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Academies stärken Bindung der Mitarbeiter

In internen Schulungen lernen Mitarbeiter unternehmens- und jobrelevante Inhalte.

In internen Schulungen lernen Mitarbeiter unternehmens- und jobrelevante Inhalte.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Andrey Popov

Karriere 20.10.2022
Mit internen Akademien nehmen Unternehmen die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter selbst in die Hand. Inhaltlich sollen job- und unternehmensspezifisches Fachwissen vermittelt werden. ... 

Mit internen Akademien nehmen Unternehmen die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter selbst in die Hand. Inhaltlich sollen job- und unternehmensspezifisches Fachwissen vermittelt werden. Aber auch das Zugehörigkeitsgefühl zum Arbeitgeber wollen die Firmen durch die hausinternen Kurse stärken.

Wer beim Immobilienfinanzierungsvermittler Baufi24 Karriere machen will, muss zuerst das hauseigene Training überstehen. Alle neuen Mitarbeiter durchlaufen das Onboarding an der sogenannten Bilthouse-Academy, in der die Unternehmensgruppe unter anderem ihre Finanzberater ausbildet. Wer bisher nur wenig Praxiserfahrung vorweisen kann, lernt sogar bis zu vier Wochen lang in Vollzeit. Es geht um Fachwissen zur Baufinanzierung, um Beratungsdialoge und Prozesse. Auch wer Quereinsteiger ist, muss die Kurse durchstehen. Er lernt zwei Wochen lang die Kultur des Unternehmens kennen, den Beratungsansatz der Bilthouse-Gruppe sowie die spezifischen Systeme und Plattformen.

Die Bilthouse-Gruppe ist nur eines von zahlreichen Unternehmen der Branche, die die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter selbst in die Hand nehmen. Der Immobilienverwalter Reanovo hat seine Academy kürzlich um einen mehrwöchigen Kurs erweitert, der rund 260 Verwalter fit macht für eine Zertifizierung durch die Industrie- und Handelskammer. Und die niederländische Ten-Brinke-Gruppe schult ihre Mitarbeiter seit fast zehn Jahren darin, nicht nur Immobilien zu entwickeln, sondern auch die eigene Persönlichkeit. Damit schlagen die Unternehmen mehrere Fliegen mit einer Klappe: Einerseits positionieren sie sich als attraktiver Arbeitgeber, dem die Förderung der Mitarbeiter am Herzen liegt. Andererseits haben sie die Kontrolle darüber, was ihre Mitarbeiter lernen – und können das vermittelte Wissen speziell auf die Bedürfnisse der Organisation zuschneiden.

Helena von Voithenberg, seit September Personalchefin der Bilthouse-Gruppe, will mit ihrer Academy den Vertrieb "bestmöglich qualifizieren, um eine hohe Beratungsqualität sicherstellen zu können". Gleichzeitig sorgt sie so für eine gute Vernetzung innerhalb des Unternehmens – immerhin sind die Baufinanzierungsprofis für verschiedene Marken der Bilthouse-Gruppe tätig, also für Baufi24, Hüttig & Rompf oder Loan Link.

Fachwissen aus dem eigenen Unternehmen

In der Academy gibt es aber noch weit mehr als Onboarding-Seminare: Wer eine Geschäftsstelle eröffnen möchte, wird zusätzlich in Unternehmertum geschult. Auch das Vorbereitungstraining zur Sachkundeprüfung 34i und Leadership-Coachings laufen über die Academy. Jede Woche steht zudem ein anderes Fachthema auf dem Plan, etwa Bausparen oder energieeffizientes Bauen. "Weit mehr als 80% der Kollegen nehmen jede Woche an der Austauschrunde teil", sagt die Personalchefin. Die Berater können außerdem Kundenfälle mit Coaches diskutieren, die zu bestimmten Sprechzeiten erreichbar sind. Die Lehrkräfte dort stellen die Gruppen nach ihren Vorerfahrungen zusammen. Gerade pilotiert von Voithenberg einen achtwöchigen Leadership-Basiskurs, der über eine App läuft. "Die Nachfrage nach den zwölf Plätzen war immens", sagt die Personalchefin.

