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Bilfinger bittet Koch, Bodner, Keysberg & Co. zur Kasse

Ex-Vorstandsvorsitzender Roland Koch ist beileibe nicht das einzige ehemalige Bilfinger-Vorstandsmitglied, das demnächst unerwünschte Post bekommen dürfte.

Ex-Vorstandsvorsitzender Roland Koch ist beileibe nicht das einzige ehemalige Bilfinger-Vorstandsmitglied, das demnächst unerwünschte Post bekommen dürfte.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Frank Boxler

Karriere 21.02.2018
Zwölf ehemalige Vorstandsmitglieder des früheren Bau- und Immobiliendienstleisters Bilfinger bekommen voraussichtlich in den nächsten Wochen unangenehme Post: Ihnen sollen Schreiben mit ... 

Zwölf ehemalige Vorstandsmitglieder des früheren Bau- und Immobiliendienstleisters Bilfinger bekommen voraussichtlich in den nächsten Wochen unangenehme Post: Ihnen sollen Schreiben mit Schadensersatzansprüchen ihres ehemaligen Arbeitgebers zugehen. Der börsennotierte Konzern aus Mannheim, der heute nur noch Geschäfte als Industriedienstleister macht, hat gestern die Öffentlichkeit darüber informiert, Pflichtverletzungen bestimmter Ex-Vorstände u.a. in Sachen Compliance ausgemacht zu haben.

Unter den ehemaligen Vorständen, denen der Bilfinger-Aufsichtsrat bzw. die mit der Untersuchung beauftragte Kanzlei Linklaters Pflichtverletzungen bei der "Implementierung eines ordnungsgemäßen Compliance-Managment-Systems" bzw. im Kontekt von "M&A-Projekten" vorwirft, befinden sich zwei Ex-Vorstandsvorsitzende und zehn gewöhnliche Vorstandsmitglieder.

Nicht nur Koch und Bodner im Visier

Namentlich handelt es sich nach Informationen der Immobilien Zeitung um folgende zwölf Herren: die beiden Ex-Vorstandschefs Roland Koch, der von 2011 bis 2014 am Steuer saß, und Herbert Bodner (er amtierte von 1999 bis 2011 bzw. 2014/2015). Außerdem fallen in Marktkreisen mit Blick auf die angemeldeten Schadensersatzansprüche diese Namen: Helmut Schetter, Jürgen M. Schneider, Joachim Ott, Kenneth Dickson Reid, Klaus Raps, Joachim Müller, Thomas Töpfer, Joachim Enenkel, Pieter Koolen und Jochen Keysberg. Letzterer ist heute der Chef des mittlerweile von Bilfinger verkauften und umbenannten Immobiliendienstleisters Apleona.

Bilfinger selbst spricht in einer am gestrigen späten Nachmittag veröffentlichten Mitteilung nur von ehemaligen Vorstandsmitgliedern, die zwischen 2006 und 2015 im Amt waren, aber noch vor 2015 in den Vorstand eingetreten sind. Keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen haben die im März 2016 eingeleiteten Untersuchungen demnach bei den Ex-Vorständen Per Utnegaard (Vorstandschef 2015/2016), Axel Salzmann (er war 2015/2016 CFO) und Michael Bernhardt (seit 2015 im Vorstand) ergeben.

Vorwürfe reichen in Bauvergangenheit zurück

Die Vorwürfe an die Adresse der anderen zwölf Ex-Vorstände reichen auch in die Bauvergangenheit des Konzerns zurück und lassen sich dem Vernehmen nach etwa wie folgt zusammenfassen: Erst gab es gar kein Compliance-System - und später wurde (zunächst) kein effektives aufgebaut. Die Schatten der Vergangenheit verfolgen Bilfinger bis heute. Weil Bilfinger z.B. in Nigeria in einen Korruptionsfall verwickelt war, musste das Unternehmen 32 Mio. Dollar Strafe zahlen und wurde unter Aufsicht des US-Justizministeriums gestellt. Diese wurde später verlängert, weil Bilfinger die Auflagen nicht erfüllte. Schmiergeldvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe eines Auftrags im Umfeld der Fußball-WM 2014 in Brasilien führten dazu, dass die Übernahme einer Firma später rückabgewickelt wurde. Dabei sei zum Zeitpunkt dieser Übernahme bereits ein Compliance-System installiert gewesen - nur habe dieses nicht gegriffen, heißt es.

Bilfinger will Schaden von ca. 100 Mio. Euro erlitten haben

Der "erstattungsfähige Schaden", den Bilfinger durch die Pflichtverstöße erlitten haben will, soll bei um die 100 Mio. Euro liegen. Wie groß er genau ist und ob sich die Schadensersatzansprüche auch durchsetzen lassen, stehe noch nicht fest, so Bilfinger. Auch steht noch eine Entscheidung darüber aus, welcher Ex-Vorstand in welcher konkreten Höhe zur Kasse gebeten wird. Diese Entscheidung soll jedoch bereits in den nächsten Wochen fallen, so ist zu hören. Die genannten Herren sollen dann direkt per Post erfahren, für wie groß ihr jeweiliger Anteil an dem ausgemachten Schaden befunden wird.

Roland Koch ist sich keiner Schuld bewusst

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch, der seit einem guten Jahr dem Stiftungsrat des Gebäudedienstleisters Dussmann Group angehört, hat bereits auf die Ankündigung seines Ex-Arbeitgebers geantwortet: "Mit Befremden" habe er auf den Beschluss des Bilfinger-Aufsichtsrats reagiert, "gegen ganze Generationen von früheren Bilfinger-Vorständen aktiv zu werden", ließ Koch durch seinen Sprecher Dirk Metz wissen. "Koch ist sich keinerlei Schuld bewusst und verweist darauf, dass das Unternehmen über dreieinhalb Jahre hinweg keinen einzigen konkreten Vorwurf erhoben habe", so sein Sprecher.

Harald Thomeczek