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Die Personaler wechseln in den Krisenmodus

Beim Career Day tauschten sich Personaler zu ihren Strategien aus.

Beim Career Day tauschten sich Personaler zu ihren Strategien aus.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 13.10.2022
Um das Vertrauen junger Bewerber zu gewinnen, müssen Unternehmen die Sicherheit ihrer Jobs und Karrieremöglichkeiten aufzeigen. Gleichzeitig setzen sie auf die Erfahrungen von ... 

Um das Vertrauen junger Bewerber zu gewinnen, müssen Unternehmen die Sicherheit ihrer Jobs und Karrieremöglichkeiten aufzeigen. Gleichzeitig setzen sie auf die Erfahrungen von langjährigen Mitarbeitern, um durch die Krise zu kommen. Sie sollen ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben und als Coaches ihre Teams leiten, damit sich vorhandene Kompetenzen ergänzen.

Als Herausforderung für das Recruiting – zusätzlich zum Fachkräftemangel – bezeichneten mehrere Personaler beim Career Day am letzten Messetag der Expo Real die Krisenthemen Ukraine-Krieg und Inflation. "Sie machen es nötig, jetzt beim Nachwuchs ein Gefühl von Sicherheit zu erzeugen", sagt Kristina Gukelberger, Head of HR Germany bei Swiss Life Asset Managers. "Für Unternehmen ist es wichtig, schon beim Erstgespräch mit dem Kandidaten Antworten auf Fragen rund um das Thema Jobsicherheit bereit zu haben", erklärt sie und bezeichnet die "frühzeitige Spiegelung dessen, was ein Unternehmen kulturell ausmacht und wie es finanziell aufgestellt ist", als den "Schlüssel zum Erfolg im Recruiting".

Für einen großen Konzern mit verschiedenen Abteilungen tätig, setzt sie darauf, Bewerbern möglichst breite Karriere- und interne Wechselmöglichkeiten vorzustellen. Zudem verweise sie früh im Bewerbungsprozess auf die Historie des Unternehmens, nenne konkrete Zahlen zu Assets under Management und stelle heraus, wie in der Vergangenheit Geschäftsmodelle aus schwierigen Lagen neu entstanden sind.

Es braucht Leute, die wissen, was eine Krise ist

Auch Jan Gatter, Head of People bei LBBW Immobilien, betont Bewerbern gegenüber die "USPs der Marke" und meint damit vor allem kulturelle Merkmale und den Führungsstil innerhalb des rund 400 Mitarbeiter starken mittelständischen Projektentwicklers. Im "Krisenmanagement" fühle er sich schon angekommen, beim Recruiting stehe für ihn deshalb nicht nur der Nachwuchs im Fokus. "Talente sind für mich nicht nur junge Menschen, sondern auch die mit Berufserfahrung", sagt er und betont, dass gerade Experten, die seit "mehr als zehn, zwölf Jahren in der Branche sind", jetzt wichtig werden. "Sie kennen Krisensituationen, etwa von 2008. Sie wissen, wie man damit umgeht, wenn die Stimmung am Markt getrübt ist", so seine Erklärung.

Wichtig sei es deshalb, gestandene Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen zu halten. "Die gut ausgebildeten Mitarbeiter mit Erfahrung müssen wir uns sichern, statt sie früher in Rente gehen zu lassen. Aber sie wollen nicht mehr nur Geld verdienen, sondern auch Spaß an der Arbeit haben". Dafür arbeitet LBBW Immobilien mit einem Senior-Junior-Patenkonzept. Auf diese Weise soll Wissen weitergegeben werden und das Know-how der Erfahrenen Anerkennung gewinnen. Um die Hürde für Bewerbungen zu senken, setze das Unternehmen bei Stellenausschreibungen für alle Positionen inzwischen weniger auf fachliche Anforderungen und stellt stattdessen Persönlichkeitsmerkmale und Softskills in den Fokus.

Bei Reanovo stellte Head of HR Tom Goerke zuletzt fest: "Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir immer genau die Bewerber bekommen, die wir uns vorstellen." Der Ausleseprozess für Führungspositionen wurde deshalb umgestellt. "Wir schauen uns zuerst an, welche Kompetenzen die Kandidaten mitbringen, und entscheiden erst nach dieser Bestandsaufnahme, für welche Rolle sie infrage kommen", berichtet er. Es gehe im ersten Schritt um die Person und erst im zweiten um die exakte Stellengestaltung.

Der Vermögensverwalter Commerz Real will in Zukunft Kompetenzen stärker verteilen, berichtet Global Head of People and Culture Christiane Wolfram. "Wir erwarten von Führungskräften immer sehr viel. Von Fachlichkeit über Empathie und weiteres. Aber eigentlich ist das Team die Führung, zumindest wenn Kompetenzen richtig verteilt werden." Deshalb schult das Unternehmen seine Führungskräfte zu Coaches, die die Talente ihrer Mitarbeiter fördern, sodass sie passende Rollen im Team übernehmen können und sich ihre Kompetenzen und Fähigkeiten ergänzen.

Janina Stadel

Wer Zeit für die Pflege schafft, bindet Mitarbeiter

57% aller Berufstätigen würden pflegebedürftige Angehörigen gern selbst
betreuen - eine Herausforderung für Unternehmen.

57% aller Berufstätigen würden pflegebedürftige Angehörigen gern selbst betreuen - eine Herausforderung für Unternehmen.