Die Inhalte der Academy stammen von unternehmenseigenen Vertriebscoaches, Trainern für Baufinanzierung sowie externen Referenten und werden laufend aktualisiert. Etwa, wenn die Förderbank KfW ihre Kreditvergaberichtlinien aktualisiert oder die Zentralbanken die Zinsen erhöhen. Nur bei Inhalten zu Führungsthemen und der Sachkundeprüfung, die alle Finanzberater vorweisen müssen, greift die Bilthouse-Gruppe auf externe Anbieter zurück. Den Löwenanteil bestreitet das Unternehmens allerdings intern: "Die Akzeptanz von Trainings ist höher, wenn sie aus dem eigenen Unternehmen kommen", sagt von Voithenberg. Die Mitarbeiter fühlen sich dann eher angesprochen, können die Inhalte leichter in die Praxis übertragen, erklärt die Personalerin.

Angebote stärken Arbeitgebermarke

Ronnie Witte, der seit dem Jahr 2013 die Academy des niederländischen Immobilienentwicklers Ten Brinke leitet, sieht sogar noch einen wichtigeren Vorteil: "Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter gut ausbilden, machen die nicht nur bessere Arbeit, sondern bleiben ihrem Arbeitgeber länger treu", sagt er. "Die Mitarbeiter fühlen sich durch die Trainings sicherer und motivierter im Job. Das stärkt die Bindung zum Unternehmen." Witte rechnet vor: "Ständig neue Leute anzulernen, kostet mehr als die bestehenden Mitarbeiter weiterzuentwickeln und zu binden." Deshalb gibt es bei Ten Brinke auch Weiterbildung ohne Limit: Jeder darf so viele Kurse belegen, wie er möchte. Die rund 350 angebotenen Kurse reichen von Bauplanungsrecht und Grundbuchlesen über einen Ersthelferkurs und Techniken für mehr Produktivität. All das zählt als Arbeitszeit – außer Sprachkurse, die Mitarbeiter nicht für ihren Job benötigen. Die Module werden als E-Learning-Kurse angeboten, zusätzlich gibt es Gruppenveranstaltungen, die vor Ort in den Niederlassungen stattfinden. Die Teilnahme an der Academy ist zwar freiwillig, doch im Jahresgespräch schauen die Vorgesetzten genau hin und empfehlen das ein oder andere Modul falls nötig. Wer beispielsweise Führungsverantwortung übernimmt, sollte sich entsprechend darauf vorbereiten. Ein unternehmenseigenes vierköpfiges Team entwickelt technische Inhalte selbst, Baurecht und Fassadendämmung etwa. Weichere Themen zur Persönlichkeitsentwicklung kommen vom Partner Good Habitz, einem niederländischen E-Learning-Anbieter. Vor allem der Nachwuchs springt darauf an: "Ich bewerbe unsere Academy an Hochschulen und merke, wie wichtig jungen Leuten die persönliche Weiterentwicklung ist", sagt Witte. "Da zahlt unsere Academy natürlich auf unsere Arbeitgebermarke ein."

Auch Reanovo hat seine Academy im Frühjahr um einen Vorbereitungskurs zur IHK-Zertifizierung ausgeweitet. In den nächsten Wochen kommt noch ein Programm zur Führungskräfteentwicklung hinzu. Die Grundpfeiler: einheitliche Führungskultur, Führungstechniken und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Personalleiter Tom Goerke will das Onboarding seiner Auszubildenden weiter professionalisieren und über alle Reanovo-Standorte vereinheitlichen. Auch hier soll sie natürlich helfen: die Academy.

Die Autorin:Anna Friedrich ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich

Die Personaler wechseln in den Krisenmodus

Beim Career Day tauschten sich Personaler zu ihren Strategien aus.

Beim Career Day tauschten sich Personaler zu ihren Strategien aus.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 13.10.2022
Um das Vertrauen junger Bewerber zu gewinnen, müssen Unternehmen die Sicherheit ihrer Jobs und Karrieremöglichkeiten aufzeigen. Gleichzeitig setzen sie auf die Erfahrungen von ... 

