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ESG-Kriterien halten Einzug in die Vergütung

ESG fällt bei der Bezahlung von Führungskräften ins Gewicht.

ESG fällt bei der Bezahlung von Führungskräften ins Gewicht.

Quelle: Imago, Urheber: Panthermedia

Karriere 07.10.2021
ESG ist in aller Munde. Kaum ein Unternehmen kann sich dem Ruf nach mehr sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit noch entziehen. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen ... 

ESG ist in aller Munde. Kaum ein Unternehmen kann sich dem Ruf nach mehr sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit noch entziehen. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, setzen auch Immobilienfirmen immer häufiger über ihre Vergütungssysteme für leitende Mitarbeiter Anreize zum nachhaltigen Handeln. Stellschraube für derlei extrinsische Motivation ist der Bonus.

Alstria und Hamborner haben es schon getan, LEG auch und Schwergewicht Vonovia sowieso: Diese Immobilien-AGs und viele mehr haben ESG-Kriterien Einzug halten lassen in die Vergütungsmodelle von Vorständen und Führungsebenen darunter. "Die Vergütung ist ein maßgeblicher Hebel zur Beeinflussung, wie Mitarbeiter agieren. Bei der Festvergütung bin ich immer gebunden – egal, wie die Leistung ausfällt. Das eigentlich interessante Steuerungsinstrument ist deshalb die variable Vergütung: Mit Incentives können Arbeitgeber zielgerichteter und flexibel steuern, was sie honorieren möchten", erklärte Björn Christ, Vergütungsexperte der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann, in einem Webinar der ZIA Akademie zu regulatorischen Anforderungen an Boni, Prämien & Co.

Und honorieren wollen und sollen die börsennotierten Arbeitgeber heute nicht nur das Erreichen finanzieller Ziele (Aktienkurs, bereinigter Gewinn etc.), sondern auch nicht-finanzielle Ziele, die nicht weniger wichtig für nachhaltigen Erfolg sind. Und dazu zählen ESG-Motive: Investments in nachhaltige Gebäude und Klimaschutz im Bestand (CO2-Reduktion, schonender Ressourcenverbrauch etc.), Übernahme sozialer Verantwortung (z.B. durch den Bau von Sozial- oder geförderten Wohnungen), gutes Führungsverhalten, gleiche Vergütung für gleichwertige Arbeit, Diversität auf Führungsebenen, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit und die Wahrung der Menschenrechte in der Baustoff-Lieferkette ... Der ESG-Kriterien sind viele denkbar. Denn einen einheitlichen Rahmen geben weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber vor.

Komplett freiwillig haben die AGs allerdings nicht gehandelt: Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie der EU, kurz ARUG II, hat mit sanftem Druck nachgeholfen. Und so finden sich in den Geschäftsberichten auch vieler deutscher Wohn- und Gewerbeimmobilien-AGs, teils minutiös aufgedröselt, ESG-Aspekte in den Modellen der Vorstandsvergütung.

Bei Hamborner Reit z.B. schaut der Aufsichtsrat zunächst, inwieweit der FFO je Aktie und die Vermietungsquote die gesteckten Erwartungen erreicht haben. Je nach Zielerreichungsgrad, der zwischen 0% und 150% liegen kann, fließen beide Aspekte zu 60% bzw. 40% gewichtet in die kurzfristige variable Vergütung ein. Abschließend wird der Betrag mit einem Faktor zwischen 0,8 und 1,2 multipliziert; je nachdem, wie die beiden amtierenden Vorstände Niclas Karoff (Vorsitzender) und Hans Richard Schmitz die ESG-Ziele sowie individuelle und gemeinsame Ziele – Portfoliostrategie, Asset-Management, Investor Relations etc. – erreicht haben.

Die weit gefächerten ESG-Vorhaben umfassen bei Hamborner die Flexibilisierung der Arbeitsmodelle, Abschlüsse grüner Mietverträge oder eben die Ökobilanz des Portfolios und die Verringerung der CO2-Emissionen im selbigen. Wie hoch der Anteil der ESG-Ziele am Multiplikator genau ausfällt, kann Christoph Heitmann, Head of Investor & Public Relations beim Duisburger Reit, nicht sagen. "Aber seien Sie sicher, dass die ESG-Ziele dabei in der Regel einen ebenso hohen Anteil haben wie die übrigen Ziele."

"Der ESG-Anteil darf kein Feigenblatt sein"

Eine Untergrenze für die Gewichtung von ESG-Zielen sieht die Regulatorik nicht vor. Anwalt Christ stellt aber klar: "Das muss angemessen sein. Wenn Nachhaltigkeitsziele z.B. nur 0,5% ausmachen, wäre das ganz sicher nicht mehr angemessen. Vergütung ist vielleicht nur einer von vielen Punkten, wie ESG in einem Unternehmen implementiert wird, aber eben ein ganz zentraler Hebel. Das darf kein Feigeblatt sein."

Zurück zum Beispiel Hamborner: Summa summarum hat Karoff für 2020 das Optimum rausgeholt: Seinen Modifier sah der Aufsichtsrat an der Obergrenze von 1,2. Schmitz landete mit 1,15 knapp darunter. Auf der zweiten Führungsebene werden – je nachdem, welche Themen aus dem umfangreichen ESG-Programm gerade anstehen, ebenfalls "individuelle Ziele für einzelne involvierte Abteilungsleiter formuliert", erklärt Heitmann.

Was im Einzelnen unter dem Begriff ESG subsumiert werden kann und was nicht – dazu gehen die Meinungen mitunter auseinander. Einheitliche Vorgaben gibt es nämlich nicht, weder für die Assetklasse Immobilien noch für Immobilienunternehmen als solche. Das Fehlen von Standards ist jedoch nicht mit Beliebigkeit gleichzusetzen. "Die Bafin ist sensibilisiert für Greenwashing", sagt Christs GSK-Kollegin Lisa Watermann. Der Stempel altersgerecht beispielsweise allein reiche nicht, um ein Wohnungsprodukt als ESG-konform zu deklarieren.

Es sei aber nicht so, betont Watermann, dass Unternehmen versuchen würden, sich billig einen grünen Anstrich zu verleihen. Vielmehr befinde sich die Finanzindustrie in einem waschechten Transformationsprozess: "Besonders diejenigen Kapitalverwaltungsgesellschaften, die erst anfangen, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, müssen Lernschleifen drehen. Das ist eine der Riesenherausforderungen für unsere Mandanten, dass es hier keine einheitlichen und insofern verbindlichen Standards gibt."

