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Angehende Bauingenieure studieren gerne im Inland

Bei Auslandsreisen trainieren Studierende den Umgang mit internationalen Kunden.

Bei Auslandsreisen trainieren Studierende den Umgang mit internationalen Kunden.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: DavidPrado

Karriere 09.03.2023
Wer während der Ausbildung Einblicke in internationale Märkte und Trends sammelt, bringt zum Berufsstart wichtiges Fachwissen mit. Doch junge Bauingenieure sind kaum bereit, die ... 

Wer während der Ausbildung Einblicke in internationale Märkte und Trends sammelt, bringt zum Berufsstart wichtiges Fachwissen mit. Doch junge Bauingenieure sind kaum bereit, die finanziellen und organisatorischen Hürden für ein Auslandssemester zu nehmen. Das schmälert auch ihre Softskills, die für die Arbeit mit internationalen Kunden notwendig sind.

"Angehende Ingenieure sind generell eher träge, was ihre Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, betrifft. Doch für Bauingenieure trifft das besonders zu." Diese klaren Worte findet Ansgar Neuenhofer: Der Professor und studierte Ingenieur lehrt an der TH Köln unter anderem Baumechanik, Statik und Mathematik und hat selbst fast 20 Jahre in den USA gelebt und geforscht. "Von jährlich 90 Bauingenieur-Absolventen unserer Hochschule war nur eine Handvoll im Ausland", sagt Neuenhofer. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) bestätigt Neuenhofers Beobachtung: 20% der Studierenden in Deutschland werden den Ingenieurswissenschaften zugerechnet. Ingenieure machen aber nur 13% der Studierenden im europäischen Mobilitätsprogramm Erasmus aus. "Gegenüber anderen Studiengruppen wie den Geisteswissenschaften sind sie unterdurchschnittlich mobil", sagt Thomas Kiefer, der beim VDI für internationale Berufspolitik zuständig ist.

Studierenden fehlt es an Zeit und Geld

Das Problem ist zum einen struktureller Natur: Während Studierende international ausgerichteter Studiengänge wie Sprach- und Wirtschaftswissenschaften teils verpflichtend einen Auslandsaufenthalt absolvieren müssen, sieht die Studienordnung der meisten Ingenieursstudiengänge eine solche Pflicht nicht vor. Wer ein Semester im Ausland absolviert, tut das also freiwillig – und muss vorab einige organisatorische Hürden nehmen. Da wäre beispielsweise die Regelstudienzeit: Wer BAföG bezieht, bekommt die finanzielle Unterstützung für gewöhnlich genau so lange, wie die Regelstudienzeit dauert. Werden die Studienleistungen an der Auslandshochschule daheim nicht anerkannt, verlängert sich die Studienzeit und stellt Studierende vor finanzielle Hindernisse.

Zum anderen setzt der deutsche Arbeitsmarkt wenig Anreize für diese zusätzliche Belastung im Studium. "Ingenieure werden händeringend gesucht", sagt Kiefer vom VDI. "Da der Arbeitsmarkt in Deutschland so gut ist, scheint sich vielen Studierenden und Lehrenden in den Ingenieurfächern der Sinn eines Auslandsaufenthalts nicht unmittelbar zu erschließen." In der Praxis zeigt sich dann doch häufig, wie wichtig Auslandserfahrung ist, vor allem in international tätigen Konzernen. Ingenieure, die verstehen, wie internationale Teams funktionieren, und aus eigener Erfahrung wissen, vor welchen Herausforderungen der Geschäftspartner im Ausland steht, können das Geschäft international agierender Baufirmen besser vorantreiben.

Auslandsaufenthalte fördern also nicht nur das Verständnis füreinander, sondern auch die persönliche Entwicklung: "Studierende lernen, mit neuen Situationen umzugehen, und betrachten die eigene Gesellschaft mit anderen Augen", sagt Neuenhofer von der TH Köln.

Der internationale Austausch von Fachwissen ist dagegen eher begrenzt: Häuser werden weltweit ähnlich gebaut, die Regeln der Statik gelten für alle. Doch vor allem in vergleichsweise modernen Feldern wie Verkehrsplanung, Nachhaltigkeit und energetischer Sanierung bringt der Wissenstransfer einige Vorteile: "Jedes Land hat da einen eigenen Ansatz. Studierende bekommen wichtige Einblicke, wie andere Kulturen diese Herausforderungen lösen", sagt Neuenhofer.

