Karriere-News

ESG-Kriterien halten Einzug in die Vergütung

ESG fällt bei der Bezahlung von Führungskräften ins Gewicht.

ESG fällt bei der Bezahlung von Führungskräften ins Gewicht.

Quelle: Imago, Urheber: Panthermedia

Karriere 07.10.2021
ESG ist in aller Munde. Kaum ein Unternehmen kann sich dem Ruf nach mehr sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit noch entziehen. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen ... 

ESG ist in aller Munde. Kaum ein Unternehmen kann sich dem Ruf nach mehr sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit noch entziehen. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, setzen auch Immobilienfirmen immer häufiger über ihre Vergütungssysteme für leitende Mitarbeiter Anreize zum nachhaltigen Handeln. Stellschraube für derlei extrinsische Motivation ist der Bonus.

Alstria und Hamborner haben es schon getan, LEG auch und Schwergewicht Vonovia sowieso: Diese Immobilien-AGs und viele mehr haben ESG-Kriterien Einzug halten lassen in die Vergütungsmodelle von Vorständen und Führungsebenen darunter. "Die Vergütung ist ein maßgeblicher Hebel zur Beeinflussung, wie Mitarbeiter agieren. Bei der Festvergütung bin ich immer gebunden – egal, wie die Leistung ausfällt. Das eigentlich interessante Steuerungsinstrument ist deshalb die variable Vergütung: Mit Incentives können Arbeitgeber zielgerichteter und flexibel steuern, was sie honorieren möchten", erklärte Björn Christ, Vergütungsexperte der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann, in einem Webinar der ZIA Akademie zu regulatorischen Anforderungen an Boni, Prämien & Co.

Und honorieren wollen und sollen die börsennotierten Arbeitgeber heute nicht nur das Erreichen finanzieller Ziele (Aktienkurs, bereinigter Gewinn etc.), sondern auch nicht-finanzielle Ziele, die nicht weniger wichtig für nachhaltigen Erfolg sind. Und dazu zählen ESG-Motive: Investments in nachhaltige Gebäude und Klimaschutz im Bestand (CO2-Reduktion, schonender Ressourcenverbrauch etc.), Übernahme sozialer Verantwortung (z.B. durch den Bau von Sozial- oder geförderten Wohnungen), gutes Führungsverhalten, gleiche Vergütung für gleichwertige Arbeit, Diversität auf Führungsebenen, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit und die Wahrung der Menschenrechte in der Baustoff-Lieferkette ... Der ESG-Kriterien sind viele denkbar. Denn einen einheitlichen Rahmen geben weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber vor.

Komplett freiwillig haben die AGs allerdings nicht gehandelt: Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie der EU, kurz ARUG II, hat mit sanftem Druck nachgeholfen. Und so finden sich in den Geschäftsberichten auch vieler deutscher Wohn- und Gewerbeimmobilien-AGs, teils minutiös aufgedröselt, ESG-Aspekte in den Modellen der Vorstandsvergütung.

Bei Hamborner Reit z.B. schaut der Aufsichtsrat zunächst, inwieweit der FFO je Aktie und die Vermietungsquote die gesteckten Erwartungen erreicht haben. Je nach Zielerreichungsgrad, der zwischen 0% und 150% liegen kann, fließen beide Aspekte zu 60% bzw. 40% gewichtet in die kurzfristige variable Vergütung ein. Abschließend wird der Betrag mit einem Faktor zwischen 0,8 und 1,2 multipliziert; je nachdem, wie die beiden amtierenden Vorstände Niclas Karoff (Vorsitzender) und Hans Richard Schmitz die ESG-Ziele sowie individuelle und gemeinsame Ziele – Portfoliostrategie, Asset-Management, Investor Relations etc. – erreicht haben.

Die weit gefächerten ESG-Vorhaben umfassen bei Hamborner die Flexibilisierung der Arbeitsmodelle, Abschlüsse grüner Mietverträge oder eben die Ökobilanz des Portfolios und die Verringerung der CO2-Emissionen im selbigen. Wie hoch der Anteil der ESG-Ziele am Multiplikator genau ausfällt, kann Christoph Heitmann, Head of Investor & Public Relations beim Duisburger Reit, nicht sagen. "Aber seien Sie sicher, dass die ESG-Ziele dabei in der Regel einen ebenso hohen Anteil haben wie die übrigen Ziele."

