"Es gilt kein Halt, unser Blick ist nach vorn gerichtet"

Von oben links im Uhrzeigersinn: Bettina Timmler, Harald Thomeczek, Maria Wolleh, Sabine Wieduwilt, Janine Jaensch und Johanna Friedek.

Von oben links im Uhrzeigersinn: Bettina Timmler, Harald Thomeczek, Maria Wolleh, Sabine Wieduwilt, Janine Jaensch und Johanna Friedek.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Harald Thomeczek

Karriere 14.01.2021
Am 16. Dezember sank Deutschland zum zweiten Mal in den Dornröschenschlaf. Dabei schienen die Zeichen zwischenzeitlich auf Entspannung zu stehen. Fünf Immobilienfrauen erzählen, wie sie ... 

Am 16. Dezember sank Deutschland zum zweiten Mal in den Dornröschenschlaf. Dabei schienen die Zeichen zwischenzeitlich auf Entspannung zu stehen. Fünf Immobilienfrauen erzählen, wie sie im Job und privat mit den Aufs und Abs klarkommen und wie sie 2021 unter diesen fragilen Bedingungen angehen.

Im Juni sprachen fünf Immobilienfrauen mit der Immobilien Zeitung über ihr Leben und Arbeiten in der Corona-Krise: Sabine Wieduwilt (Dentons), Johanna Friedek (DIC Asset), Maria Wolleh (kallan), Janine Jaensch (Educia) und Bettina Timmler (Comm.Pass). Corona & Co. schienen damals langsam auf dem Rückzug ("Unsere Männer machen auch einen Riesenjob!", IZ 27/2020). Für ein zweites Treffen ein halbes Jahr später hofften alle darauf, das Schlimmste hinter sich gelassen zu haben. Es kam anders.

Janine Jaensch und ihr Mann sind beide in Vollzeit berufstätig. Er trägt die Verantwortung für ein weltweit agierendes Team, sie steckt mitten im Aufbau des Projektentwickler-Startups Educia, das sich auf Schulen, Kitas & Co. spezialisiert. Mit dem zweiten Lockdown sind Jaensch und ihr Mann beide wieder komplett ins Homeoffice zurückgekehrt und haben wie im Frühjahr einen Stundenplan aufgestellt, wer wann arbeiten darf und mit wem wann zu rechnen ist. "Auf unsere Eltern können wir nicht zurückgreifen, und die Notbetreuung im Kindergarten wollen wir nur ungern nutzen", erzählt Jaensch im Videocall. "Wir sind sehr dankbar für das Verständnis, das unsere Arbeitgeber aufbringen, niemand macht uns ein schlechtes Gewissen."

Länger im Homeoffice zu arbeiten und sich gleichzeitig rund um die Uhr um zwei Kinder im Alter von einem und vier Jahren zu kümmern - auf Dauer kann sich Jaensch das nicht vorstellen. "Ich hoffe sehr, dass es dazu nicht kommen wird. Es wäre für alle eine nicht zufriedenstellende Situation, die an Eltern, Kindern und Firmen in gleichem Maße zehrt."

Als Leiterin Unternehmensentwicklung eines Start-ups empfindet sie den Lockdown als Fluch und Segen zugleich. "Wir haben Zeit, die Dinge richtig aufzusetzen, rasen nicht gleich mit Vollgas von einer Veranstaltung zur nächsten. Aber die persönliche Ansprache fehlt. Digitale Medien fangen einiges auf, können aber nicht alles ersetzen." Um potenziellen Geschäftspartnern und Kunden das Geschäftsmodell von Educia schmackhaft zu machen, wären öffentlichkeitswirksame Präsenzveranstaltung hilfreich, bedauert Jaensch.

