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Es gibt immer mehr Chefs und Chefinnen

Zusätzliche Köpfe bringen zusätzliche Kompetenzen in die Vorstände.

Zusätzliche Köpfe bringen zusätzliche Kompetenzen in die Vorstände.

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Karriere 26.10.2023
Unternehmen aus unterschiedlichen Segmenten der Immobilienwirtschaft haben ihre Vorstände aufgestockt. So bringen sie zusätzliche Kompetenzen in die obersten Führungsebenen und locken ... 

Unternehmen aus unterschiedlichen Segmenten der Immobilienwirtschaft haben ihre Vorstände aufgestockt. So bringen sie zusätzliche Kompetenzen in die obersten Führungsebenen und locken geeignete Kandidaten für verantwortungsvolle Rollen zu sich.

Mit 69.588 Neueintritten in den C-Leveln belegte die Grundstücks- und Wohnungswirtschaft 2022 branchenübergreifend den zweiten Platz im Ranking um die meisten Neueinstellungen von Führungskräften. Einzig bei den Unternehmensberatungen sind noch mehr Manager innerhalb von zwölf Monaten hinzugekommen. Das geht aus Zahlen des Handelsregisters hervor, die die Onlineplattform Databyte jährlich für ihre Statistiken auswertet.

Im Grundstücks- und Wohnungswesen standen den Neueintritten in die Geschäftsführungen 2022 nur 33.175 Austritte gegenüber. Es sind also mehr als doppelt so viele Personen auf dieser Ebene hinzugekommen, als sie verlassen haben. Das Phänomen der vergrößerten Führungsebene zieht sich auch durch andere Segmente der Immobilienwirtschaft.

Die Langzeitbeobachtung zeigt, dass v.a. die Maklerhäuser ihre Führungsriegen in den vergangenen Jahren ausgebaut haben. Waren es 2020 bei Wohn- und Gewerbemaklern noch je knapp unter 600 Eintritte in die Geschäftsführungen, kamen die Wohnungsmakler 2022 auf fast 2.400 Neuzugänge in den Chefetagen, die Gewerbemakler auf rund 1.160. Dem standen 771 Abgänge im Bereich Wohnen und 714 im Segment Gewerbe gegenüber.

Das entspricht einem Überschuss von etwa 1.600 beziehungsweise rund 430 C-Level-Positionen, die entstanden sind. Bei den Immobilienverwaltern für alle Assetklassen gibt es den Zahlen zufolge allein im ersten Halbjahr 2023 ein Plus von mehr als 7.000 bei Geschäftsführerpositionen.

Dass Führungsriegen umsortiert und dabei verbreitert werden, beobachtet auch Kathrin von Hardenberg. Sie ist Managing Director der Personalberatung Indigo Headhunters und liest aus ihren Aufträgen heraus, dass Unternehmen in den vergangenen Monaten andere Kompetenzen in die Vorstände miteinbringen wollten als in der Vergangenheit. "Wir haben viele Führungskräfte, die erst wenige Jahre in leitender Position sind", bezieht sie sich neben den Maklerhäusern auch auf andere Sparten der Branche. "Sie sind während der wirtschaftlichen Wachstumsphase in die Rolle hineingewachsen und haben keine Erfahrung mit Krisensituationen", sagt von Hardenberg.

Neue Aufgabenbereiche auf den Vorstandsebenen

Um diese fehlende Erfahrung von jungen Kräften auszugleichen, verstärken die Unternehmen nun ihre Führungsetagen, um Kapazitäten für weitere Zuständigkeiten zu gewinnen. "Teams müssen zum Teil neu aufgestellt werden und Aufgaben werden anders auf bestehende Mitarbeiterressourcen verteilt. Im Investmentbereich werden derzeit weniger Kapazitäten gebraucht als im Asset-Management. Hier müssen Führungskräfte intern schauen, wie sie Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche umverlagern können, sodass niemand unter- oder überfordert ist. Um so etwas tun zu können, muss eine Führungskraft die Zusammensetzungen der Teams analysieren, verschiedene Szenarien entwickeln und antizipieren können, was in der Zukunft gefordert ist." Dabei nehme die Headhunterin eine zunehmende Offenheit wahr, bei der Kandidatenwahl "in die seniorigere Schublade zu greifen", und das in allen Segmenten.

Für Headhunterin Alice Fontana, die als Managing Partner der Personalberatung Bohill Partners vor allem Stellen in der deutschen Immobilienwirtschaft besetzt, spielt auch die Neupositionierung einiger Unternehmen eine Rolle bei der Schaffung von zusätzlichen Führungspositionen. Weil sich Unternehmen diversifizieren wollen, suchen sie gezielt nach Kandidaten, die Kenntnisse zu Asset- und Nutzungsklassen mitbringen, die es in der bestehenden Belegschaft noch nicht gibt und die kurzfristig nicht aufgebaut werden können. Geeignete Kandidaten lassen sich aber oft nur mit einem Karrieresprung locken und sind nur bereit, ihren bestehenden Job aufzugeben, wenn sie durch einen Wechsel in eine höhere Leitungsfunktion aufsteigen.

Um sich bei strategischen Plänen um den Ausbau von Geschäftsfeldern nicht in die Karten schauen zu lassen, laufen diese Besetzungen meist unter der Hand über das eigene Netzwerk oder mithilfe von Headhuntern ab. Bei der Auswahl von Bewerbern legen die Unternehmen extremen Wert auf die Passgenauigkeit. "Eine Entscheidung wird oft erst nach mehreren Gesprächsrunden gefällt. Dadurch laufen die Recruiting-Prozesse sehr langsam ab", sagt Fontana und begründet: "Wer eine neue Strategie wagt, darf sich keinen Fehler erlauben."

Janina Stadel

Wie Headhunter auf Personaljagd gehen

Auf der Suche nach Fachkräften greifen immer mehr Unternehmen auf Headhunter zurück.

Auf der Suche nach Fachkräften greifen immer mehr Unternehmen auf Headhunter zurück.

Quelle: iStock.com, Urheber: Nuthawut Somsuk

Karriere 04.11.2021
"Wir suchen auch Leute" ? die Schwierigkeiten bei der Besetzung von freien Positionen ist bei fast jedem Branchentreffen derzeit Thema. Wenn Unternehmen keine geeigneten Kandidaten für ... 

"Wir suchen auch Leute" ? die Schwierigkeiten bei der Besetzung von freien Positionen ist bei fast jedem Branchentreffen derzeit Thema. Wenn Unternehmen keine geeigneten Kandidaten für offene Stellen finden, können Headhunter die Lösung sein. Für die Jagd nach Fach- und Führungskräften haben diese sich oft über Jahre ein Netzwerk aufgebaut ? und sie können nötigenfalls für Geheimhaltung sorgen.

Eine aus der Headhunter-Riege ist Kathrin von Hardenberg. Ihre stärkste Waffe ist ihr Netzwerk aus persönlichen Kontakten. Doch das konnte sie in den vergangenen zwei Jahren nur eingeschränkt nutzen. Entsprechend heiß war die Gründerin und Geschäftspartnerin von Indigo Headhunters auf die Immobilienmesse Expo Real. Dort hat sie sich unters Volk gemischt und ihre Kontakte zu Auftraggebern und Immobilienexperten, die sie selbst schon einmal vermittelt hat, vertieft. "Auf diese Leute greife ich zurück, wenn ich Informationen oder Einschätzungen zu einem Kandidaten brauche, den ich ins Visier genommen habe", erklärt sie.

Seit mehr als 20 Jahren durchkämmt sie die Büroetagen der Immobilienbranche nach Top-Level-Kandidaten. Sie hat eine eigene Datenbank aufgebaut, die von der hauseigenen Researchabteilung ständig mit Erkenntnissen aus der Presse, von Webseiten und aus den Social-Media-Profilen der Immobilienprofis bestückt wird.

Allein auf Informationen aus dem Netz kann sich von Hardenberg nicht verlassen, weiß sie. Zwar legen geeignete Kandidaten ihre Lebensläufe und Updates zu erfolgreichen Projekten in Businessnetzwerken wie LinkedIn und Xing regelrecht auf den Präsentierteller, doch als Headhunterin muss von Hardenberg vorsichtig sein, welche Beiträge sie online anklickt. "Zu groß ist die Gefahr, dass ein Kandidat mitbekommt, dass ich sein Profil besucht habe", sagt sie. Denn damit die Personaljäger an ungefilterte Empfehlungen kommen, dürfen die Kandidaten von den Recherchen im Hintergrund nichts wissen.

Auf die Kontaktaufnahme reagieren viele positiv

Gut für von Hardenberg ist: Die Fülle an Online-Stellenausschreibungen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Durch dieses "Überangebot", wie von Hardenberg es nennt, springen vielen Interessenten die Anzeigen nicht mehr ins Auge. Aus Erfahrung weiß sie: "Direktnachrichten auf LinkedIn und Co halten einige für unseriöse Werbung." Von Hardenberg nimmt deshalb telefonisch Kontakt zu ihren Favoriten auf. Und die reagieren meistens positiv. "Es gibt viele Wechselwillige, die sich nicht von selbst bewerben. Das liegt daran, dass die Branche gut vernetzt ist und sie immer die Gefahr sehen, dass der eigene Arbeitgeber von einer Bewerbung beim Mitbewerber Wind bekommen könnte", lautet ihre Erklärung.

Das Netzwerk bestimmt auch bei Alice Fontana das Revier. Sie ist Managing Partnerin bei Bohill Partners und sucht im deutschsprachigen Raum nach Immobilienprofis für Unternehmen in ganz Europa. "Ich habe schon einige Köpfe nach London versetzt", sagt sie. Der Brexit habe die Bereitschaft der Deutschen, beruflich nach Großbritannien zu gehen, kaum gedämpft, bei vielen Unternehmen aber ein Umdenken ausgelöst. Diese versuchen "zu dezentralisieren" und setzen weniger auf große Headquarter in der Finanzmetropole.

Stattdessen bekommt Fontana immer häufiger Aufträge, Personal für neue Niederlassungen in Amsterdam oder Frankreich zu suchen. Von diesen Standorten muss sie ihre Kandidaten überzeugen. "Bei einem Wechsel – egal ob von Deutschland nach London oder von München nach Hamburg – handelt es sich für den Kandidaten und seine gesamte Familie immer um ein einschneidendes Ereignis", betont Fontana. Ortskenntnis in allen großen europäischen Städten sei deshalb ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Manchem hat sie schon bei der Suche nach einer Schule für die Kinder und bei der Wahl eines Stadtteils für den Umzug geholfen.

