Karriere-News

Ihre gewählten Filter:

Logistikimmobilienprofis muss man mit der Lupe suchen

Bewerber mit Logistikexpertise stechen oft aus der Masse heraus.

Bewerber mit Logistikexpertise stechen oft aus der Masse heraus.

Quelle: imago images, Urheber: Panthermedia

Karriere 03.09.2020
Spezialisten, die in der Immobilien- und der Logistikwelt gleichermaßen zuhause sind, sind dünn gesät. Nicht immer findet, wer sucht. "Logistikexperten kommen nicht fertig von der Uni", ... 

Spezialisten, die in der Immobilien- und der Logistikwelt gleichermaßen zuhause sind, sind dünn gesät. Nicht immer findet, wer sucht. "Logistikexperten kommen nicht fertig von der Uni", klagt Hansainvest-Chef Nicholas Brinckmann. Oft bleibt da nur, z.B. Immobilienkaufleute selbst zu Logistikprofis zu schulen, wie es etwa auch das Maklerhaus Logivest tut.

Es gibt keine Logistikimmobilien-Spezialisierung an Hochschulen", präzisiert der Sprecher der Geschäftsführung von Hansainvest Real Assets, Brinckmann. Hansainvest setze daher auf "Training on the Job, an der Seite ausgewiesener Experten". So ein Training on the Job hat z.B. Philipp Middendorp, der Head of Logistics Acquisitions bei Hansainvest, durchlaufen.

Middendorp machte 2014 an der Universität Leipzig seinen Master in BWL mit einer Spezialisierung in Immobilienvestments. "Während meines Hochschulstudiums war Logistik noch kein eigenständiges Thema. Zu dieser Zeit war die Anlageklasse Logistik im Kontext des gesamten Immobilieninvestmentmarkts ein untergeordneter Randbereich", erinnert sich Middendorp. "Seitdem haben die Bedeutung und damit auch die Professionalisierung dieses Bereichs aber zugenommen."

Der heutige Logistikchefeinkäufer von Hansainvest hat sich sein Wissen über Logistikimmobilien als Anlageklasse tatsächlich noch direkt bei der Arbeit angeeignet. Als Trainee bei Deka Immobilien begleitete Middendorp zunächst nicht nur in der Nutzungsart Logistik Ankäufe, sondern bekam es auch mit Hotels und Einzelhandel zu tun. Nach dem breiter angelegten Traineeship wurde er zum Investmentmanager befördert und spezialisierte sich auf Logistik.

Doch wie in jedem Job, in dem Köpfchen gefragt ist, darf auch bei einem Logistikimmobilienprofi die Theorie nicht zu kurz kommen: "Wichtig ist, dass man sich durch Seminare, Fachlektüre und durch den Austausch mit Marktteilnehmern stetig weiterbildet und sich über aktuelle Entwicklungen informiert", betont Middendorp.

Ganz ohne Theorie geht es auch bei Kuno Neumeier nicht ab. Der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter des auf Logistikimmobilien spezialisierten Maklerhauses Logivest empfindet speziell die Einarbeitung von Mitarbeitern ohne Logistikexpertise als echte "Challenge". Er hat nicht zuletzt deshalb zusammen mit der HR-Abteilung ein "eigenes Qualitätsmanagement und ein eigenes Einschulungsprogramm aufgesetzt".

Auf dem Stundenplan stehen bei Logivest zum einen logistikspezifische, fachliche Themen rund um Vermietung oder Projektentwicklung. Die Mitarbeiter sollen - wenn sie nicht schon Logistik-Know-how mitbringen - die "Logistikbrille" aufsetzen und lernen, "die Sprache der Kunden zu sprechen". Und weil Letztere keine homogene Gruppe, sondern sehr vielfältig sind und vom E-Commerce über den Lebensmittelhandel bis zur Industrie reichen, ist das eigentlich auch nicht eine einzige Sprache, sondern babylonisch viele Sprachen.

Geschult werden die Kollegen fortlaufend auch in den IT-gestützten Prozessen. Die Corona-Pandemie streut etwas Sand ins Schulungsgetriebe: "Das ist schon eine Herausforderung, weil große Schulungen und Teamsitzungen nicht mehr möglich sind", erklärt Neumeier.

