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Baumenschen haben ein schlechtes Gewissen

Jürgen Schneider erzählt in der Kanzlei Cäsar-Preller in Wiesbaden, das Publikum lauscht.

Jürgen Schneider erzählt in der Kanzlei Cäsar-Preller in Wiesbaden, das Publikum lauscht.

Bild: cvs

Karriere 04.07.2013
Wenn Jürgen Schneider auftaucht, soll er natürlich nicht nur Anekdoten aus seinem Leben erzählen. Dafür gibt es ja sein Buch. Also spricht der einstige Entwickler auch über seine Vorbilder ... 

Wenn Jürgen Schneider auftaucht, soll er natürlich nicht nur Anekdoten aus seinem Leben erzählen. Dafür gibt es ja sein Buch. Also spricht der einstige Entwickler auch über seine Vorbilder und äußert sich zum aktuellen Wirtschaftsleben. Bericht von einem Kamingespräch in Wiesbaden.

Die Villa Uhlandstraße 4 in Wiesbaden war einmal Sitz des hessischen Datenschutzbeauftragten. Im vergangenen Jahr kaufte die u.a. auf Bau- und Architektenrecht spezialisierte Anwaltskanzlei Cäsar-Preller das spitzgieblige Gebäude, das ein wenig an die Villa Andreae in Königstein erinnert, in der der Gast des Abends seinerzeit den Banken Milliarden aus dem Kreuz leierte. Das Ehepaar Cäsar-Preller nutzt die "Villa Justitia" nicht nur als Kanzlei, sondern veranstaltet dort auch Kabarettabende, Ausstellungen und Lesungen. Am 26. Juni nahm Jürgen Schneider zum Kamingespräch Platz. Der Eintritt kostete 17 Euro.

Vor etwa 50 Zuhörern gab der größte Pleitier der deutschen Immobiliengeschichte einige schöne Anekdoten aus seinem prallgefüllten Berufsleben zum Besten, darunter die von der Grundsteinlegung des Bernheimer Palais in München. Für dessen Sanierung gab ihm die Deutsche Bank angeblich 490 Mio. D-Mark, obwohl Schneider in den Kreditunterlagen zwei Geschosse eingezeichnet hatte, die erkennbar nie gebaut wurden. Als bei der Zeremonie die Reihe der Redner an ihn kam, nahm Schneider das Geld, das er in der Tasche hatte, es waren 250 Mark, und legte es zu den Zeitungen, die nach altem Brauch in einen Metallbehälter geschweißt und eingemauert wurden. "Das ist mein Eigenkapital", sagte er. Was die meisten für einen Witz hielten, war tatsächlich wahr. Das wussten allerdings nur Schneider und die Deutsche Bank.

Sein Vater hielt ihn für ein "Weichei"

Schneider, der nächstes Jahr 80 Jahre alt wird, erzählte, wie er im Schülertheater Diogenes in der Tonne spielte und dabei lernte, seine Auftrittsangst zu überwinden. Sein Vater, ein bedeutender hessischer Bauunternehmer, habe ihn wegen seiner Schüchternheit (und vielleicht auch weil er Theater spielte) für ein "Weichei" gehalten. Die Auftritte des Sohnes vor Gericht hätten den greisen Vater am Ende allerdings mit Stolz erfüllt. Er habe sich alle Zeitungsberichte über das Verfahren vorlesen lassen. "Bevor er gestorben ist, gab er mir die Hand und sagte: ,Ist schon alles ok'."

Schneider wurde am 23. Dezember 1997 wegen Betrugs zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Zuvor hatte er bei 55 Banken rund 6 Mrd. D-Mark Kapital für Bauprojekte eingesammelt und dabei zum Teil gefälschte Bauunterlagen und Mietverträge vorgelegt. Schneider arbeitete mit der Methode der Überfinanzierung, d.h. er lieh sich mehr Geld, als er für Kauf und Umbau eines Gebäudes brauchte. Das ging, weil die Banken zukünftige Werte beliehen. Auf seinem Festgeldkonto sammelten sich auf diese Weise angeblich 750 Mio. D-Mark an.

Schneider und die Banken, das ist ein Kapitel für sich. In der Pause erzählte der 79-Jährige, wie die Deutsche Bank ihn habe überreden wollen, seine Projekte über geschlossene Fonds zu finanzieren. Es war die Zeit, als Anno August Jagdfeld begann, mit seinem Hotel-Adlon-Projekt für Furore zu sorgen. Er habe Ärger mit Kleinanlegern gefürchtet, so Schneider. Seine Meinung zu geschlossenen Fonds: "Wenn Große Kleinen etwas aufschwatzen, was diese nicht verstehen, erachte ich das als Betrug." Jagdfeld selbst hält er gleichwohl für einen "guten Mann".