Auf dem regionalen Markt sucht von Kiel aus Personalberater Frank Groß, Inhaber von Immopersonal Consulting, nach Immobilienexperten für seine Kunden. Er ist sich sicher, durch die örtliche Eingrenzung den Markt und seine Talente bis ins Detail zu kennen – und das verlangten seine Kunden inzwischen verstärkt. Sie achten laut Groß genau darauf, dass die ausgesuchten Kandidaten auch charakterlich in ihr Unternehmen passen, etwa in die Hierarchiestruktur und zur Unternehmensphilosophie. "Diese letzten zehn Prozent, also alles, was mit dem Charakter zu tun hat, gewinnen immer mehr an Bedeutung", betont er. Er sehe außerdem, dass seine Auftraggeber den Personalberater nicht nur als reine Suchmaschine sehen, sondern als Experten für ganzheitliche Personalstrategien. Nicht selten erstelle er mit Kunden Langzeitkonzepte für Personalangelegenheiten und ganze Besetzungsstrategien oder Employer-Branding-Kampagnen.


"In der Immobilienbranche gibt es viele mittelständische Unternehmen mit kleinen Personalabteilungen. Denen müssen wir als Personalberater den Rücken freihalten", bestätigt Sascha Köneke, Senior Consultant bei Westwind Real Estate Executive Search. Seine Expertise sei beim aktuellen Fachkräftemangel besonders gefragt, denn durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Unternehmen und seinen ständigen Marktbeobachtungen kenne er einige Tricks, wie er auf ungewöhnlichen Wegen an qualifiziertes Personal komme. Seine Auftraggeber müssen dafür jedoch bereit sein, Kompromisse beim Kandidatenprofil einzugehen, meint Köneke. Wie das aussehen kann, beschreibt er an einem Beispiel: Auf der Suche nach Transaktionsmanagern für einen Kunden aus dem Bereich Microliving hat er vor einiger Zeit Experten aus dem Hotelbereich vermittelt. "Und das hat nach kurzer Anlaufphase gut funktioniert", sagt der Berater.

Veränderte Aufgaben sind bei von Hardenberg ein beliebtes Lockmittel. "Neue Rollen und mehr Verantwortung im Job ist etwas, was sich viele in der Branche wünschen. Wenn sich ein Aufstieg auf der Karrieretreppe anbahnt, sind viele bereit, die eigene Position zu überdenken", sagt sie. Einige Kandidaten laden die Headhunter dafür zu regelrechten Blinddates ein. Denn häufig dürfen von Hardenberg und ihre Berufskollegen bei der ersten Kontaktaufnahme nicht verraten, für wen sie auf der Suche sind. Köneke begründet das damit, dass sich nicht herumsprechen soll, in welchem Unternehmen eine Position vakant ist. "Je nach Stelle spreche ich 30 bis 40 Personen an, bevor ich einen einzigen Kandidaten vorschlage."

Bis jemand wirklich an einem neuen Schreibtisch sitzt, können dadurch mehrere Monate ins Land gehen. Etwa ein Vierteljahr planen die Headhunter für ihre Recherchen und die ersten Kontaktaufnahmen ein, bevor sie ihren Kunden die Favoriten präsentieren. "Und nach den Verhandlungen über den Arbeitsvertrag kommt noch die Kündigungsfrist beim alten Arbeitgeber hinzu. Gerade in Deutschland ist sie oft lang, drei bis sechs Monate zum Quartalsende sind gängig", muss Fontana ihren Kunden immer wieder vorrechnen.

30% vom Jahresgehalt kostet ein Headhunter im Branchenschnitt

Eine Rechnung für ihre Leistungen wird bei den meisten Personalsuchern erst fällig, wenn der Kandidat einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Die Summe richtet sich dabei in der Regel nach dem Jahresgehalt der zu besetzenden Stelle. "Im Branchenschnitt sind das 30%", sagt Köneke. Nicht zuletzt deshalb lehnen viele Headhunter Suchaufträge für Positionen mit einem Jahresgehalt unter 50.000 Euro ab. Für viele zusätzliche Beratungsleistungen nimmt Köneke von seinen Stammkunden keinen zusätzlichen Aufschlag, meint er. Obwohl es für ihn und seine Kollegen dazugehört, mindestens bis zum Ende der Probezeit noch Ansprechpartner für den Auftraggeber und seinen neuen Mitarbeiter zu bleiben und zu vermitteln oder zu beraten, falls es während der Einarbeitung zu Problemen kommt. Köneke warnt: "Schließlich besteht immer die Gefahr, dass sie vom nächsten Headhunter wieder abgeworben werden."

Janina Stadel

ESG-Experten haben viele Gesichter

V.l.n.r.: Giulia Peretti (Real I.S.), Marco Helbig (IC Immobilien), Madlen Fiedler (Hansainvest Real Assets), Werner Harteis (Wealthcap) und Viola Joncic (Commerz Real).

V.l.n.r.: Giulia Peretti (Real I.S.), Marco Helbig (IC Immobilien), Madlen Fiedler (Hansainvest Real Assets), Werner Harteis (Wealthcap) und Viola Joncic (Commerz Real).

Bildquellen: Real I.S., IC Immobilien, Hansainvest Real Assets, Wealthcap, Commerz Real

Karriere 29.07.2021
Ob Offenlegungsverordnung, EU-Taxonomie oder Green-Finance-Anforderungen: Die ESG-Regulatorik verschont die Immobilienbranche nicht. Anleger geben den Druck, den die europäischen ... 

Ob Offenlegungsverordnung, EU-Taxonomie oder Green-Finance-Anforderungen: Die ESG-Regulatorik verschont die Immobilienbranche nicht. Anleger geben den Druck, den die europäischen Regulatoren entfachen, direkt an ihre Fondsmanager und Dienstleister weiter. Diese lassen sich unterschiedliche Lösungen für die Besetzung von ESG-Rollen einfallen.

Fonds- und Investmentmanager, Asset- und Property-Manager sowie alle anderen Marktteilnehmer, die sich dieser Aufgabe stellen müssen, eint eine Erkenntnis: "Fix und fertige ESG-Experten existieren nicht", sagt Werner Harteis. "Der eine ist mehr strategisch unterwegs, der andere steckt mehr in den Prozessen drin - und selbst wenn Sie einen Umweltingenieur haben, deckt der auch nur einen Teil des Themas ab." Harteis leitet beim Fondsanbieter Wealthcap das Risikomanagement und verantwortet bei der HVB-Tochter seit gut einem Jahr zusätzlich den Bereich Environmental and Social Governance (ESG) auf der Unternehmensebene.

Der Grund für diese Vielfalt: Den einen klassischen Königsweg zum ESG-Profi gibt es nicht. "Studieren kann man das - noch - nicht", sagt Madlen Fiedler, die bei Hansainvest Real Assets für ESG-Themen zuständig ist. Viele, die sich damit auskennen, haben sich ihr Wissen selbst angeeignet. Das sind Generalisten, Allrounder", sagt Fiedler. Und das sollen sie auch sein: "Man muss das A bis Z der Immobilie bedienen können, weil man an den Schnittstellen sitzt - da braucht es Praxisleute; allein mit der Theorie kommt man da nicht weit."

Beim Recruiting ist Flexibilität gefragt

Kathrin von Hardenberg, Geschäftsführerin der Personalberatung Indigo Headhunters, rät Immobilienunternehmen, beim Recruiting von ESG-Experten Flexibilität zu zeigen. "Klassische Eins-zu-eins-Besetzungen wie z.B. im Investment- oder im Asset-Management sind hier meistens nicht möglich." Kandidaten, die

hier reüssieren möchten, sollten sich mit der Finanzindustrie ebenso gut auskennen wie mit dem Pariser Klimaabkommen und CO2-Budgets. Und sollten in der Lage sein, all dies auf ganz konkrete Immobilien übertragen zu können:

Wann droht ein Gebäude auf dem langen Weg zur Klimaneutralität die vorgegebene Messlatte zu reißen? Und mit welchen Investitionen kann der Asset-Manager es auf den rechten Pfad zurückführen?

ESG-Profis sollten dabei nicht nur langfristige Risiken im Blick behalten. Aktuelles Beispiel Starkregen/Überschwemmungsgefahr: "Das ist Teil unserer Sustainability Due Diligence", sagt Viola Joncic, die bei Commerz Real den Nachhaltigkeitshut aufhat. "Was gekauft wird, entscheidet am Ende das Fondsmanagement; aber wir helfen dabei, die Risiken abzuwägen." Dazu gehört auch die Frage: "Wie hoch sind die Prämien, wenn ich ein Risiko versichern möchte - und ist das noch bezahlbar? Es gab schon Gebäude, die wir nicht gekauft haben, weil die Versicherungsprämien zu hoch waren."

Und dann sind da ja noch das S und G in ESG. Unter dem S werden z.B. Spenden und Sponsorings sozialer Einrichtungen verbucht, aber auch Investments z.B. des offenen Publikumsfonds Hausinvest in geförderte bzw. als bezahlbar geltende Wohnungen oder alles, was den Mitarbeitern zugute kommt, etwa mobiles Arbeiten oder Jobfahrräder. Das G der guten Unternehmensführung indes ist am schwersten zu fassen bzw. zu messen. Es bezieht sich vor allem auf Richt- und Leitlinien der UN, des deutschen Fondsverbands BVI und des Instituts für Corporate Governance der Immobilienwirtschaft (ICG).

Klar ist: "ESG ist ein weites Feld, man muss interdisziplinär arbeiten können und in der Lage sein, von einer Stunde auf die andere in einer anderes Themengebiet zu springen und viele Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Außerdem ist Kommunikation extrem wichtig, auf allen Ebenen: vom Vorstand bis zur operativen Fachabteilung, die die Dinge am Ende umsetzt", beschreibt Joncic ihre täglichen Herausforderungen.

Diese Herausforderung, ESG bei sich zu verankern, lösen die Immobilienunternehmen auf ganz unterschiedliche Weise: Die einen rekrutieren extern, z.B. bei Beratungsgesellschaften, andere vertrauen auf hauseigene Ressourcen. Bei den einen trägt ESG ein einzelnes Gesicht, die anderen stellen ganze Teams zusammen.

