"Man muss Chef sein wollen"

Lemli und die Einsamkeit des Entscheiders.

Lemli und die Einsamkeit des Entscheiders.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Alexander Sell

Karriere 09.01.2020
Marcus Lemli ist die treue Seele der unsteten, wechselwilligen Maklerbranche. Im vergangenen Vierteljahrhundert hat der 50-Jährige praktisch nur für zwei Häuser gearbeitet: JLL und ... 

Marcus Lemli ist die treue Seele der unsteten, wechselwilligen Maklerbranche. Im vergangenen Vierteljahrhundert hat der 50-Jährige praktisch nur für zwei Häuser gearbeitet: JLL und Savills. Die deutsche Savills-Truppe rückte unter Lemli in die Gewinnzone. Einen Fanclub würden seine Leute deswegen - trotz allem Respekt - aber nicht für ihn gründen.

Ein repräsentatives Büro hat Lemli nicht, der Chef sitzt mit seinen Untergebenen in Frankfurt in einem Großraumbüro. Nicht, damit er seine Leute besser kontrollieren kann, sondern weil er "immer für alle ansprechbar" sein wolle. Als Primus inter Pares im Open Space mag Lemli sich beim Fotoshooting aber nicht ablichten lassen - das verlegt er lieber in einen Besprechungsraum. Auf dem Weg entdeckt er in einem verlassenen Winkel ein paar der knallgelben Savills-Würfel und beschließt: Die müssen mit aufs Bild! Entschlossen schnappt er sich ein Sitzmöbel und auch seine PR-Dame muss anpacken. Im Besprechungsraum angekommen, stapelt Lemli die Würfel, lehnt sich locker an den wackligen Turm - und fühlt sich sichtlich unwohl. Nun probiert er die sitzende Variante aus. Ein wenig ungelenk drapiert er sich auf dem Kubus. Gar nicht so einfach, entspannt und zugleich würdevoll auf so einem Würfel zu sitzen, muss Lemli feststellen und kommt ins Grübeln, ob das hier das richtige Setting ist. Schnell auf den Auslöser gedrückt, bevor der Mann es sich anders überlegt.

Seit sieben Jahren schon ist Lemli Deutschlandchef von Savills. Das muss jemand in einem britischen Maklerkonzern erst einmal schaffen. Im Lichte der Lebensläufe vieler Makler, witzelt ein Savills-Mann, wirke Lemli "fast schon monogam".

Nicht, dass er keinen Sinn für Karriere hätte. Auf Anraten seines ehemaligen Chefs bei Jones Lang Wootton (heute JLL), der gerade selbst zum Europachef befördert worden war, ging Lemli Ende der 1990er nach Spanien. "It wouldn't be a disadvantage to go abroad", überzeugte ihn Robert Orr damals. Dabei war Lemli nicht mal der Landessprache mächtig. Das ist inzwischen anders, heute verbringt Lemli viel Zeit in Spanien, mit seiner Frau, die er während seiner Jahre in Madrid kennenlernte. In ihrem Heimatort besitzen die beiden ein Haus.

Eigentlich war Lemli fürs Modebusiness bestimmt. Seine Großeltern betrieben ein Bekleidungsgeschäft in Frankfurt-Sachsenhausen. Lemli studierte BWL und trat nach dem Studium in den Familienbetrieb ein. Doch schon nach zwei Jahren war Schluss. Lemli sattelte auf Immobilienmakler um.

Bei JLL fing er in der Frankfurter Logistikflächenabteilung an. Nebenbei packte er an der EBS den Immobilienökonomen drauf. Schnell arbeitete er sich zu Orrs Assistenten hoch. In Spanien angekommen ließ die nächste Gelegenheit nicht lange auf sich warten: Knall auf Fall machte sich der Investmentchef von JLL in Madrid aus dem Staub - und Lemli sprang in die Bresche. "Man muss schon Chef sein wollen", findet er.

Nach fünf Jahren bei JLL in Madrid versuchte sich Lemli auf Kundenseite. Mehr als ein Ausflug wurde aus diesem Kapitel seiner Vita jedoch nicht (siehe "Lemlis Laufbahn"): Nur ein Jahr später trat Lemli in die Dienste von Savills - um kurz darauf für JLL nach Deutschland zurückzukehren. Bei JLL übernahm er als Head of Leasing and Capital Markets Germany und Mitglied des Management Boards erstmals auch Verantwortung für einen Bereich außerhalb des Investmentgeschäfts.

Als bei Savills 2012 der Posten des Head of Investment Europe frei wurde, fackelte Lemli nicht lange. "Warum gehst du zu einem kleineren Unternehmen? Jetzt läuft's doch gerade super", fragten ihn seine JLL-Kollegen. Doch Lemli, so sagt er, habe die Herausforderung gelockt, das Investmentgeschäft von Savills in Kontinentaleuropa auszubauen. Und der Stuhl des damaligen Deutschlandchefs von Savills wackelte ja auch schon, erinnert sich ein Insider. Ein halbes Jahr später hatte Lemli den Zweitjob.