Um das Vertrauen junger Bewerber zu gewinnen, müssen Unternehmen die Sicherheit ihrer Jobs und Karrieremöglichkeiten aufzeigen. Gleichzeitig setzen sie auf die Erfahrungen von langjährigen Mitarbeitern, um durch die Krise zu kommen. Sie sollen ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben und als Coaches ihre Teams leiten, damit sich vorhandene Kompetenzen ergänzen.

Als Herausforderung für das Recruiting – zusätzlich zum Fachkräftemangel – bezeichneten mehrere Personaler beim Career Day am letzten Messetag der Expo Real die Krisenthemen Ukraine-Krieg und Inflation. "Sie machen es nötig, jetzt beim Nachwuchs ein Gefühl von Sicherheit zu erzeugen", sagt Kristina Gukelberger, Head of HR Germany bei Swiss Life Asset Managers. "Für Unternehmen ist es wichtig, schon beim Erstgespräch mit dem Kandidaten Antworten auf Fragen rund um das Thema Jobsicherheit bereit zu haben", erklärt sie und bezeichnet die "frühzeitige Spiegelung dessen, was ein Unternehmen kulturell ausmacht und wie es finanziell aufgestellt ist", als den "Schlüssel zum Erfolg im Recruiting".

Für einen großen Konzern mit verschiedenen Abteilungen tätig, setzt sie darauf, Bewerbern möglichst breite Karriere- und interne Wechselmöglichkeiten vorzustellen. Zudem verweise sie früh im Bewerbungsprozess auf die Historie des Unternehmens, nenne konkrete Zahlen zu Assets under Management und stelle heraus, wie in der Vergangenheit Geschäftsmodelle aus schwierigen Lagen neu entstanden sind.

Es braucht Leute, die wissen, was eine Krise ist

Auch Jan Gatter, Head of People bei LBBW Immobilien, betont Bewerbern gegenüber die "USPs der Marke" und meint damit vor allem kulturelle Merkmale und den Führungsstil innerhalb des rund 400 Mitarbeiter starken mittelständischen Projektentwicklers. Im "Krisenmanagement" fühle er sich schon angekommen, beim Recruiting stehe für ihn deshalb nicht nur der Nachwuchs im Fokus. "Talente sind für mich nicht nur junge Menschen, sondern auch die mit Berufserfahrung", sagt er und betont, dass gerade Experten, die seit "mehr als zehn, zwölf Jahren in der Branche sind", jetzt wichtig werden. "Sie kennen Krisensituationen, etwa von 2008. Sie wissen, wie man damit umgeht, wenn die Stimmung am Markt getrübt ist", so seine Erklärung.

Wichtig sei es deshalb, gestandene Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen zu halten. "Die gut ausgebildeten Mitarbeiter mit Erfahrung müssen wir uns sichern, statt sie früher in Rente gehen zu lassen. Aber sie wollen nicht mehr nur Geld verdienen, sondern auch Spaß an der Arbeit haben". Dafür arbeitet LBBW Immobilien mit einem Senior-Junior-Patenkonzept. Auf diese Weise soll Wissen weitergegeben werden und das Know-how der Erfahrenen Anerkennung gewinnen. Um die Hürde für Bewerbungen zu senken, setze das Unternehmen bei Stellenausschreibungen für alle Positionen inzwischen weniger auf fachliche Anforderungen und stellt stattdessen Persönlichkeitsmerkmale und Softskills in den Fokus.

Bei Reanovo stellte Head of HR Tom Goerke zuletzt fest: "Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir immer genau die Bewerber bekommen, die wir uns vorstellen." Der Ausleseprozess für Führungspositionen wurde deshalb umgestellt. "Wir schauen uns zuerst an, welche Kompetenzen die Kandidaten mitbringen, und entscheiden erst nach dieser Bestandsaufnahme, für welche Rolle sie infrage kommen", berichtet er. Es gehe im ersten Schritt um die Person und erst im zweiten um die exakte Stellengestaltung.

Der Vermögensverwalter Commerz Real will in Zukunft Kompetenzen stärker verteilen, berichtet Global Head of People and Culture Christiane Wolfram. "Wir erwarten von Führungskräften immer sehr viel. Von Fachlichkeit über Empathie und weiteres. Aber eigentlich ist das Team die Führung, zumindest wenn Kompetenzen richtig verteilt werden." Deshalb schult das Unternehmen seine Führungskräfte zu Coaches, die die Talente ihrer Mitarbeiter fördern, sodass sie passende Rollen im Team übernehmen können und sich ihre Kompetenzen und Fähigkeiten ergänzen.