Beispiel Wealthcap: Die HVB-Tochter hat eine zwölfköpfige ESG-Mannschaft mit Spielern aus allen Abteilungen aufgestellt: Asset- und Fondsmanagement, Real Estate und Alternative Investments, Risiko- und Prozessmanagement, Finanzierung, Kommunikation etc.

Die Kollegen widmen einen erklecklichen Teil ihrer Arbeitszeit ihrem Zweitjob - "30% bis 70%", meint Harteis, der mit seiner Zweitrolle selbst "mindestens die Hälfte" seiner Zeit verbringt. Sie behalten aber auch ihre bisherigen Rollen. "Uns war wichtig, dass wir die Themen in die gesamte Organisation reinbringen", so Harteis.

Das scheint ziemlich gut zu funktionieren, denn mittlerweile würden immer mehr Kollegen mitmischen wollen: "In Meetings treffen wir uns inzwischen teilweise mit 20 Leuten. Da muss man schon ein bisschen auf die Disziplin achten."

Bei einer anderen Bankentochter dagegen, Commerz Real, zieht Viola Joncic als Head of Sustainability full-time und hauptamtlich die ESG-Strippen. Joncic wurde von Deloitte abgeworben: Die einschlägigen Beratungsgesellschaften gelten mit als Vorreiter der ESG-Bewegung. Real I.S., Immobilienfondstochter der Bayern LB, hat sich mit Giulia Peretti ebenfalls für eine externe Lösung entschieden. Peretti kam vom Ingenieurbüro Werner Sobek, wo sie Teamleiterin für Nachhaltigkeit, Bauphysik und Zertifizierung war, und brachte Erfahrung als DGNB-Auditorin und Sachverständige für nachhaltiges Bauen mit.

Eine interne Beförderung wählten der Asset-Manager Hansainvest Real Assets, der zur Signal-Iduna-Gruppe gehört, und IC Immobilien. Hansainvest übertrug Fiedler als Abteilungsleiterin Property-Management zusätzlich die ESG-Verantwortung. Damit sie sich künftig im Schwerpunkt um ihre neue Rolle kümmern kann, soll sie das Property-Management an einen separaten Abteilungsleiter abgeben, der noch eingestellt werden soll.

Ähnlich wie die Signal-Iduna-Tochter machte es der Property-Manager IC Immobilien. Getrieben von den Anforderungen ihrer Kunden, die sich ihrerseits mit wachsenden regulatorischen Ansprüchen konfrontiert sehen, machte die IC-Geschäftsführung Marco Helbig, bereits Leiter Prozessmanagement bei IC, auch noch zum Head of ESG. "Um das Thema zu treiben, müssen Sie jemandem den Hut aufsetzen, der sich verantwortlich fühlt", sagt Michael Stüber, Geschäftsführer der IC Immobilien Holding.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ESG in Immobilienfirmen eher stiefmütterlich behandelt wurde. Ganz darum herum kam man nicht, allzu viel sollte die Beschäftigung mit diesen Non-Profit-Dingen aber nicht kosten. So wurden gern auch euphorische Youngster, die vielleicht keine 120.000 Euro im Jahr verlangen, sondern sich schon mit 65.000 Euro bescheiden, auf das Thema angesetzt - mehr als Feigenblatt denn als echte Transformationsbegleiter.

"Nehmen Sie das Zepter in die Hand!"

Diese Zeiten sind vorbei: ESG ist profitrelevant geworden, Jobs in der Immobilienbranche sprießen seit ein, zwei Jahren wie die Pilze aus dem Boden. Gutes tun und Karriere machen schließen sich nicht mehr aus: "Im Gegensatz zu einer NGO oder zur Wissenschaft kann ich in der Wirtschaft unmittelbar Wirkung erzielen - und das zu einer ordentlichen Bezahlung und mit einem unbefristeten Vertrag", sagt Joncic.

Wer Karriere in Sachen ESG machen will, sollte nicht zögern: "Wer sich wirklich für das Thema interessiert, dem sei gesagt: Es gibt da draußen nicht viele Leute, die weiter sind als Sie selbst. Wenn Sie frühzeitig die Hand heben, haben Sie hier gerade gute Chancen", prophezeit Headhunterin Hardenberg. Wichtiger als Zusatzausbildungen (z.B. bei der DVFA, der DGNB oder an der EBS) sei der richtige Spirit: "Nehmen Sie das Zepter in die Hand! Arbeiten Sie an ESG-Initiativen mit, vernetzen Sie sich mit Interessierten aus anderen Unternehmen und werden Sie visibel, indem Sie sich z.B. auf Panels setzen, ob virtuell oder analog."

ESG-Mann Helbig von IC Immobilien hat genau das getan, wie sein Geschäftsführer Michael Stüber berichtet: "Marco hat sich uns aktiv aufdrängt. Er hat ein ganz persönliches Interesse an dem Thema, nicht zuletzt, weil er selbst Kinder hat. Es ist wichtig, dass sich jemand mit ESG identifiziert, nur dann kann er andere mitnehmen." Die nötige fachliche Qualifikation brachte Helbig offensichtlich auch mit: Den Personalmarkt scannte Stüber nämlich gar nicht erst nach externen Lösungen ab.

Der Bedarf an ESG-Experten wächst. Fiedlers Team bei Hansainvest beispielsweise soll mittelfristig von zwei auf fünf Kollegen anwachsen.

Denn die Aufgaben nehmen in der Breite und Tiefe zu: Sie reichen vom Abschluss günstiger Stromrahmenverträge und der Zentralisierung des Abfallmanagements über diverse datengesättigte Reportings an Signal Iduna und die Erstellung eines ESG-Katalogs für die Ankaufs-Due-Diligence bis hin zum Verkäufer-Screening im Rahmen der Bonitätsabfrage bei Creditreform: "Wir sind in Gesprächen, das auszubauen."

Harald Thomeczek

Es wird weiter auch im Büro gearbeitet

Der persönliche Austausch mit Kollegen im Büro bleibt wichtig - mit oder ohne mehr Homeoffice in den Unternehmen.

Der persönliche Austausch mit Kollegen im Büro bleibt wichtig - mit oder ohne mehr Homeoffice in den Unternehmen.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: JustLife

Karriere 25.03.2021
Investitionen in Immobilien sind eine Wette auf die Zukunft. Nicht ohne Grund hat sich das Thema Homeoffice und Büronachfrage zu einem Dauerbrenner von Befragungen und Diskussionsrunden in ... 

Investitionen in Immobilien sind eine Wette auf die Zukunft. Nicht ohne Grund hat sich das Thema Homeoffice und Büronachfrage zu einem Dauerbrenner von Befragungen und Diskussionsrunden in der Immobilienbranche gemausert. Harte Parameter fehlen jedoch. Diesem Mangel wollte KGAL Research mit einer Auswertung von Stellenanzeigen abhelfen. Ob die Ergebnisse dieser Analyse die ganze Wahrheit ans Licht bringen, ist unter Personalberatern zumindest umstritten.

Wie sich der Bedarf an Büroflächen entwickelt, falls Homeoffice, mobiles Arbeiten & Co. sich in Deutschland dauerhaft in der Arbeitswelt etablieren, fragen sich viele Marktteilnehmer. Auch wenn das eine nicht unbedingt drastisch einbrechen muss, wenn das andere deutlich zunimmt: Eine gewisse Korrelation dürfte bestehen. Derzeit ist Heimarbeit weit verbreitet. Axel Drwenski, Head of Research von KGAL, wollte herausfinden, ob sich die grundsätzliche Bereitschaft der Arbeitgeber hierfür durch die Corona-Zeit auch langfristig signifikant erhöht.

Um eine Antwort zu finden, hat er mit Unterstützung der Datenforscher von der Münchner KI-Company Glanos viele Stellenanzeigen unter die Lupe genommen, sehr viele. Genauer gesagt wurden 7,8 Mio. Jobannoncen, die zwischen Anfang 2019 und Januar 2021 veröffentlicht wurden, daraufhin untersucht, ob sie Wörter aus dem Dunstkreis der Arbeit in den eigenen vier Wänden enthielten: Homeoffice, mobiles Arbeiten, Telearbeit, Remote Work usw. Drwenskis Gedanke hinter der umfangreichen Datenanalyse: "Wenn Homeoffice in Zukunft wirklich so eine große Rolle spielen wird, wie manche glauben, müsste man das doch daran ablesen, dass es im größeren Stil angeboten wird."

Das Ergebnis der Untersuchung, das Drwenski und Glanos vorstellen, dürfte Büroinvestoren und Bestandshalter aufatmen lassen - Drwenskis Kollegen aus dem Asset-Management von KGAL eingeschlossen, die sich um 43 Büroimmobilien mit 1.228.000 m² Fläche kümmern. Im Durchschnitt boten die rekrutierenden Unternehmen gerade mal in 3,5% der untersuchten Anzeigen ihren potenziellen künftigen Mitarbeitern in der ersten Ansprache die Möglichkeit zum Homeoffice an.

Im zeitlichen Verlauf klettert der Anteil an Jobs mit expliziter Homeoffice-Option zwar, von einer regelrechten Explosion ist aber nichts zu erkennen. Lag er im letzten coronafreien Jahr 2019 im Schnitt bei etwas über 3%, legte er bis Dezember 2020 - quasi im Gleichschritt mit den verschärften Corona-Restriktionen - auf 5,5% zu. Glanos filterte lediglich White-Collar-Jobs, die traditionell im Büro erledigt werden.

Nur 5% der Anzeigen werben mit Homeoffice

Seine Ausgangsfrage sieht Drwenski damit ziemlich eindeutig beantwortet: Nein, die grundsätzliche Bereitschaft von Arbeitgebern, ihren Büromitarbeitern mobiles Arbeiten langfristig zu ermöglichen, habe sich durch Corona nicht signifikant erhöht. "Das ist offensichtlich kein Thema, mit dem die Unternehmen offensiv werben. Natürlich ist Homeoffice gekommen, um zu bleiben - nur nicht in einem Ausmaß, dass es große Folgen für den Büromarkt hätte. Und selbst, wenn künftig im Extremfall beispielsweise 20% Fläche weniger gebraucht wird, kann der Markt das aushalten. Klar wird es Immobilien geben, die an Wert verlieren oder gar nicht mehr in den Markt reinpassen. Andere, gut positionierte Immobilen dagegen werden sogar im Wert steigen."