"Der ESG-Anteil darf kein Feigenblatt sein"

Eine Untergrenze für die Gewichtung von ESG-Zielen sieht die Regulatorik nicht vor. Anwalt Christ stellt aber klar: "Das muss angemessen sein. Wenn Nachhaltigkeitsziele z.B. nur 0,5% ausmachen, wäre das ganz sicher nicht mehr angemessen. Vergütung ist vielleicht nur einer von vielen Punkten, wie ESG in einem Unternehmen implementiert wird, aber eben ein ganz zentraler Hebel. Das darf kein Feigeblatt sein."

Zurück zum Beispiel Hamborner: Summa summarum hat Karoff für 2020 das Optimum rausgeholt: Seinen Modifier sah der Aufsichtsrat an der Obergrenze von 1,2. Schmitz landete mit 1,15 knapp darunter. Auf der zweiten Führungsebene werden – je nachdem, welche Themen aus dem umfangreichen ESG-Programm gerade anstehen, ebenfalls "individuelle Ziele für einzelne involvierte Abteilungsleiter formuliert", erklärt Heitmann.

Was im Einzelnen unter dem Begriff ESG subsumiert werden kann und was nicht – dazu gehen die Meinungen mitunter auseinander. Einheitliche Vorgaben gibt es nämlich nicht, weder für die Assetklasse Immobilien noch für Immobilienunternehmen als solche. Das Fehlen von Standards ist jedoch nicht mit Beliebigkeit gleichzusetzen. "Die Bafin ist sensibilisiert für Greenwashing", sagt Christs GSK-Kollegin Lisa Watermann. Der Stempel altersgerecht beispielsweise allein reiche nicht, um ein Wohnungsprodukt als ESG-konform zu deklarieren.

Es sei aber nicht so, betont Watermann, dass Unternehmen versuchen würden, sich billig einen grünen Anstrich zu verleihen. Vielmehr befinde sich die Finanzindustrie in einem waschechten Transformationsprozess: "Besonders diejenigen Kapitalverwaltungsgesellschaften, die erst anfangen, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, müssen Lernschleifen drehen. Das ist eine der Riesenherausforderungen für unsere Mandanten, dass es hier keine einheitlichen und insofern verbindlichen Standards gibt."

Nachhaltigkeitsaspekte spielen aber nicht nur in den Zielvereinbarungen von Führungskräften börsennotierter Konzerne oder regulierter Finanzdienstleister eine immer größere Rolle. Auch jenseits von immer strengeren gesetzlichen Vorgaben wächst das Bewusstsein dafür, dass ESG-Ziele in den Vergütungssystemen verankert werden müssen, um den Erwartungen von Kunden und der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Und während "altersgerechte" Wohnungen – ohne weitergehende Konkretisierungen – vor den strengen Augen der Bafin eher nicht bestehen, sähe es mit Sozialwohnungen wahrscheinlich anders aus. Die Schaffung sozialen Wohnraums hätten sich, weiß Watermann, bisher jedoch vor allem solche Wohnungsbauunternehmen auf die Fahnen geschrieben, hinter denen Investorengruppen stehen, die das Gemeinwohl besonders im Blick haben.

Belohnung auch unter der Vorstandsebene

Wer den großen Wurf scheut, kann sich dem Thema in kleinen Schritten nähern und seiner Belegschaft niederschwellige Angebote machen: "Um das Bewusstsein für die Bedeutung von nachhaltigem Handeln zu vergrößern, kann auch die Durchführung bzw. Teilnahme an Schulungen zum Thema ESG als vergütungsrelevantes Ziel vereinbart werden", schlägt Christ vor. Dabei sollten Führungskräfte dafür belohnt werden, dass sie entsprechende Konzepte erarbeiten und umsetzen, und die übrigen Mitarbeiter dafür, dass sie an solchen Workshops teilnehmen.

