nach "Stern"-Recherchen auch von dem früheren Bundesbauminister Töpfer ein ansehnliches Beratungshonorar für seine Unterstützung in Sachen Schürmann-Bau erhalten hatte, wurden bereits Mitte Juni in Haft genommen. Neben dem Vorwurf, Kaaf habe Diekmann geschmiert, um den Kauf der überteuerten Immobilie über die Bühne zu bringen, gingen die Ermittler noch einem weiteren Verdacht nach: Offenbar hatten auch Vertreter der BBV und der Depfa von dem Deal profitiert.

Der Verdacht konkretisierte sich bald darauf in der Person des BBV-Vorstandsvorsitzenden und Depfa-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Dieter Schweickert, der am 9. August auf dem Flughafen Innsbruck verhaftet wurde. Gegen Schweickert liefen bereits Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Immobilienaffäre der früheren Hypo-Bank.

Glimpflich kam die Wiesbadener Depfa-Bank davon: Die Bochumer Staatsanwaltschaft ließ verlauten, "nach hiesigen Erkenntnissen" seien weder die Bank noch ihre Führungskräfte in die Vorwürfe gegen Schweickert involviert. Ein Zusammenhang zwischen der BBV und dem Depfa-Vorstandsvorsitzenden Thilo Köpfler war zuletzt von dem Nachrichtenmagazin "Focus" hergestellt worden.

Die Depfa bestätigte den Bericht dahingehend, daß sich Köpfler 1994 auf Bitte von Schweickert zu 25% privat an dem Bürohaus Triangel, Friedrichstraße 204 in Berlin, beteiligt hatte. Die übrigen Vorwürfe - die Depfa sei bei der BBV-Siedlung Schönefelder Wohnpark und dem Wiesbadener "Hotel Rose" involviert - wurden von der Bank jedoch dementiert: Man habe sich hier weder als Finanzierer noch als Eigentümer beteiligt, hieß es.

Die Affäre Schweickert bescherte dem Institut neben einer vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen angeordneten Sonderprüfung auch einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden: Am 10. August löste der bisherige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Westphal Schweickert in der Aufsichtsratsführung der Deutschen Pfandbrief-Bank und der Depfa Bank AG Bau Boden ab. Die BBV hält allerdings weiterhin 8,34% an der Depfa Holding Verwaltungsgesellschaft mbH, die 40% des Depfa-Kapitals besitzt.

Die BBV hat Schweickert mittlerweile fristlos gekündigt. Wie die Versicherung mitteilt, war der Vorstandschef "unerlaubterweise" mit 15% an der BBV-Tochter BBV Immobilien GmbH beteiligt. 70% der BBVI werden von der BBV Holding AG gehalten. Die Versicherung kündigte an, alle relevanten Immobiliengeschäfte des Unternehmens in den letzten zehn Jahren prüfen zu lassen.

In der Zwischenzeit recherchierte der "Stern" weiter in Sachen Schweickert. Dessen Schmiergelderlöse aus Geschäften mit Kaaf im Zuge mehrerer Bauvorhaben der BBV summierten sich demnach auf über 7 Mio. DM. Die Zahlungen flossen vor allem für Bauvorhaben in der neuen Hauptstadt: für ein Projekt auf dem ehemaligen Schultheiss-Brauereigelände, einen Wohn- und Gewerbekomplex an der Berliner Krausenstraße, einen Wohnpark am Flughafen Schönefeld und ein Objekt an der Friedrichstraße.

Nach Einschätzung des Banchendienstes "DFI-Gerlach-Report" ist das derzeitige Vorgehen gegen Schweickert lediglich ein "Abfallprodukt" der Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft in Sachen Hypo-Bank. Demnach habe zu den Hypo-Bank-Kunden auch Kaaf gehört, bei dem über Schmiergeldzahlungen an einen ehemaligen Hypo-Generalbevollmächtigten spekuliert werde.

Die Ermittlungen gegen Schweickert haben nun offenbar auch Anhaltspunkte gegen den Vorsitzenden der BBVI-Geschäftsleitung geliefert. Gegen Karl Fütterer, geschäftsführender Gesellschafter der BBVI, ermittelt nun ebenfalls die Münchner Staatsanwaltschaft. Fütterer war im Branchendienst "Direkter Anlegerschutz" bereits seit längerem wegen mehrerer maroder geschlossener Immobilienfonds angegriffen worden - zuletzt in Sachen BBVI-Fonds Nr. 11. Bei beiden Fondsobjekten, einem Bürohaus in Berlin-Teltow und einem in Dresden, seien mittlerweile die Mietgarantien "geplatzt".

mol