So plausibel Drwenskis Argumentation sein mag, einen kleinen Haken hat sie: Ob aus dem (Nicht-)Vorhandensein von Wörtern rund ums Thema Homeoffice darauf geschlossen werden kann, dass mobiles Arbeiten Nischenphänomen bleiben und das Büro seine angestammte Rolle als alleiniger oder zumindest Hauptarbeitsplatz behalten wird, darf zumindest bezweifelt werden. "Dieser Schluss kann aus unserer Sicht nicht gezogen werden, nein", sagt Felix Birkhofer, Niederlassungsleiter der auf die Bau- und Immobilienwirtschaft spezialisierten Personalberatung Cobalt in Frankfurt und Düsseldorf. "Homeoffice ist als Baustein einer attraktiven Position zu selbstverständlich geworden, um es explizit zu erwähnen."

Als Kind der Corona-Krise nimmt Cobalt-Mann Birkhofer Homeoffice nicht wahr. In jedem Fall habe die vielerorts erzwungene Heimarbeit eine natürliche Entwicklung aber beschleunigt: "Wo sich Unternehmen noch vor wenigen Jahren reflexhaft einer Einführung widersetzt haben, sind viele nun positiv überrascht."

Diesen Effekt hat auch Kathrin von Hardenberg bei ihren Kunden wahrgenommen. "Die Bereitschaft ist gestiegen, einen höheren Anteil an mobilem Arbeiten bzw. Homeoffice zu gewähren", sagt die Geschäftsführerin von Indigo Headhunters aus Frankfurt. "Dennoch gehen bei weitem nicht alle proaktiv damit nach draußen, um das Thema zu vermarkten." Von Hardenberg wundert es daher auch nicht, dass es in den meisten Stellenbeschreibungen fehlt. Sie räumt zwar ein, dass die Erwartungen von Kandidaten und Kunden in diesem Punkt "noch deutlich auseinanderliegen" und dass sich kaum ein Kandidat ausschließlich im Heimbüro sieht - "aber dass wir nach der Pandemie einen höheren Anteil an Homeoffice-Tagen in vielen Unternehmen sehen werden, halte ich für höchst wahrscheinlich". Besonders bei wichtigen Jobs schrumpfe der Kandidatenpool beträchtlich, wenn eine Firma die Arbeit von zuhause von vornherein ausschließt. "Das ist nicht zeitgemäß und transportiert ein schlechtes Bild des Unternehmens in den Markt."

"Die Homeoffice-Quote wird sicherlich leicht ansteigen, jedoch über ein gewisses Schattendasein nicht hinauskommen", ist sich Christoph Hartmann, Managing Partner von Deininger Consulting in Düsseldorf, sicher. Sobald sich das Infektionsgeschehen verringere, werden die Unternehmen auf eine Rückkehr in die Büros bestehen, vor allem bei Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung.

Speziell Firmen aus der Immobilienwelt fremdeln nach Erfahrung von Hartmann mit dem Thema Homeoffice. Diese Arbeitgeber würden von der Furcht geplagt, dass ihnen "eine gewisse Kontrollfunktion über die Mitarbeiter abhanden kommt". Auch nach einem Jahr Corona-Krise sei Homeoffice "als dezidierter Punkt in einem Arbeitsvertrag sehr schwierig umsetzbar und wird vom Großteil der Unternehmen innerhalb der deutschen Immobilien- und Bauwirtschaft - wenn möglich - vermieden".

KGAL-Researcher Drwenski hatte schon vor Corona ein Arbeitszimmer in seinem Haus im hessischen Limburg. Nach Grünwald bei München, wo sein Arbeitgeber sitzt, musste er nur zweimal im Monat fahren. Wäre es anders, wäre der dreifache Vater und langjährige Head of Research des Wiesbadener Asset-Managers Commerz Real vielleicht nicht in den tiefen Süden gewechselt.

Harald Thomeczek

"Was früher der Firmenwagen war, ist heute das Homeoffice"

Genau so sieht Homeoffice nicht aus, doch mit exakt diesem Motiv trommelte die SPD auf Twitter für ein Recht auf Heimarbeit.

Genau so sieht Homeoffice nicht aus, doch mit exakt diesem Motiv trommelte die SPD auf Twitter für ein Recht auf Heimarbeit.

Quelle: iStock.com, Urheber: Halfpoint

Karriere 04.10.2019
Sich nicht mehr jeden Tag ins Büro kämpfen zu müssen, sondern seine Arbeit auch in Ruhe zuhause zu erledigen, wenn der Job es zulässt: Das wünscht sich auch mancher Immobilienprofi. In ... 

Sich nicht mehr jeden Tag ins Büro kämpfen zu müssen, sondern seine Arbeit auch in Ruhe zuhause zu erledigen, wenn der Job es zulässt: Das wünscht sich auch mancher Immobilienprofi. In der Gunst einiger nimmt das Homeoffice heute den Platz ein, der früher dem Firmenwagen gebührte. Personalberater wie Kathrin von Hardenberg und Christoph Hartmann werben für ein größeres Entgegenkommen der Arbeitgeber. Viele Unternehmen hätten noch nicht verstanden, wie wichtig das Thema ist. Und werden kalt erwischt, wenn ein Kandidat deshalb absagt.

Marcus Müller (Name von der Redaktion geändert) kann es immer noch nicht fassen: Sein Wechsel ist geplatzt. Aus dem Nichts hatte er ein Jobangebot erhalten: gute Bezahlung - fast 40% mehr, als er zurzeit verdient -, eine echte Herausforderung und viel Freiraum bei der Gestaltung der ihm zugedachten Rolle. Doch den einen Tag Heimarbeit, den ihm sein jetziger Arbeitgeber zugestand, den wollte ihm die Firma, die bei ihm anklopfte, partout nicht gewähren. Man wolle keinen Präzendenzfall schaffen. Nichts zu machen.

"Ich habe konkrete Fälle in den letzten Jahren erlebt, wo Wechsel unter anderem am Thema Homeoffice gescheitert sind", bestätigt Christoph Hartmann, Geschäftsführer bei der Personal- und Unternehmensberatung Deininger. "Bewerber gucken sich mehr denn je die Kultur und Philosophie eines Hauses an, bevor sie eine finale Entscheidung treffen. Da gehört der Bereich Homeoffice klar dazu."

Das Erstaunen ist groß, wenn der eigentlich wechselwillige Favorit dann überraschend doch absagt: "Die Thematik haben wir auf allen Hierarchieebenen", konstatiert Hartmann, der Positionen in der Immobilienwirtschaft besetzt. "Den einstellenden Unternehmen ist in den entscheidenden Gesprächen nicht immer bewusst, dass Homeoffice heute eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt - oder es wird bewusst nicht berücksichtigt." Andere Branchen sind da schon weiter, etwa die IT- oder die Pharmabranche, wie Hartmann von seinen Kollegen weiß.

Die Nachfrage wächst, die Gründe sind vielfältig: Mitfünfziger wollen einfach mal in Ruhe arbeiten und/oder haben keine Lust, sich täglich mühsam durch den Großstadtverkehr zu kämpfen. Mütter und Väter möchten ihren Nachwuchs nicht komplett outsourcen. Wieder andere kümmern sich um Ältere. Selbst Jüngere ohne Nachwuchs oder pflegebedürftige Angehörige fragen heute mit größter Selbstverständlichkeit nach einer flexibleren Arbeitszeit- und -platzgestaltung.

Summa summarum setzen 30 bis 40% der Immobilienprofis das Homeoffice zumindest als ein Auswahlkriterium bei der Jobwahl ein, schätzt Kathrin von Hardenberg, Partnerin bei Indigo Headhunters. "Früher wurde der Firmenwagen über alles gestellt. Der interessiert heute kaum noch einen. An diese Stelle ist jetzt das Homeoffice getreten", sagt von Hardenberg.

Das Reich der Arbeitgeber zerfällt beim Homeoffice grob in zwei Lager. Neben der Unternehmenskultur spielt auch die technische Ausstattung eine nicht unwichtige Rolle. Da sind die einen, die sich dem Thema zumindest angenähert oder gar schon feste, verlässliche Leitplanken einzogen haben: "Größere Unternehmen - alles jenseits der 300, 400 Mitarbeiter - haben sich auf die wachsende Nachfrage oft schon eingestellt", sagt von Hardenberg. Über Zusatzvereinbarungen wird das den Mitarbeitern eingeräumte Recht auf Heimarbeit in Arbeitsverträgen fixiert.

Der Teufel steckt im Detail: Wie häufig darf ich das Homeoffice in Anspruch nehmen? Muss ich es ankündigen, wenn ich von dieser Option Gebrauch mache - und wem bin ich zu Rechenschaft verpflichtet? Ist der Datenschutz gewährleistet? "Falls Papiere offen herumliegen, muss der Raum abschließbar sein, damit niemand Zutritt erhält, der nicht zum Unternehmen gehört", erklärt von Hardenberg. Wird der heimische Rechner auch privat genutzt, muss sich der Mitarbeiter für den Unternehmensaccount separat einloggen.

Gerade in der Immobilienbranche fremdeln viele Firmen mit dem Homeoffice, finden die beiden Personalberater. Meist seien das, meint von Hardenberg, eher patriarchalisch geführte Häuser, wo die Chefs in dem Glauben sozialisiert wurden, dass Führen Kontrollieren bedeutet. "Letztlich hat Homeoffice etwas mit der Offenheit der Führungsspitze zu tun", resümiert sie. Doch die Arbeitgeber werden die Bedürfnisse zumindest einer Teils ihrer Belegschaft nicht auf Dauer ignorieren können, ist sich die Personalberaterin sicher: "Unternehmen möchten gute Leute haben - dann müssen sie sich auch auf Themen wie Homeoffice einlassen", fordert von Hardenberg. Wer das tut, wird belohnt, sagt sie: "Mitarbeiter und Kandidaten sehen immer das Gesamtpaket. Wenn ich das eine - Homeoffice und so mehr Lebensqualität - bekomme, schaue ich beim anderen - dem Gehalt - vielleicht nicht mehr ganz so genau hin."

Das Argument, nicht jeder Job tauge für Homeoffice, lassen die Personalberater nur bedingt gelten. Mitarbeiter in einem Kundenservicecenter mit festen Präsenzzeiten oder Bauarbeiter, Techniker und Facility-Manager, die nah an der Immobilie dran sind, können den Ort ihres Tuns nur schwer in die häuslichen Mauern verlegen. Doch schon Projekt- oder Bauleiter könnten problemlos einen Tag die Woche zuhause ihre Kalkulationen anstellen. Und z.B. für Investment-, Asset-, Portfolio- oder Transaktionsmanager ebenso wie für Investmentmakler und andere Vertriebler ist Homeoffice - mit einer mehr oder minder ausgeprägten Reisetätigkeit - machbar.

