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(K)ein Fall für zwei?

Karriere 26.01.2017
Nicht jeder kann oder will Vollzeit arbeiten. Mit klassischer Teilzeitarbeit werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber oft auch nicht richtig glücklich. Ein möglicher Ausweg: Jobsharing. Mancher ... 

Nicht jeder kann oder will Vollzeit arbeiten. Mit klassischer Teilzeitarbeit werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber oft auch nicht richtig glücklich. Ein möglicher Ausweg: Jobsharing. Mancher Immobilienarbeitgeber tastet sich schon ran.

Als glühender Verfechter zeigt sich Torsten Kuß, Geschäftsführer der Arikon Baugesellschaft Hamburg. "In einer Branche mit Fachkräftemangel müssen wir als Arbeitgeber auf die Bedürfnisse der Menschen Rücksicht nehmen", sagt er. Ein Erweckungserlebnis hatte Kuß, als er einen Vortrag der Gründerinnen der Jobsharing-Plattform Tandemploy hörte.

Kuß baut derzeit die Arikon Baugesellschaft Hamburg als Teil der Firmengruppe Arikon auf. Aktuell sind zwei ausdrücklich jobsharing-freundliche Stellen für Bauleitung und Kalkulation ausgeschrieben. "Ich glaube, dass wir so brachliegende Mitarbeiter-Ressourcen erschließen können. Schließlich kann oder will nicht jeder ganztags arbeiten", erklärt Kuß. Jobsharing ist dabei für ihn ein Baustein, in einem veränderten Arbeitsmarkt noch gute (junge) Leute zu bekommen und zu halten. Weil die wertvolle Ressource Personal in seiner boomenden Branche schon heute knapp ist - abzulesen an der Zahl und Qualität der Bewerbungen -, kommt Kuß seinen Mitarbeitern entgegen und stimmt z.B. auch seinen Terminkalender auf ihre Bedürfnisse ab.

Auch Patrizia Immobilien möchte "in den kommenden Jahren verstärkt Beschäftigungsverhältnisse in diesem Anstellungsmodell anbieten", kündigt Simone Böck, Head of HR Operations, an. "Derzeit prüfen wir, welche Positionen dafür infrage kommen." Viele hochqualifizierte Bewerber, die nur in Teilzeit arbeiten können/wollen, landen heute auf halben Stellen, für die sie überqualifiziert sind - oder bleiben zuhause. "Hier liegt ein enorm großes Fachkräftepotenzial brach, das es insbesondere in Zeiten eines drohenden Fachkräftemangels zu heben gilt", drückt sich Böck fast wortgleich mit Kuß aus. "In Zeiten immer individueller werdender Lebensentwürfe betrifft das im Übrigen längst nicht nur Frauen."

Die ECE hat bereits "gute Erfahrungen" mit Jobsharing-Modellen gemacht. So teilten sich schon mehrfach zwei Centermanagerinnen die Leitung eines Einkaufszentrums. Im Februar geht wieder ein solches Tandem an den Start. Und im Bereich Communications führten zwei Kolleginnen die Abteilung Corporate Relations & Sustainability gemeinsam.

"Gerade Führungspositionen sind aus unserer Sicht gut für Jobsharing-Modelle geeignet, da aufgrund der anspruchsvollen Aufgaben ein Teilen manchmal sinnvoller ist als eine bloße Reduzierung der Arbeitszeit", findet die ECE. Und für den nächsten Karriereschritt muss Jobsharing kein Hindernis sein: Eine der beiden Leiterinnen der Abteilung Corporate Relations & Sustainability ist inzwischen zur Direktorin für den Bereich Sustainability & Internal Services aufgestiegen.

Für diverse Arbeitgeber spielt Jobsharing noch keine große Rolle. Union Investment Real Estate z.B. kann derzeit noch keine verstärkte Nachfrage nach diesem Arbeitszeitmodell durch Bewerber erkennen. Ähnlich fällt die Antwort des Kölner Baukonzerns Strabag aus. Grundsätzlich sei man ja allen Arbeitszeitmodellen gegenüber aufgeschlossen, konkret habe man im Strabag-Konzern jedoch niemanden im Rahmen eines Jobsharings beschäftigt. Andere Arbeitgeber verweigern schlicht die Aussage - was vermuten lässt, dass man geteilte Arbeit dort weder praktiziert noch sich mit dem Thema beschäftigt und daher in diesem Kontext nicht in Erscheinung zu treten wünscht.

Bei der Kölner GAG, mit über 42.000 Wohnungen einer der größten Wohnungsvermieter der Republik, hat man kein Problem damit, im Zusammenhang mit dem Thema genannt zu werden, obwohl auch die GAG dieses Arbeitszeitmodell aktuell nicht aktiv verfolgt. Weniger aus Vorbehalten gegen die Idee an sich als vielmehr aus praktischen Zwängen, wie es heißt: Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei der GAG in Teilzeit arbeiten bzw. arbeiten wollen, machen bzw. wollen das in der Regel vormittags, sodass es auf die Teilzeitarbeit im herkömmlichen Sinne hinauslaufe.

Ein zweites Argument, das die GAG ins Feld führt: Beim Jobsharing ist eine Stabübergabe erforderlich, um Reibungsverluste zu vermeiden - was sicherlich nicht unkompliziert sei. Dennoch, so betont man, stehe man dem Modell nicht grundsätzlich abgeneigt gegenüber, wenn Mitarbeiter hier selbst die Initiative ergreifen.

Neue Wege geht die CA Immo, wenngleich geteilte Arbeit hier nicht reduzierte Arbeitszeit bedeutet. "In der Abteilung für Buchhaltung und Steuern haben wir zum 1. Januar 2017 eine Doppelspitze installiert", berichtet Personalchefin Nora Steiner. Als klar war, dass die vorherige Head of Accounting & Taxes, in deren Händen die Gesamtleitung der Abteilung lag, das Unternehmen verlassen würde, kam aus der Abteilung selbst der Vorschlag, aus den eigenen Reihen ein Tandem aus zwei gleichberechtigten Partnern zu bilden.

Steiner verspricht sich davon "erhöhte Flexibilität, maximiertes Know-how und eine gute Akzeptanz seitens der Mitarbeiter", da der Vorschlag für dieses Modell ja von ebendiesen kam. Sie verhehlt jedoch nicht, dass es eine Umstellung fürs ganze Unternehmen bedeutet und daher einer guten Vorbereitung bedurfte. "Fragen wie: ‚Wen spricht man bei diesem oder jenem Thema an?‘, müssen vorab geklärt sein." Auch unerlässlich: Die Vorgesetzten bis hinauf zum Finanzvorstand sicherten ihre volle Unterstützung bei inhaltlichen Fragen zu.

Harald Thomeczek