Nachhaltigkeitsaspekte spielen aber nicht nur in den Zielvereinbarungen von Führungskräften börsennotierter Konzerne oder regulierter Finanzdienstleister eine immer größere Rolle. Auch jenseits von immer strengeren gesetzlichen Vorgaben wächst das Bewusstsein dafür, dass ESG-Ziele in den Vergütungssystemen verankert werden müssen, um den Erwartungen von Kunden und der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Und während "altersgerechte" Wohnungen – ohne weitergehende Konkretisierungen – vor den strengen Augen der Bafin eher nicht bestehen, sähe es mit Sozialwohnungen wahrscheinlich anders aus. Die Schaffung sozialen Wohnraums hätten sich, weiß Watermann, bisher jedoch vor allem solche Wohnungsbauunternehmen auf die Fahnen geschrieben, hinter denen Investorengruppen stehen, die das Gemeinwohl besonders im Blick haben.

Belohnung auch unter der Vorstandsebene

Wer den großen Wurf scheut, kann sich dem Thema in kleinen Schritten nähern und seiner Belegschaft niederschwellige Angebote machen: "Um das Bewusstsein für die Bedeutung von nachhaltigem Handeln zu vergrößern, kann auch die Durchführung bzw. Teilnahme an Schulungen zum Thema ESG als vergütungsrelevantes Ziel vereinbart werden", schlägt Christ vor. Dabei sollten Führungskräfte dafür belohnt werden, dass sie entsprechende Konzepte erarbeiten und umsetzen, und die übrigen Mitarbeiter dafür, dass sie an solchen Workshops teilnehmen.

Denn eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: "Vor dem Druck der Investoren gibt es kein Entkommen", mahnt Watermann. Heute ist es vielleicht noch dem Zufall überlassen, ob sich bei einem mittelständischen Projektentwickler jemand zum ESG-Beauftragten erklärt. Doch langfristig dürfen Entwickler "keine Steine verbauen, die durch Kinderarbeit in Indien entstanden sind. Am Ende soll die Gebäude ja ein Investor kaufen wollen", spitzt es die Finanzmarktexpertin zu. Eine Motivationsspritze in Gestalt eines ESG-Bonus für den Geschäftsführer – oder, wenn nötig, eines Malus – könnte Wunder wirken.


Harald Thomeczek

Frauen an die Spitze

Frauen finden sich im Jahr 2020 noch immer selten in der Führung von Immobilienunternehmen.

Frauen finden sich im Jahr 2020 noch immer selten in der Führung von Immobilienunternehmen.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Wolfilser

Karriere 28.05.2020
Frauen sind in der Immobilienbranche keine Seltenheit mehr - auf den Führungsebenen bleiben sie aber etwas Besonderes. Ohne Frauenquote wird das vermutlich auch noch länger so bleiben. ... 

Frauen sind in der Immobilienbranche keine Seltenheit mehr - auf den Führungsebenen bleiben sie aber etwas Besonderes. Ohne Frauenquote wird das vermutlich auch noch länger so bleiben. Dabei tun die Unternehmen sich selbst den größten Gefallen, wenn sie ihre Führungsmannschaften stärker durchmischen: Ihr Gewinn kann im Schnitt zweistellig steigen.

Bei JLL Deutschland führt jetzt eine Frau das Unternehmen, bei DIC Asset seit gut drei Jahren. Eine CFO verantwortet Vonovias Finanzen, Patrizia besitzt eine Investmentchefin und die Aareal Bank hat zwei weibliche Vorstandsmitglieder. Swiss Life Asset Managers (SLAM), die Muttergesellschaft von Corpus Sireo und Beos, betraute vergangenes Jahr eine (damals) 33-Jährige mit dem CEO-Job in Deutschland. Bei der LEG klettert der Frauenanteil im Vorstand mit einer Finanzchefin ab Juli auf 33%. Führungsfrauen, so weit das Auge reicht!

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache

Wer sich die nackten Zahlen anschaut, der stellt allerdings fest: Frauen sind auf den obersten Führungsebenen von Unternehmen der deutschen Immobilienbranche wie eh und je eine Rarität. Ja, ihre Anzahl ist gewachsen. Doch die Männer dominieren immer noch die Vorstands- und Geschäftsführungsetagen. Nicht nur, dass Tina Störmer - wohlgemerkt aus gesundheitlichen Gründen - zurück in die Schweiz gewechselt ist und nun zwei männliche Geschäftsführer an der Spitze von SLAM Deutschland stehen. Anne Kavanagh von Patrizia hat sieben männliche Vorstandskollegen, Annette Kröger sitzt im Executive Committee von Allianz Real Estate neun Herren gegenüber. Apleona hat ein Management Board mit acht Positionen - alle mit Männern besetzt. Deutsche Wohnen: vier Vorstandsposten, vier Männer. Die Zahlen sprechen fast überall die gleiche Sprache.

Die Fakten sind deutlich. Sehr deutlich. Nicht, dass die Immobilienbranche im Vergleich mit anderen Branchen eine Ausnahme wäre - aber sie sticht im negativen Sinne hervor. Keine Frau im Vorstand, und keine Frau im Aufsichtsrat: Immobilienunternehmen sind überproportional stark mit einer doppelten Null vertreten. Von 17 börsennotierten Unternehmen, die auf der "doppelschwarzen Liste" der Allbright-Stiftung stehen, lassen sich sechs oder 35,3% der Immobilienbranche zurechnen (Stand September 2019). Bei einem Immobilienanteil von nur 13% unter den untersuchten Börsenunternehmen (21 von 160) ist das ein hoher Wert.

Unternehmen verschenken bares Geld

Dabei verschenken Unternehmen, die Diversität geringschätzen, Geld. Die Praxis lehrt, dass gemischte Führungsteams bessere Ergebnisse abliefern. Das Peterson Institute for International Economics, ein US-Thinktank, kam z.B. schon 2016 in einer internationalen Studie zu dem Fazit: Firmen mit einem Frauenanteil von mindestens 30% auf der obersten Managementebene machen im Schnitt 15% mehr Gewinn als vergleichbare Unternehmen ohne Frauen im Management. Eine brandaktuelle Studie von McKinsey zeigt: Die Unternehmen mit den höchsten Frauenanteilen im Topmanagement sind mit 25%iger Wahrscheinlichkeit profitabler als die Konkurrenz.