Begründungen bleiben Firmen, die Vorbehalte hegen, in aller Regel schuldig, wenn sie bei der Rekrutierung auf Homeoffice-Optionen angesprochen werden, sagt Deininger-Geschäftsführer Hartmann: "Wenn der Kandidat nachfragt, bekommt er eigentlich keine schlüssige Erklärung, meist nur Gemeinplätze wie: Im Büro arbeiten die Mitarbeiter produktiver. Keiner erklärt ihm aber, warum das so sein soll."

Harald Thomeczek

"Dann wird beim Personal aussortiert"

Der Mangel an Fach- und Führungskräften erleichtert den Quereinstieg, sagt Kathrin von Hardenberg - hier bei der Arbeit.

Der Mangel an Fach- und Führungskräften erleichtert den Quereinstieg, sagt Kathrin von Hardenberg - hier bei der Arbeit.

Karriere 15.11.2018
Manche Unternehmen sind derzeit zu großen Kompromissen bereit, um offene Stellen mit Fach- und Führungskräften zu besetzen. Eine gute Ausgangsposition für Bewerber, um Forderungen im ... 

Manche Unternehmen sind derzeit zu großen Kompromissen bereit, um offene Stellen mit Fach- und Führungskräften zu besetzen. Eine gute Ausgangsposition für Bewerber, um Forderungen im Einstellungsgespräch durchzusetzen. Doch wer zu hoch pokert, kann seinen Job schnell wieder los sein. Denn die Branchen, die derzeit boomen, sind als erste von einem Abschwung betroffen, sagt Kathrin von Hardenberg, Geschäftsführerin von Indigo Headhunters.

Immobilien Zeitung: Noch brummt es in der Immobilienbranche - mit der Folge, dass Führungs- und Fachkräfte sehr gefragt sind und nicht jede Stelle mit dem Wunschkandidaten besetzt werden kann. Wie reagieren Unternehmen darauf?

Kathrin von Hardenberg: Sie fangen an - und das müssen sie auch -, Kompromisse zu machen. Das heißt, sie schauen eventuell nicht mehr so kritisch auf das Profil der Bewerber und machen Abstriche bei den Anforderungen. Derzeit werden zum Beispiel Personen in einer Führungsposition eingestellt, die zwar Führungspotenzial aufweisen, aber vorher noch keine Erfahrungen damit gemacht haben, ein Team zu leiten. Oder jemand bekommt den Job, der mit Blick auf die Wertevorstellungen oder Arbeitsweise eigentlich gar nicht so gut in das Unternehmen passt. Aber die Firma kann es sich nicht leisten, eine Stelle noch länger unbesetzt zu lassen.

IZ: Das hört sich nach ziemlich großen Kompromissen an.

von Hardenberg: Ja, der Quereinstieg ist heute viel einfacher möglich als noch vor ein paar Jahren. Kandidaten wird ganz anders zugestanden, Inhalte in der neuen Position dazuzulernen und Fähigkeiten zum Beispiel mittels eines jobbegleitenden Coachings weiterzuentwickeln.

IZ: Was passiert, wenn sich die Märkte abkühlen - vor allem mit denjenigen, die vielleicht nicht zu 100% auf eine Stelle passen?

von Hardenberg: Nicht jeder wird auf diesen Stellen bleiben können. Wenn weniger gebaut, entwickelt und investiert wird, wird auch beim Personal aussortiert. Von Mitarbeitern in der Probezeit können sich Unternehmen immer schnell trennen. Aber es ist grundsätzlich auch finanziell günstiger, sich von denjenigen zu trennen, die noch nicht so lange zum Unternehmen gehören.

IZ: In welchen Bereichen zeigt sich das aus Ihrer Sicht am schnellsten?

von Hardenberg: Alles, was transaktionsgesteuert ist, wäre betroffen. Also vor allem die Bereiche Investment und Projektentwicklung, aber auch Makler. Das sind genau die Unternehmen, in denen jetzt ein enormer Bedarf besteht. Es wird dann genau geschaut: Wo sind die Highperformer und wo nicht? Da lohnt sich auch ein Blick zurück in die Jahre 2008/09: Kurz vor der Krise haben zum Beispiel viele Spezialisten aus dem Bereich Investment den Job gewechselt. Das waren im Zweifelsfall diejenigen, von denen sich der Arbeitgeber als erstes trennte, als die Geschäfte nicht mehr so gut liefen.

IZ: Was raten Sie denjenigen, die gerade über einen Jobwechsel nachdenken? Sollten sie eine Abkühlung der Märkte bereits im Hinterkopf haben und einen Wechsel auch in dieser Hinsicht sehr genau abwägen?

von Hardenberg: Sie sollten sich auf jeden Fall das Unternehmen, in das sie wechseln wollen, genau anschauen und sich fragen: Wie ist es aufgestellt und wie würde es reagieren, wenn die Geschäfte nicht mehr so rundlaufen?

IZ: Was wären in dem Fall Warnzeichen?

von Hardenberg: Interessant ist es zu schauen, wie sich der mögliche neue Arbeitgeber nach der Krise 2008/09 verhalten hat: Ist er bekannt für eine starke Fluktuation von Personal? Reagiert er sehr kurzfristig auf Marktveränderungen? Ausländische Investmentunternehmen, die sehr opportunistisch am Markt unterwegs sind, agieren oft recht kurzfristig. Sie sind in der Lage, vergleichsweise schnell ihre Investmentstrategie zu ändern und entsprechende Teile ihres Portfolios abzustoßen. Eine Firma, die nur deutsche Büroimmobilien im Bestand hat, wird dagegen langfristiger im Markt unterwegs sein und sich dementsprechend auch nicht so schnell von Mitarbeitern trennen wollen.

IZ: Bei der derzeit hohen Nachfrage nach neuen Mitarbeitern haben Bewerber eine gute Ausgangsposition, was das Verhandeln des Gehalts angeht. Kann es im Falle eines Abschwungs den Job kosten, wenn man von Anfang an alles ausgereizt hat?

von Hardenberg: Wenn die Geschäfte schlechter laufen, schauen die Unternehmen ganz genau hin und stellen sich die Frage: Wer bringt uns mit Blick auf Erfahrung und Gehalt am meisten? Da kann es für diejenigen, die mit vergleichsweise hohen Gehältern die Jobzusage bekommen haben, eng werden.

IZ: Andersherum gedacht: Welche Bereiche würden von einer Abkühlung in den Märkten profitieren und eventuell Personal einstellen?

von Hardenberg: Wenn die Transaktionen wegfallen, spielt die Bestandspflege, also das Asset-Management, eine umso größere Rolle. Dann wird an dieser Stellschraube alles gedreht, was möglich ist, und es braucht erfahrene Experten, die sich kümmern. Ähnlich sieht es bei der Finanzierung aus: Dann sind Leute gefragt, die in Refinanzierungen und Umstrukturierungen tief greifende Erfahrung haben. Hier kann es dann auch Fluktuation beziehungsweise Wechsel und zusätzliche Einstiege geben. Denn es ist nicht möglich, diesen Bedarf mit Kollegen zu decken, die noch nicht so erfahren sind.

IZ: Kann der Brexit und die mögliche Verlagerung von Arbeitsplätzen von London nach Deutschland Entlassungen entgegenwirken?

von Hardenberg: Die eine oder andere Position, die normalerweise in London wäre, könnte nach Deutschland wandern. Das gilt für Banken, Finanzdienstleister oder auch Fonds. Aber die Stellen, die aufgebaut werden, können nicht die kompensieren, die in Zeiten des Abschwungs abgebaut werden.

IZ: Einen schnellen Abschwung erwartet derzeit wohl kaum jemand. Aber es ist klar, dass die Party nicht unendlich weitergehen wird. Haben die Unternehmen das bei den Einstellungen bereits im Blick?

von Hardenberg: Viele der Geschäftsführer und Abteilungsleiter, die heute Mitarbeiter einstellen, haben die Krise 2008/09 miterlebt und gehen sehr reflektiert mit dieser Situation um. Das heißt, die Häuser stellen Mitarbeiter ein, weil sie die aktuelle Arbeitsflut bewältigen müssen. Aber es wird nicht über den Bedarf Personal aufgebaut in der Erwartung, dass kurzfristig noch mehr Mitarbeiter benötigt werden.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Katja Bühren.

Katja Bühren

Die große Unbescheidenheit

Absolventen immobilienwirtschaftlicher Studienfächer fordern zum Berufseinstieg viel von ihren Arbeitgebern. Der Markt gibt es derzeit her.

Absolventen immobilienwirtschaftlicher Studienfächer fordern zum Berufseinstieg viel von ihren Arbeitgebern. Der Markt gibt es derzeit her.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Cara-Foto

Karriere 12.07.2018
Zum Berufseinstieg fordern Immobilienstudenten ein üppiges Bruttojahresgehalt von durchschnittlich knapp 47.000 Euro von ihrem künftigen Arbeitgeber. Die große Bescheidenheit kehrt ... 

Zum Berufseinstieg fordern Immobilienstudenten ein üppiges Bruttojahresgehalt von durchschnittlich knapp 47.000 Euro von ihrem künftigen Arbeitgeber. Die große Bescheidenheit kehrt danach nicht ein, wie die aktuelle Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) zeigt: Nach drei Jahren wollen die akademischen Nachwuchskräfte satte 20% mehr verdienen, im Schnitt 56.500 Euro.

Eine Absolventin steigt im kaufmännischen Asset-Management für 48.000 Euro ein. Nach der Probezeit fordert die junge Frau eine saftige Gehaltserhöhung auf 60.000 Euro. Bonus exklusive. "Im Asset-Management herrscht die Vorstellung vor, dass man relativ schnell an die 60.000 rankommt", erklärt ihr Personalchef. Aber schon nach einem halben Jahr? "Das habe ich nicht mitgemacht."

Einen so krassen Fall hat der Mann noch nicht erlebt. Das Extrembeispiel passt aber ins Bild: "Wir tun uns gerade im Bereich Technik sehr schwer", erklärt der Personalverantwortliche. "Da ist es fast unmöglich, Leute zu kriegen. Zum Teil herrschen übertriebene Preisvorstellungen. Manchmal kommt noch nicht mal mehr ein Feedback, wenn man ein Angebot unterbreitet."