Janina Stadel

Integration ist bei Reanovo ein Lernprozess

Bei einem Patenprogramm lernen neue und alte Reanovo-Mitarbeiter voneinander.

Bei einem Patenprogramm lernen neue und alte Reanovo-Mitarbeiter voneinander.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Marcos

Karriere 01.09.2022
Zahlreiche Verwalter- und Maklerunternehmen standen bei Reanovo in den vergangenen Jahren auf der Einkaufsliste. Für die Integration der übernommenen Mitarbeiter nimmt sich das ... 

Zahlreiche Verwalter- und Maklerunternehmen standen bei Reanovo in den vergangenen Jahren auf der Einkaufsliste. Für die Integration der übernommenen Mitarbeiter nimmt sich das Unternehmen inzwischen viel Zeit und erhält den Hinzugekommenen Strukturen, die sich bewährt haben. Checklisten, gemeinsame neue Räume und alte Schreibtische gehören zum Konzept.

Als ich im Oktober 2020 angefangen habe, bei Reanovo zu arbeiten, hatte das Unternehmen rund 500 Mitarbeiter. Innerhalb weniger Jahre ist diese Zahl auf circa 1.300 gewachsen", fasst Tom Goerke, Head of Human Resources (HR), die Entwicklung des Immobilienserviceunternehmens zusammen. Hauptgrund für die große Zunahme an Mitarbeitern ist das starke anorganische Wachstum, das der ehemalige deutsche Ableger des französischen Dienstleistungskonzerns Foncia in den vergangenen zwei Jahren durch Ankäufe von Unternehmen erlebte.

Wie diese in den bestehenden Konzern aufgenommen werden können, musste Reanovo erst lernen, sagt Goerke. "Vor allem mussten wir im letzten Jahr erkennen, dass eine schnelle Integration nicht der beste Weg ist", fasst er zusammen und erklärt, dass eine Übernahme nur erfolgreich sein kann, wenn die Mitarbeiter mitziehen und sich mit der neuen Konzernzugehörigkeit identifizieren können. "Wir kaufen keine Gebäude oder Schreibtische an. Stattdessen sind wir ein People-Business", sagt Goerke und betont, dass dieser Leitgedanke auch das Mantra von Worna Zohari sei, mit dessen Einstieg in das Unternehmen als CEO im Juni 2020 das Wachstum erst richtig Fahrt aufnahm.

Vor allem kleine und ehemals familiengeführte Verwalterunternehmen und Maklerhäuser wurden in letzten beiden Jahren Teil des Konzerns. Unter anderem kaufte Reanovo Paul Immobilien, Sorgertec, Bender Hausverwaltung, Vegis, Präzisa, die R&M-Gruppe, BIG Hausverwaltung und Haferkamp Immobilien auf. Mit dem Verwalter Optima vergrößerte sich Reanovo Anfang des Jahres auf einen Schlag um 400 Mitarbeiter. Die jüngste Übernahme im August brachte 20 zusätzliche Mitarbeiter von der Sopp & Teipen Verwaltungsgesellschaft und der Sopp & Teipen Gebäudeservice Gesellschaft.

Bis zur vollständigen Integration einer Firma in den Konzern lasse sich Reanovo inzwischen mehr Zeit als noch zu Beginn des Wachstums. "Wenn familiär geführte Unternehmen plötzlich Teil eines Konzerns werden, ist es wichtig den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie Teil von etwas Neuem werden", erklärt Goerke und fügt hinzu: "Das geht nicht auf einen Schlag." Zwar habe der Konzern inzwischen Methoden gefunden, die den Mitarbeitern den Übergang erleichtern sollen, jedoch spricht Goerke noch immer von einem "ewigen Lernprozess" für den Konzern, weil jeder neue Mitarbeiter seine eigenen Gewohnheiten und seine eigenen Vorstellungen mit ins Unternehmen bringe.