Eine Studie, die PwC im vergangenen Jahr für den Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) erstellte, zeigt: Unternehmen mit einem höheren Reifegrad in puncto Diversität wachsen nicht nur mit großer Wahrscheinlichkeit stärker als der Wettbewerb, sondern sind auch innovativer und freuen sich über zufriedenere Kunden und eine geringere Mitarbeiterfluktuation.

Vor allem die Immobilienbranche weiß die stillen Reserven nicht zu heben

Die Immobilienbranche weiß dieses Potenzial nicht zu heben, besagt die Studie des ZIA. So fehlt in der Mehrheit der 138 von PwC befragten Unternehmen eine klare Verantwortlichkeit für das Thema, und nur in einer kleinen Handvoll Firmen hat die Geschäftsführung mehr Vielfalt zur Chefsache erklärt - was meist nötig ist, um eine echte Veränderung einzuleiten.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass mehr als jedes zweite Unternehmen einen Frauenanteil von unter 10% auf der Ebene der Geschäftsführung aufweist, und bei mehr als zwei Dritteln der Frauenanteil auch auf den anderen Führungsebenen unter 30% liegt. Es ist nicht absehbar, dass die Branche demnächst aufholt. Denn viele Immobilienunternehmen sind weiter zurückhaltend mit ehrgeizigen Zielen für Frauenanteile im Vorstand oder der Geschäftsführung.

Ziel Null Prozent Frauen

Viele börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Firmen mit mindestens 500 Arbeitnehmern müssen seit 2015 Zielgrößen für den Aufsichtsrat, das Leitungsorgan und die beiden obersten Führungsebenen unterhalb von Vorstand oder Geschäftsführung festlegen. Mehr als ein Drittel (58) der 160 Gesellschaften im DAX, MDAX und SDAX haben sich zuletzt für den Vorstand das Ziel 0% Frauen gesetzt. Zwei davon, u.a. der Onlinehändler Zalando, sind nach einem Shitstorm zurückgerudert. Von den verbliebenen 56 "Doppelnullen" gehören elf, und damit fast 20%, der Immobilienbranche an.

Die Unternehmen sind um gute Gründe nicht verlegen. Beispielhaft sei der Bauträger Instone Real Estate herausgegriffen. Der Wohnungsentwickler erklärt sein Ziel Null auf Anfrage der Immobilien Zeitung mit der "Vertragsdauer der laufenden Vorstandsverträge" und damit, dass das Unternehmen das aktuelle Vorstandsteam auch darüber hinaus halten wolle. Außerdem sei es doch legitim, "dass jede Position vorwiegend nach Qualifizierung und Kompetenz besetzt werden soll - unabhängig vom Geschlecht oder anderen nicht leistungsbezogenen Kriterien". In der Öffentlichkeit vermittle die Quote Null ein falsches Bild: "Als würde sich ein Unternehmen nicht um Frauenförderung kümmern."

Für Männer gibt es ja quasi schon eine Quote

Anne Tischer, Mitgründerin der Initiative Frauen in Führung (FiF), erklärt, warum ihr die Zielquote Null ein Dorn im Auge ist: "Wenn der Status quo 0% ist, kann das Unternehmen begründen, warum die Wahl - trotz intensiver Suche - z.B. auf genau diese vier Männer gefallen ist. Aber eine Zielquote Null ist ein fatales Signal an die eigenen Mitarbeiterinnen sowie an Kandidatinnen."

Dass der oder die Beste den Job kriegt, ganz gleich, welches Geschlecht, ist nicht unbestritten: "Jede Frau, die seit mindestens zehn, 15 Jahren in der Branche arbeitet, hat schon erlebt, dass nicht immer der oder die Bestqualifizierte den Job bekommt, sondern wer ein gutes Netzwerk hat und denjenigen kennt, der den Job vergibt", sagt Tischer. "Es ist kein Zufall, dass so viele Immobilienunternehmen in der Allbright-Liste die Forderungen nach Diversität nicht erfüllen. Die Immobilienwirtschaft hinkt anderen Branchen um fünf bis zehn Jahre hinterher", konstatiert Karin Barthelmes-Wehr, Geschäftsführerin des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft.

"Mit Blick auf das Employer Branding ist ein 0%-Ziel natürlich wahnsinnig ungeschickt"

Sonja Rösch aus dem Management der Agentur PB3C, die auf Immobilienkommunikation spezialisiert ist, ergänzt: "Mit Blick auf das Employer Branding ist ein 0%-Ziel natürlich wahnsinnig ungeschickt." Doch die wenigsten Firmen bringen den Mut auf, den Willen zur Veränderung mit einer Selbstverpflichtung in Gestalt einer Quote zum Ausdruck zu bringen. "Wenn ein Unternehmen etwas wirklich will - z.B. bei der Umsatzentwicklung oder in der Akquise -, setzt es sich messbare Ziele, in der Regel in Form einer Zahl. Alles fängt doch mit dem Commitment an", meint Tischer.

FiF fordert von allen führenden Immobilienunternehmen der verschiedenen Marktsegmente, von der Finanzierung über die Projektentwicklung bis zum Fonds-, Asset- und Property-Management: "Setzt Euch Zielquoten für den Frauenanteil in den obersten drei Führungsebenen und Fristen, innerhalb derer ihr diese erreichen wollt! Bis 2025 soll überall mindestens eine Frau im Vorstand bzw. in der Geschäftsführung sein!" Die Immobilien Zeitung hat Unternehmen, die sich als führend in ihren Marktsegmenten verstehen, nach ihrer Meinung zu dem Forderungskatalog gefragt. Im Wesentlichen zusammengefasst: Wer nicht unbedingt muss, verzichtet meist lieber darauf, sich unbequeme Ziele zu setzen (siehe Tabelle "Unternehmen aus der Immobilienbranche tun sich meist schwer mit freiwilligen Zielvorgaben" weiter unten).

Ohne Quote kaum messbarer Fortschritt

Dass sich ohne Quotenzwang wenig an den herrschenden Verhältnissen ändert, zeigen Zahlen der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR). Für Gesellschaften, die sowohl börsennotiert als auch voll mitbestimmungspflichtig sind, also mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigen, gilt eine harte 30%-Quote für den Aufsichtsrat. Bei diesen hat der Frauenanteil seit 2015 erheblich zugelegt und beträgt mittlerweile rund 34%. Bei den anderen in den DAX-Segmenten notierten Unternehmen verharrt er nur knapp über 20%. Das wichtigste Indiz dafür, dass sich ohne Quote allenfalls punktuell etwas tut, ist: In den Vorständen, für die allesamt noch keine Quote gilt, bewegt sich der Frauenanteil um die 10%. Im Lager der Unternehmen mit der AR-Quote ist er seit 2015 nur unwesentlich stärker geklettert bzw. liegt kaum höher (10,8%) als im Lager (8,9%) der Unternehmen ohne AR-Quote. "Damit ist eine stabile Männerquote von 90% weiterhin gesichert", bilanziert FidAR.