Praktisch jedem Gesprächspartner aus den Unternehmen fällt zu dem Thema sofort ein Beispiel für überzogene Gehaltserwartungen ein. Das sei zwar nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Dennoch: Die Ausreißer sind ein guter Indikator - vielleicht vergleichbar mit Spitzenrenditen oder Spitzenmieten - dafür, was am Markt maximal drin ist.

Die Unternehmen haben alle Hände voll zu tun und suchen daher qualifiziertes Personal, nicht zuletzt akademischer Provenienz. Doch die Ressourcen sind begrenzt. Vor allem Leute mit (viel) Berufserfahrung können nur noch schwer von ihrem bestehenden Arbeitgeber losgeeist werden - und wenn, dann nur mit viel Geld und Titeln. So richtet sich der Blick vermehrt auf die Jungen, doch auch hier ist der Nachschub von den Hochschulen nicht unendlich.

Das alles wissen natürlich auch die 418 Teilnehmer der aktuellen IZ-Umfrage: Fast alle (92%) stufen ihre Chancen auf einen direkten Berufseinstieg als gut oder sehr gut ein. Zum Hintergrund: Drei von vier der Teilnehmer studieren Immobilienwirtschaft/-management oder Bau- bzw. Projektmanagement, die anderen Facility-Management, Bau-/Wirtschaftsingenieurwesen, Stadt-/Raumplanung oder BWL/VWL.

Und weil die Jungakademiker wissen, wie begehrt sie sind, können sie es sich schon nach den Lehrjahren leisten, die Pferde zu wechseln: "Viele haben kein großes Commitment mehr zu ihrem Haus, springen auch nicht mehr auf große Namen und Marken an. Die sagen: Wenn du mir das und das nicht lieferst, geh ich halt zum Wettbewerb", erzählt Christoph Hartmann von Deininger Consulting.

Seit dem Jahr 2001 führt die IZ eine Arbeitsmarktbefragung unter angehenden Nachwuchskräften durch. Wie viel sie nach zwei bis drei Jahren verdienen wollen, wurden die Studenten in diesem Jahr zum ersten Mal gefragt.

Schon das durchschnittliche Einstiegswunschgehalt der von der IZ und Immo Media Consult in diesem Jahr befragten Studenten von rund 47.000 Euro gilt als sportlich - aber nicht realitätsfern. In den vergangenen drei bis fünf Jahren zogen die Gehälter an: "Damals lagen die Einstiegsgehälter um die 40.000, 42.000 Euro. Heute sind wir ungefähr bei 45.000 Euro", sagt Personalberater Frank Groß.

Einen Gehaltssprung von 20% oder 10.000 Euro nach den ersten drei Jahren hält Groß für ein noch gewagteres Unterfangen. "Zu schaffen ist das im Prinzip schon." Das große Aber folgt auf dem Fuße: "Möglich ist das nur, wenn wir von fixen und variablen Bestandteilen sprechen. Wenn der Kandidat sich also messen lässt - und den Erfolg dann auch bringt!"

Die Wunschgehälter für Young Professionals sind mit einiger Vorsicht zu genießen. Zwar sind zurzeit "vor allem im Asset-Management und in der Projektentwicklung irre Sprünge möglich. Diese Zahlen können also realistisch sein - aber nur, wenn man nach zwei, drei Jahren wechselt, z.B. nachdem man noch einen Master gemacht hat", sagt Kathrin von Hardenberg, Geschäftsführerin von Indigo Headhunters. Und die Zeit, einen Jobwechsel als Gehaltsbeschleuniger zu nutzen, ist ja gerade auch besonders günstig: "Schließlich fehlt es aktuell an allen Ecken und Enden an Projektentwicklern oder Asset-Managern", berichtet von Hardenberg. In den letzten zwei, drei Jahren, schätzt sie, zogen die Gehälter für Young Professionals daher um die 10% bis 15% an.

Ein Selbstläufer sind die avisierten Gehaltssteigerungen zwar nicht. Jedoch kennen vermutlich die meisten Studenten, von denen ja viele durch Praktika oder Werkstudentenjobs schon ins echte Leben reingeschnuppert haben, zumindest vom Hörensagen jemanden, der schon in jungen Jahren großes Geld verdient - und schnell kräftig zugelegt hat. Im Bereich Akquisition etwa zahlen insbesondere Firmen angelsächsischer Prägung für Leute "mit drei, vier, fünf Jahren Berufserfahrung" Gehälter von "60.000 bis 70.000 Euro fix. Kommt noch ein guter Bonus drauf, liegen Akquisiteure bei 80.000, 90.000 Euro", weiß Hartmann. Die einschlägigen deutschen Investmentmanager zeigen sich in aller Regel weniger spendabel: "Die zahlen 50.000 Euro, vielleicht etwas mehr. All in liegt man da in drei bis vier Jahren vielleicht bei 60.000 Euro." Auch das ist für einen Young Professional ein hübsches Sümmchen.

Mehr als die besten 20% der Absolventen dürften die Gehaltsvorstellungen, die in der Umfrage zutage traten, wohl nicht in die Tat umsetzen können. Die volle Kriegsbemalung sieht etwa so aus: einschlägige Praxiserfahrung über - für den späteren Job auch relevante! - Praktika, möglichst bei Vorzeigeadressen. Oder man pausiert zwischen Bachelor- und Master-Studium und sammelt erstmal etwas Berufserfahrung. Ein halbes Jahr im Ausland und fließendes Business-Englisch steigern den Marktwert ebenfalls erheblich, vor allem bei Arbeitgebern mit angelsächsischen Wurzeln.

Um einen Vergleich aus der Welt des Spitzensports zu bemühen: "Nicht jeder, der für Portugal spielt, kann automatisch das gleiche Gehalt verdienen wie Ronaldo!", echauffiert sich Personalberater Olaf Kenneweg. Das leuchtet ein - aber offenbar nicht jedem: "Da muss man ganz klar differenzieren und sich die Einzelleistung anschauen. Aber das machen viele Studierende leider nicht."

Vor allem Master-Studenten scheinen es bei der Taxierung ihres Marktwerts zu übertreiben. Sie wollen als Young Professionals im Schnitt 59.900 Euro verdienen. Ihre Kommilitonen, die auf Bachelor studieren, gäben sich zu diesem Zeitpunkt mit durchschnittlich 52.900 Euro zufrieden.

Anika Dautert von Cobalt Recruitment verwundert das große Delta zwischen den Gehaltserwartungen: "Master-Absolventen sind keine 7.000 Euro mehr wert als Bachelor-Absolventen. Ein Master-Studium ist für viele Unternehmen gar nicht vonnöten." Der Wohnungsentwickler Bonava etwa macht "beim Einstieg keine Unterscheidung zwischen Bachelor- und Master-Abschluss, wenn sich ein Student um eine Stelle als Projektentwickler bewirbt", so Katja Kargert, Kommunikationsleiterin beim Wohnentwickler Bonava.

Verblüffend ähnlich sind jedoch die Gehaltssprünge, die sowohl Bachelor- als auch Master-Studenten nach zwei bis drei Jahren anpeilen. Gemessen am durchschnittlichen Einstiegswunschgehalt wollen beide Gruppen um gut 20% zulegen. Das scheint darauf hinzudeuten, dass die Vorstellung knackiger Steigerungsraten in den ersten Berufsjahren unter Immobilienstudenten weit verbreitet ist.

Einer der Studenten, die bei der Umfrage mitmachten, ist Christian John. (Weitere Studenten kommen auf dieser Seite unten zu Wort: "Mit 40 schon Millionär".) Der 22-Jährige hat gerade seine Bachelor-Arbeit in Wirtschaftsingenieurwesen, Richtung Bau und Immobilien, abgegeben. Jetzt will er seinen Master draufsetzen. Als Einstiegsgehalt schweben ihm dann 55.000 Euro vor.

"An den Unis und von den Unternehmen wird uns vermittelt, dass man mit über 50.000 Euro einsteigen kann, weil es der Markt hergibt", erzählt John. Die Nachfrage nach Köpfen, die technische Positionen in der Bauleitung, in der Projektentwicklung oder im Projektmanagement besetzen können, ist groß. Auf ihn seien schon im Studium einige Arbeitgeber zugekommen, "ohne dass ich mich beworben habe". So sei bei ihm der Eindruck entstanden: "Ich habe einen Verhandlungsspielraum und kann mir aussuchen, wo ich hingehe." Nach einer kurzen Pause fügt er an: "Vielleicht führt das auch zu einer leichten Überheblichkeit."

Die Personalberater bestätigen, dass technische Berufe in den letzten Jahren auch bei den Gehältern aufgeholt haben. Allerdings notieren sie immer noch mehr oder minder deutlich unter den kaufmännischen Positionen. Wer in die Projektentwicklung oder in den Bereich Projektmanagement/-steuerung will, gibt sich zum Einstieg und auch später mit ein paar tausend Euro weniger zufrieden als diejenigen, die sich zum Asset-Management, Investment- bzw. Fondsmanagement oder zur Immobilienberatung - nicht Makelei! - hingezogen fühlen.

Studenten mit einem Faible fürs Asset-Management, die Beratung und den Bereich Investment/Fondsmanagement fordern zum Einstieg um die 48.000, 49.000 Euro. Studenten mit Hang zur Projektentwicklung bzw. zum Projektmanagement stapeln tiefer (ca. 46.500 Euro). Nach drei Jahren wollen die einen rund 60.000 Euro verdienen. Die anderen rechnen mit gut 55.000 Euro. Was sie eint: Auf dem Weg vom Berufsanfänger zum Jungprofi wollen sie allesamt einen gehörigen 20%igen Schluck aus der Pulle extra nehmen.

Der schnöde Mammon ist nicht die einzige Triebfeder der Studenten. Das zeigt sich daran, dass die Projektentwicklung das mit Abstand beliebteste Tätigkeitsfeld ist. Fast jeder Zweite würde hier später gern arbeiten.

Auch bei Projektentwicklern lässt sich jedoch gut verdienen: Bei einer Firma winken Young Professionals 75.000 Euro.

