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Generalanwalt beanstandet verbindliche Mindestsätze der HOAI

Im EU-Vertragsverletzungsverfahren zur HOAI hilft Architekten wohl nur noch Beten.

Im EU-Vertragsverletzungsverfahren zur HOAI hilft Architekten wohl nur noch Beten.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Rui Vale de Sousa

Karriere 28.02.2019
Im Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) hat jetzt ... 

Im Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) hat jetzt der Generalanwalt gesprochen. Sein Votum lässt nichts Gutes hoffen.

Die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind nicht mit EU-Recht vereinbar. Zu diesem Urteil kommt zumindest Generalanwalt Maciej Szpunar im Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, das die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengt hat. Verbindliche Mindest- und Höchstsätze behinderten, argumentiert der Generalanwalt in seinen am heutigen Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen, in unzulässiger Weise die Niederlassungsfreiheit. Architekten und Ingenieure könnten sich nicht über niedrige Preise im Markt etablieren.

Generalanwälte am EuGH sind nicht mit einem Staatsanwalt, sondern mit einem Gutachter vergleichbar. Da das Gericht ihrem Urteil in den meisten Fällen folgt, gilt ihr Votum als Fingerzeig für das eigentliche Urteil. Dieses wird für das zweite oder dritte Quartal 2019 erwartet.

Architekten hoffen darauf, dass EuGH-Richter "Vernunft walten lassen"

"Die Schlussanträge von Generalanwalt Szpunar sind ein schwerer Rückschlag. Wir bedauern es außerordentlich, dass ihn die Argumente der Bundesregierung nicht überzeugt haben", zeigt sich Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, enttäuscht. Die Bundesregierung als Beklagte habe "ausführlich dargelegt, dass über ein gesellschaftlich so hohes Gut wie die Baukultur nicht im Preis-, sondern vielmehr im Qualitätswettbewerb entschieden werden muss".

Die Hoffnung freilich stirbt zuletzt: "Wir setzen darauf, dass die europäischen Richter, deren Entscheidung nun erst ansteht, gerade vor dem Hintergrund der kürzlich verabschiedeten europäischen Davoser Erklärung zur Baukultur Vernunft walten lassen und dem Votum des Generalanwaltes nicht folgen."

"Bestehende Verträge behalten ihre Gültigkeit"

Die Bundesingenieurkammer weist darauf hin, dass bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens gilt: "Die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind derzeit geltendes Recht. Das laufende Gerichtsverfahren hat hierauf bis zum Abschluss keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen. Alle bestehenden Verträge, einschließlich der vereinbarten Honorarsätze der HOAI, behalten wie bisher Gültigkeit."

Harald Thomeczek

AHO wählt neuen Vorstand und wappnet sich für HOAI-Klage

Köpfe 12.05.2017
Der AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung hat ein paar neue Gesichter in seinem Vorstand. Der von der EU-Kommission angekündigten Klage ... 

Der AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung hat ein paar neue Gesichter in seinem Vorstand. Der von der EU-Kommission angekündigten Klage gegen die Bundesrepublik wegen der HOAI begegnet der AHO mit mehreren Gutachten.

Erich Rippert bleibt Vorsitzender des AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung. Die AHO-Mitgliederversammlung hat ihn am 11. Mai 2017 wiedergewählt. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist Hans-Gerd Schmidt von der Architektenkammer Thüringen. Er löst Lutz Heese ab, der nach zwölf Jahren im Amt nicht mehr kandidierte. Als Schatzmeisterin wurde Sylvia Reyer bestätigt.

Die bisherigen Vorstände Klaus-Dieter Abraham, Wolfgang Heide, Marco Ilgeroth und Rainer Reimers bleiben ebenfalls in Amt und Würden. Neu im AHO-Vorstand sind Ralf Schelzke (Bayerische Ingenieurekammer-Bau) und Klaus Wehrle (Architektenkammer Baden-Württemberg). Eva Schlechtendahl und Ulf Begher, die beide seit 2005 an Bord waren, hatten sich wie Heese nicht mehr zur Wahl gestellt. Der neue Vorstand wird die Honorar- und Wettbewerbsinteressen der im AHO zusammengeschlossenen 42 Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten bis zum Jahr 2021 vertreten.

Gutachten kommen zu "eindeutigem" Ergebnis

Apropos Interessen: Angesichts des aktuellen Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission wegen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und der angekündigten Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union hat der AHO zusammen mit der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Diese kämen sowohl unter rechtlichen als auch unter ökonomischen Aspekten zu dem "eindeutigen" Ergebnis, dass die HOAI mit dem Europarecht vereinbar ist und den Besonderheiten des deutschen Planungsmarktes Rechnung trägt, ohne zugleich ausländische Büros zu benachteiligen, teilt der AHO mit.