Anders als das Maklerhaus Logivest, das im September seinen achten Standort in Bremen eröffnet, sind Brinckmann und seine Kollegen auch jenseits deutscher Lande aktiv und benötigen grenzüberschreitendes Know-how: "Aufgrund unseres europäischen Portfolios ist es entscheidend, dass unsere Transaktionsprofis auch die jeweiligen Märkte und Gesetzgebungen kennen", betont der Boss von Hansainvest. Die von ihm mitersonnene Lösung: "Wir haben ein Programm mit mehrmonatigen Hospitanzen bei unseren Netzwerkpartnern im Ausland entwickelt, sei es bei Projektentwicklern, Maklern oder Rechtsanwälten. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht."

Im Gegensatz zu manch anderer Assetklasse hat der Logistik- und Industrieimmobiliensektor Corona & Co. alles in allem unbeschadet überstanden. Gut, vom Maschinenbau oder der Automobilindustrie sind zurzeit eher keine großen Impulse zu erwarten, dafür aber vom E-Commerce oder dem Lebensmitteleinzelhandel. "Momentan", so resümiert Neumeier, "gleicht sich das vom Flächenbedarf her aus."

Neumeier hat vor zehn Jahren als One-Man-Show angefangen. Ende 2019 beschäftigte er bei Logivest rund 70 Mitarbeiter, jetzt sind es 85. Der Umsatz hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Er setzt sich zu etwa 90% aus Provisionen (Vermittlung von Miet- und Kaufverträgen) und zu ca. 10% aus dem Beratungsgeschäft zusammen.

Mit der aktuellen Teamgröße sieht Neumeier das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: "Ich würde gern 20 weitere Makler anstellen", sagt der Logivest-Inhaber. Ein Studium müssen potenzielle Kollegen nicht zwingend abgeschlossen haben, eine Ausbildung z.B. zum Immobilienkaufmann reicht völlig aus. Studenten sind ebenfalls willkommen, Logivest bietet ihnen Plätze für ein duales Studium im Bereich Immobilienmanagement an. Offene Stellen gibt es schwerpunktmäßig am Sitz in München sowie in Frankfurt und Leipzig. Gesucht werden auch Teamleiter für bestimmte Regionen oder mit gewissen Branchenschwerpunkten, sei es für Vermietung, Neubau oder Investment.

So richtig wohlfühlen würde sich Neumeier mit einer Mannstärke von 120 Kollegen. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? "Mit Corona ist es noch nicht großartig einfacher geworden, gute Leute zu finden", stöhnt Neumeier. "Wir werden nicht gerade überschwemmt mit Initiativbewerbungen. Logistikimmomakler ist ein Spezialgebiet; da gibt's nicht so viele, die das richtig gut machen."

Logivest setzt auf die aktive Rekrutierung von Fachkräften

Weil dem so ist, setzt Neumeier seit gut einem Jahr auf eine aktive Rekrutierung von Fachkräften. Nicht ohne Erfolg: Mit Michael Starre (14 Jahre bei JLL), Dirk Heiertz (ehemals DSV Solutions) und Carsten Felix (vorher Kraftverkehr Nagel) hat Logivest in den vergangenen zwölf Monaten keine Namenlosen verpflichtet.

Hansainvest-Chef Brinckmann ächzt ebenso unter dem Wettbewerb auf dem Personalmarkt. Aktuell sucht der Investment-Manager, der u.a. Spezialfonds für institutionelle Investoren auflegt und befüllt, einen Ankäufer. Offen ist im Logistikbereich außerdem eine Junior-Stelle. Doch leichter gesagt als getan: "Es ist ungleich schwerer, einen Logistikexperten zu finden als jemanden mit einschlägigem Bürohintergrund."

Die Nachfrage nach Logistikexpertise steigt mit dem Investoreninteresse

Logistikimmobilienprofis muss man suchen. Und das hat seinen Grund: "Immer mehr Asset-Manager, Entwickler, Makler und andere Dienstleister drängen in die Logistikimmobilien-Sparte - diese Entwicklung hat seit Corona weiter zugenommen", beobachtet Brinckmann. Die Nachfrage nach Logistikexpertise entlang der gesamten Wertschöpfungskette - von der Ankaufsprüfung über das Vermietungs- und Asset-Management bis zur Projektentwicklung - sei enorm. Diese Bewegung folge schlicht einem wachsenden Investoreninteresse.