Nicht umsonst hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) Anfang dieses Jahres einen Gesetzentwurf für eine verschärfte Frauenquote vorgelegt. Dieser sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern und mindestens vier Vorstandsmitgliedern künftig mindestens eine Frau im Vorstand haben müssen. Giffey hatte ihre Quote für Vorstände mit dem hohen Anteil von Unternehmen, die sich eine Zielquote Null für den Vorstand setzen, begründet: "Nur mit freiwilligen Bekenntnissen kommen wir nicht weiter."

Frauenquote: Status quo und Zielgrößen
Unternehmen aus der Immobilienbranche tun sich meist schwer mit freiwilligen Zielvorgaben für Frauenquoten - Status quo und Zielgrößen für Frauenanteile auf den operativen Führungsebenen ausgewählter Immobilienunternehmen in Deutschland: zum PDF

An der Quote scheiden sich die Geister. Heike Gündling, früher u.a. COO bei Bilfinger Real Estate und heute Managing Director bei Eucon Digital, ist ganz bei Giffey: "Ich bin für die Quote. Gegen eine schwere Krankheit hilft nur ein schweres Medikament. Wenn man so will, kommen ja auch Männer in der Immobilienbranche oft genug wegen einer - ungeschriebenen - Quote zum Zug: weil sie irgendwann einfach mal dran sind. Nicht jeder Mann in einer Führungsposition macht einen Superjob." PR-Frau Rösch hält dagegen: "Eine Quote bringt nichts. Besser ein mittleres Management für Nachbesetzungen aufbauen. Ich habe in meiner Laufbahn Frauen erlebt, die wegen einer Quote mehrere Hierarchieebenen übersprungen haben - und dann zu kämpfen hatten; sie waren einfach noch nicht bereit."

In den Unternehmen hat die Quote wenige Freunde

Auch die allermeisten Unternehmen zeigen sich wenig begeistert von der Vorstellung fester Frauenanteile für operative Führungsebenen. Swiss Life Asset Managers etwa ist zwar "überzeugt, dass gemischte Teams besser performen". Aber: "Eine starre Quote erachten wir nicht als förderlich." Lieber versuche der Asset-Manager, "durch eine breite Förderung auf allen Ebenen des Unternehmens zu erreichen, dass der Pool von potenziellen Kandidatinnen für Führungsaufgaben immer größer wird und es somit automatisch mehr Frauen in Führungspositionen geben wird." Der Projektentwickler Consus begründet seine Ablehnung einer fixen Zielvorgabe damit, dass eine solche "die ohnehin schwierige Fachkräftesuche weiter einschränken würde". Zudem sei eine Quote auch für die Frauen selbst ein vergiftetes Geschenk: "Unsere weiblichen Führungskräfte haben viele eigene Akzente eingebracht. Dabei mussten sie nicht mit dem Makel von Quotenfrauen kämpfen, sondern werden als qualifizierte Mitglieder des Teams verstanden, sodass die Zusammenarbeit mit den Männern bestens funktioniert."

"Krisen werden gern dafür genutzt, einen Backlash einzuleiten"

Aus Giffeys Quote für Vorstände wird aber ohnehin wahrscheinlich erst einmal nichts. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) drohte laut einem Medienbericht, gegen einen Kabinettsbeschluss zu stimmen. Den Firmen sollten in der Krise weitere Belastungen erspart bleiben. Da ist es fast schon Ironie, dass Altmaiers Ministerium die Schirmherrschaft bei FiF innehat. Gündling warnt: "Krisen werden gern dafür genutzt, einen Backlash einzuleiten. Natürlich hat sich beim Thema Frauen in Führung in der Vergangenheit was getan. Aber speziell die Immobilienbranche ist immer noch sehr männerlastig. Da besteht einfach die Sorge, dass dieses zarte Pflänzchen jetzt in der Krise wieder verdorrt."

Die Krise ist jetzt schon Gift für dieses Pflänzchen. Laut der Hans-Böckler-Stiftung sind Männer und Frauen zwar in etwa gleich stark von Kurzarbeit betroffen. Doch die Frauen haben ihre Arbeitszeit wegen geschlossener Schulen und Kitas deutlich öfter (zusätzlich) reduziert. Dabei setzt sich nicht nur die Arbeitsteilung von vor der Krise fort. Vier von zehn Elternpaaren, die sich die Erziehungsarbeit vorher ungefähr gleich aufteilten, sind zu alten Rollenmustern zurückgekehrt.

"Corona macht die Mängel wieder sichtbar"

Was die Studie anhand von knapp 8.000 Erwerbstätigen zeigt, nimmt Izabela Danner täglich in ihrem Netzwerk wahr. "Die traditionellen Rollen werden wieder oft klassisch gelebt, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht", beobachtet die ehemalige Geschäftsführerin von JLL Deutschland. "Der Mann hängt den ganzen Tag in den Telkos - und die Frau natürlich auch. Denn wer die Verfügbarkeit für den Job nicht gewährleistet, ist ganz schnell weg vom Fenster." Für Frauen ohne Familie ist es vielleicht egal, wenn sie in Corona-Zeiten von morgens bis abends in Zoom-Meetings hängen. "Aber", betont Danner, "wenn kleinere Kinder da sind, dann läuft die Versorgung vorrangig bei den Müttern mit. Für viele ist die Belastung unerträglich geworden."

Danner erzählt von berufstätigen Frauen aus ihrem Bekanntenkreis: "Sie fangen teils um 5 Uhr morgens an - und wenn die Kinder schlafen, müssen sie aufholen, was sie den Tag über nicht geschafft haben. Corona macht die Mängel unserer Arbeitswelt wieder sichtbar - und vor allem klar, dass der Job nicht aus dem persönlichen Kontext herauslösbar ist." So manche Frau droht karrieretechnisch abgehängt zu werden: "Viele Entscheidungen müssen in der Krise schnell getroffen werden; da greift man automatisch zur starren Hierarchie oder zu denen, die rund um die Uhr verfügbar sind. Und das sind in unserer Branche besonders oft Männer."

