Karriere-News

Sonnenkraft und Erdwärme

Köpfe 17.04.2008
Gleich zweimal gab es im Kölner Stadtteil Niehl Grund zu feiern: Zum einen startet die Landesentwicklungsgesellschaft NRW ein Modernisierungsprogramm für die Fordsiedlung, zum anderen feierte ... 

Gleich zweimal gab es im Kölner Stadtteil Niehl Grund zu feiern: Zum einen startet die Landesentwicklungsgesellschaft NRW ein Modernisierungsprogramm für die Fordsiedlung, zum anderen feierte die GAG das Richtfest von Europas größtem Erdwärme-Neubauprojekt.

Die Fordsiedlung in Niehl stammt aus den Jahren 1950/51 und entspricht längst nicht mehr den Anforderungen an moderne Bleiben. Darum tüftelte die LEG Wohnen einen komplett neuen Wohnungsmix aus: Aus den ursprünglich 300 Einheiten entstehen durch Zusammenlegung 264. Diese sollen dann aber über zeitgemäße Grundrisse verfügen. Weitere 81 Wohnungen werden durch das Aufstocken der Immobilien erreicht. 13 der neuen Einheiten sollen große Maisonettewohnungen werden.

Die neuen Bleiben erreichen Drei-Liter-Haus-Standard

Die LEG realisiert nicht nur bauliche Maßnahmen an der Substanz, die Wohnimmobilien sollen Teil des Programms "50 Solarsiedlungen in NRW" werden. Durch energetische Nachrüstungen will man erreichen, dass der Neubaustandard gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) um mehr als 30% unterschritten wird. Bei den aufgestockten Wohnungen will man sogar den Drei-Liter-Haus-Standard erzielen.

Das soll durch ein Wärmedämmverbundsystem für die Fassade, die Dämmung der Keller- und Dachgeschossdecken, den Einbau neuer Fenster und Türen mit Wärmeschutzverglasung, die Reduzierung der Wärmebrückenverluste sowie die Gewährleistung der Luftdichtigkeit der Gebäudehülle erreicht werden. Alle nach Süden geneigten Pultdächer werden mit Solarkollektoren bestückt. Die so gewonnene Energie wird in drei Erdtanks von je 15.000 l gespeichert und in das Nahversorgungsnetz eingespeist.

Berechnungen haben ergeben, dass sich mit diesen Maßnahmen der CO2-Ausstoß je Wohnung von 10 t pro Jahr auf nur noch 0,7 t pro Jahr reduzieren lässt. Insgesamt investiert die LEG rund 24,6 Mio. Euro in die elf Gebäude der Fordsiedlung.

Bohr-Abschluss-Fest für Europas größtes Erdwärme-Neubauprojekt

Das zweite Wohnbauprojekt in Niehl vermag die Modernisierung der LEG-Wohnungen gewissermaßen noch zu toppen: Denn in dem Kölner Stadtteil entsteht derzeit auch Europas größtes Erdwärme-Projekt. 404 Wohneinheiten errichtet die Kölner GAG an dem Standort.

Insgesamt baut die GAG 50 Eigenheime, 89 Eigentumswohnungen und 265 öffentlich geförderte Wohnungen. Eigentlich sollten es 32 Einheiten weniger werden. "Doch wir haben am Markt eine verstärkte Nachfrage nach kleinen Wohnungen festgestellt", erklärt GAG-Vorstand Günter Ott.

Standort der Bauarbeiten ist das ehemalige Siemens-Gelände. Dort wurden jetzt die Bohrungsarbeiten für insgesamt 21 Brunnen abgeschlossen, deren Wasser mittels Wärmepumpen für eine umweltgerechte Beheizung der Neubauten sorgen soll. Damit - so verspricht die GAG - sollen die Heizkosten um bis zu 50% unter denen vergleichbarer Immobilien mit herkömmlicher Brennwerttechnik liegen. "Dies ist eines der ökologischsten Bauprojekte, das sich für alle Beteiligten rechnet", geizt Ott nicht mit Superlativen. Die Häuser auf dem Baufeld sollen mit maximal 60 kWh/m2 im Jahr auskommen.

Bis Ende 2010 sollen 800 bis 1.000 neue Bewohner im "Niehler-WohnArt: Veedel mit Hätz" einziehen. Der größte Teil des ruhenden Verkehrs wird unter der Erde verschwinden, die Grünflächen sollen als "Bürger-Boulevard" genutzt werden. Anlass der Planung: Mit der Konversion des ehemaligen Werksgeländes der Firma Siemens ergibt sich die Chance, unter Einbeziehung der anstehenden Neubebauung des südlich angrenzenden GAG-Geländes, ein ca. 3,2 ha umfassendes Gebiet neu zu überplanen und der Wohnnutzung zuzuführen.

An Nachfrage mangelt es wohl nicht: Der erste von drei Bauabschnitten mit 26 Eigenheimen und 55 Eigentumswohnungen wurde "vom Blatt" weg verkauft, freut sich Ott. (thk)

IZ

Abschied vom Prinzip der "gesunden Mischung"

Köpfe 10.02.2004
"Wir werden bunter" lautet die fröhliche Umschreibung eines Phänomens, mit dem sich immer mehr Wohnungsunternehmen auseinander setzen müssen. Statt homogener Mieterstrukturen finden sich in ... 