In anderen Assetklassen entwickelt sich die Nachfrage nach Miet- und Investmentobjekten eher in die Gegenrichtung. Im Einzelhandel ist das vielerorts schon länger zu beobachten. Durch die vergangenen Homeoffice-Monate droht auch so manches Bürohaus zum Ladenhüter zu verkommen. Die Dienste des einen oder anderen Immobilienprofis könnten angesichts der aktuellen Umwälzungen künftig auch nicht mehr benötigt werden - es sei denn, die Betreffenden schulen um: "Ich bin gespannt, ob wir einen größeren Requalifizierungsprozess in der Branche erleben werden. Werden sich Immobilienprofis mit Büro- und Einzelhandelshintergrund Logistik-Know-how erarbeiten?", fragt sich Brinckmann.

Harald Thomeczek

Dirk Heiertz betreut Großkunden von Logivest

Köpfe 08.07.2020

"Wer Karriere machen will, muss den Mund auftun"

Philip Dunne (3. v.r.), President Europe bei Prologis, bei einem Treffen mit Nachwuchsführungskräften im Rahmen der Breakthrough-Initiative.

Philip Dunne (3. v.r.), President Europe bei Prologis, bei einem Treffen mit Nachwuchsführungskräften im Rahmen der Breakthrough-Initiative.

Bild: Prologis

Karriere 01.10.2015
Doch gerade Frauen tun sich schwer damit, ihre Karrierewünsche zu formulieren. Deswegen hat Prologis vor rund einem Jahr Breakthrough ins Leben gerufen. Mit der globalen Diversitätsinitiative ... 

Doch gerade Frauen tun sich schwer damit, ihre Karrierewünsche zu formulieren. Deswegen hat Prologis vor rund einem Jahr Breakthrough ins Leben gerufen. Mit der globalen Diversitätsinitiative will der Logistikimmobilienentwickler auch Frauen helfen, in Führungspositionen aufzusteigen. Die Angebote richten sich jedoch an beide Geschlechter.

Seit gut einem Jahr gibt es bei Prologis die Initiative Breakthrough, durch die mehr Frauen in Führungspositionen kommen sollen. "Wir haben uns kein Zahlenziel gesetzt", sagt Martina Malone, "aber ein Anteil von 10% von Frauen in Führungspositionen ist zu wenig". Malone ist Senior Vice President, Client Relations Europe, bei Prologis in Großbritannien und leitet Breakthrough in Europa. Eine feste Frauenquote sei stark diskutiert, doch letztendlich abgelehnt worden. Dennoch werde die Geschlechterverteilung auf den verschiedenen Führungsebenen alle sechs Monate von der Initiative unter die Lupe genommen.

Etwa die Hälfte der Mitarbeiter sind Frauen. Dennoch sind bei Prologis von den 107 Führungskräften auf der Ebene Senior Vice President oder höher nur 13 weiblich. Sie spielen bei der Breakthrough-Initiative eine tragende Rolle. Auf der obersten Führungsebene bleiben die Männer des weltweit rund 1.500 Angestellte zählenden Unternehmens bislang ganz unter sich. Breakthrough will das ändern und setzt dabei auf die stärkere Rekrutierung, Förderung und Bindung von weiblichen Mitarbeitern. Neben einem ausgewogeneren Geschlechterverhältnis soll die Vernetzung gefördert und ein Talentepool aufgebaut werden. Außer Trainings, Netzwerkveranstaltungen und Vorträgen gibt es auch Mentorenprogramme. Die Angebote richten sich an beide Geschlechter, und auch die Männer nehmen diese wahr. In Schulungen wird u.a. das Thema "unconscious bias" aufgegriffen. Gemeint sind damit unbewusste Vorurteile, die beide Geschlechter in Bezug auf Geschlechterrollen haben und die sie am Aufstieg genauso hindern können wie Vorurteile des anderen Geschlechts.