Dies bestätige auch ein aktuelles Wirtschaftsgutachten von Clemens Schramm, Professor für Planungs- und Baumanagement an der Jade Hochschule. Dieses Gutachten zeige einen "signifikanten" Zusammenhang zwischen Qualität und verbindlichem Preisrecht auf. Die EU-Kommission sieht die Niederlassungsfreiheit von Architekten und Ingenieuren und den freien (Preis-)Wettbewerb durch die verbindlichen Mindestsätze der Honorarordnung behindert.

Harald Thomeczek

HOAI: Showdown vor dem EuGH?

Müssen bzw. dürfen all jene, die hierzulande Architekten- und Ingenieurleistungen erbringen, ihre Honorierung künftig mit dem Bauherrn frei verhandeln?

Müssen bzw. dürfen all jene, die hierzulande Architekten- und Ingenieurleistungen erbringen, ihre Honorierung künftig mit dem Bauherrn frei verhandeln?

Bild: Fotolia.de/endostock

Karriere 14.03.2016
Die EU-Kommission lässt in puncto HOAI nicht locker: Die Bundesregierung konnte sie nicht von der Notwendigkeit verbindlicher Mindestsätze überzeugen. ... 

Die EU-Kommission lässt in puncto HOAI nicht locker: Die Bundesregierung konnte sie nicht von der Notwendigkeit verbindlicher Mindestsätze überzeugen.

Die EU-Kommission sieht in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ein unnötiges Hindernis für die Niederlassungsfreiheit und eine freie Preisbildung. "Auf dem Papier geht es zwar nicht darum, die HOAI zu Fall zu bringen, sondern darum, dass sie vertraglich ausgeschlossen werden kann", erklärt Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer (BAK). Aber: "De facto würde das einer Abschaffung gleichkommen, dem reinen Preiswettbewerb wären Tür und Tor geöffnet."

Seit der HOAI-Novellierung 2009 beschränkt sich diese auf hierzulande niedergelassene Büros. "Das hat den Dienstleistungsverkehr aber kaum angekurbelt. Darum zündet die EU-Kommission jetzt die zweite Stufe im Vertragsverletzungsverfahren", sagt Prinz.

Deutschland hat nach der Antwort aus Brüssel Ende Februar zwei Monate Zeit, seine Stellungnahme so nachzubessern, dass die Kommission eine Rechtfertigbarkeit festgeschriebener Vergütungssätze erkennt - oder dem vermeintlichen Missstand abzuhelfen. Weil nach Einschätzung der BAK beides eher unwahrscheinlich ist ("Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung bei ihrem Wort bleibt"), könnte es auf einen Showdown vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hinauslaufen.

Schlechtere Qualität - und das auch noch zu höheren Preisen?

Die BAK fände das sogar gut: "Dann hätten wir endlich Klarheit." Wie groß im Falle einer Klage vor dem EuGH die Wahrscheinlichkeit ist, dass alles bleibt, wie es ist? "Die Chancen stehen 70:30, dass sich die Bundesregierung durchsetzt", schätzt Prinz. Käme die HOAI doch zu Fall, drohten ihm zufolge womöglich nicht nur ein Qualitätsverlust bei Planungsleistungen, sondern möglicherweise auch langfristig steigende - und nicht etwa sinkende - Preise: "In Frankreich sind die Preise laut den dortigen Architektenkammern nach der Abschaffung einer verbindlichen Honorarordnung nach oben gegangen. Große Büros können nach einem Konzentrationsprozess leichter Preise diktieren", sagt Prinz.

Harald Thomeczek

EU-Kommission attackiert die HOAI

Im Berlaymont-Gebäude hat die Europäische Kommission ihren Sitz. Sie sieht in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure einen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie.

Im Berlaymont-Gebäude hat die Europäische Kommission ihren Sitz. Sie sieht in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure einen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie.

Bild: European Union 2007/Christian Lambiotte

Karriere 03.09.2015
Die Europäische Kommission hat gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Thema ist u.a. die aus Kommissionssicht wettbewerbshindernde Honorarordnung für ... 

Die Europäische Kommission hat gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Thema ist u.a. die aus Kommissionssicht wettbewerbshindernde Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Ihr Wegfall würde allerdings keinen einzigen weiteren Job für Architekten bringen, sagt Tillman Prinz, Geschäftsführer der Bundesarchitektenkammer.

Immobilien Zeitung: Herr Prinz, die HOAI verletze die Dienstleistungsrichtlinie, konkret die Niederlassungsfreiheit, heißt es vonseiten der Europäischen Kommission. Warum reibt sich die Europäische Kommission daran?