Johanna Friedek, Leiterin der Kölner Niederlassung von DIC Asset, ist da im Vorteil. Ihre Kinder sind schon älter, und Distanzunterricht scheint bei ihnen - was fürwahr keine Selbstverständlichkeit ist in diesem Land - zu funktionieren: "Der erste Lockdown hat zu einer massiven Digitalisierung in den Schulen meiner Kinder geführt, bereits seit den Herbstferien wird zum Teil digital unterrichtet." Homeschooling sei für sie, ihren Mann und die beiden schulpflichtigen Kinder (ein Teenager und eine Grundschülerin) zum Alltag geworden, auch wenn an der ein oder anderen Stelle eine "kleine Wissenslücke" entstehe.

Sabine Wieduwilt, Partnerin bei der Kanzlei Dentons, sieht es ähnlich gelassen: "Das Schulleben geht auf und ab - wie in jedem Jahr. 100% gradlinig kannte ich vorher auch nicht." Wieduwilts drei schulpflichtige Kinder hatten vor Weihnachten, bis auf die Klausuren des Abiturienten, ausschließlich Distanzunterricht, "was nach wenigen Anlaufschwierigkeiten gut funktionierte". Doch auch das stabilste Elternhaus, da machen sich beide nichts vor, kann ein soziales Umfeld nicht ersetzen: Die Kinder vermissen ihre Freunde, die spielerische Freiheit im Alltag und den Freizeitsport.

Der Sohn von Bettina Timmler, Inhaberin der Agentur Comm.Pass und Regionalleiterin des Vereins Frauen in der Immobilienwirtschaft im Rheinland, hat es kurz vor dem ersten Lockdown noch geschafft, sein BWL-Studium an der Universität zu Köln abzuschließen. Doch statt es mit einer Abschlussparty mit allen Kommilitonen gebührend krachen zu lassen, hat der junge Mann "sein Abschlusszeugnis, eine Schutzmaske mit Logo, einen Examensfeiercocktail und ein Video der Fachschaft per Post erhalten - das war enttäuschend", erzählt seine Mutter.

Ungleich härter hat die Freundin ihres Sohnes getroffen, die an der TH Köln Restaurierung von Kunst- und Kulturgut studiert. Das erfordert viele Präsenztage in Laboren und am Mikroskop und Praktika in Museen. "Wie die meisten Studierenden hat sie ihr Studium um zwei Semester verlängern müssen. Das ist schon eine enorme Belastung und frustrierend für die jungen Menschen", ärgert sich Timmler.

Maria Wolleh, Partnerin der in Schweden verwurzelten Berliner Kanzlei kallan und Vorstandsmitglied bei den Frauen in der Immobilienwirtschaft, ist seit November wieder im Homeoffice, ihr Mann auch. Dabei standen die Zeichen zwischenzeitlich auf Entspannung. "Beruflich gestalteten sich die Sommermonate wieder relativ normal; es gab Präsenzmeetings und innerdeutsche Reisen." Im Herbst wurde Wolleh jedoch klar, dass die übliche Kontaktpflege mit Reisen, persönlichen Treffen und Messen mittelfristig nicht mehr so wie früher möglich sein wird. "Dies stellt uns als Berater vor eine besondere Herausforderung, weil wir auf neue Mittel für die Pflege und Erweiterung unserer Netzwerke angewiesen sind. Aufgrund des nordischen Fokus unserer Kanzlei waren wir ansonsten viel in Skandinavien unterwegs, was nun nicht mehr geht." Sie und ihre Kollegen versuchen das mit vielen virtuellen Treffen aufzufangen. Einen Haken hat die Sache: Zufallsbegegnungen, die nicht selten das Salz in der Suppe sind, lassen sich nicht planen.

Die Wollehs haben mit ihrer Tochter und ihrem Sohn u.a. eine formelle zweiwöchige Quarantäne hinter sich. "Eine Quarantäne, bei der die Wohnung nicht verlassen werden darf, ist für ein Kind natürlich eine besondere Herausforderung. Wir können noch nicht wirklich abschließend sagen, in welchem Umfang die Kinder durch die Umstände und auch das Homeschooling zurückgeworfen sind, machen uns aber Gedanken."