Männern falle es oft leichter, nach einer Gehaltserhöhung oder einer Beförderung zu fragen. Frauen erhalten durch die Initiative Anstöße, stärker für sich selbst einzustehen. "Wer Karriere machen will, muss den Mund auftun", sagt Malone. "Das ist einfach so, sonst wird das mit der Karriere schwierig." Gleichzeitig sollen auch die Chefs für die geschlechtsspezifischen Unterschiede stärker sensibilisiert werden.

Männer seien die besseren Netzwerker, hat Malone beobachtet. Sie würden abends auch mal mit ihrem Chef etwas trinken gehen. Um die Netzwerkchancen während der Arbeitszeit auszubauen, organisiert Breakthrough Lunch-Termine mit Führungskräften. Kündigt sich z.B. der US-Chef zu Besuch in einem europäischen Büro an, dann werden sechs Lunch-Plätze mit ihm per E-Mail vergeben, und zwar auf der Basis "first come, first serve".

Die Initiative ist eingebettet in eine Talentestrategie. Ziel sei es, einen großen Talentepool zu entwickeln. "Prologis soll ein Employer of Choice werden", sagt Malone. Dass sie bei ihrem eigenen Vorstellungsgespräch von drei Frauen interviewt wurde, habe sie damals positiv überrascht und sei ein wichtiges Zeichen gewesen.

Breakthrough hat zudem einen ökonomischen Hintergrund. Diversity ist ein business case. Je mehr unterschiedliche Blickwinkel vertreten seien, desto besser sei das fürs Geschäft, sagt Malone. Geschlechtervielfalt als Wirtschaftlichkeitsrechnung. Gestützt wird diese Argumentation u.a. von einer "Women matter"-Studie von McKinsey. Demnach haben Unternehmen, in denen Frauen im obersten Quartil der Führungsgremien vertreten sind, durchschnittlich eine um 47% höhere Eigenkapitalrendite sowie ein um 55% höheres operatives Ergebnis (Ebit). Mit Breakthrough soll der Gedanke der Geschlechtervielfalt langfristig in der DNA der Firma verankert werden. Deswegen ist die Initiative in den Zielen für 2015 festgeschrieben und wird von der obersten Führungsebene unterstützt. Die Umsetzung spiegele sich jedoch noch nicht in den Vergütungsstrukturen bzw. Boni wider, sagt Malone.

Auf ein solches Modell hatte einst Vinci Facilities, neben anderen Maßnahmen, gesetzt und die Frauenförderung im Unternehmen erfolgreich angestoßen (siehe "Wer Frauen fördert, erhält mehr Geld"). Auch die European Public Real Estate Association (Epra) will den niedrigen Frauenanteil im Top-Management der europäischen Immobiliengesellschaften erhöhen. Im Board of Directors, dem obersten Führungsorgan, sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur 13% Frauen. Epra rief eine Gender-Diversity-Initiative ins Leben, die mittels Schulungen, Netzwerkaufbau und Mentorenprogrammen den Frauenanteil erhöhen will. Die Mitgliedsunternehmen sollen sich dazu bekennen, talentierte Managerinnen zu fördern und zu unterstützen. Auch der International Council of Shopping Centers (ICSC) hat mit "Women in Retail Real Estate" ein europäisches Diversitätsprojekt aufgelegt, das weiter ausgebaut werden soll.

Bei Prologis engagiert sich Malone für Breakthrough auch, damit mehr Frauen Beruf und Familie vereinbaren können. Eine Kinderpause sollte keine Karrierebremse sein, sagt die Mutter von zwei Kindern. Sie wünscht sich, dass die Entscheidungsfrage Kinder oder Karriere künftig kein Thema mehr ist. "Das ist eine ganz gemeine Frage. So eine will ich mir nicht stellen müssen."