Wer sich angesichts solcher Zahlen selbst zu der Entscheidung, "irgendwas" mit Immobilien und/oder Bauen zu studieren, gratuliert, dem sei gesagt: Der Immobilienmarkt kann sich auch schnell wieder drehen - und mit ihm der Arbeitsmarkt. Siehe 2008/2009, als Jobs plötzlich Mangelware waren. Jene, die schon länger dabei sind, haben das nicht vergessen.

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Harald Thomeczek

Zwischen Quotenfrau und Superwoman

Frauen, die in der Immobilienbranche reüssieren wollen, müssen schon - so will es manchmal scheinen - über Superkräfte verfügen.

Frauen, die in der Immobilienbranche reüssieren wollen, müssen schon - so will es manchmal scheinen - über Superkräfte verfügen.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: lassedesignen

Karriere 19.10.2017
Ohne Mithilfe der Arbeitgeber wird flächendeckende Chancengleichheit für Frauen in der männlich geprägten Immobilienbranche eine schöne Idee bleiben. Dass Frauen, die Karriere machen, ... 

Ohne Mithilfe der Arbeitgeber wird flächendeckende Chancengleichheit für Frauen in der männlich geprägten Immobilienbranche eine schöne Idee bleiben. Dass Frauen, die Karriere machen, mitunter als Quotenfrauen verschrien sind, gehört zu den unvermeidlichen Kollateralschäden des Wandels. Unternehmen, die diesen aktiv gestalten, tun sich selbst einen Gefallen.

Pinkelpause bei einem global operierenden Immobilien-Investment-Manager. Die Herren, die der Natur gemeinsam freien Lauf lassen, sind in schlechter Stimmung: Wieso denn die Wahl nicht auf einen von ihnen, sondern ausgerechnet auf Frau x gefallen sei? Kann ja wohl nur daran liegen, dass hier - ganz dem Zeitgeist entsprechend - jetzt auch mal eine Frau an der Spitze stehen soll. Der neuen Chefin haftete nun das Stigma an, dass sie den Posten nur bekommen hat, weil sie eine Frau ist.

Das Unternehmen, um das es in obiger Anekdote, die der IZ aus zuverlässiger Quelle zugetragen wurde, gibt Frauen zunehmend Zugang zu Entwicklungsprogrammen und damit auch zu Talent-Pools für eine langfristige Nachfolgeplanung. So gesehen ist Frauenförderung ein zweischneidiges Schwert: Frauen in Spitzenpositionen gelten schnell als Quotenfrau - und meinen womöglich, Superwoman sein zu müssen, um jeden Zweifel über die Berechtigung ihrer Berufung zu ersticken.

"Solange das Frausein ein Thema ist, so lange werden Frauen denken, dass sie eine Extrameile gehen müssen. Und es reicht ja schon, dass sie das denken", sagt Tobias Just, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der Irebs-Akademie, der von Berufs wegen viel mit karrierebewussten Frauen zu tun hat. Doch so zu tun, als würde sich das mit der Gleichstellung von alleine regeln, weil Unternehmen es sich angesichts von demografischem Wandel und - von vielen Arbeitgebern beklagtem - Fachkräftemangel heute eh nicht mehr leisten könnten, sich Potenzialträger gleich welchen Geschlechts entgehen zu lassen, geht an der Realität vorbei. "Wir sind mit Sicherheit noch nicht da, wo wir sein sollten: dass diskriminierungsfrei allein auf Erfolgsbeiträge, Qualifikation und Kompetenz geachtet wird", ist sich Just sicher.

Vor allem Führungsposten werden oft auf informellem Wege vergeben. Da sei im Vorteil, "wer Zugang zu den Old Boys' Networks hat. Deshalb bekommen Sie von mir ein klares Ja für die Frauenquote. Erst dann wird sich was in den Vorstandsetagen ändern", sagt Jovita Galster-Döring, Vorstandsmitglied des Vereins Frauen in der Immobilienwirtschaft.

Erika Werres, Leiterin Planen und Entwicklung bei der WvM Immobilien und Projektentwicklung in Köln, hält nichts von einer Frauenquote. Sie sieht den Knackpunkt woanders: "Das ist in meinen Augen nicht der richtige Ansatz. Viel wichtiger ist, dass die Bezahlung in gleichen Positionen angeglichen wird." Nur so würden, sobald die Familienplanung ansteht, nicht mehr wie bisher oft automatisch die Frauen zuhause bleiben, "sondern sicher auch ein paar mehr Männer die Erzieherrolle übernehmen bzw. in Teilzeit arbeiten".

22% - so viel verdienen Frauen laut dem "Women in Work Index" von PwC weniger als Männer. Geht es mit der bisherigen Geschwindigkeit weiter, dauert es bis zum Jahr 2297, bis sich die Lohnlücke schließt. In Zahlen wie diesen kommt auch zum Ausdruck, dass sich Frauen tendenziell für schlechter bezahlte Branchen bzw. Berufe entscheiden, länger in Elternzeiten gehen und seltener in Führungspositionen anzutreffen sind etc. Bereinigt liegt die sogenannte Gender Pay Gap in Deutschland zwischen ca. 2% und 7%, je nachdem, wer es berechnet und wie er das macht.

Headhunter, die Positionen in der Immobilienbranche besetzen und mit denen die IZ gesprochen hat, bejahen, dass es natürlich auch in der Immobilienwirtschaft eine Gender Pay Gap gibt. Sie beziffern das Delta auf durchschnittlich 5% bis 15%. Wohlgemerkt: auf vergleichbaren Positionen. "Das Gehalt für eine vakante Position ist ja nicht von Anfang an in Stein gemeißelt. Es gibt eine Bandbreite, innerhalb der sich der Arbeitgeber und die Kandidaten bewegen", sagt Kathrin von Hardenberg, Gründerin und Geschäftsführerin von Indigo Headhunters aus Frankfurt. Und diesen Spielraum nutzen männliche Bewerber eben entschlossener aus als weibliche.

"Kein Kunde von uns stellt sich hin und sagt, wir zahlen der Frau maximal nur das und das, einem Mann würden wir aber grundsätzlich mehr zahlen", ergänzt Richard-Emanuel Goldhahn, Deutschland-Geschäftsführer von Cobalt Recruitment. Dass Frauen weniger verdienen, führt auch Goldhahn darauf zurück, dass "sie meist auch weniger fordern, schon beim Berufseinstieg". Und dieser Rückstand potenziere sich natürlich mit der Zeit.

Ein weiteres, zugegeben ziemlich vages, Indiz dafür, dass die Chancengleichheit der Geschlechter trotzdem auch und insbesondere in der Immobilienwirtschaft noch nicht flächendeckend Realität ist, ist die ungleiche Gewichtung der Frauen- und Männeranteile auf einschlägigen Branchenveranstaltungen. Auf dem IZ-Karriereforum, einer Jobbörse vor allem für Nachwuchskräfte, sieht man nicht weniger junge Damen als Herren. Doch auf der großen Expo Real und noch mehr auf der Mipim in Cannes, wohin vor allem Führungskräfte reisen dürfen, ist das männliche Übergewicht schier erdrückend.

Selbst in Unternehmen, die ein mehr oder weniger ausgeglichenes Geschlechterverhältnis in der Gesamtbelegschaft haben, neigt sich die Waage immer mehr Richtung Mann, je höher hinauf es geht. Warum ist das so? Und wann wird es sich ändern? "Das wird sich erst dann ändern, wenn wirklich alle Unternehmen aktiv Frauenförderprogramme anbieten", sagt Galster-Döring. Denn Frauen seien in ihrer Karriere "strukturell benachteiligt, häufig unbeabsichtigt und unbewusst". Sie würden bei gleicher Leistung schlechter beurteilt und seltener für Führungspositionen vorgeschlagen. Ihnen werde, auch aufgrund mangelnder Vorbilder, weniger zugetraut - ein Teufelskreis.

Ein Vergleich der Frauenanteile der Weiterbildungsstudiengänge an Justs IrebsAkademie einerseits und im universitären Erststudium andererseits legt den Verdacht nahe, dass Frauen tatsächlich nicht ähnlich stetig unterstützt werden wie Männer. So liegt z.B. der Frauenanteil im Kontaktstudium Immobilienökonomie im Schnitt der letzten Jahre bei nicht einmal einem Drittel, während der entsprechende Wert im Studiengang Master of Real Estate am Irebs Institut für Immobilienwirtschaft an der Uni Regensburg im Mittel der letzten Jahre rund 50% beträgt.

Strategien zur Karriereentwicklung von Frauen haben bislang nur verschwindend wenige Arbeitgeber ausgearbeitet, wie unlängst eine Umfrage von Kenneweg Property Personalberatung bestätigte. "Ich kann nicht erkennen, dass es einer besonderen Frauenförderung bedarf", sagt Anita Bellmann, Leiterin Konzernpersonalabteilung der Immobiliengruppe Rhein-Neckar mit ca. 1.000 Mitarbeitern, zu der auch der Mannheimer Property- und Facility-Manager Treureal gehört. "Und Frauen machen bei uns auch genauso Karriere wie Männer. Wer die entsprechenden Kompetenzen mitbringt, bekommt auch seine Chance", versichert Bellmann. Für einen wichtigen Aspekt der Mitarbeiterbindung hält Bellmann Vertrauensarbeitszeit: die Freiheit, sich seine Zeit selbst einzuteilen. Dies umfasse auch die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten - ohne dadurch Nachteile zu erleiden.

Geschlechterspezifischen Programme, die auf eine Führungslaufbahn vorbereiten, sucht man auch beim Facility-Manager Piepenbrock vergebens. Und "dafür sehen wir auch in der Zukunft keinen Bedarf", sagt Claudia Schopf, Leiterin Personalentwicklung und Recruiting. Dafür bietet der Osnabrücker Gebäudedienstleister angehenden Führungskräften aller Art Seminare mit Modulen zu Selbstführung, Mitarbeiterkommunikation oder zur Weiterentwicklung vom Kollegen zum Vorgesetzten an.

Auch Deutschlands größter Immobilienentwickler, die Zech-Gruppe, hat kein Programm zur Frauenförderung aufgelegt. Allerdings besteht das Immobilienimperium von Zech aus vielen unternehmerisch selbstständigen Einheiten, die zwar kapitalseitig mit der Management-Holding verbandelt sind, aber sonst weitgehend ihr eigenes Ding machen. Der Projektentwickler und Asset-Manager Art-Invest Real Estate Management ist mit aktuell 136 Mitarbeitern schon eines der großen Häuser unter dem Zech-Dach. Für ein regelrechtes Frauenförderprogramm ist Art-Invest aber offenbar immer noch zu klein. Rüdiger von Stengel, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter, hält dergleichen jedenfalls für entbehrlich, weil "wir sowieso nur auf die Leistung gucken".