Spezialisierungen wie Nachhaltigkeit sind häufig Teil von Master-Studiengängen. "Im Bachelor werden die technischen Grundlagen gelegt, die Fülle an Stoff ist sehr groß", sagt Lars Abrahamczyk, Professor an der Bauhaus-Universität Weimar. So bleibt im grundständigen Ingenieursstudium wenig Zeit für Auslandsaufenthalte: Nur zwei von 400 Bachelor-Studierenden haben am Ende des Studium Auslandserfahrung gesammelt. Im Master sieht das an der Bauhaus-Universität schon anders aus: Weimar bietet den englischsprachigen Master-Studiengang "Natural Hazards and Risks in Structural Engineering" an, in dem Studierende lernen, die Gefahren durch Naturereignisse einzuschätzen und Risikoanalysen durchzuführen. Der Studiengang ist stark international orientiert, mehr als 50 Studierende pro Jahr kommen aus dem Ausland nach Thüringen. "Unsere deutschen Studierenden sind da deutlich heimatverbundener", sagt Abrahamcyzk. Im aktuellen Wintersemester haben nur 26 von 210 Master-Studierenden einen Auslandsaufenthalt absolviert.

Besonders beliebt ist der englischsprachige Raum wie die USA und Großbritannien. Auch skandinavische Länder, die viele Lehrveranstaltungen auf Englisch anbieten, kommen gut bei reisewilligen Studierenden an. Immer beliebter werden zudem Spanien, Portugal und Italien. Sowohl die Bauhaus-Universität Weimar als auch die TH Köln setzen auf einen Zweiklang an Unterstützungsmöglichkeiten: Einerseits kooperieren sie mit Hochschulen im Ausland, die dann beispielsweise die Studiengebühren erlassen. Andererseits bieten sie Stipendien über den Deutschen Akademischen Austauschdienst an, die Teile der Reise- und Lebenskosten abdecken. "Trotzdem sind Auslandsaufenthalte, etwa in den USA, mit horrenden Kosten verbunden", sagt Neuenhofer von der TH Köln. Um auch denjenigen internationalen Austausch zu ermöglichen, die sich kein vollständiges Semester im Ausland leisten können, nimmt die TH Köln jedes Jahr an der "International Civil Engineering Week" teil. Hier verbringen Studierende aus den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Dänemark, Schottland und Deutschland eine Woche an einer der Partnerhochschulen. Während dieser Zeit lernen sie nicht nur die Kultur der anderen kennen, sondern tauschen auch Fachwissen aus, etwa zu verschiedenen Bauweisen. Im Jahr 2019 ging es für rund 100 Studierende an die Technische Hochschule nach Kopenhagen. Einen ganzen Tag lang waren die Teilnehmenden mit Fahrrädern unterwegs – und haben viele neue Impulse für die deutsche Verkehrsplanung bekommen.

Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Immobilien Zeitung

Flexible Arbeitszeiten beugen Quiet Quitting vor

Wer sich die Arbeit eigenständig einteilen kann, bleibt länger motiviert.

Wer sich die Arbeit eigenständig einteilen kann, bleibt länger motiviert.

Quelle: stock.adobe.com, Urheberin: Kirsten Davis/peopleimages.com

Karriere 26.01.2023
Das Prinzip Dienst nach Vorschrift ist ein alter Hut. Doch jetzt gibt es dafür ein modernes Wort, das aus den sozialen Medien kommt: Quiet Quitting. Der Begriff suggeriert, dass vor allem ... 

Das Prinzip Dienst nach Vorschrift ist ein alter Hut. Doch jetzt gibt es dafür ein modernes Wort, das aus den sozialen Medien kommt: Quiet Quitting. Der Begriff suggeriert, dass vor allem die junge Generation nicht immer bereit ist, die Extrameile zu gehen. Dabei hängt sich der Nachwuchs durchaus rein – aber nur, wenn es einen passenden Ausgleich gibt.

Es ist das HR-Buzzword der Stunde: Quiet Quitting. Übersetzt lautet der Begriff "stille Verabschiedung" und bedeutet, dass Angestellte etwa nur noch das Nötige tun und sich leise vom Schreibtisch entfernen, sobald die Arbeitszeit endet. Die neue Beschreibung dessen, was früher Dienst nach Vorschrift hieß, entstammt der Videoplattform Tiktok. Nun bahnt sich der Begriff seinen Weg durch die internationale Medienwelt. Der Tiktoker Zaid Leppelin, wie er sich auf der Plattform nennt, hat im Sommer ein Video veröffentlicht, in dem er für eine Reform der Arbeit plädiert: Statt Teil der "Hustle-Kultur" zu sein, in der es nur ein Höher, Schneller, Weiter gibt, achten Quiet Quitter darauf, dass sie ihr Leben nicht vom Job bestimmen lassen. Einer halben Million Menschen gefiel das Video, in den fast 5.000 Kommentaren waren sich viele Tiktok-Nutzer einig: Über Gebühr zu arbeiten bringt vor allem eins – Stress. Und den will keiner.

Ziele motivieren mehr als Stundenvorgaben

Die Extrameile, die früher zum guten Ton in der Arbeitswelt gehörte, scheint nach weitläufiger Meinung – vor allem bei der jungen Generation – längst nicht mehr Teil der Karriereplanung zu sein. Ein Blick in die Immobilienbranche zeigt jedoch, dass Quiet Quitting vor allem eins ist: ein medialer Hype. Ein tatsächlich schrumpfendes Engagement stellt dort kaum jemand fest.