Bei einigen Übernahmen habe Reanovo festgestellt, dass Mitarbeiter oft ganz andere Bedenken haben als die Verantwortlichen im Übernahme-Unternehmen. "Eine bestehende Firmenkultur kann man nicht auflösen, stattdessen muss sie mit der von Reanovo verzahnt werden." Damit das gelingt, gehe das Unternehmen inzwischen schrittweise vor. "Man muss ganz viel zuhören, aber auch erklären, dass den Mitarbeitern nichts weggenommen wird", sagt Goerke und bezieht sich damit zum einen auf ausgemachte Benefits des ursprünglichen Arbeitgebers, zum anderen aber auch auf ihre Stellung innerhalb eines Teams und auf der Karriereleiter sowie auf Gepflogenheiten unter Kollegen, die sich über Jahre etabliert haben.

Noch bevor die Briefköpfe letztendlich ausgetauscht und die bestehende Kunden über die neue Zugehörigkeit informiert werden, sei es Reanovo wichtig, die Mitarbeiter und ihr Know-how zu verzahnen. "Wenn wir einheitliche Strukturen wollen, dann müssen wir prüfen, welche die besten sind", sagt Goerke. "Da konnten wir in der Vergangenheit viel von neuen Mitarbeitern lernen. Sei es, was die internen Strukturen angeht, oder auch eine IT, die sich bewährt hat. Wir müssen uns alle Vorgänge anschauen, sie mit den bestehenden vergleichen und schauen, wer von wem etwas lernen kann." Das geschehe dann zum Beispiel über ein Patensystem, bei dem Mitarbeiter voneinander lernen. Dafür hat Reanovo eine Checkliste für die Einarbeitung erstellt, die nach jeder Integration sowohl durch die bestehenden als auch durch die neuen Mitarbeiter beurteilt wird. Sie beinhaltet praktische Informationen zu Themen wie Raumeinteilungen, aber auch zur Unternehmenskultur und Ansprechpartnern.

Manchmal hängt es auch am alten Schreibtisch

Ziel sei es zwar, einheitliche Arbeitsabläufe zu schaffen, doch bekannte Strukturen dürfen den neuen Mitarbeitern nicht genommen werden. "Da geht es manchmal um ein Möbelstück wie einen Schreibtisch, an den man sich über Jahre gewöhnt hat", nennt Goerke ein Beispiel. Wenn jedoch Arbeitsstrukturen nach dem Vorbild der Neuen im ganzen Konzern übernommen werden, seien Mitarbeiter stolz darauf, dass ihre Ideen vom gesamten Unternehmen adaptiert werden.

Um die Vorteile eines großen Konzerns von Anfang an zu zeigen, wurde die interne Marke Reanovo Cares eingeführt. "Dort laufen alle Fragen rund um die Mitarbeiterzufriedenheit und alles, was mit Wohlfühlen am Arbeitsplatz zu tun hat, zusammen", erklärt Goerke das Konzept und nennt Familienthemen, Work-Life-Balance, Gesundheits- und betriebliche Altersvorsorge als Beispiele. Das Programm greife bei Übernahmen sofort. "Ebenso führen wir einige Strukturen, etwa was Dienstwagenregelungen oder Corona-Vorschriften betrifft, von Anfang an ein." In einem nächsten Schritt nehme der Konzern den neuen Mitarbeitern das Recruiting und die Gehaltsabrechnungen ab. "Wenn der neue Name auf der Gehaltsabrechnung steht, zeigt das, dass sich etwas verändert, ohne dass es wehtut."

Geschäftsführertitel gehen schon mal verloren

Dabei verändere sich für einige auch der Jobtitel. "Gerade wenn wir kleinere Firmen übernehmen, verlieren Mitarbeiter schnell ihren Geschäftsführertitel. Dass in einem großen Konzern aber ein Abteilungsleiter mitunter sogar mehr Verantwortung trägt, muss erst kommuniziert werden."

Die Hierarchien innerhalb von Reanovo haben sich laut dem Head of HR durch das Wachstum verbreitert. "Wir konnten den Großteil der Führungspositionen intern besetzten." In der Zukunft soll neben einer Führungsebene auch eine Fachebene eingeführt werden. "Gerade bei Mitarbeitern aus kleinen Unternehmen eröffnet die Arbeit für einen Konzern neue Karrieremöglichkeiten, weil die Aufgaben und die Positionen vielfältiger sind. Das wollen wir fördern und jeden ermuntern, Potenziale zu erkennen und auszubauen. Schließlich sind Fachkräfte rar in der Branche."

