Karriere-News

Virtuelle Tuchfühlung mit potenziellen Arbeitgebern

So manches Meeting auf der IZ-Karrierewoche entwickelte sich von einem Kennenlernen zu einem echten Vorstellungsgespräch.

So manches Meeting auf der IZ-Karrierewoche entwickelte sich von einem Kennenlernen zu einem echten Vorstellungsgespräch.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: New Africa

Karriere 12.11.2020
Es gab schon bessere Zeiten für einen Berufseinstieg in der Immobilienbranche: Halb so viele Arbeitgeber, halb so viele Jobs wie 2019 - das ist die nackte Bilanz der digitalen ... 

Es gab schon bessere Zeiten für einen Berufseinstieg in der Immobilienbranche: Halb so viele Arbeitgeber, halb so viele Jobs wie 2019 - das ist die nackte Bilanz der digitalen IZ-Karrierewoche 2020. Die gute Nachricht: Corona hin oder her, es gibt noch jede Menge Immobilienunternehmen, die einstellen. Den Teilnehmern sind die Einschläge zwar nicht verborgen geblieben, doch die Zuversicht überwiegt.

Keine Ahnung, wo ich mich bewerben soll. Alles hört sich so superspannend an", sagt eine Studentin. Die junge Frau, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, berichtet von "wahnsinnig positiven Gesprächen" mit Corpus Sireo, Commerz Real, HIH, Instone oder Bauwens. Die ambitionierte Nachwuchskraft hat sich nach eigenen Angaben einen guten Überblick verschafft, indem sie auf der Karrierewoche mit fast allen 27 Ausstellern gesprochen hat. Vermisst hat sie ein paar große Namen wie Union Investment oder Drees & Sommer.

"Vor Corona gab es so unfassbar viele Jobs, wie Sand am Meer", erzählt die Anonyma. "Jetzt sagen viele Unternehmen, dass sie aufgrund der Corona-Lage gerade keine Jobs für Einsteiger haben. Dies wurde mir von Kommilitonen bestätigt." Angesichts der vielversprechenden virtuellen Meetings auf der Karrierewoche geht sie dennoch davon aus, dass es für qualifizierte und ehrgeizige Talente genug Chancen auf einen zeitnahen und gut dotierten Einstieg gibt, ob als Trainee oder als Junior. "Eine endgültige Bilanz, ob es trotz Corona noch so einfach ist, eine passende Stelle zu finden, werde ich jedoch erst nach den Rückmeldungen auf meine Bewerbungen ziehen können."

Wer dieses oder kommendes Jahr den Arbeitsmarkt betritt, beobachtet das Suchverhalten potenzieller Arbeitgeber genau: "Was mir bereits im Vorhinein bei der Terminvereinbarung aufgefallen ist: Im Gegensatz zum letzten Jahr haben die Unternehmen von sich aus weniger Terminanfragen geschickt, und auch mein Bewerberprofil wurde weniger oft besucht - was sicher auch daran lag, dass weniger Unternehmen an der Messe teilgenommen haben", bilanziert Annalena Graf. Sie studiert an der Technischen Hochschule Aschaffenburg Immobilienmanagement und visiert ihren Bachelor-Abschluss für 2021 an.

Graf hatte per Matching-Verfahren virtuelle Gespräche mit HIH, Deka Immobilien, alstria und Art-Invest klargemacht. "Bei alstria und HIH hatte ich auf jeden Fall das Gefühl, dass Interesse besteht und die Bereitschaft durchaus da ist, Werkstudenten- und auch Traineestellen zu vergeben", erzählt die Aschaffenburger Studentin. HIH und alstria warben, so der Eindruck von Graf, deutlich mehr um sie als Deka und Art-Invest.

"Jedoch hatte ich bei den Gesprächen mit Deka und Art-Invest auch nicht das Gefühl, dass sie die Bremse angezogen haben, sie haben lediglich weniger aktiv Werbung für ihre Stellen gemacht. Zusammenfassend hatte ich bei keinem der vier Gespräche das Gefühl, dass die Einstellungsbereitschaft derzeit gering ist."