Wie viele Frauen an der Spitze von Immobilienfirmen stehen, zeigt unsere IZ-Tabelle.

Details zur Initiative unter: www.frauen-in-fuehrung.info

Harald Thomeczek

Thomas Beyerle findet seine Berufung

Thomas Beyerle.

Thomas Beyerle.

Quelle: Catella Property Valuation GmbH

Köpfe 26.04.2019
Thomas Beyerle hat im wahrsten Sinne des Wortes seine Berufung gefunden: Der 1967 geborene Chefresearcher von Catella verantwortet seit diesem Sommersemester das Lehrgebiet Immobilienresearch im ... 

Thomas Beyerle hat im wahrsten Sinne des Wortes seine Berufung gefunden: Der 1967 geborene Chefresearcher von Catella verantwortet seit diesem Sommersemester das Lehrgebiet Immobilienresearch im Studiengang BWL (Bau und Immobilien) an der Hochschule Biberach (HBC). Neuland ist die oberschwäbische 33.000-Seelen-Stadt für den gebürtigen Karlsruher nicht: Beyerle wirkte schon viele Jahre als Dozent an der HBC sowie an der Akademie der Hochschule in Biberach.

Der umtriebige Tausendsassa, der schon für Degi/Aberdeen oder die IVG geforscht hat, freut sich auf die „spannende Aufgabe, die für eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung, gerade in der Immobilienwirtschaft, von essentieller Bedeutung ist“. Zu Beyerles Forschungsschwerpunkten zählt u.a. das Investorenverhalten an den Kapitalmärkten. Auch in vielen Verbänden ist Beyerle ein oft gesehener Gast: So ist er u.a. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) und sitzt im Ausschuss Transparenz und Benchmarking des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA).

Harald Thomeczek

Frauenanteil: Bei vielen Immobilien-AGs steht die Null

Frauen an der Spitze: ein seltenes Bild, nicht nur in Immobilienunternehmen.

Frauen an der Spitze: ein seltenes Bild, nicht nur in Immobilienunternehmen.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Wolfilser

Karriere 15.04.2019
Die Aufsichtsräte von einem Drittel der 160 börsennotierten Unternehmen in den Indizes DAX, MDax und SDax haben sich einen Frauenanteil von 0% im Vorstand zum Ziel gesetzt. Zu den ... 

Die Aufsichtsräte von einem Drittel der 160 börsennotierten Unternehmen in den Indizes DAX, MDax und SDax haben sich einen Frauenanteil von 0% im Vorstand zum Ziel gesetzt. Zu den Gesellschaften, bei denen - um ein geflügeltes Wort aus der Welt des Fußballs zu bemühen - die Null stehen muss, gehört auch eine ganze Reihe von Unternehmen, die mit Immobilien Geld verdienen. Das lässt sich im aktuellen AllBright-Bericht über die Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten nachlesen.

Besagte 160 börsennotierte Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, feste Zielgrößen für den Frauenanteil in ihren Vorständen zu veröffentlichen, aktuell für den Zeitraum bis Ende Juni 2022. Es ist dabei allerdings möglich, als Zielgröße Null anzugeben. Tatsächlich planen 76 derjenigen Unternehmen, die noch keine Frauen im Vorstand haben, nicht, im genannten Zeitraum daran etwas zu ändern, heißt es im AllBright-Bericht.

Zielgröße von 0% nicht unterschreiten

Ziemlich genau jedes dritte Unternehmen - in summa 53 - formuliert sogar ausdrücklich das Ziel 0%. Zu den Unternehmen, bei denen die Null steht, gehören auch Adler Real Estate, Alstria Office Reit, Deutsche Wohnen, Hochtief, Hypoport, LEG Immobilien, Nemetschek und TLG Immobilien. TLG z.B. schreibt im Corporate-Governance-Bericht von März 2018 etwa: "Für den Vorstand der TLG Immobilien AG liegt die Mindestzielgröße für den Frauenanteil bei Null." Diese Zielgröße solle "nicht unterschritten" werden.

Tantiemen für Führungskräfte an Frauenförderung koppeln

"Die Festlegung einer Zielgröße Null für den Vorstand ist nicht mehr zeitgemäß", findet Bärbel Schomberg, Vizepräsidentin des Branchenverbands Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) und Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Diversity. Der ZIA und das ICG Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft raten zur Lektüre der im AllBright-Bericht aufgeführten Handlungsempfehlungen, wie Unternehmen den Rekrutierungsprozess für Vorstände noch mehr professionalisieren und so den Frauenanteil erhöhen können. "Ein Instrument für mehr Frauenförderung", schlägt Schomberg vor, könne z.B. sein, "die bestehende Führungsebene über die Tantiemenregelung für die Förderung der Frauen im eigenen Team zu verpflichten".

Oft fehlt der Wille

Manuela Better, Vorstandsfrau der DekaBank und des ICG, rät: "Ein professionelles Mentoring-Programm hilft dabei, Frauen nach vorne zu bringen." Sie weiß aber auch, woran es oft hapert: "Hierfür braucht es jedoch auch die Überzeugung und den Willen in den Unternehmen selbst, die Anzahl von Frauen in Aufsichts- und Beiräten wie Geschäftsführungs- und Vorstandsgremien in der deutschen Immobilienwirtschaft deutlich zu erhöhen."

Der Fairness halber sei gesagt: In den 160 untersuchten Börsenunternehmen gehören nur 8,8% aller Vorstandsgesichter einer Frau (Stand: 1. Februar 2019). In den Aufsichtsräten sind Frauen immerhin zu 30% vertreten. Dabei ist nur etwa die Hälfte der 160 Firmen von der gesetzlichen Geschlechterquote von 30%, die seit 2015 für die Aufsichtsräte gilt, betroffen.

Closed Shop Aufsichtsrat

Viele Immobilienunternehmen wollen es mit Frauen im Aufsichtsrat anscheinend nicht übertreiben. Unter den 20 Firmen, die ein rein männlich besetztes Kontrollgremium besitzen, finden sich überproportional viele - nämlich sieben - aus dem Immobilienuniversum. Namentlich sind das Adler Real Estate, Ado Properties, Corestate Capital, DIC Asset, Hypoport, Nemetschek und Patrizia Immobilien. Unter den 20 Firmen, die einen Frauenanteil von 40% oder mehr im Aufsichtsrat vorweisen können, findet sich dagegen nur ein einziges Unternehmen mit ausgeprägter Immobilienaffinität: der Finanzierer Aareal Bank. Auch im Vorstand von Aareal ist jeder dritte Kopf ein weiblicher.