Das Thema Frauen und Karriere holt Prologis auch auf die Immobilienmesse Expo Real. Am Messe-Dienstag diskutiert Philip Dunne, President Europe von Prologis, das Thema "The war on talent for Real Estate's Top Jobs - Where are the women?" von 14 Uhr bis 15:30 Uhr in Halle C2, Raum C22. Seine Gesprächspartner sind u.a. Christian Ulbrich (CEO Emea von JLL) und die ehemalige Präsidentin der Royal Institution of Chartered Surveyors, Louise Brooke-Smith. Vernetzen können sich Frauen auch beim Frühstück des Vereins Frauen in der Immobilienwirtschaft am Messe-Mittwoch ab 10 Uhr am Stand der Stadt München (A1.320). Am 8. Dezember 2015 findet in Berlin der erste Jahreskongress Immobilien-Frauen statt. Veranstalter des Netzwerkkongresses für Frauen, die den Takt angeben, ist Heuer Dialog. Die Teilnahmegebühr beträgt 950 Euro zzgl. 19% USt. Nähere Informationen gibt es unter www.heuer-dialog.de/veranstaltungen.

Sonja Smalian

"Ich bin gern der Knecht des Eigentümers"

Köpfe 16.06.2005
Die hauptstädtische BVG gehörte vor gut fünf Jahren zu den ersten öffentlichen Verkehrsbetrieben, die den Aufbau einer eigenständigen FM-Organisation und die Entwicklung eines professionellen ... 

Die hauptstädtische BVG gehörte vor gut fünf Jahren zu den ersten öffentlichen Verkehrsbetrieben, die den Aufbau einer eigenständigen FM-Organisation und die Entwicklung eines professionellen Immobilienmanagement angepackt haben. Im Gespräch mit der IZ zieht BVG-Direktor Ernst-Walter Lipka eine Zwischenbilanz - und die betont vor allem kommende Aufgaben.

Ernst-Walter Lipka, gebürtiger Franke und diplomierter Ingenieur, steht seit 1999 als Direktor dem BVG-Zentralbereich Infrastruktur vor. Dieser hieß zwischenzeitlich auch einmal ZB Facility Management. Die grobe Richtung war verkündet worden, doch der Weg im Detail noch lange nicht vermessen. Heute wäre wiederum die Zeit reif, einen mutigen Schritt zu gehen. Doch die Ampeln stehen eher auf "Orange" denn auf Grün.

In den zurückliegenden zwölf bis 15 Monaten hat man in Berlin die Voraussetzungen geschaffen, den Zentralbereich Infrastruktur auszugründen. Die rund 400 Köpfe zählende Infrastruktur-Mannschaft war so weit, sich "als FM-Experten für Verkehrsbetriebe zu positionieren", wie Lipka sagt. Die Zielmarke war klar: ein komplett integrierter, aber spezialisierter FM-Anbieter. Komplettdienstleister ja, aber eben nicht als Möchtegern-Experte wahlweise für Krankenhäuser oder Industriestandorte oder Bankentürme. Die eigene Branche hat man im Auge, die wachsende Kundengruppe der kommunalen und privaten Verkehrsunternehmen, die derzeit oder demnächst umfangreiche FM-Leistungspakete ausschreiben werden. Lipka ist sicher: "Unser Know-how ist am Markt sehr gefragt, da wir Verkehrsexperten sind."

Wer sich in der hauptstädtischen FM-Szene umhört, erfährt, wie weit die BVG-Pläne schon gediehen waren. Um potente Partner brauchten Lipka und sein Team offenbar nicht zu buhlen. Egal ob Dr. Sasse, Gegenbauer, Wisag oder M+W Zander - alle renommierten und an der Spree gut vertretenen Dienstleister wären wohl einer Beteiligungsgesellschaft oder einer ebenfalls denkbaren Arge Berliner Facility Management nicht abgeneigt. Selbst das in vergleichbaren Fällen immer auftretende Problem des Personalübergangs "wäre lösbar gewesen", heißt es. Zu hören ist in der Hauptstadt ebenfalls, dass auch die sich derzeit neu organisierenden FM-Fachleute von Jones Lang LaSalle durchaus Interesse zeigten, sich einem Arge-Team anzuschließen. Seit dem plötzlichen Tod des BVG-Vorstandsvorsitzenden Andreas von Arnim, der Ende März 46-jährig an Unfallfolgen verstarb, liegt das FM-Projekt aber auf Eis. Von Arnim, vor zwei Jahren als BVG-Sanierer angetreten, hatte das Vorhaben sehr aktiv unterstützt.