Im Gegensatz dazu hat eine Bachelorabsolventin der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden dieses Gefühl durchaus. Geknickt schaut sie drein, als sie mit dem Verfasser dieser Zeilen videotelefoniert. Im September hat sie ihr Immobilienmanagement-Studium abgeschlossen. Zehn Bewerbungen hat sie schon verschickt - ohne ins Schwarze zu treffen. Die Hoffnung, dass sich das Blatt schnell wenden könnte, hat die IZ-Karrierewoche bei ihr nicht genährt. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass die wollen, dass ich da arbeite. Bei manchen hieß es, wegen Corona haben sie im Moment keine Stellen für Berufseinsteiger. Vielleicht Anfang 2021. Ich soll dann nochmal schauen." Angeboten wurden ihr Traineestellen: "Das wäre in Ordnung - aber keine zwei Jahre." Eine Firma biete zum Einstieg nur Praktika an, keine Junior-Stellen: "Ein Praktikum wäre zur Not auch in Ordnung."

Sarah-Madeline Buschmann hat längst einen Job, mit dem sie glücklich ist: Die 28-jährige gelernte Immobilienkauffrau ist Projektleiterin im Bereich Projektentwicklung bei dem kommunalen Hannoveraner Wohnungsunternehmen hanova. Neben dem Job macht sie den Master Real Estate Management an der EBZ, der Abschluss steht 2021 auf dem Programm.

Eines möglichen neuen Jobs wegen hat Buschmann die digitale IZ-Karrierewoche beileibe nicht besucht, vielmehr wohnte sie Young Professional Talks bei, machte sich für ihre Masterarbeit über das Recherche-Toolkit IZ Research schlau, nahm ein Coaching zu agiler Karrieregestaltung wahr und verfolgte den Bewerbungsaufruf für einen Award für Nachwuchskräfte der Immobilienbranche.

Die Angst von Immobilienabsolventen, die in Corona-Zeiten auf den Jobmarkt kommen, keinen - oder nicht den richtigen - Job zu finden und sich vielleicht unter Wert verkaufen zu müssen, kann Buschmann nachvollziehen. "Zum Glück haben wir die Hürde des Berufseinstiegs bereits genommen und sitzen bei einem verlässlichen Unternehmen fest im Sattel", hat sie neulich zu einer Bekannten aus einem anderen städtischen Unternehmen gesagt. "Manchmal heißt es ja, dass kommunale Arbeitgeber nicht so sexy sind - doch in Sachen Beständigkeit sind diese besonders attraktiv, vor allem in der Krise!"