"Am Wochenende wache ich gefühlt im Büro auf"

Auch Wieduwilt arbeitet jetzt wieder oft zuhause. Sie sieht die schönen Seiten: "Für mich ist die derzeitige Situation mit Corona persönlich eine Gelegenheit, meinen Kindern und meinem Mann unter der Woche zu begegnen und unter dem gleichen Dach zu sein. Nur am Wochenende habe ich manches Mal das Gefühl, ich wache im Büro auf, weil die räumliche Trennung fehlt."

Am Horizont sieht Wieduwilt viele gesetzliche Änderungen stehen, zum Beispiel beim Thema Restrukturierungsrahmen oder zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei der Miete. "Das sind Themen, die für unsere Mandanten Wirkung haben werden und die wir in der Beratung adressieren müssen." Oder mit Friedeks Worten: "Es gilt kein Halt, es gibt kein Zurück - unser Blick ist nach vorne gerichtet!" Trotz Corona und Lockdown habe DIC Asset ein "wirklich starkes Jahresendgeschäft" mit einer "Aufholjagd von Investoren und Mietern" erlebt. Die Leerstandsquote im rheinländischen DIC-Portfolio, das zu rund 90% aus Büros besteht, gehe gegen Null. Das neue Jahr dürfte ebenfalls ein intensives werden: "Wir gehen von einem weiteren starken Zuwachs aus und arbeiten dran, diesen vor allem mit unseren Mietern zu erreichen."

"Et es wie et es, et kütt wie et kütt"

Timmler hegt gemischte Gefühle: "Mit meiner Agentur schaue ich zuversichtlich ins neue Jahr, aber es gibt Imponderabilien: Ich bewege mich zum Teil in Nischen." Sich selbst und allen anderen ruft sie das kölsche Grundgesetz in Erinnerung, Artikel 1 und 2: "Et es wie et es. Et kütt wie et kütt."

Harald Thomeczek

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"Ich bin Gründerin, weil ich Haltung zeigen will"

Heike und Lena Rath.

Heike und Lena Rath.

Karriere 29.02.2024
1994 machte sich die Immobilien-Fachanwältin Heike Rath selbstständig. Inzwischen führt sie zusammen mit ihrer Nichte Lena die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen. ... 

1994 machte sich die Immobilien-Fachanwältin Heike Rath selbstständig. Inzwischen führt sie zusammen mit ihrer Nichte Lena die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen.

"Ich kenne keinen Selbstständigen aus meiner Generation, der weniger als 50 bis 60 Stunden pro Woche gearbeitet hat", sagt Heike Rath. "Um zu gründen, braucht man eine große Bereitschaft, extrem hohen Einsatz zu zeigen", weiß die 62-Jährige aus eigener Erfahrung.

Diese Bereitschaft hat die Anwältin 1994 mitgebracht, als sie als "Einzelkämpferin", wie sie es heute nennt, die Kanzlei ins Leben rief. "Es gab so viele Babyboomer, dass man nur durch Fleiß und viel Einsatz aus der Masse herausstechen konnte, wenn man herausragend begabt war", beschreibt sie die Konkurrenzsituation, der sie in der Anfangszeit ausgesetzt war.

Ihre vorherige Tätigkeit bei der Architektenkammer Hessen gab sie damals auf. Aus dieser Position hat sie aber jede Menge Kontakte mitgebracht, um sich von Anfang an auf das Architekten- und Immobilienrecht spezialisieren zu können. "Dieses Netzwerk war eine gute Voraussetzung für mein Vorhaben", sagt sie. Dass bereits ihre Eltern Unternehmer waren, habe sie geprägt und auf die Arbeitsbelastung vor allem in den ersten Jahren vorbereitet.