"Wir werden bunter" lautet die fröhliche Umschreibung eines Phänomens, mit dem sich immer mehr Wohnungsunternehmen auseinander setzen müssen. Statt homogener Mieterstrukturen finden sich in ihren Beständen Familien aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern. Das stellt neue Anforderungen an das Selbstverständnis.



Wer wissen möchte, wie sich Migrationsprozesse, Rückgang und Alterung der Bevölkerung in den städtischen Verdichtungsräumen auswirken werden, der studiert das Ruhrgebiet. Zahlreiche Städte Nordrhein-Westfalens (NRW) verlieren bereits seit zehn Jahren Einwohner - ein Schicksal, das anderen Regionen noch bevorsteht. Schon heute entspricht die Altersstruktur im Ruhrgebiet der von Gesamtdeutschland in rund 20 Jahren. Längerfristig ließen sich für ganz Deutschland die Entwicklungstrends auf die Kurzformel "Wir werden weniger, älter und bunter" zuspitzen, sagt Prof. Paul Klemmer, Präsident des Deutschen Verbandes in Berlin.

Der Verband der Wohnungswirtschaft Rheinland-Westfalen (VdW RW) beschäftigt sich daher bereits seit Jahren intensiv mit den Konsequenzen dieser Entwicklung für die Bestände seiner Mitgliedsunternehmen. In einem Arbeitskreis will man jetzt Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den Themen Integration und Nachbarschaft unterschiedlicher Kulturen ausarbeiten und damit deutschlandweit eine Vorreiterrolle einnehmen.

Konkrete Erfahrungen und Erfolg versprechende Tipps für den Umgang mit Mietern unterschiedlicher Herkunft sind heiß begehrt. Zum einen gerät das Selbstverständnis der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft als einer Institution, die die Integration veschiedenener Bevölkerungsgruppen aktiv fördert, immer wieder mit dem scheinbar unaufhaltsamen Trend einer zunehmenden Segregation der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen in Konflikt.

Zum anderen ist das Thema "Migranten als Mieter" ein gesellschaftspolitisches Minenfeld, in dem Unternehmen zwischen die Fronten unterschiedlicher Ideologien geraten können. Die Politik, die über Beteiligungen oder Aufsichtsratsmandate aktiv in den Unternehmen engagiert ist, macht es ihnen oft nicht einfacher. Beispielsweise hält sich nach Beobachtung von Roswitha Sinz, Abteilungsleiterin im VdW RW, in den Chefetagen einiger Kommunen und Wohnungsgesellschaften hartnäckig das Leitbild einer "gesunden sozialen Mischung" für Quartiere.

Entstanden aus Stadterneuerungs-Konzepten der siebziger Jahre, folgt die Idee der "Durchmischung" der Vorstellung einer errechenbaren "gesunden" Ausländerquote. Ist diese in einem Quartier überschritten, wird das als entsprechend "ungesund" gewertet - so ungesund, dass mancherorts kommunale Unternehmen, die "zu viele" Eigentumswohnungen an Ausländer verkaufen, finanziell sanktioniert werden. Leitbilder dieser Art, so die übereinstimmende Meinung der Teilnehmer eines VdW-Fachkongresses in Essen, haben sich in der Praxis als kontraproduktiv erwiesen.

"Eine so genannte gesunde Mischung verschiedener Ethnien gibt es nicht", resümiert Uta Schütte, Projektbeauftragte bei der Ruhr-Lippe Wohnungsgesellschaft in Dortmund. Ebenso wenig könne man von "der" Kundengruppe Migranten sprechen. "Selbst bei gleicher Nationalität sind Migranten keine homogene Gruppe", weiß Oliver Gabrian von der LEG Wohnen, Düsseldorf. Weitere Unterschiede gibt es hinsichtlich der lokalen Mikrostruktur einzelner Quartiere mit hohem Ausländeranteil, so Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien in Essen. "An einer Stelle ist die Seniorenquote überdurchschnittlich hoch, anderswo leben besonders viele Arbeitsmigranten mit hohem Selbsthilfepotenzial, an anderer Stelle dominieren Spätaussiedler. Wieder andere Ausländer wandern aus den Zentren in die Speckgürtel ab."

Vermieter städtischer Wohnquartiere sollten die Migranten also als eine differenzierte Kundengruppe mit ständig wachsender Bedeutung erkennen, raten die Praktiker. Dies sei durchaus im ökonomischen Interesse der Unternehmen, betont Hans Fürst aus der Forschungsabteilung der Nassauischen Heimstätte, Frankfurt am Main. "Viele Geschäftsführer von Wohnungsgesellschaften sehen sich immer noch als Anbieter von Wohnraum für den europäischen Mittelstand. Das entspricht aber nicht der Realität." Angesichts der demografischen Entwicklung kann es sich lohnen, der neuen Wirklichkeit ins Gesicht zu sehen, ist doch bei der Migrantenbevölkerung mit weiterem Zuwachs zu rechnen. Fürst: "Wohnungsgesellschaften und Regionen ohne Zuwanderung werden ihren Einwohnerschwund langfristig nur durch Stadtumbaumaßnahmen auffangen können." (mol)

IZ