Die FM-Ergebnisse helfen beim Drücken der Schuldenlast

Die Berliner Verkehrsbetriebe sind bekanntlich mit gut einer Milliarde Euro verschuldet. Die FM-Experten an der Trebbiner Straße sind wie die anderen Bereiche aufgefordert, zur Reduzierung der Schuldenlast, die jährlich rund 100 Mio. EUR Zinsbelastung mit sich bringt, beizutragen. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.

Gemessen am Ist-Stand im Jahr 2000 konnte der Aufwand um 12% auf rund 62,8 Mio. EUR (2004) reduziert werden. Insbesondere die Sachaufwendungen sanken um mehr als 19%. Der Personalaufwand ging im selben Zeitraum (2000 bis 2004) um lediglich 7,3% auf etwas mehr als 19,1 Mio. EUR zurück. Die Personalreduzierung um rund ein Fünftel auf die erwähnten fast 400 Köpfe wurde u.a. durch BAT-Erhöhungen weit gehend "ausgeglichen". Ein echtes Plus um fast 10% musste in Sachen Energiekosten hingenommen werden.

Die Ertragsseite des Zentralbereichs ist - in absoluten Zahlen - gegenüber den Aufwendungen weiterhin schwach. Lag diese in den vergangenen vier Jahren insgesamt stabil bei rund 9,8 Mio. EUR (+0,8%), sind immerhin die Erträge durch Mieten und Pachten um deutliche 41% auf 5,1 Mio. EUR gewachsen.

Summa sumarum: Statt eines negativen Ergebnisses in Höhe von 61,5 Mio. EUR steht das Facility Management heute für -52,9 Mio. EUR, hat sich also um immerhin 14% verbessert.

"Anständige Zahlen" und das Messen an Benchmarks

Die Planvorgaben für die zweite Hälfte des Jahrzehnts sind klar formuliert: Der Gesamtaufwand soll nochmals um über 5 Mio. EUR auf 57,3 Mio. EUR (2009) reduziert werden. Die Mitarbeiterzahl wird sich um weitere 60 verringern, der Personalaufwand gleichwohl nur um rund 1,5 Mio. EUR. Bei den Mieten rechnen die BVG-Verantwortlichen mit nahezu unveränderten Erträgen.

"Anständige Zahlen" können die FM-Verantwortlichen beispielsweise in Sachen Instandhaltung vorweisen. Die eigenen Aufwendungen, gemessen an VDMA-Benchmarks, liegen mit 77% deutlich unter dem Vergleichswert. In den meisten Teilbereichen fördert das Benchmarking ähnliche Ergebnisse zu Tage; im Sachgebiet Hochbau sind es sogar nochmals deutlich bessere, in der Vertriebstechnik (Verkaufsautomaten, Fahrscheinentwerter usw.) dagegen vergleichsweise schlechte. Auch im Vergleich mit Kennzahlen der Deutsche Bahn AG steht die BVG recht gut da. "Die Zahlen sind sehr genau", sagt Lipka, "da, wo wir schlecht sind, wissen wir warum." Das ist nicht hoch genug zu bewerten, zumal auch die Berliner Verkehrsbetriebe ihr Augenmerk auf drohenden Substanzverzehr richten müssen.

Lipka, der "die optimale Unterstützung des Kerngeschäfts" seines Herrn und Auftraggebers als Maxime des Zentralbereichs ansieht, bringt die alles in allem vorzeigbaren Ergebnisse der FM-Mannschaft so auf den Begriff: "Wir haben mit weniger Sachaufwand und weniger Personal höhere Fahrgastzahlen bewältigt." Er erwähnt Highlights wie den Ökumenischen Kirchentag 2004 mit zusätzlich 400.000 Gästen, das diesjährige Bundesturnfest oder das Treffen der Kulturen mit noch mehr Besuchern, und er blickt schon auf die Fußball-WM 2006 - für alle Großveranstaltungen gelte: "Das fahren wir weg!"