"Ich habe zeitweise bis zu 30 Tage im Jahr in Fortbildungen gesteckt, ein Vielfaches dessen, was Pflicht ist", berichtet sie. In ihrem Umfeld habe es dafür nicht immer nur Verständnis gegeben, "aber es ist bis heute mein eigener Anspruch und es macht einfach immer noch Spaß." Belohnt wurde sie damit, dass sie ihren Arbeitseinsatz inzwischen frei gestalten kann. "Das Tolle an der Selbstständigkeit ist, dass man sich seine Arbeit nach eigenen Neigungen aussuchen kann. Dazu gehört auch, Mandanten abzulehnen, weil man sich nicht mit ihren Zielen identifizieren kann, oder einfach nur aus menschlichen Gründen. Man kann Haltung zeigen und das möchte ich, denn ich sehe mich in meinem Beruf als ein Organ der Rechtspflege."

Dass ihre Kanzlei eine kleine Boutique ist, habe sie zudem immer als Vorteil für die Zusammenarbeit mit Architekten gesehen. Weil diese oft auch in kleinen Büros arbeiten, behandeln sie Rath wie ein Mitglied des eigenen Teams. Raths Mandanten vertrauen auf ihre Empfehlungen, wenn für ein Sonderproblem weitere Experten zu Rate gezogen werden müssen. So könne sie mitbestimmen, mit welchen anderen Kanzleien sie zusammenarbeitet.

Genau das schätzt Raths Nichte Lena ebenfalls. Sie sagt: "Spaß an der Arbeit ergibt sich vor allem aus dem Austausch mit den Mandanten, wenn man Bauprofis im größten Stress unterstützen, Gedanken ordnen und konstruktiv an Lösungen arbeiten kann." Deshalb schloss sie sich nach ihrem Examen ihrer Tante an. Zusammen betreiben sie als Partnerinnen die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen in Neu-Isenburg.

Die Wirtschaft braucht mehr Gründerinnen
Die Wirtschaft braucht innovative Geschäftsideen, die Impulse und Lösungsansätze liefern, um ihr Fortbestehen und Wachstum zu sichern. Und Menschen, die sich zutrauen, sie umzusetzen: Gründer:innen. In der Immobilienbranche sind Frauen als Unternehmensgründer unterrepräsentiert – und damit auch ihre Perspektiven.

An Stillstand war für die 43-Jährige seit dieser Entscheidung vor rund zehn Jahren dabei nicht zu denken. "Selbstständigkeit bedeutet für mich, mich weiterzuentwickeln und mit der Zukunft zu befassen und diese zu gestalten. Es gibt so viele Themen wie ESG, nachhaltiges Bauen und Digitalisierung in der Baubranche, an denen kein Vorbeikommen ist, sodass man sie mit Begeisterung angehen sollte. Das bringt Veränderungen mit sich und dabei will ich meine Mandanten unterstützen, damit sie daraus einen Erfolg für sich machen können." Konkret auf ihren Job bezogen bedeutet das, dass sich die Anwältin wie ihre Tante ständig weiterbildet und zwar weit über ihre Kernkompetenzen auf dem Gebiet Bau- und Architektenrecht hinaus.

Dabei behalte sie immer die angrenzenden Branchen im Blick. Mit Begeisterung verfolge sie zum Beispiel Entwicklungen in der IT-Branche und was ambitionierte Start-ups auf die Beine stellen. "Aus diesen Zukunftsthemen ergibt sich automatisch eine neue Sinnhaftigkeit der Arbeit. Man wächst mit seinen Aufgaben, entwickelt sich weiter und entdeckt für sich neue Themen." Ob diese Flexibilität in einer Großkanzlei als Angestellte in diesem Rahmen möglich wären, bezweifelt sie und sagt deshalb: "Den Einstieg in die Kanzlei habe ich nie bereut."