Tillman Prinz: Das hat einen rein ordnungspolitischen Hintergrund, der heißt: Gebührenordnungen gehen schon einmal gar nicht. Die Europäische Kommission hat sich erst mal die Architekten und Ingenieure sowie die Steuerberater vorgenommen, denn das ist nach Auffassung der Kommission ein relativ einfaches Unterfangen. Die Vergütung ärztlicher Leistungen neu zu regeln, wäre beispielsweise ein viel schwierigeres Thema. Deutschland ist zudem das einzige Land mit einer Gebührenordnung für die Leistungen von Architekten und Planern. Es ließe sich durch einen Wegfall also auch eine europäische Vereinheitlichung herbeiführen. Dennoch irritiert, enttäuscht und verärgert es uns, dass sich die Europäische Kommission abermals die HOAI herausgreift. Denn wir haben die Honorarordnung schon 2009 entsprechend den europäischen Vorgaben novelliert und jetzt kommen die nach sechs Jahren ...

IZ: Was kritisiert die Europäische Kommission an der aktuellen Regelung?

Prinz: Nach heutiger Rechtslage müssen ausländische Architekten, die eine Niederlassung in Deutschland gründen, gemäß der HOAI abrechnen. Die Kommission kritisiert, dass es ihnen dadurch nicht möglich sei, ihren Preisvorteil aus dem Ausland mitzubringen, d.h. sie dürfen ihre Leistungen in Deutschland nicht billiger als in Deutschland niedergelassene Architekten anbieten. Anders verhält es sich für ausländische Architekten, die ohne Niederlassung in Deutschland ihre Dienstleistung auf dem deutschen Markt anbieten. Ihre Honorare sind frei verhandelbar. Mit ihrer Offensive nimmt die Europäische Kommission zudem für sich in Anspruch, sie sei auch für die rein inländische Niederlassungsfreiheit zuständig, obwohl sie nur zur Regelung der zwischenstaatlichen Dienstleistungsbeziehungen ein Mandat hat.

IZ: Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie, wenn die HOAI wegfallen sollte?

Prinz: Wir befürchten einen Preiskampf, eine Machtkonzentration und einen Qualitätsverlust. Den breiten Mittelstand, den wird es dann nicht mehr geben. Stattdessen werden auch in Deutschland, wie schon in Großbritannien zu beobachten ist, große Büros mit mehr als 1.000 Mitarbeitern entstehen. Doch in der letzten Krise haben genau diese Büros rund die Hälfte ihrer Mitarbeiter freigesetzt, während es in Deutschland keine Massenentlassungen gab. Hierzulande zählen rund 80% der Büros ein bis vier Mitarbeiter. Es gibt eine große inhaltliche Vielfalt und regionale Verbreitung. Deutschland hat die höchste Architektendichte und nahezu die höchste Bürodichte in der EU. Diese Strukturen werden von der HOAI geschützt. Wir sind vollkommen überzeugt, dass ein Wegfall der HOAI keinen einzigen zusätzlichen Job für Architekten bringen wird.

IZ: Wie viele HOAI-Flüchtlinge zählen Sie denn schon?

Prinz: Sie meinen, ob Büros in Aachen jetzt nach Maastricht gehen, und von dort ihre Leistungen anbieten? Von keiner der 16 Kammern haben wir Entsprechendes gehört. Wir wissen von keinem Architekten, dass er Deutschland aufgrund der HOAI verlässt. Zumal die Honorarordnung schon jetzt nicht für jeden Auftrag verpflichtend ist. Werden Planungs- und Bauleistungen gemeinsam aus einer Hand beauftragt, dann ist die HOAI auch auf den Planungsteil nicht anwendbar.

IZ: Einen ersten Teilsieg haben die Architekten errungen. Der Deutsche Bundestag hat sich für einen Erhalt der Honorarordnungen ausgesprochen.

Prinz: Ja, aber das ist vor allem ein Teilsieg der Verbraucher, also der Bauherren, für die auch wir kämpfen. Zudem haben wir die Zusage, dass das Bundeswirtschaftsministerium bis Ende September eine Rechtfertigung der HOAI verfassen wird. Das Ministerium hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Gründer und jungen Büros sowie Mikrostandorte zu stützen.

IZ: Und wenn die Europäische Kommission die Rechtfertigung der Bundesregierung nicht anerkennt?

Prinz: Dann könnte die Kommission die Bundesregierung verklagen. Schlussendlich bleibt dann noch der Gang zum Europäischen Gerichtshof. Ich glaube, das Thema HOAI bleibt ein Dauerbrenner.

IZ: Herr Prinz, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Die Bundesarchitektenkammer hat unter www.change.org (Stichwort: HOAI) eine Petition zum Erhalt der HOAI eingestellt. Bislang haben rund 21.000 Unterstützer unterschrieben.

Sonja Smalian