Dass Frauen es in einer technik- und baulastigen sowie angeblich netzwerkbedürftigen Profession wie der Projektentwicklung schwerer haben könnten als Männer, mag der Art-Invest-Chef nicht recht glauben: "Wir haben bislang nur gute Erfahrungen mit Frauen gemacht, auch in der Projektleitung!" Und die Sache mit der Vereinbarkeit? "Die technische Leiterin arbeitet auf Vier-Tage-Basis." Termine könne man planen - zumal, wenn man wie Art-Invest als Bauherr am längeren Hebel sitze. "Ist doch alles machbar. Niemand muss Meetings nach 17 Uhr abhalten. Und mit der ganzen Elektronik kann man auch mal abends seine Mails abarbeiten." Die mangelnde Präsenz von Frauen insbesondere auf höheren Etagen führt von Stengel nicht zuletzt darauf zurück, dass "Frauen oft der entscheidende Wille zum Führen fehlt".

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein männlicher Wettbewerber in der Regel keine Angst vor einer Doppelbelastung haben muss, weil er - wenn er denn Kinder hat - diese in aller Regel an seine Frau delegiert. "Wir stellen fest, dass die Väter in der Regel zwei Monate Elternzeit nehmen und der Löwenanteil immer noch von Frauen getragen wird. Zusätzlich sind es in den allermeisten Fällen die Frauen, die in Teilzeit zurückkehren", sagt Sandra Scholz, Vorstandsmitglied der Commerz Real.

Der Fondsmanager fördert Betriebskitas und vermittelt Betreuungsplätze, und auch in Notfällen springe man den Eltern bei. "Wir kommen unseren Mitarbeitern auch bei der Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsort entgegen. Mit den neuen Medien ist das heute sehr viel einfacher." Bestimmte Tage für Home-office zu reservieren, erlaube eine Vielzahl der Tätigkeiten: "Für Kundentermine und Meetings müssen feste Tage im Büro definiert werden", so Scholz.

Katrin Eming schafft es offenbar ganz gut, in der Immobilienwirtschaft auch mit Kind Karriere zu machen. Eming ist SeniorProjektentwicklerin und Geschäftsführerin einer Projektgesellschaft der Wohnkompanie NRW, die auch zur Zech-Gruppe gehört. Die 38-Jährige hat einen 36-Stunden-Vertrag - und einen "durchgeplanten Tagesablauf". Dass es mit Kind und Karriere klappt, liegt nicht zuletzt daran, "dass ich in der Funktion als Geschäftsführerin und Bauherrin einen größeren Spielraum habe, dass ein funktionierendes Team hinter mir steht und mein Job nicht nur vom Schreibtisch aus erledigt werden kann."

Nicht jede Immobilienfrau, die Kinder bekommt, bleibt in der Branche treu. So entpuppt sich die 35-jährige Personalberaterin Dorothee de la Camp im Gespräch selbst als studierte Immobilienspezialistin. Ihre alte Tätigkeit im Asset-Management konnte die zweifache Mutter nur schwer in Teilzeit fortführen. Sie wandte sich daher an die Personalberatung Kollmannsperger Executive Search, die sie schon in der Vergangenheit besetzt hatte. Managing Partner Jutta Heusel fand zwar keine passende (Teilzeit-!) Stelle in der Immobilienbranche für de la Camp, stellte die ihr bereits gut bekannte Kandidatin dafür aber selbst ein.

Iris Dilger hat keine Kinder: "Ich hatte immer die Möglichkeit, mich voll auf den Job zu konzentrieren. Dies war sicherlich auch ein Grund, warum ich es zu meiner Position bringen konnte." Dilger gründete mit der Zech-Gruppe die Wohnkompanie Rhein-Main. Vorher baute sie beim ehemaligen Hochtief-Wohnentwickler formart die Frankfurter Niederlassung auf. Sie fühle sich manchmal schon als Quotenfrau, bekennt sie scherzhaft.

Sie kenne viele Frauen, so Dilger, die Karriere machen wollten, aber scheiterten: "Erfolgreiche Frauen mit Kindern - ob in der Immobilien- oder einer anderen Branche - zerreißen sich! Und haben am Ende doch nur das Gefühl, dass sie beiden Aufgaben nicht gerecht werden ..." Über sich selbst sagt Dilger ehrlich: "Ich hätte nicht mit Kindern meine Karriere machen können oder auch wollen." Ein(e) Projektentwickler(in) lebe vom Netzwerk: "Als Projektentwicklerin muss man Grundstücke finden. Der Makler muss als erstes an mich denken - und damit er das tut, muss ich bekannt sein." Ein-, zweimal die Woche abends auf Networking-Veranstaltungen zu gehen, helfe.

"Das Thema Vereinbarkeit stellt sich für viele Frauen gar nicht, weil sie keine Kinder haben", stellt Heusel, die vor allem erfahrene Spezialisten und Führungsfiguren zu ihren Mandaten lotst, fest. Denn nur ca. jede fünfte Frau, die sie vermittelt, hat Kinder. "In der Immobilienwirtschaft geht es um viel Geld, da sind lange Arbeitszeiten eine Selbstverständlichkeit." Wer Nine to Five arbeiten will bzw. muss und keine (oder nicht allzu viele) Überstunden schieben will bzw. kann, wird nicht bedacht, wenn höhere Weihen verliehen werden. Die Männer, die die Branche dominieren, sind lange Arbeitszeiten gewohnt, und erwarten das auch von anderen.

"Die Bereitschaft, Teilzeitstellen zu schaffen, ist in der Branche insgesamt immer noch relativ schwach ausgeprägt und sehr ungleich verteilt", konstatiert Thomas Beyerle, Group Head of Research von Catella, der 2012 die erste Studie zu Frauen in der deutschen Immobilienbranche vorlegte. Immobilienfrauen mit Kindern wechseln deshalb gerne in den öffentlichen Dienst. Bedarf hat etwa der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW), der dem Landesgleichstellungsgesetz verpflichtet ist. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich der Anteil weiblicher Beschäftigter auf allen Ebenen mit strammen Schritten der 50%-Marke nähert.

Die Frauenförderpläne des Landesunternehmens sehen u.a. vor, dass Laptops für Heimarbeit bereitgestellt, "höherwertige Tätigkeiten" gezielt auch an teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterinnen übertragen oder mindestens 50% Frauen zu "Potenzialanalyseverfahren" zugelassen werden. "Bei weiblichen Potenzialträgerinnen machen wir aber nix anderes als bei den männlichen auch", versichert Geschäftsführerin Gabriele Willems. "Wir achten nur darauf, dass es pari pari ist. Denn von selbst bewerben sich viel zu wenige Frauen aus den eigenen Reihen auf Führungspositionen."

Natürlich sind längst auch in privaten Unternehmen jede Menge Frauen zu finden: Von Stengels Art-Invest weist einen Frauenanteil von 45% auf, und bei der börsennotierten CA Immo mit 370 Mitarbeitern arbeiten mehr Frauen als Männer. Doch unter den Führungskräften ist bei Art-Invest nur noch jeder vierte Kopf ein weiblicher, und auch bei der CA Immo lag der entsprechende Wert Ende 2016 auch nicht viel höher (30%).

Dabei gibt sich der Gewerbeimmobilienentwickler laut Personalchefin Katharina Wild-Pelikan Mühe, Menschen mit Kindern über flexible Arbeitszeiten, Home-office oder Teilzeitbeschäftigung auch in leitenden Positionen entgegenzukommen. Bei der Nachbesetzung von Führungspositionen werden Mitarbeiterinnen aus den eigenen Reihen aktiv angesprochen, denn "Frauen tendieren dazu, etwas zurückhaltender zu sein, gerade wenn Nachwuchs da ist", so Wild-Pelikan. Im Recruiting-Prozess suche man ebenfalls gezielt nach Frauen: "Männer sind oft besser vernetzt." Und werden Kandidaten als gleich gut bewertet, wird bewusst weiblichen Bewerbern der Vorzug gegeben.

Headhunterin von Hardenberg kann bestätigen, dass manche Kunden sich für bestimmte Positionen mittlerweile explizit Frauen wünschen. Dennoch kommt auch sie um die Feststellung nicht herum: "Natürlich gehen viele Frauen auf der Karriereleiter verloren." Ein Grund für den Schwund: "Der nächste Karriereschritt ist in Teilzeit oft nicht machbar." Damit das nicht so bleibt, müsse sich in den Köpfen der Führungskräfte etwas ändern.

"Große Fortschritte hat es seit meinen eigenen Mutterschaftsurlauben vor über 30 Jahren nicht gegeben: Längere Auszeiten nehmen immer noch die Mütter. Und diese sind es auch, die oft in der Teilzeitfalle landen", sagt Bärbel Schomberg, die einzige Frau im achtköpfigen Vorstand des Verbands Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA). Viele Unternehmen nähmen sich zwar vor, mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen - "aber die wachsen ja nicht auf den Bäumen". Der ZIA plant daher, seinen Mitgliedern einen Werkzeugkasten fürs Diversity Management zusammenzustellen. Um zunächst eine fundierte Datengrundlage zu schaffen, hat er sich Unterstützung beim Fraunhofer-Institut geholt.

Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil der Führungsebene wirtschaften profitabler, besagen Studien. "Wenn wir von dieser Prämisse ausgehen, dann ist das gezielte Recruiting von Frauen die logische Konsequenz", sagt Sabine Wieduwilt, Partnerin bei der Kanzlei Dentons in Frankfurt. Aber stimmt die Prämisse überhaupt? Liesa Schrand ist dieser Frage in ihrer Doktorarbeit am Irebs Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg nachgegangen. Ja, Frauen in Spitzenpositionen von börsennotierten Immobiliengesellschaften haben einen positiven Einfluss - aber nicht etwa, wie die einschlägigen Studien besagen, auf bilanzielle Kennzahlen wie das operative Ergebnis. Doch an marktbasierten Kennzahlen sei dies sehr wohl abzulesen: "Investoren unterstellen, dass Frauen gut für die Corporate Governance sind - und honorieren einen erhöhten Frauenanteil darum mit einer höheren Bewertung der Aktie."

Harald Thomeczek