Janina Stadel

Gründerzeit in der Kanzleienszene

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Urheber: Nell Killius

Karriere 25.01.2024
Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ... 

Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ihnen in Zeiten von "Firesales" die Arbeit nicht ausgeht.

Der Name Zirngibl taucht im Archiv der Immobilien Zeitung (IZ) 45 Mal auf. Die Münchner Immobilienkanzlei beriet 2023 den Asset-Manager 7280 beim Kauf einer Büroimmobilie in Düsseldorf, im selben Jahr war sie Rechtsberater für Bauwerk beim Verkauf eines Holzhybridgebäudes in München an die Kommunale Unfallversicherung Bayern.

Anker May ist in der "Anwaltsstraße" zuhause

Anfang dieses Jahres sorgte die Sozietät selbst für Schlagzeilen. Fünf Mitglieder des Immobilienrechtsteams kehrten Zirngibl den Rücken und gründeten Anker May. Die Gründer der neuen Immobilienrechtskanzlei sind Axel Anker, Ulrich May, Sydney Gottschalk, Christina Penningroth (jeweils Partner) und Charlotte Plück. Auf rund 350 qm hat sich das Start-up in der Max-Joseph-Straße 7 eingerichtet. Unter Münchner Juristen ist das die "Anwaltsstraße", weil viele renommierte Kanzleien dort ihre Büros haben.

Das Motto von Anker May lautet "Immobilie pur". Bei Zirngibl ist Immobilien- und Baurecht nur eines von mehreren Beratungsgebieten. Die Verteilung von Investitionen muss zwischen den Partnern immer wieder neu ausgehandelt werden. "Bei Anker May können wir alle Ressourcen auf eine Sache konzentrieren", sagt Ulrich May. Auch der Besuch einer teuren Immobilienmesse bedürfe nun "keiner Abstimmung" mehr. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, sei dadurch erleichtert worden, "dass wir wussten, dass es weitergeht". Fast alle Mandanten aus der Zirngibl-Zeit seien ihnen erhalten geblieben.

Der Arbeit der fünf Gründer bleibt in den neuen Strukturen die gleiche. Nur Baurecht wird erst einmal eine untergeordnete Rolle spielen. "Das Bauthema haben wir vorerst bewusst hinter uns gelassen, wir werden aber mit den ehemaligen Kollegen von Zirngibl kooperieren", versichert May. Zu den Mandanten von Anker May zählen viele Projektentwickler, darunter auch Family-Offices. Einige von denen rechneten sich gerade jetzt etwas aus. "In Deutschland und insbesondere in München gibt es ja zum Glück einige große Familienvermögen. Die kamen jahrelang nicht zum Zug, weil sie die riesigen Faktoren und Preise nicht mitgehen wollten. Deren Zeit ist nun gekommen", sagt May. 2024 werde überhaupt ein "sehr interessantes" Jahr. "Die Finanzierer werden einen Perspektivwechsel vollziehen müssen. Weg von der Frage, wie viel Rendite sie bei einer Finanzierung erzielen, hin zu der Frage, wie man den Schaden etwa durch die Insolvenz einer Projektgesellschaft minimieren kann." Unlängst habe er ein Gespräch mit einer Fondsgesellschaft gehabt. "Die wollen ein Projekt im Bau kaufen. Jetzt gilt es, nur noch die Bank und den Entwickler zu überzeugen."

Allein auf das volatile Transaktionsgeschäft will sich Anker May aber nicht verlassen. "Sie können sich als Immobilienkanzlei nicht nur auf Transaktionen konzentrieren", stellt Christina Penningroth klar. "Das ist oft ein Stop-and-Go und zum Schluss wird dann häufig doch nicht gekauft. Sie brauchen auch laufendes Geschäft." Dazu zählen Beratungsmandate im Bereich Projektentwicklung und Portfolioverwaltung. "Wir nennen das unser Brot- und Buttergeschäft." Derzeit sucht die Kanzlei Verstärkung für das Immobiliensteuerrecht. "Wir wollen diesen Bereich ausbauen."