Denn eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: "Vor dem Druck der Investoren gibt es kein Entkommen", mahnt Watermann. Heute ist es vielleicht noch dem Zufall überlassen, ob sich bei einem mittelständischen Projektentwickler jemand zum ESG-Beauftragten erklärt. Doch langfristig dürfen Entwickler "keine Steine verbauen, die durch Kinderarbeit in Indien entstanden sind. Am Ende soll die Gebäude ja ein Investor kaufen wollen", spitzt es die Finanzmarktexpertin zu. Eine Motivationsspritze in Gestalt eines ESG-Bonus für den Geschäftsführer – oder, wenn nötig, eines Malus – könnte Wunder wirken.


Harald Thomeczek

Kienbaum und ZIA loten Branchengehälter aus

Sekt oder Selters: Wie gut werden Führungskräfte, Experten und Sachbearbeiter in der Immobilienbranche bezahlt?

Sekt oder Selters: Wie gut werden Führungskräfte, Experten und Sachbearbeiter in der Immobilienbranche bezahlt?

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Thomas Reimer

Karriere 19.03.2019
Die Personalberatung Kienbaum und der Branchenverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) starten eine Umfrage zu Gehältern in der deutschen Immobilienwirtschaft. Angesprochen fühlen ... 

Die Personalberatung Kienbaum und der Branchenverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) starten eine Umfrage zu Gehältern in der deutschen Immobilienwirtschaft. Angesprochen fühlen sollen sich Immobilienunternehmen aller Art - und nicht nur diese. Die Befragung läuft bis Ende Mai.

Für den "Real Estate Compensation Benchmark" fragen Kienbaum und ZIA Festgehälter, Zielvergütung und tatsächlich erreichte Boni ab. Die Bandbreite reicht von Führungskräften über Fachkräfte bis hin zu Sachbearbeitern. Daten beisteuern können sowohl klassische Immobilienunternehmen als auch Unternehmen, deren Kerngeschäft sich nicht um Immobilien dreht, die aber eigene Immobilienprofis beschäftigen. Die teilnehmenden Firmen sollen jede Position anonymisiert, aber einzeln erfassen und keine Durchschnittswerte angeben. Beschäftigte können nicht mitmachen.

Was verdienen Centermanager?

Willkommen sind alle Assetklassen: Gewerbe, Einzelhandel und Wohnen. Auf den Bereich Handelsimmobilien legen die Autoren der Studie ein besonderes Augenmerk, "da sich Retailimmobilien hinsichtlich ihrer Komplexität und den spezifischen Funktionen von anderen Gewerbeimmobilien wesentlich unterscheiden. Und da dort Funktionen vorhanden sind, die es bei anderen Immobilienarten nicht gibt, z.B. Centermanager", erklärt Philipp Fank, Consultant bei Kienbaum.

Die Onlinebefragung läuft bis zum 31. Mai 2019. Für die Teilnahme an der Umfrage nutzen Interessenten folgenden Link: https://shop.kienbaum.com/club-survey-real-estate. Das unterzeichnete Anmeldeformular senden sie postalisch oder per E-Mail an Kienbaum zurück (recb@kienbaum.de).

Wer Vergleichsdaten will, muss auch eigene Zahlen beisteuern

Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Juni 2019 veröffentlicht. Alle Teilnehmer erhalten im Nachgang eine kurze Ergebnispräsentation und einen einjährigen Zugang zum Club-Survey-Tool des Kienbaum Compensation Survey (Onlinevergütungsdatenbank). Die anonymisierten Vergütungsdaten sind nur für den Teilnehmerkreis zugänglich, betont Markus Amon, Head of Real Estate bei Kienbaum in Frankfurt. Sie können über den exklusiven Onlinezugang für eigene Auswertungen in der Vergleichsgruppe genutzt werden.

ZIA und Kienbaum haben vor zwei Jahren schon einmal Gehälter, die in der Immobilienwirtschaft gezahlt werden, unter die Lupe genommen. Damals stand aber die Vergütung von Führungskräften aus der zweiten Reihe im Fokus.