Mehr Vielfalt, weniger Laufkundschaft

Ein virtuelles Dating kann eine Präsenzveranstaltung nicht ersetzen, ist aber in Corona-Zeiten a) besser als nichts und hat b) sogar den einen oder anderen Vorteil gegenüber einer physischen Messe. Julia Faeser, Personalrecruiterin beim Bauträger Instone Real Estate, ist angetan von der "fast gleichmäßigen Verteilung" der Interessenten auf Studenten, Absolventen und Berufserfahrene. Faeser freut sich außerdem darüber, dass "eine Vielzahl an Bewerbern aus technischen Studiengängen" dabei waren - und nicht nur aus den klassischen Immobilienmanagement-Studiengängen. Der Asset-Manager Beos fügt dem Befund einer stärkeren Ausdifferenzierung des Teilnehmerfelds noch eine Facette hinzu: "Während in den Vorjahren primär Interessenten von uns gut bekannten Hochschulen - u.a. Irebs Regenburg, Holzminden, Aschaffenburg und Geislingen - das Karriereforum besuchten, waren in diesem Jahr auch deutschlandweite Universitäten vertreten, die bisher seltener auf der Präsenzveranstaltung in Frankfurt präsent waren, z.B. die Universität Stuttgart oder die RWTH Aachen." Ein weiterer, unübersehbarer Unterschied: In den Hallen der Frankfurter Goethe-Universität können sich die Besucher treiben lassen. "Die Quantität der Gespräche war geringer als auf der Messe, da Laufkundschaft fehlte", sagt Oksana Hübert von der Deka. "Dafür war die Qualität höher." Kaufland vermisste die Laufkundschaft: In den vergangenen Jahren fischte das traditionell große Kaufland-Team bis zu 170 Besucher aus dem Passantenstrom heraus. Vergangenes Jahr kamen so 50 bis 60 vertiefende Gespräche zustande. Dieses Jahr waren es nur um die 20 Gespräche. "Wer da war, war gut - aber es fehlte die Möglichkeit der Ansprache", bilanziert Nadine Sohlich, Personalerin Immobilien/Bau bei Kaufland. Auch Commerz Real gießt etwas Wasser in den Wein: "Der Kontakt mit dem Bewerber kommt nur durch einen vereinbarten Termin zustande. Im jetzigen Format gibt es möglicherweise eine kleine Hemmschwelle für die Bewerber. Und ein informeller Austausch, wie es auf dem IZ-Karriereforum der Fall sein kann, ist leider nicht möglich." Der Austausch mit anderen Unternehmensvertretern kam dem Fonds- und Asset-Manager ebenfalls zu kurz. Erste Bewerbungen im Nachgang zur Karrierewoche sind bei den Ausstellern angekommen. Deka hat eine von zwei versprochenen Bewerbungen erhalten. Kaufland hat an zwei Kandidaten schon Einladungen für Vorstellungsgespräche verschickt - vor Ort in der Zentrale in Neckarsulm. Auch Corpus Sireo erreichten "vielversprechende Bewerbungen, die bereits erfolgreiche Vorstellungsgespräche ergaben". Harald Thomeczek

Harald Thomeczek

Kreative Wege gefragt

Sie öffnen die Tür zur Gagfah Group auch für Auszubildende in gewerblichen Berufen: Personalleiter Frank Gieshoidt und Personalentwicklerin Silke Ternes.

Sie öffnen die Tür zur Gagfah Group auch für Auszubildende in gewerblichen Berufen: Personalleiter Frank Gieshoidt und Personalentwicklerin Silke Ternes.

Bild: sma

Karriere 27.02.2014
Rund jeder 14. Mitarbeiter bei der Gagfah ist ein Auszubildender. Um Nachwuchskräfte zu finden, setzt das Unternehmen auf eine Kooperation mit dem TÜV Nord. Doch auch für Berufserfahrene ... 

Rund jeder 14. Mitarbeiter bei der Gagfah ist ein Auszubildender. Um Nachwuchskräfte zu finden, setzt das Unternehmen auf eine Kooperation mit dem TÜV Nord. Doch auch für Berufserfahrene bietet die Gagfah Group Academy zahlreiche Angebote.

Genau 43 junge Menschen begannen 2013 ihre Ausbildung bei der Gagfah Group, rund 120 sind es insgesamt in drei Jahrgängen. "Bei einer Gesamtzahl von 1.600 Beschäftigten liegt der Anteil der Auszubildenden mit über 7% auf einem hohen Niveau", sagt Ressortleiter Personal und Verwaltung, Frank Gieshoidt. 60% werden in kaufmännischen, die übrigen in gewerblichen Berufen ausgebildet.

Doch diese Berufe machen Gieshoidt keine Sorgen. Die Handwerksberufe sind es, für die Bewerber schlechter zu bekommen seien. Verstehen kann der Personalleiter das nicht so ganz. Denn die neuen Techniken wie Solaranlagen müssten die jungen Leute doch eigentlich begeistern? Wissen sie nicht, dass dafür eine Ausbildung zum Elektroniker Energie- und Gebäudetechnik erforderlich ist? In diesem Beruf bildet das Unternehmen 2013 zum ersten Mal drei junge Menschen aus. Der Schwerpunkt liegt u.a. auf der elektrischen Energieversorgung von Wohnimmobilien. Ebenfalls erstmalig stellte die Gagfah zwei Auszubildende zu Anlagenmechanikern für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ein. Außerdem werden zusammen mit einem externen Partner Gärtner ausgebildet.

