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Bilfinger wirbt bei frustrierten Aktionären um Vertrauen

Bilfinger-Finanzvorstand und Interims-CEO Axel Salzmann musste sich auf der Hauptversammlung viel Kritik von Aktionären anhören.

Bilfinger-Finanzvorstand und Interims-CEO Axel Salzmann musste sich auf der Hauptversammlung viel Kritik von Aktionären anhören.

Bild: tja

Karriere 11.05.2016
Rote Zahlen, abwandernde Aufsichtsräte und Vorstandsvorsitzende: Der Baukonzern Bilfinger hat schon angenehmere Zeiten erlebt. Entsprechend groß ist der Frust bei den Aktionären. Die ... 

Rote Zahlen, abwandernde Aufsichtsräte und Vorstandsvorsitzende: Der Baukonzern Bilfinger hat schon angenehmere Zeiten erlebt. Entsprechend groß ist der Frust bei den Aktionären. Die nutzten die Hauptversammlung am heutigen Mittwoch, um ihrem Ärger über die Schieflage des Konzerns gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat Luft zu machen. Die Vorsitzenden beider Gremien warben dagegen um Vertrauen.

"Sechs, sieben Gewinnwarnungen, vier Vorstandsvorsitzende in zwei Jahren, zwei Mitglieder des Aufsichtsrats machen kurz vor knapp die Biege. Das habe ich noch nicht erlebt", sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), auf der Bilfinger-Hauptversammlung in Mannheim. Er war dorthin gekommen um zu erfahren, "wo wir stehen und wohin die Reise geht". Doch Tüngler und den vielen anderen Aktionären, die seinen Ausführungen applaudierten, schien auch nach den Statements aus Aufsichtsrat und Vorstand "der Rote Faden" für den Konzern zu zu fehlen.

Dabei war dem Aufsichtsratsvorsitzenden Eckhard Cordes sowie dem Finanzvorstand und nach dem überraschenden Abgang von Per Utnegaard auch Übergangs-Chef Axel Salzmann daran gelegen, das Vertrauen der Aktionäre wiederzugewinnen. Erreichen will Salzmann das mit "einer guten Strategie und mit Verlässlichkeit in den Finanzkennzahlen". Es gehe darum, mit der im Herbst 2015 präsentierten Strategie "Bilfinger Stück für Stück" voranzubringen. Dafür sei es zwingend notwendig, das Geschäft auf Kernleistungen, Kernmärkte und Kernregionen zu konzentrieren. Zudem will Bilfinger seine Komplexität verringern, effizienter werden und die Transparenz des Geschäftsmodells erhöhen.

Trouble im Aufsichtsrat

So hatte das Unternehmen bereits am Montag angekündigt, die Verwaltung schlanker aufzustellen und u.a. durch den Abbau von Stellen ab 2018 jährlich 100 Mio. Euro einzusparen. Durch den Fokus auf Kernregionen "haben wir bereits heute die Zahl der Länder, in denen wir tätig sind, halbiert", sagte Salzmann. Derzeit prüfe Bilfinger zudem die Angebote für die im Schaufenster stehende Power-Sparte, der Verkaufsprozess soll nach wie vor im Laufe dieses Jahres abgeschlossen sein.

Ob mit Building and Facility das derzeit lukrativste Segment des Konzerns ebenfalls veräußert wird, soll dagegen erst in den nächsten zwei bis drei Wochen endgültig entschieden werden. Kommt es zum Verkauf, würden nur noch die Industriedienstleistungen zum Konzern gehören. Konkrete mittelfristige Ziele sollen definiert werden, sobald sich der neue Vorstandsvorsitzende Thomas Blades "mit unserem Geschäft und unseren Planungen vertraut" gemacht hat, so Salzmann.

Die aktuelle Entwicklung des Unternehmens und die Umsetzung der Strategie scheint im Aufsichtsrat nicht uneingeschränkte Unterstützung zu haben. Denn John Feldmann stand "wegen unterschiedlicher Auffassung im Aufsichtsrat zu Strategie und Positionierung von Bilfinger" nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung. Das hat Feldmann dem Aufsichtsratsvorsitzenden am 6. Mai 2016 mitgeteilt, ließ der Konzern am Montagabend per Ad-hoc-Mitteilung wissen. Auch Hans Peter Ring, wie Feldmann einer der Vertreter der Anteilseigner im Bilfinger-Aufsichtsrat, wollte sich nicht wiederwählen lassen. Das teilte er Cordes erst gestern mit. Die offizielle Begründung: "persönliche Gründe". Als neue Kandidaten der Anteilseigner stellte Cordes auf der Hauptversammlung kurzfristig Ralph Heck und Dorothée Anna Deuring vor. Beide wurden in das Gremium gewählt, ebenso die übrigen Kandidaten der Anteilseigner. Dazu zählen neben Eckhard Cordes Marion Helmes, Lone Fonss Schroder und Jens Tischendorf.

Auftragsbestand in Immobiliensparte legt zu

Auch die heute Morgen veröffentlichten Geschäftszahlen für das erste Quartal 2016 dürften die Stimmung unter den Aktionären nicht unbedingt verbessern. Demnach hat sich der Konzernverlust - inklusive der Geschäftsfelder, die aufgegeben wurden bzw. werden sollen - in den ersten drei Monaten dieses Jahres von 17 Mio. auf 76 Mio. Euro vervielfacht. Operativ schrieb Bilfinger eine kleine schwarze Zahl: Das bereinigte Ebita lag bei 7 Mio. Euro (Q1 2015: 8 Mio. Euro). Die Leistung sank um 5% auf 1,35 Mrd. Euro, der Auftragseingang ging um 14% auf 1,40 Mrd. Euro zurück. Der Auftragsbestand legte dafür um 3% auf 4,74 Mrd. Euro zu.

In der Bau- und Immobiliensparte gab es bei der Leistung einen Rückgang um 3% auf 576 Mio. Euro. Die Begründung: Das Investitionsverhalten auf den Märkten, auf denen Bilfinger unterwegs ist, sei schwächer ausgefallen als im Vorjahr, und Bilfinger habe also weniger Immobiliendeals als im "starken Vorjahresquartal" begleitet. Das bereinigte Ebita ging im Segment Building and Facility von 16 Mio. auf 13 Mio. Euro zurück (-19%). Der Auftragseingang schrumpfte um 26% auf 635 Mio. Euro. Der Auftragsbestand legte dagegen um 23% auf 2,68 Mrd. Euro zu. Zum Vergleich: In der Sparte Industriedienstleistungen sank der Auftragsbestand um 17% auf 2,07 Mrd. Euro.

Für den Gesamtkonzern bestätigte Salzmann die Prognose für das laufende Jahr. Er rechnet mit einem deutlichen Rückgang der Leistung (2015: 6,2 Mrd. Euro) und einem leichten Anstieg des bereinigten Ebita (2015: 165 Mio. Euro).

Katja Bühren,Harald Thomeczek