Das lobt auch ein Mitarbeiter in einer Bewertung auf der Plattform Kununu. Dort empfehlen derzeit 67% der Mitarbeiter Reanovo als Arbeitgeber weiter. Ältere Einträge zu Niederlassungen, die noch unter dem Namen Foncia geschrieben wurden, kamen auf deutlich geringere Werte. Am Standort Frankfurt lag die Bewertung sogar knapp unter 20%. Dabei sind die Umstrukturierungen den Mitarbeitern nicht entgangen. "Die vergangenen zwölf Monate waren turbulent und einige Kollegen haben das Unternehmen verlassen", berichtet ein Hausverwalter aus München in diesem Sommer und lenkt ein: "Das hat das jetzige Team aber umso mehr zusammengeschweißt." Er berichtet von Unterstützung von Unternehmensseite, weil neue Kollegen "in Ruhe eingelernt" werden. Ein Verwalter aus München lobt die Zusammenarbeit zwischen den Standorten, die sich seit dem Wachstum intensiviert habe, und ein Kollege aus Frankfurt erklärte einige Wochen zuvor, sich über die Unternehmensziele durch seine Vorgesetzten gut informiert zu fühlen und "klar kommunizierte Visionen" zu schätzen.

Neben der stärkeren Verknüpfung der Standorte sieht Reanovo das Wachstum auch als Grundlage für engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern. In Berlin soll das in den kommenden Monaten durch neue gemeinsame Büros möglich werden. "Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, den jetzigen Standort zu vergrößern", berichtet Goerke. Der Grund: "Wenn neue Mitarbeiter in das bestehende Gebäude einziehen, werden sie sich immer wie Gäste fühlen. Stattdessen wollen wir neue Büros für alle 200 Mitarbeiter in Berlin schaffen, die sie von Anfang an gemeinsam beziehen", erklärt er. Bei einer Baustellentour im September sollen sie alle zusammenkommen. "Und dann kann auch frei diskutiert werden, wer mit welchem Kollegen in ein gemeinsames Büro ziehen will. Ob dann alte Schreibtischnachbarschaften bestehen bleiben, weil man sich kennt und sich gut ergänzt, oder ob ganz neue Kombinationen entstehen. Dafür sind wir genauso offen."

Janina Stadel

Wer Zeit für die Pflege schafft, bindet Mitarbeiter

57% aller Berufstätigen würden pflegebedürftige Angehörigen gern selbst
betreuen - eine Herausforderung für Unternehmen.

57% aller Berufstätigen würden pflegebedürftige Angehörigen gern selbst betreuen - eine Herausforderung für Unternehmen.

Bild: BilderBox.com

Karriere 23.01.2014
In einer alternden Gesellschaft stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine immer größere Herausforderung für Unternehmen dar. Jeder zweite Geschäftsführer und Personalleiter ... 

In einer alternden Gesellschaft stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine immer größere Herausforderung für Unternehmen dar. Jeder zweite Geschäftsführer und Personalleiter rechnet damit, dass dieses Thema weiter an Bedeutung gewinnt. Die Berliner degewo hat reagiert und eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die über das Familienpflegezeitgesetz hinausgeht, um ihre Mitarbeiter langfristig zu binden. Doch auch bei der Rekrutierung können Unternehmen mit familienfreundlichen Strukturen punkten.