Früher sei die FM-Leistung "mit höherem Aufwand verbunden" gewesen - "durch die Vielzahl der Schnittstellen und unzählige Partner". Nun sei beispielsweise der Löwenanteil der Reinigung an die Dr. Sasse AG vergeben. Gegenbauer und Wisag werden ebenfalls eingespannt. Noch ist das FM nicht konsequent arrondiert, will heißen: Catering, Gebäudesicherheit oder der Arbeits- und Brandschutz gehören neben anderen Funktionen nicht zum Portfolio des Zentralbereichs Infrastruktur. Andererseits ist man nicht nur für die klassischen Bereiche Energiemanagement, Reinigung, Instandhaltung, technische Gebäudeausrüstung sowie Poststelle oder Parkraumbewirtschaftung, sondern auch für die Vertriebstechnik, für Fahrtreppen und Aufzüge oder für die Werkstätten- und Betriebshofplanung zuständig.

Der Verkauf von nicht mehr betriebsnotwendigen Flächen

Neben dem FM gehören auch Aufgaben des klassischen Immobilienmanagement zum Leistungsportfolio des ZB Infrastruktur. 34 Liegenschaften zählt das Portfolio, das hinsichtlich Anlagevermögen, Verwertbarkeit und (potenziellen) Verwertungsergebnisses unter die Lupe genommen wird. Nun wurden erstmals Flächen verkauft.

Der Betriebshof Helmholtzstraße machte den Anfang. In Lichterfelde ging der bislang größte Deal über die Bühne. Jetzt steht Zehlendorf zur Debatte - genauer gesagt: 65.000 m2 zwischen Clay-Allee und Teltower Damm, nicht denkmalgeschützt. Die Vermarktungsbemühungen laufen. Denkbar wäre eine Shopping Mall. Die Kaufkraft ist im Bezirk relativ hoch, der Verkaufsflächenbestand vergleichsweise niedrig. Der Center-Gigant ECE soll Interesse angemeldet haben. Doch der Stadtbezirk wehrt sich, u.a. mit Verweis auf die vorhandenen örtlichen Ladenflächen. 7Ein Berliner Retail-Kenner kommentiert lapidar: "Die Zehlendorfer machen heute den gleichen Fehler wie die Spandauer nach der Wende. Sie reden von der Bedrohung des lokalen Einzelhandels, dabei ist der schon längst kaputt."

Lipka hält sich mit einem Kommentar zurück, auch wenn es für die BVG um geschätzte 25 Mio. EUR geht. Vielleicht aber auch nur um zwei Drittel dieser Summe, falls sich ein Baumarkt ansiedelt, oder eben nur vergleichsweise magere 3 Mio. oder 4 Mio. EUR, wenn sich die politischen Gremien für eine Wohnbebauung entscheiden. Lipka sagt nur so viel: "Wenn das Land oder der Bezirk den Ausgleich zahlen, dann ist das auch o.k."

Der zunehmende Graffiti-Tourismus macht Sorgen

Bei einem anderen Thema wird unser Gesprächspartner sichtbar aufgeregter. "Wir können alle sonstigen Einsparungen vergessen!" Auch Lipka spricht wie andere Hauptstädter (vgl. IZ 10/05) von Berlin als Hauptstadt des Graffiti-Tourismus und von einer "hochorganisierten kriminellen Szene, die mit den Easyjets dieser Welt auch aus Warschau und Stockholm anreist".

Mehr als 9 Mio. EUR seien jährlich für Graffiti-Beseitigung an Gebäuden und Anlagen zu veranschlagen. "Das macht uns irren Kummer." Beispielsweise seien völlig neue Leistungsverzeichnisse für die Reinigung erforderlich. Spezielle Beschichtungs- und Reinigungsmaterialien sind rar. Eine eigens etablierte Task Force und erheblich erweiterte Sicherheitsvorkehrungen sollen gewährleisten, dass ein neues Graffito binnen 24 Stunden entdeckt und beseitigt werden kann - später ist nämlich einfach zu spät. Gleichzeitig wird der Vandalismus noch rabiater. Nach dem zwischenzeitlich in Mode gekommenen Scratching, dem Zerkratzen von Fensterscheiben, würden neuerdings vermehrt ätzende Materialien und Substanzen eingesetzt - auch ohne Rücksicht auf ernste gesundheitliche Gefahren für die Schadenverursacher wie für die Reinigungskräfte.

Zwar ist die Aufklärungsquote mit rund 60% hoch, aber in Sachen Schadenersatz war bislang in der Regel "nix zu holen". Jetzt hat sich die BVG "Schuldtitel" besorgt, die zehn Jahre gültig sind. (ae)

IZ