Svetlana Stockmann, Personalchefin des Immobilienunternehmens Ziegert-Gruppe, hat im vergangenen Jahr rund hundert Mitarbeiter eingestellt. Mehr als die Hälfte von ihnen war jünger als 30 Jahre. "Ich mag den Begriff Quiet Quitting überhaupt nicht", sagt Stockmann. "Er legt den Fokus auf ein Defizit, nämlich darauf, dass junge Menschen weniger Einsatz zeigen." Sie beobachtet zwar, dass sich die Einstellung des Nachwuchses von der älterer Generationen unterscheidet. Doch der Paradigmenwechsel tue der meist konservativ geprägten Branche gut, findet Stockmann. "Die Generation Z legt Wert auf ihre Freizeit. Dem müssen Arbeitgeber Rechnung tragen", sagt die Personalchefin. Bei der Ziegert-Gruppe heißt das: Homeoffice und Teilzeitangebote gehören zum Standard-Repertoire. Führungskräfte dürfen selbst entscheiden, wie sie die Anwesenheitspflicht ihrer Teams regeln. Und: Es gilt Vertrauensarbeitszeit. Statt eine vorgegebene Stundenzahl bis Dienstende am Schreibtisch abzusitzen, geben konkrete Zielvereinbarungen das Pensum vor. "Wer sich mit seinen Zielen identifizieren kann, hängt sich beruflich rein", beobachtet Stockmann. Es geht beim Quiet Quitting nämlich nicht darum, sich generell Überstunden zu verweigern, sondern darum, einen Ausgleich für Mehrarbeit an anderer Stelle einzufordern.

Auch Alexander Dahmen, Managing Director der Personalberatung Leaderslead Advisory, berichtet: Young Professionals haben andere Werte als ihre älteren Kollegen. Im Homeoffice zu arbeiten sei für viele junge Talente zum Standard geworden, sagt er. Wer fünf Tage Präsenz im Büro einfordert, dürfte es beim Nachwuchs also schwer haben. Ist der Arbeitgeber grundsätzlich bereit, den Wünschen seiner Mitarbeiter entgegenzukommen – nämlich Arbeit und Freizeit gut zu vereinbaren –, darf er im Gegenzug aber durchaus Leistung erwarten. "Nach wie vor gilt das ungeschriebene Gesetz, dass sich Arbeitnehmer auch über die geregelte Arbeitszeit hinaus für das Unternehmen einsetzen", sagt Dahmen. Dabei kommt es darauf an, dass stressige Arbeitsphasen ausgeglichen werden, etwa durch zusätzliche Urlaubstage oder den klassischen Abbau von Überstunden. "Die Attraktivität eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab, wie flexibel die Arbeitszeit gehandhabt wird", sagt Dahmen und spricht von einem "Geben und Nehmen".

Fordern Arbeitgeber nur ein, sinkt die Motivation ihrer Mitarbeiter. Dann zeigt sich unter Umständen die große Schwester des Quiet Quitting: die innere Kündigung. Während Quiet Quitter motiviert ihre Aufgaben erledigen, aber darauf achten, genügend Zeit für Freunde und Familie zu haben, geben innere Kündiger auf. Sie haben gedanklich mit dem Job abgeschlossen, sitzen ihre Zeit ab und erbringen nicht mehr die Leistung, die der Arbeitgeber von ihnen erwartet.

"Quiet Quitter sind nicht automatisch unzufrieden mit ihrem Job", erklärt Laura Venz, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Leuphana-Universität in Lüneburg. "Sie wollen aber nicht mehr leisten, als sie müssen." Auch wenn Quiet Quitter ihren Arbeitsplatz wechseln, bleiben sie wahrscheinlich bei ihrer Einstellung. Nicht so die inneren Kündiger: Wer von ihnen den Wechsel wagt, arbeitet danach meist wieder voller Elan und – wenn nötig – auch über Gebühr, wenn der Job für sie attraktiv ist.

Damit es gar nicht erst zur Kündigung kommt, können Arbeitgeber an einigen Stellschrauben drehen. "Achten Sie auf die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter, auch im Homeoffice", rät Venz. Die Arbeitslast sollte von einer Person zu bewältigen sein. Und: Führungskräfte sollten ihre Erwartungen klar kommunizieren. "Studien haben gezeigt, dass Arbeitnehmer im Homeoffice abends das Gefühl haben, erreichbar sein zu müssen. Sie denken, der Arbeitgeber erwartet das, da sie ja nicht im Büro präsent sind", sagt Venz. Diesen Eindruck gilt es klar zu revidieren. Auch eine Befragung oder der direkte Dialog können helfen: Wie geht es den Kollegen? Was haben sie für Bedürfnisse? Denn auch ein offenes Gespräch ist Teil des Gebens und Nehmens.
Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich