Haftstrafe für Regensburger Bauunternehmer Tretzel gefordert

Köpfe 07.05.2019
Der Regensburger Bauunternehmer Volker Tretzel soll wegen Bestechung, Vorteilsgewährung und Verstößen gegen das Parteiengesetz für viereinhalb Jahre hinter Gitter. ... 

Der Regensburger Bauunternehmer Volker Tretzel soll wegen Bestechung, Vorteilsgewährung und Verstößen gegen das Parteiengesetz für viereinhalb Jahre hinter Gitter.

Mit den Plädoyers der Staatsanwälte neigt sich der nun schon seit sieben Monaten laufende Mammutprozess gegen einen mutmaßlich korrupten Oberbürgermeister und einen der Bestechung verdächtigen Bauunternehmer dem Ende entgegen.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg fordert in dem Korruptionsprozess gegen den Bauunternehmer Volker Tretzel und den suspendierten Oberbürgermeister der Stadt, Joachim Wolbergs, jeweils Haftstrafen von vier Jahren und sechs Monaten.

"Korruptive Dauerbeziehung"

Nach gut 50 Verhandlungstagen sehen die Ankläger bestätigt, dass sich beide mit "hoher krimineller Energie" der Bestechlichkeit in zwei besonders schweren Fällen, mehreren Fällen von Vorteilsannahme und -gewährung sowie Verstößen gegen das Parteiengesetz schuldig gemacht haben. Die beiden Angeklagten hätten über Jahre eine "korruptive Dauerbeziehung" gehabt.

Insbesondere wird Tretzel vorgeworfen, er habe über seine Mitarbeiter Spenden in sechsstelliger Höhe gestückelt an den von Wolbergs geleiteten SPD-Ortsverein überwiesen. Das wäre ein Verstoß gegen das Parteispendengesetz. Außerdem soll der Bauunternehmer ein Ferienhaus zum Sonderpreis renoviert und großzügige Rabatte bei Wohnungskäufen von Wolbergs und seinen Angehörigen gewährt haben. Als Gegenleistung soll Tretzel lukrative Grundstücke und mehr Baurecht bekommen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft Wolbergs u.a. vor, sich bei der Ausschreibung des Areals der Nibelungenkaserne einseitig für Tretzel eingesetzt zu haben. Das sei korrupt, so Staatsanwältin Christine Ernstberger.

Vorwurf des fehlenden Unrechtsbewusstseins

Tretzel sei dabei der "Spiritus Rector", der führende Kopf, eines korruptiven Systems in der Stadt gewesen, das über Jahre aufrechterhalten wurde. Er habe den Oberbürgermeister in Abhängigkeit gehalten, um sich Vorteile zu verschaffen. So habe er auch bei der finanziellen Rettung des Fußballvereins Jahn Regensburg Gegenleistungen erwartet. Den Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft fehlendes Unrechtsbewusstsein vor. In abgehörten Telefonaten versicherten sich Wolbergs und Tretzel gegenseitig immer wieder, dass sie nichts Illegales tun würden.

Jetzt sind die Verteidiger am Zug

Nun haben die Verteidiger die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Sie haben immer wieder betont, ihre Mandanten hätten nichts Unrechtes getan und darauf verwiesen, dass bei einer Verurteilung das Spenden an Parteien unmöglich gemacht würden. Ein Urteil könnte es Ende Juni geben.

Für Wolbergs ist das Thema damit noch nicht erledigt. Er muss sich nach dem Ende des Verfahrens erneut vor Gericht verantworten. Denn auch bei zwei weiteren Regensburger Bauträgern vermutet die Staatsanwaltschaft Korruption.

Alexander Heintze

Weitere Nachrichten aus der Rubrik Köpfe

Wiener Staatsanwälte ermitteln gegen René Benko

René Benko ist ins Visier der Strafverfolger geraten.

René Benko ist ins Visier der Strafverfolger geraten.

Quelle: Imago, Urheber: photonews.at

Köpfe 17.04.2024
Die Wiener Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Signa-Gründer René Benko persönlich aufgenommen. Eine Bank will bei einer Kreditverlängerung im vergangenen Jahr von Benko mit ... 

Die Wiener Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Signa-Gründer René Benko persönlich aufgenommen. Eine Bank will bei einer Kreditverlängerung im vergangenen Jahr von Benko mit Blick auf die finanzielle Situation der Signa-Gruppe hinters Licht geführt worden sein. Nach Informationen der Immobilien Zeitung handelt es sich um die österreichische Schelhammer Capital Bank.

„Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen René Benko, eine Signa-Gesellschaft sowie eine weitere Person wegen Betrugs aufgrund des mutmaßlichen Vortäuschens der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe und ihrer Zahlungswilligkeit bei der Verlängerung eines Bankkredits eingeleitet“, teilte die Wiener WKSta am frühen Montagabend mit. Die Justizbehörde bestätigte damit Medienberichte, wonach Benko selbst als Beschuldigter bei den Betrugsvorwürfen geführt wird.