Bild: BilderBox.com

Karriere 23.01.2014
In einer alternden Gesellschaft stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine immer größere Herausforderung für Unternehmen dar. Jeder zweite Geschäftsführer und Personalleiter ... 

In einer alternden Gesellschaft stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine immer größere Herausforderung für Unternehmen dar. Jeder zweite Geschäftsführer und Personalleiter rechnet damit, dass dieses Thema weiter an Bedeutung gewinnt. Die Berliner degewo hat reagiert und eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die über das Familienpflegezeitgesetz hinausgeht, um ihre Mitarbeiter langfristig zu binden. Doch auch bei der Rekrutierung können Unternehmen mit familienfreundlichen Strukturen punkten.

Wie Beruf und Pflege vereint werden können, vor dieser Frage stehen viele Familien in Deutschland. Allein im Jahr 2007 gab es 2,25 Mio. Pflegebedürftige mit einer Pflegestufe. Diese Zahl dürfte sich bis 2020 auf 2,9 Mio. erhöhen. Derzeit werden mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege versorgt, und zwar in neun von zehn dieser Fälle durch Angehörige. Hinzu kommen zudem weitere rund 3 Mio. pflegebedürftige Menschen, die keine Pflegestufe haben, aber ebenfalls vor allem von Angehörigen betreut werden. Diese Zahlen nennt der Leitfaden "Vereinbarkeit von Beruf und Pflege - Wie Unternehmen Beschäftigte mit Pflegeaufgaben unterstützen können", herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Von diesen Angehörigen - ca. 4,6 Mio. Personen - steht knapp die Hälfte mitten im Berufsleben. Jeder dritte Pflegende ist jünger als 44 Jahre. Um die Pflege übernehmen zu können, ist fast jeder zweite gezwungen, seine Erwerbstätigkeit in erheblichem Umfang zu reduzieren oder gar ganz aufzugeben. Die übrigen verringern ihre Wochenarbeitszeit meist nur um fünf bis zehn Stunden.

So hoch die Belastung für die pflegenden Angehörigen auf der einen Seite ist, so hoch ist auch die Belastung durch den Ausfall der Mitarbeiter auf der Seite der Unternehmen. Einer Untersuchung zufolge haben 44% der Unternehmen Erfahrung mit Beschäftigten gesammelt, die sich um ihre Angehörigen kümmern müssen. In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten steigt dieser Wert sogar auf 66%. Derzeit sei jedes vierte Unternehmen betroffen, heißt es in dem Leitfaden. Und so ist auch nicht verwunderlich, dass das Thema Pflege und Beruf sowohl auf Arbeitnehmer- wie auch auf Arbeitgeberseite an Bedeutung gewonnen hat: 86% der Beschäftigten halten die Familienfreundlichkeit von Unternehmen für wichtig (2003: 55%), zeigt der Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2013. Auch der Leitfaden liefert ähnliche Werte: 82% der Unternehmen halten es für wichtig oder sogar sehr wichtig, dass Berufstätige unterstützt werden, die ihre Angehörigen pflegen möchten.

Schon in mehr als einem Drittel der Unternehmen gibt es entsprechende Angebote, z.B. können die Beschäftigten ihre Arbeit kurzfristig unterbrechen. Temporäre Arbeitszeitreduzierung im Rahmen einer Familienpflegezeit haben 27% der Unternehmen in Deutschland angeboten. Arbeitsfreistellung gibt es bei 27% und einen Pflegedienst bzw. Kurzzeitpflege bieten 3% der Unternehmen an.

Dem Thema Pflege hat sich auch die Berliner degewo angenommen. Seit dem 1. November 2013 ist dort eine Betriebsvereinbarung in Kraft, die über die Regelungen im Familienpflegezeitgesetz deutlich hinausgeht. Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht nicht. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Leistung des Unternehmens. degewo hat diese für sich nun definiert: So ist den Mitarbeitern beispielsweise erlaubt, die

70% der Fachkräfte achten auf Familienfreundlichkeit bei der Arbeitgeberwahl

Arbeitszeit auf Null Stunden zu reduzieren und die Familienpflegezeit kann schon ab einer kurzen Pflegedauer von drei Monaten in Anspruch genommen werden, obwohl das Gesetz dies erst ab sechs Monaten vorsieht. Wie im Familienpflegezeitgesetz geregelt, stockt das Unternehmen das Arbeitsentgelt um die Hälfte dessen auf, was durch die reduzierte Arbeitszeit wegfällt, und es besteht für die Arbeitnehmer keine Versicherungspflicht gegen den Ausfall der Rückzahlung. Das Risiko übernehme degewo, sagt Tom Goerke, Leiter Zentrales Personal- und Betriebsmanagement. Das Unternehmen will damit seine Mitarbeiter langfristig binden und ein vollständiges Ausscheiden aufgrund eines familiären Pflegefalls verhindern.

Angesichts des Fachkräftemangels sind viele Unternehmen sicherlich gut beraten, familienfreundliche Strukturen zu schaffen. Denn 70% der Fachkräfte unter 49 Jahren achten darauf bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers, ebenso wie auf das Gehalt. Umgekehrt wenden sich auch Arbeitnehmer von Unternehmen ab, die ihnen bei Betreuungsthemen nicht entgegenkommen, wie der Leitfaden zeigt. Mehr als zwei Drittel der Befragten könnten sich vorstellen, für bessere Bedingungen den Job zu wechseln, mehr als jeder Vierte hat dies bereits getan.

Sonja Smalian