Wie Beruf und Pflege vereint werden können, vor dieser Frage stehen viele Familien in Deutschland. Allein im Jahr 2007 gab es 2,25 Mio. Pflegebedürftige mit einer Pflegestufe. Diese Zahl dürfte sich bis 2020 auf 2,9 Mio. erhöhen. Derzeit werden mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege versorgt, und zwar in neun von zehn dieser Fälle durch Angehörige. Hinzu kommen zudem weitere rund 3 Mio. pflegebedürftige Menschen, die keine Pflegestufe haben, aber ebenfalls vor allem von Angehörigen betreut werden. Diese Zahlen nennt der Leitfaden "Vereinbarkeit von Beruf und Pflege - Wie Unternehmen Beschäftigte mit Pflegeaufgaben unterstützen können", herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Von diesen Angehörigen - ca. 4,6 Mio. Personen - steht knapp die Hälfte mitten im Berufsleben. Jeder dritte Pflegende ist jünger als 44 Jahre. Um die Pflege übernehmen zu können, ist fast jeder zweite gezwungen, seine Erwerbstätigkeit in erheblichem Umfang zu reduzieren oder gar ganz aufzugeben. Die übrigen verringern ihre Wochenarbeitszeit meist nur um fünf bis zehn Stunden.

So hoch die Belastung für die pflegenden Angehörigen auf der einen Seite ist, so hoch ist auch die Belastung durch den Ausfall der Mitarbeiter auf der Seite der Unternehmen. Einer Untersuchung zufolge haben 44% der Unternehmen Erfahrung mit Beschäftigten gesammelt, die sich um ihre Angehörigen kümmern müssen. In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten steigt dieser Wert sogar auf 66%. Derzeit sei jedes vierte Unternehmen betroffen, heißt es in dem Leitfaden. Und so ist auch nicht verwunderlich, dass das Thema Pflege und Beruf sowohl auf Arbeitnehmer- wie auch auf Arbeitgeberseite an Bedeutung gewonnen hat: 86% der Beschäftigten halten die Familienfreundlichkeit von Unternehmen für wichtig (2003: 55%), zeigt der Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2013. Auch der Leitfaden liefert ähnliche Werte: 82% der Unternehmen halten es für wichtig oder sogar sehr wichtig, dass Berufstätige unterstützt werden, die ihre Angehörigen pflegen möchten.

Schon in mehr als einem Drittel der Unternehmen gibt es entsprechende Angebote, z.B. können die Beschäftigten ihre Arbeit kurzfristig unterbrechen. Temporäre Arbeitszeitreduzierung im Rahmen einer Familienpflegezeit haben 27% der Unternehmen in Deutschland angeboten. Arbeitsfreistellung gibt es bei 27% und einen Pflegedienst bzw. Kurzzeitpflege bieten 3% der Unternehmen an.

Dem Thema Pflege hat sich auch die Berliner degewo angenommen. Seit dem 1. November 2013 ist dort eine Betriebsvereinbarung in Kraft, die über die Regelungen im Familienpflegezeitgesetz deutlich hinausgeht. Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht nicht. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Leistung des Unternehmens. degewo hat diese für sich nun definiert: So ist den Mitarbeitern beispielsweise erlaubt, die

70% der Fachkräfte achten auf Familienfreundlichkeit bei der Arbeitgeberwahl

Arbeitszeit auf Null Stunden zu reduzieren und die Familienpflegezeit kann schon ab einer kurzen Pflegedauer von drei Monaten in Anspruch genommen werden, obwohl das Gesetz dies erst ab sechs Monaten vorsieht. Wie im Familienpflegezeitgesetz geregelt, stockt das Unternehmen das Arbeitsentgelt um die Hälfte dessen auf, was durch die reduzierte Arbeitszeit wegfällt, und es besteht für die Arbeitnehmer keine Versicherungspflicht gegen den Ausfall der Rückzahlung. Das Risiko übernehme degewo, sagt Tom Goerke, Leiter Zentrales Personal- und Betriebsmanagement. Das Unternehmen will damit seine Mitarbeiter langfristig binden und ein vollständiges Ausscheiden aufgrund eines familiären Pflegefalls verhindern.

Angesichts des Fachkräftemangels sind viele Unternehmen sicherlich gut beraten, familienfreundliche Strukturen zu schaffen. Denn 70% der Fachkräfte unter 49 Jahren achten darauf bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers, ebenso wie auf das Gehalt. Umgekehrt wenden sich auch Arbeitnehmer von Unternehmen ab, die ihnen bei Betreuungsthemen nicht entgegenkommen, wie der Leitfaden zeigt. Mehr als zwei Drittel der Befragten könnten sich vorstellen, für bessere Bedingungen den Job zu wechseln, mehr als jeder Vierte hat dies bereits getan.

Sonja Smalian