Der Vater, "mein Vorbild", seine Frau, "meine Beschützerin". Schneider setzte nicht nur sich, sondern auch den beiden Menschen, die ihm wohl am nächsten standen bzw. stehen, ein Denkmal. Und seinem Richter Heinrich Gehrke. "Ohne ihn wäre ich heute ein gebrochener Mann." Und ohne Pleite wahrscheinlich schon nicht mehr am Leben. "Ich hätte mich totgearbeitet", sagt er rückblickend auf die Zeit vor seiner Flucht nach Florida, wo er am 19. Mai 1995 von FBI-Beamten verhaftet wurde. Bis zu seiner Flucht habe er nur vier Stunden am Tag geschlafen. Sein Blutdruck war auf 220. "Meiner Frau habe ich versprochen, dass ich keinen Backstein mehr anfasse."

Sein Rat: Große Projekte direkt an den Vorstand

So ganz kann die Katze das Mausen aber nicht lassen. Jürgen Schneider berät heute "etwa zehn Klienten" aus dem Mittelstand, denen er zeigt, wie man einen Kreditantrag für ein Bauvorhaben "schön lecker" aussehen lässt. Dass sie von Schneider gebrieft werden, behalten die Kunden für sich. "Würden die sagen, dass sie von mir beraten werden, würde die Bank die Kalaschnikow rausholen."

Die Bemühungen, die Banken unter eine strenge Kontrolle des Staates zu stellen, begrüßt er, verspricht sich aber nicht allzu viel davon. "Banken sind schlau und haben Riesenapparate. Die werden Wege finden, das zu umgehen." Immobilienleuten mit großen Ideen und großem Kapitalbedarf rät er, sich nicht mit Sachbearbeitern aufzuhalten, sondern ihre Projekte wenn möglich direkt an den Vorstand zu bringen. "So habe ich das auch gemacht." Banken seien heute wie früher "hierarchisch" aufgebaut. Habe man den Chef überzeugt, würden die "Genehmigungen nach unten durchgereicht". Niemand traue sich dann mehr, das Votum von ganz oben infrage zu stellen.

Das Publikum schien den Abend mit Jürgen Schneider sehr zu genießen. "Sie sind sooo intelligent", sagte eine Dame im Publikum voller Bewunderung. Eine andere wollte wissen, ob er denn nie ein schlechtes Gewissen fühlte. Schneiders Antwort: "Einen Baumenschen ohne schlechtes Gewissen, das gibt es nicht."

Christoph von Schwanenflug

Jagdfeld kämpft beim Adlon-Fonds gegen seine Entmachtung

Das Hotel Adlon in Berlin.

Das Hotel Adlon in Berlin.

Bild: Hotel Adlon Kempinski

Köpfe 19.07.2011
Fünf Wochen vor der Gesellschafterversammlung des Fundus-Fonds 31 (Hotel Adlon) in Berlin kommt Anno August Jagdfeld, Gründer des Emissionshauses Fundus Fonds-Verwaltungen und ... 
Fünf Wochen vor der Gesellschafterversammlung des Fundus-Fonds 31 (Hotel Adlon) in Berlin kommt Anno August Jagdfeld, Gründer des Emissionshauses Fundus Fonds-Verwaltungen und Geschäftsführer des Adlon-Fonds, aus der Deckung. Nachdem eine Anleger-Initiative unter Führung des Berliner Rechtsanwalts Thomas A. Fritsch angekündigt hatte, Jagdfeld aus der Geschäftsführung des Fonds wählen zu wollen, kündigt dieser nun eine Reihe von Vorab-Informationsveranstaltungen an.

Bei diesen, so teilte der 64-Jährige heute mit, wolle er den 4.400 Anlegern darlegen, welche Folgen seine Abwahl als Geschäftsführer hätte. Nach seiner Darstellung wären diese fatal. Er begründet diese Einschätzung damit, dass an seiner Stelle eine GmbH installiert werden solle, die mit lediglich 25.000 Euro haftet. Er selbst hingegen sei persönlich haftender Gesellschafter des Fonds. Für die Anleger änderte das bislang allerdings nichts daran, dass sie zuletzt meist keinerlei Ausschüttung bekamen. Immerhin: Den Kassenstand des Fonds gibt Jagdfeld mit aktuell mehr als 15 Mio. Euro an.

Der Unternehmenschef fährt schwere Geschütze gegen Fritsch auf. "Mit objektiven Falschbehauptungen und gezielten Irreführungen hat Herr Fritsch etliche Adlon-Anleger erheblich verunsichert", heißt es. "Viele haben das zwar inzwischen durchschaut. Diese Verunsicherung möchte ich aber allen Anlegern auf den Informationsveranstaltungen nehmen.“

Fritsch war heute nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. In Medienberichten hatte er sich zuletzt zuversichtlich geäußert, bei der Gesellschafterversammlung am 26. August 2011 im Adlon-Hotel eine Mehrheit für die Abwahl Jagdfelds zusammenzubekommen. Als Ersatz stehen nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Burkhard Grunzke, der Chef des Best Western Hotels in der Berliner Kantstraße, und der Diplom-Kaufmann Dietmar Thiele bereit.

Bernhard Bomke