Harald Thomeczek

Weltfrauentag: Die Mischung macht's

Immobilienfrauen auf dem Vormarsch: In Studiengängen mit Immobilienbezug ist das Geschlechterverhältnis schon in etwa ausgeglichen.

Immobilienfrauen auf dem Vormarsch: In Studiengängen mit Immobilienbezug ist das Geschlechterverhältnis schon in etwa ausgeglichen.

Quelle: iStockphoto, Urheber: Minerva Studio

Karriere 08.03.2019
Die Immobilienbranche besteht zur Hälfte aus Frauen. Das glaubt nicht, wer nächste Woche die internationale Immobilienmesse Mipim in Cannes besucht. Denn nur jede siebte Führungsposition ... 

Die Immobilienbranche besteht zur Hälfte aus Frauen. Das glaubt nicht, wer nächste Woche die internationale Immobilienmesse Mipim in Cannes besucht. Denn nur jede siebte Führungsposition in einem Immobilienunternehmen ist hierzulande mit einer Frau besetzt. Dabei tun gemischte Teams gut - nicht in jedem Fall der operativen Performance eines Unternehmens, aber ganz bestimmt seinem Image. Das mussten diese Woche auch die Vorstandsherren von Engel & Völkers schmerzhaft erfahren.

Geschlechtergemischte Teams auf Führungsebene wirken sich langfristig positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg aus. Das glauben acht von zehn Immobilienunternehmen, die der Branchenverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) vor drei Jahren zu "Frauen in der Immobilienwirtschaft" befragte. Einen empirischen Beweis dafür gibt es jedoch nicht.

Die Voraussetzungen für einen ausgeglichenen Anteil von Männern und Frauen in Führungspositionen wären zumindest gegeben: Die Geschlechterverteilung unter den Beschäftigten in der Immobilienbranche ist laut einer Ende 2017 veröffentlichten Studie, die das Fraunhofer Institut im Auftrag des ZIA erstellte, etwa fifty-fifty (Datenquelle: Statistisches Bundesamt).

Auf Führungsebenen kommen Frauen kaum vor

Doch zu früh gefreut: Je weiter hinauf es geht, desto dünner scheint die Luft für das weibliche Geschlecht zu werden. Besagter ZIA-Umfrage zufolge liegt der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene von Immobilienunternehmen nämlich nur bei mickrigen 14,5%. Auf der zweiten Führungsebene sieht es auch nicht viel besser aus (16%). Erst auf unteren Hierarchieebenen ist die Waage halbwegs im Gleichgewicht (44% Frauen).

Wenn Männer weibliche Vorbilder haben

Die nackten Zahlen stehen im Widerspruch dazu, dass heute kaum noch jemand öffentlich in Abrede stellen würde: Frauen tragen entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. So stand das diese Woche auch in einem Tweet, den Engel & Völkers anlässlich des heutigen Weltfrauentags (8. März) auf Twitter absetzte. Der Vorstand des Maklerhauses ließ sich für diese Aktion öffentlichkeitswirksam stolz ablichten und berichtete, welche Frauen ihn besonders beeindrucken.

Das Problem daran: Das fünfköpfige Führungsgremium ist komplett mit Männern besetzt. Der Widerspruch zwischen Wort und Wirklichkeit fiel der Maklerfirma leider erst auf, als sich schon ein Shitstorm über das Unternehmen ergossen hatte, durch dessen Wucht dem Tweet von Engel & Völkers selbst die – hämische – Aufmerksamkeit seriöser Medien wie Süddeutscher Zeitung oder Stern verschaffte.

Zum operativen Erfolg tragen Frauen nicht mehr bei als Männer

Studien, die einen Zusammenhang zwischen einer über die Geschlechter hinausgehenden Diversität im Management und harten bilanziellen Kennzahlen herstellen, sind nichts Neues. So ermittelte die Unternehmensberatung McKinsey schon 2010, dass börsennotierte Unternehmen mit Vorstandsfrau(en) im Schnitt 15% mehr Gewinn machen. "McKinsey hat aber nicht kontrolliert, welchen Einfluss andere Faktoren möglicherweise auf den Unternehmenserfolg hatten. Ob die Frauen wirklich die Ursache für die Overperformance sind, können solche Studien nicht belegen", sagt Liesa Schrand.

Die 27-Jährige hat sich für ihre Doktorarbeit am Lehrstuhl für Immobilienmanagement der Universität Regensburg mit dem Einfluss u.a. des Geschlechts auf die Performance beschäftigt. Zum einen nahm Schrand die Entwicklung von börsennotierten US-Reits (Real Estate Investment Trusts) im Zeitraum von 2005 bis 2016, zum anderen rund 100 Projektarbeitsgruppen mit jeweils drei bis vier Studierenden an der International Real Estate Business School (Irebs) unter die Lupe.

Investoren honorieren aber, wenn Frauen im Vorstand sind

Bei den Reits untersuchte sie, wie sich – unter Berücksichtigung anderer Einflussfaktoren – Frauen auf Vorstandsebene auf harte buchhalterische Kennziffern wie den Return on Equity (RoE) oder die Funds from Operations (FFO) einerseits und weichere, marktbasierte Kennzahlen wie den Price per NAV (Aktienpreis in Relation zum Nettovermögenswert des Immobilienportfolios) auswirken. Und bei den Projektgruppen ermittelte sie, welche Eigenschaften der Mitglieder einer Gruppe der Leistung derselben förderlich sind.

Die Resultate lassen die heute gern geteilte These, Frauen trügen entscheidend zum Unternehmenserfolg bei, in einem differenzierteren Licht erscheinen. Bei den US-Reits machte sich die Präsenz von Frauen im Vorstand nämlich nicht in besseren bilanziellen Kennzahlen bemerkbar – wohl aber in besseren marktbasierten Kennziffern wie dem Aktienpreis. "Investoren sehen eine Frau im Vorstand als positives Signal: Das zeigt, dass das Unternehmen sich um das Thema Corporate Governance kümmert. Anleger honorieren so etwas", sagt Schrand.

Bessere Ergebnisse, wenn man sich nicht von vornherein einig ist

Noch deutlicher zeigte sich die Belanglosigkeit des rein biologischen Geschlechts bei den Projektgruppen: Hier wirkte sich das Geschlecht der Gruppenmitglieder nicht auf die Note aus, die eine Gruppe für ihre Arbeit erhielt. Entscheidend waren vielmehr die Vorerfahrungen der einzelnen Mitglieder und deren Können, gemessen an den Noten, die die Einzelnen für vorherige Arbeiten erhalten hatten.

Ist die These "Die Mischung macht's" damit also widerlegt? "Nein, natürlich nicht. Meine Studien geben nur einen anderen Blickwinkel auf das Thema. Ich glaube schon, dass Frauen eine andere Perspektive reinbringen. Das kann man aber nicht messen", sagt Schrand. Homogene Gruppen kämen vielleicht leichter zu einer Entscheidung, weil sie sich grundsätzlich besser verstehen. "Durch unterschiedliche Ansichten und Vorerfahrungen können in einer Gruppe jedoch schlussendlich bessere Ergebnisse entstehen", sagt Schrand. Das Geschlecht, verstanden als soziale Rolle, ist da – neben Ethnie und Hautfarbe, Alter, sexueller Orientierung oder Behinderungen – eine von vielen Stellschrauben.

It's not all about profit, stupid!

Der konkrete Nutzen für das Unternehmen ist aber nur die eine Seite der Medaille. "Bei Diversität und Inklusion (D&I) geht es nicht nur um Profit", sagt Judith Gabler, Managing Director Europe beim Berufsverband RICS. "Eine echte D&I-Kultur schafft ein besseres Arbeitsumfeld für Mitarbeiter. Sie gibt jedem eine faire Chance, erfolgreich seinen Job zu machen, unabhängig von Geschlecht, Religion oder sozialer Herkunft."

Wer es z.B. versäume, Müttern – die sich ja meistens immer noch mehr als Väter um die Kinder kümmern – flexible Job-Lösungen zu bieten, verschenke Potenzial, weil sie so nicht das Optimum auf sich herausholen können, so Gabler. Oder er verliert sie gleich ganz. Und das sei ganz sicher nicht zum Wohle seiner Kunden. Hier schließt sich der Kreis: Firmen, die ihren Mitarbeitern die Bühne für deren bestmögliche Performance bereiten, tun sich letztlich selbst einen Gefallen, weil davon auch der Kunde profitiert.

Die Immobilienbranche hat ein Teilzeitproblem

Von optimalen Arbeitsbedingungen speziell für in Teilzeit tätige Mütter ist so manche Immobilienfirma noch deutlich entfernt. Thomas Beyerle, Group Head of Research von Catella, der 2012 erstmals den Status quo von Frauen in der deutschen Immobilienbranche untersuchte, sieht "ein starkes Defizit bei Teilzeitbeschäftigungen. Hier wird leider noch immer dogmatisch argumentiert, nach dem Motto: alles oder nichts." Aus seinem persönlichen Umfeld weiß er aber auch, dass es durchaus möglich ist, z.B. über Arbeitszeitkonten in Teilzeit zu arbeiten. "Es geht, wenn man das Angebot schafft. Und streng ökonomisch argumentiert: Zwei halbe Stellen leisten letztlich mehr als eine ganze. Man muss es nur wollen – auf beiden Seiten."

Das Missverhältnis der Frauenanteile auf den unteren und oberen Hierarchieebenen sieht Beyerle langsam in eine Balance der Geschlechter übergehen: In den Executive-Programmen ist das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Teilnehmern zwar immer noch 3:1, wie Beyerle aus eigenen Vorlesungen weiß, doch in den Bachelor- und Masterstudiengängen die Quote bereits ausgeglichen, "mit einer leichten Tendenz zu den Damen". Noch sei der vorherrschende Diskurs historisch bedingt "vom Mann, weiß, 50 plus geprägt". Doch das wird nicht so bleiben: "Es rückt eine ganze Generation von Frauen nach, welche meines Erachtens in den kommenden zehn Jahren das aktuelle Missverhältnis stärker ausgleichen wird."

Harald Thomeczek

Nach 16 Neuzugängen hat der ZIA nun 238 Mitglieder

Karriere 02.06.2017
Der Lobbyverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) vermeldet seit Jahresbeginn 16 Neuzugänge. Mit diesen zählt die Interessenvertretung nunmehr 238 Mitglieder, darunter 27 Verbände. ... 

Der Lobbyverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) vermeldet seit Jahresbeginn 16 Neuzugänge. Mit diesen zählt die Interessenvertretung nunmehr 238 Mitglieder, darunter 27 Verbände. Namentlich haben sich in diesem Jahr folgende Firmen, Verbände und Institutionen unter dem ZIA-Dach eingefunden: Aedifica Asset Management, Accentro Real Estate, AviaRent Invest, Brownfield24, das EBS REMI, die German PropTech Initiative (GPTI), GRR, Hotel Affairs Consulting, die RWE-Tochter innogy, International Campus, Internos Global Investors, SHI Management, Terranus Real Estate, Tophotel Consultants, TÜV Süd Advimo und Yardi Systems. Der ZIA seinerseits ist der GPTI beigetreten.

Harald Thomeczek

Mehr Frauen, mehr Erfolg

Die Mischung macht's - auch bei den Geschlechtern.

Die Mischung macht's - auch bei den Geschlechtern.

Bild: iStockphoto/zest_marina

Karriere 28.04.2016
Ein ausgeglichener Anteil von Frauen und Männern in Führungspositionen wirkt sich langfristig erfolgsfördernd aus. Das sagen 83% von 43 Immobilienfirmen, die sich an einer Umfrage des ... 

Ein ausgeglichener Anteil von Frauen und Männern in Führungspositionen wirkt sich langfristig erfolgsfördernd aus. Das sagen 83% von 43 Immobilienfirmen, die sich an einer Umfrage des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA zu Frauen in der Immobilienwirtschaft beteiligt haben. Das eine oder andere Haus ist schon auf einem guten Weg in Richtung Gender Diversity.

Satte 86% setzen sich nach eigenem Bekunden bereits dafür ein, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Aber: Nur jedes dritte Unternehmen hat dies auch als ein Unternehmensziel definiert, und einen verbindlichen Plan zur Umsetzung dieses Vorhabens haben lediglich 19%.

"Diversity im Allgemeinen trägt zu einem kreativeren Denken auf Führungsebenen bei", sagt Bärbel Schomberg aus dem Vorstand des Branchenverbands ZIA. Luft nach oben gibt es allemal: Der Frauenanteil auf den ersten beiden Führungsebenen der Firmen, die den Fragebogen ausfüllten, liegt bei 14,5% bzw. 16,1%, auf der Ebene darunter sind 27,6% der Führungskräfte Frauen. Erst auf Führungsebene vier kann man von einer Ausgeglichenheit der Frauen- (44%) und Männeranteile sprechen. Diese Zahlen wirken vor dem Hintergrund höherer Frauenanteile bei Neueinstellungen gering: So sind 34% der von den Umfrageteilnehmern rekrutierten Senior Professionals und 37% der Hochschulabsolventen weiblichen Geschlechts.

Der ZIA befragte 313 Verbandsmitglieder bzw. Mitglieder des Vereins Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft. Die 43 abgeschlossenen Fragebögen entsprechen einer Rücklaufquote von 14%.

Gut, die Geschichte der Frau in der Immobilienwirtschaft ist so lang noch nicht, viele künftige Leaderinnen wachsen erst noch in Führungsrollen hinein. Viele gehen jedoch auf dem Weg nach oben auch verloren. "Junge Frauen mit guter Qualifikation zu finden, ist kein Problem. Schwieriger ist es, sie längerfristig im Unternehmen zu halten. Nach dem ersten Kind steigen viele aus, vor allem im Development bzw. im Baubereich", sagt Nora Steiner, Head of Human Resources von CA Immo. Natürlich erfordere es eine sehr gute Organisation, wenn beide Partner arbeiten wollen. Doch "wir als Firmen müssen auch das nötige Umfeld schaffen, damit Kinder kein Hinderungsgrund mehr sind", fordert Steiner.

In der Projektentwicklung haben es Frauen besonders schwer, mit Kindern am Ball zu bleiben. Denn Projektleiter kommen viel herum, haben den Ort ihres Schaffens häufig weit weg von ihrem Lebensmittelpunkt, müssen flexibel reagieren können und zur Not auch viele Überstunden schieben. Das macht sich bei Stellenausschreibungen bemerkbar: "Bei Junior-Developern halten sich Bewerbungen von Frauen und Männern in etwa die Waage. Für Senior-Positionen überwiegen Bewerbungen von Männern, geschätzt liegt das Verhältnis dort bei 70 zu 30", berichtet Steiner.

Ein mögliches Lösungsmodell, das der österreichische Immobilienkonzern demnächst erstmals im Ernstfall testen wird, ist es, die Verantwortung bei großen Projektentwicklungen auf mehrere Schultern zu verteilen, z.B. in Form einer Doppelspitze. Dann kann bei Elternzeiten auch mitten in einer Projektentwicklung flexibler reagiert werden: Entscheidet sich eine Projektleiterin (oder ein Projektleiter) für eine Babypause, kann ein Kollege bzw. eine Kollegin übernehmen. Durch die Aufteilung auf eine(n) kaufmännische(n) und eine(n) technische(n) Leiter(in) soll es auch leichter möglich werden, als Projektleiter bzw. -leiterin in Teilzeit zu arbeiten.

Der Aufwand für Teilzeitarbeit in der Projektentwicklung ist hoch. Eine Projektleiterin der ECE, die Kinder hat, handhabt ihre Arbeitszeit flexibel: Fordert ein Projekt ihre volle Aufmerksamkeit, verbringt sie mehr Zeit auf der Baustelle. Läuft es in ruhigeren Bahnen, kann sie anschließend kürzer treten. Doch "das erfordert ein hohes Maß an Disziplin und an Abstimmung" mit Kollegen und Dienstleistern, so Ulrike Menzel, Diversity Managerin von ECE.

Ob ein verbindlicher Plan für mehr Führungsfrauen nötig ist? "Nur, wenn niemand im Vorstand oder der Geschäftsführung Frauenförderung zu seiner Herzensangelegenheit erklärt bzw. wenn die Personalabteilung im Recruiting nicht von selbst darauf achtet, dass immer ein gewisser Anteil Frauen in der Endauswahl steht", findet Steiner. Auch bei ECE "achten wir darauf, immer beide Geschlechter bis zur Endauswahl dabei zu haben", sagt Menzel. Und "wenn sich zwei gleich qualifizierte Kandidaten um eine Stelle bewerben, versuchen wir in der Regel, die Frau zum Zug kommen zu lassen", berichtet Menzel.

ECE hat sich 2011 Ziele für mehr weibliche Führungskräfte gesetzt: Im Top-Management und auf Direktoren-Ebene liegt die für 2017 gesteckte Zielmarke bei jeweils 25%. Auf der Chefetage ist dieses Ziel längst erreicht, und auch auf der Führungsebene darunter hat sich der Frauenanteil zwischen 2013 und 2015 auf 29% mehr als verdoppelt. Auf der nächsten Führungsetage ging es auch nach oben (von 10% auf 15%), hier ist jedoch noch ein Stück Weg zu gehen.

Die CA Immo setzt sich keine festen Ziele für Frauenanteile auf den verschiedenen Hierarchieebenen: "Bei unserem jungen Team müssten wir schon jungen Männer kündigen, um den Frauenanteil schnell zu steigern. Das wollen wir nicht", argumentiert Steiner.

"Letztlich braucht es immer den ausdrücklichen Willen der Unternehmensleitung, um den notwendigen Druck auf das Thema Diversity zu erzeugen", sagt Menzel von ECE. "Führungskräfte werden auch pekuniär danach bewertet, ob sie in ihren Teams für eine größere Vielfalt sorgen, oder müssen es zumindest der Unternehmensleitung erläutern", wenn es mit der Durchmischung nicht so klappt.

In den vergangenen fünf Jahren habe die ECE die Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Freizeit grundlegend verändert: "War die Akzeptanz z.B. für Homeoffice in der Vergangenheit bei uns eher gering, so ist diese stetig gestiegen", sagt Menzel. In Deutschland nutzen derzeit 169 von rund 2.500 Mitarbeitern das Angebot zur Heimarbeit, "nicht gerechnet diejenigen, die von der Möglichkeit des mobilen Arbeitens Gebrauch machen". Zudem arbeitet rund ein Fünftel der Belegschaft aktuell in Teilzeit, darunter auch Führungskräfte. Laut ZIA-Umfrage greift nur eines von 43 Unternehmen auf Job-Sharing für Führungskräfte als ein Mittel zurück, um den Anteil weiblicher Führungskräfte zu steigern.

Harald Thomeczek