Die Immobilien Zeitung ist Medienpartner des diesjährigen Real Estate Compensation Benchmarks

Harald Thomeczek

Immobilienverwalter verkaufen ihre Dienste nicht teuer genug

Die Grundvergütung von Immobilienverwaltern ist in den vergangenen Jahren offenbar weniger stark gestiegen als die Anforderungen an Verwalter.

Die Grundvergütung von Immobilienverwaltern ist in den vergangenen Jahren offenbar weniger stark gestiegen als die Anforderungen an Verwalter.

Bild: magele/fotolia.com

Karriere 18.05.2016
Die Vergütungssätze von Immobilienverwaltern sind in den vergangenen fünf Jahren kaum gestiegen – beziehungsweise real eigentlich gar nicht, sondern sogar eher gesunken. Diesen Schluss ... 

So habe sich die durchschnittliche monatliche Vergütung in der WEG-Verwaltung bei Objekten mit weniger als 49 Wohneinheiten um weniger als zwei Euro netto auf 19,67 Euro netto erhöht. In der WEG-Verwaltung von mehr als 100 Wohneinheiten betrage die Steigerung im selben Zeitraum durchschnittlich nur 0,90 Euro netto.

Ähnlich ist die Entwicklung den Verbänden zufolge in der Mietverwaltung verlaufen. Bei Mietshäusern mit weniger als zehn Wohnungen erhält der Verwalter laut der Cres-Studie im Durchschnitt 22,74 Euro netto pro Monat. Anno 2010 bekam er laut BSI-Studie 21,31 Euro. Immerhin: Bei Miethäusern mit bis zu 29 Wohneinheiten hat sich seine Vergütung im Schnitt von 19,39 Euro auf 25,00 Euro gesteigert.

Anforderungen an Immobilienverwalter sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen

Dass die Vergütung von Immobilienverwaltern aber nicht nur kaum gestiegen ist, sondern tatsächlich sogar rückläufig ist, begründen die Verbände wie folgt: Der Verbraucherpreisindex in Deutschland sei im betrachteten Zeitraum um sieben Punkte gestiegen, 100 Euro seien heute also rund 6,54 Euro weniger wert als vor fünf Jahren. Dabei seien die Anforderungen an Immobilienverwalter in den letzten Jahren "gerade durch politisch motivierte Zusatzaufgaben wie die Pflichten im Zuge des Meldegesetzes, des Mess- und Eichgesetzes und des Mindestlohngesetzes" deutlich gewachsen.

Marco Wöfle, Wissenschaftlicher Leiter des Cres und Autor der aktuellen Studie, kann keinen direkten, belastbaren Vergleich ziehen, da das Cres erstmals eine solche Erhebung durchgeführt hat. Die Argumentation, dass die Verwalterentgelte de facto rückläufig sind, findet er zumindest nicht unplausibel: Ein Blick in die BSI-Studie zeige, dass "unsere Werte nicht so weit von den BSI-Werten weg sind". Als Beispiel führt auch er die Vergütungssätze von WEG-Verwaltern von Wohnanlagen ab 100 Einheiten an: In dieser Kategorie bewegten sich die Grundvergütungssätze in der BSI-Studie von 2010 zwischen 15,14 Euro und 17,26 Euro. Die Cres-Untersuchung kommt in dieser Kategorie auf 15,58 Euro bis 17,82 Euro.

"Mehr Inhalt zum gleichen Preis"

Die Verwalter würden also "nicht viel mehr verlangen" als vor fünf Jahren, hätten dafür aber mehr zu tun als damals, so Wölfle. Denn all die Gesetze und Verordnungen, die sie inzwischen beachten müssten, hätten ihren Aufwand erheblich erhöht: "Mietrechtsnovellierung, energetische Vorschriften, Brandschutz: All das produziert einen höheren Kostendruck, und es ist fraglich, ob dieser Druck eins zu eins an die Auftraggeber weitergegeben werden konnte", so Wölfle. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gebe es heute "mehr Inhalt zum gleichen Preis".

Harald Thomeczek