Um mehr junge Leute für die gewerblichen Berufe zu gewinnen, ist das Wohnungsunternehmen eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Kooperation eingegangen, und zwar mit dem TÜV Nord. Nicht jeder Autofahrer dürfte wissen, dass der TÜV Nord seit rund 20 Jahren auch in der Aus- und Weiterbildung aktiv ist. Auf der Zeche Zollverein unterhält er Ausbildungswerkstätten, in denen junge Leute sechs bis zwölf Monate lang handwerkliche Grundlagen erlernen, bevor sie eine Ausbildung beginnen. Während der Lehrzeit bietet das Bildungszentrum weitere Unterstützung an, z.B. durch Werkunterricht.

Für die Rekrutierung ihrer Nachfolger haben sich die Azubis selbst ins Zeug gelegt und drei verschiedene Postkartenmotive entworfen: Die Aufschriften "E-Checker?", "Klima-Experte?" oder "Koniferen-Koryphäe?" prangen in Weiß auf Gagfah-Grün. Auch die Verteilung der Werbeträger übernahmen die Auszubildenden. "Man muss kreative Wege gehen", sagt Gieshoidt. In diesem Jahr will das Unternehmen Kontakte zu Schulen, insbesondere Haupt- und Realschulen, knüpfen.

Bei den jährlich etwa 20 bis 25 neuen Immo-Azubis verlaufe die "Anwerbung" über den Freundeskreis und die Familie. Aber auch TV-Sendungen wie "mieten, kaufen, wohnen" und Radioformate würden einen Effekt haben. Aus diesem Grund überlege das Wohnungsunternehmen, ob es eventuell selbst Radiospots schalten will.

Die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten des börsennotierten Unternehmens sind in der Gagfah Group Academy zusammengeführt, die seit fünf Jahren besteht. In der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft verfügt nur knapp jedes dritte Unternehmen über ein Personalentwicklungskonzept, hat die Marktstudie zur Aus-, Fort- und Weiterbildung des Europäischen Bildungszentrums der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft gezeigt (siehe Artikel "Weniger Personalentwicklungskonzepte", IZ 44/2013). Etwa 350 Euro pro Jahr und Mitarbeiter investiert das Unternehmen in die Weiterbildung, sagt Gieshoidt.

Unter dem Dach der Gagfah Group Academy werden auch die Fortbildungen wie z.B. berufsbegleitende Studiengänge organisiert. Zehn bis 15 Mitarbeiter entscheiden sich jedes Jahr dafür. Die Nachfrage nehme zu, sagt Personalentwicklerin Silke Ternes. Klassiker sei der Immobilienfachwirt, gefolgt vom Immobilienökonom. Bachelor- und vereinzelt auch Masterstudiengänge würden nachgefragt. Die ersten drei Mitarbeiter hätten 2013 mit dem Fachwirt Gebäudemanagement begonnen.

Workshops zu Sozial- und Methodenkompetenzen, fachliche Fortbildungen, Einzelcoachings sowie Einarbeitungsprogramme gehören auch zum Angebot der Akademie. Letztere dauern etwa vier bis fünf Wochen und umfassen Einweisungen durch Kollegen, aber auch Einzelcoachings und Teamworkshops, in denen die Mitarbeiter ihre Erwartungen an den neuen Kollegen oder Vorgesetzten äußern dürfen. Seit 2011 gibt es auch das Modul Wissenstransfer. Soll z.B. ein neuer Mitarbeiter eine bestimmte Position von jemandem übernehmen, führen beide unter Aufsicht von Ternes ein von ihr moderiertes Gespräch. Der Wissensnehmer soll aktiv Fragen stellen; Ternes protokolliert.

Neben fachspezifischen Aspekten geht es auch u.a. um den richtigen Ansprechpartner im Falle xy und wo die Fettnäpfchen sind. Der Arbeitsalltag wird geschildert und festgehalten, damit der Wechsel reibungslos gelingt - "und die Leute schnell ins Laufen" gebracht werden.

Sonja Smalian