Laut dem österreichischen Radiosender Ö1 geht es um einen 25-Mio.-Euro-Kredit an eine Signa-Gesellschaft, der vergangenen Sommer ausgelaufen wäre. Das weder von der WKSta noch von Ö1 namentlich genannte Kreditinstitut verlängerte das Darlehen, fühlt sich im Nachhinein aber über die damalige wirtschaftliche Situation der Signa-Gruppe getäuscht und stellte eine Verdachtsanzeige gegen Benko.

Bank erhebt Vorwurf der faktischen Geschäftsführung

Laut dem Anwalt der Bank, Johannes Zink, führte Benko selbst die Finanzierungsverhandlungen für die Kreditprolongation – obwohl er bei Signa längst kein operatives Amt mehr bekleidete. Zink sprach im Ö1-Sender von faktischer Geschäftsführung. Ein Vorwurf, der Benko zum wiederholten Male gemacht wird. „Es besteht nach Ansicht meiner Mandanten der Anschein, dass René Benko als faktischer Geschäftsführer selbst für die Signa-Gruppe tätig geworden ist, selbst Finanzierungsgespräche geführt hat und auch selbst Korrespondenz mit den Banken geführt hat“, sagte Zink im Radio.

Nach Informationen der Immobilien Zeitung (IZ) handelt es sich bei der Bank, die die jetzigen Ermittlungen ins Rollen gebracht hat, um die österreichische Privatbank Schelhammer Capital Bank. Diese taucht auf der Ende 2023 von der Bild-Zeitung geleakten Gläubigerliste der großen Signa-Gesellschaften tatsächlich mit einer Summe von knapp unter 25 Mio. Euro auf – das passt zu der in den österreichischen Medien genannten Zahl. „Die Schelhammer hatte einen 2023 auslaufenden Kredit über 25 Mio. Euro als Corporate Loan an eine Entity der Signa Holding gegeben”, bestätigt ein Kenner der Materie der IZ. Darlehensnehmer soll eine Gesellschaft mit dem Namen Signa Holding (Sub) Financing AT gewesen sein. Bei dem Darlehen habe es sich demzufolge nicht um eine Immobilienfinanzierung gehandelt.

Die österreichische Wirtschaftszeitung Der Standard schreibt, dass es sich laut ihr vorliegenden Unterlagen um ein sogenanntes Wertpapier-Lombard-Geschäft gedreht habe. Ein Lombardkredit ist ein Darlehen, bei dem Wertpapiere als Sicherheit dienen (und nicht etwa eine Immobilie). Laut Standard bestand die Besicherung im den in Rede stehenden Fall darin, dass die als Kreditnehmerin auftretende Signa-Gesellschaft Aktien an die Bank verpfändete. Der Standard nennt den betreffenden Finanzierer nicht namentlich. Nach IZ-Recherchen geht es dabei um die Schelhammer Capital Bank.

Die Bank, die Benko angezeigt hat, soll die kompletten 25 Mio. Euro inzwischen abgeschrieben haben, wie Der Standard und auch das österreichische Medium Kleine Zeitung berichten. Laut dem gestern Nacht veröffentlichten Artikel der Kleinen Zeitung handelt es sich „bei dem Institut, das die Sachverhaltsdarstellung eingebracht hat, um die gut kapitalisierte Schelhammer Capital Bank aus der Grawe-Bankengruppe“. Die Schelhammer Capital Bank und die Grave-Bankengruppe wollten die Informationen der IZ zur Causa Benko unter Verweis auf das Bankgeheimnis weder bestätigen noch dementieren. Benkos österreichischer Anwalt Norbert Wess wies die Betrugsvorwürfe gegen seinen Mandanten laut den Medienberichten zurück.

Rund um Signa wird weiter ermittelt
Nachdem sich die Münchner Staatsanwaltschaft bereits wegen des Verdachts der Geldwäsche mit Signa beschäftigt, wird nun auch aus Wien heraus wegen Betrugsverdachts ermittelt. Eine Rolle spielt dabei der Staatsfonds Saudi-Arabiens. Gleichzeitig versucht René Benko, das Vermögen seiner Familie zu schützen.
Auch die Staatsanwaltschaft München I beschäftigt sich mit Vorwürfen gegen Verantwortliche der Signa-Gruppe. Sie bestätigte der IZ, dass „seit Ende letzten Jahres Geldwäscheverdachtsanzeigen eingegangen sind, die wie üblich zur Eintragung eines Verfahrens geführt haben“. „Dabei wird selbstverständlich der Sachverhalt umfassend in rechtlicher Hinsicht, also auch im Hinblick auf mögliche sonstige Straftaten, geprüft.“ Und bei der Wiener WKSta laufen bereits Ermittlungen gegen Geschäftsführer einer Signa-Projektgesellschaft. Der Verdacht lautet hier auf „schweren Betrug im Zusammenhang mit einer Kapitalbeschaffungsmaßnahme“. Nach IZ-Informationen geht es in beiden Fällen um die Doppel-Projektentwicklung Corbinian/altes Hertie-Kaufhaus zwischen Münchener Hauptbahnhof und Stachus.
 

Harald Thomeczek