Berkers & Cie. startet auf 2.000 qm im Hochhaus

Steuern – das ist auch die Kernkompetenz von Berkers & Cie. in Frankfurt. Hinter dieser Neugründung stehen als Eigentümer (Equity-Partner) die Brüder Dominik und Severin Berker, beide Steuerberater. Zusammen mit Gitta Gehring (Rechtsanwältin/Steuerberaterin), Daniel Cehovin (Steuerberater) und Henning Schuchhardt (Steuerberater) haben sie Ende 2023 die renommierte Immobilienkanzlei Hauck Schuchardt (117 Treffer im IZ-Archiv) verlassen. Der Schritt sorgte in der Frankfurter Anwalts- und Steuerberaterszene für einiges Aufsehen, geht doch einer der Namensgeber von Hauck Schuchardt von Bord. Berkers & Cie ist vom Start weg ein mittelständischer Betrieb. Für 72 Beschäftigte wurden 2.000 qm im Global Tower im Frankfurter Bankenviertel gemietet. Die üppige Flächenausstattung in Zeiten des Homeoffice erklärt Dominik Berker so: "Wir haben uns entschieden, jedem Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz in einem eigenen Büro zur Verfügung zu stellen, welches sie neben der Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, täglich nutzen können."

Berkers & Cie. will sich voll auf das Thema Immobilie und Steuern konzentrieren. "Auch in schwierigen Zeiten sind Steuerberatung, Jahresabschlüsse und Buchhaltung erforderlich", sagt Severin Berker. Er nennt das die "konjunkturunabhängige Basisarbeit". Sollte es mit der Branche wieder aufwärts gehen, sei "mit einem zusätzlichen Beratungsbedarf" zu rechnen, etwa durch Transaktionen. Die Zeichen für einen Aufschwung stünden nicht schlecht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde habe auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die erste Senkung des Leitzinses im Sommer in Aussicht gestellt. Glaube man den weiteren Leitzinsprognosen der Volkswirte, "erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte erste Stimulierungen für den Investitions- und Transaktionsmarkt", sagt Severin Berker. Kommt es anders, sieht sein Bruder Dominik der näheren Zukunft dennoch gelassen entgegen. "Firesales, Übernahmen, Restrukturierungen" – in diesem Umfeld gebe es jede Menge Beratungsbedarf steuerrechtlicher Art. "Marktkonsolidierungen sind immer ein Feld, auf dem gerade steuerliche Fragestellungen von Relevanz gedeihen. Solche Herausforderungen mögen wir", erklärt er selbstbewusst.

Ansonsten bemühen sich die Brüder, den Weggang von Hauck Schuchardt zu entdramatisieren. "Dass Partner zu anderen Kanzleien oder in die Selbstständigkeit wechseln, ist nun wahrlich kein Novum. Wir beide sind seit mehr als 15 Jahren gemeinsam in der Steuerberatung aktiv. Die Idee, eine eigene Beratung zu gründen, schwirrte uns schon lange im Kopf herum", erläutert Dominik Berker. Seine alte Partnerschaft sah sich dennoch zu einer Pressemitteilung bemüßigt. Hauck Schuchardt habe seine "Strukturen und das Dienstleistungsangebot im Bereich Steuern überarbeitet und neu ausgerichtet". Im Mittelpunkt stehe die verstärkte "Verzahnung von juristischer und steuerrechtlicher Beratung für die Immobilienwirtschaft". Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung hätten zwei Partner aus dem Steuerberatungs-/Buchhaltungsbereich die Kanzlei verlassen, "um auch in Zukunft ihr rein auf traditionelle Steuerberatung ausgerichtetes Geschäft zu betreiben". Der Name der beiden ehemaligen Partner wird nicht genannt.

Christoph von Schwanenflug