Unter dem CEO Marcus Lemli ist Savills in Deutschland nach Jahren der Verluste in die Gewinnzone vorgestoßen und schreibt seit 2014 schwarze Zahlen, der Umsatz im Investmentgeschäft hat sich fast verzehnfacht. Im Markt gilt Lemli als "grandioser Analytiker und guter Investmentbroker". Zur Wahrheit gehört aber auch: Es gab schon mal schwerere Zeiten für Maklerhäuser, schwarze Zahlen zu schreiben. Kritiker fragen, welchen Anteil Lemli an der Entwicklung hatte - und welchen die extrem günstige Marktsituation.

Hinzu kommt, dass diese Entwicklung nicht etwa ausschließlich nach oben zeigt. So brachen die Umsatzerlöse im Investmentbereich 2017 um mehr als ein Drittel ein - um im Folgejahr allerdings um gut drei Viertel wieder in die Höhe zu schnellen. Lemli erklärt das so: Als er Anfang 2017 die operative Verantwortung für das Investmentgeschäft vom scheidenden Andreas Wende übernahm, habe er Änderungen vorgenommen, die erst 2018 gegriffen hätten. So seien z.B. Niederlassungen in Berlin und Hamburg restrukturiert und ein zentrales Investmentteam zur Unterstützung der lokalen Einheiten etabliert worden.

Zu seinem Amtsantritt fand Lemli zu viele Direktoren vor, "die sich nicht auf den Teamerfolg konzentrierten. Aus dem Gemeinsamen wurden nicht viele Vorteile generiert, das Geschäft drehte sich sehr um einzelne Personen." Lemli stellte neue Spielregeln auf. "Das hat nicht jedem gefallen. Manche Leute haben sich darin nicht mehr wiedergefunden und sind dann auch gegangen. Auch ein paar Führungspositionen wurden neu besetzt, zum Teil mit Externen." Insgesamt verabschiedete jeder Vierte von damals rund 140 Mitarbeitern in den ersten zwölf Monaten von Lemlis Amtszeit, teils auf seinen "Vorschlag" hin. Rund 60 neue Leute holte er im ersten Jahr rein. Im Marketing oder im Personalbereich setzte er den Rotstift an: "Der Overhead war zu groß für unser Businessvolumen."

"Die Aufgabe ist nicht: Wie werde ich der beliebteste Chef?"

"Die Aufgabe war doch nicht: Wie werde ich der beliebteste Chef? Sondern: Wie baue ich nachhaltiges Geschäft auf?", sagt der CEO im Rückblick. "Mein Job ist es, ein funktionierendes Ganzes zu schaffen, und ob das gelingt, hängt nicht von Freundschaften ab. Jeder weiß, dass die letzte Entscheidung bei mir liegt." Lemli hat kein Problem damit, respektiert, aber nicht geliebt zu werden. Und manchmal ist es schließlich schon schwer genug, sich den nötigen Respekt zu verschaffen. Lemlis Vorgänger Uwe Willer hielt sich nur gut zwei Jahre auf seinem Stuhl. Es heißt, er sei von anderen Geschäftsführern - und davon hatte Savills Germany seinerzeit eine Menge - "geköpft" worden.

Lemli "legt Wert auf interne Kommunikation und er versucht, sein Team bei strategischen Entscheidungen abzuholen und mitzunehmen", erinnert sich eine Ex-Kollegin. Ein Vermietungsmakler von Savills findet gut an Lemli, dass er seine Leute nach ihrer Meinung fragt und Diskussionen zulässt, "aber Themen nicht zerredet".

Reden ist nicht die ganz große Stärke des Marcus Lemli: "Manchmal denkt man sich schon, das hätte man jetzt auch einfacher formulieren können: Subjekt, Prädikat, Objekt", grinst ein anderer Savills-Makler. Lemli wägt seine Worte stets genau ab, doch mitunter kommen dabei Sätze heraus, die kompliziert gebaut sind und ein wenig phrasenhaft wirken - und am Ende alles und nichts bedeuten können. Sein Verständnis von Führung bringt er etwa so zum Ausdruck: "Es geht nicht darum, klare Ansagen zu machen, sondern darum, Erwartungshaltungen zu formulieren, Leitplanken zu setzen und die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter zu schaffen, um ihre individuellen Potenziale zu fördern und erfolgreich einzusetzen."

"Ein Jürgen Klopp ist er nicht, eher schon ein Ottmar Hitzfeld"

Als "brutal kompliziert" beschreibt eine frühere Führungskraft von Savills ihren Ex-Chef. Ein anderer ehemaliger Kollege mit Leitungsfunktion erinnert sich: "Lemli trägt sein Herz nicht auf der Zunge. Mit ihm ist man nicht gleich auf einer persönlichen Ebene." Der Investmentmakler wählt einen Vergleich aus dem Fußball: "Ein Jürgen Klopp ist er nicht, eher schon ein Ottmar Hitzfeld." Der Fußballlehrer Klopp gilt als energiegeladenes Motivationsgenie, der Trainer Hitzfeld als bedachter Stratege. "Die emotionale Schiene nutzt sich schnell ab. Andere Chefs schießen aus der Hüfte und brechen dann bei der nächsten Gelegenheit unter Druck zusammen", sagt der Investmentbroker. "Da ist mir einer wie Lemli lieber, der mehr über die sachliche Ebene kommt - auch wenn ich keinen Lemli-Fanclub gründen würde."

Ein Vermietungsmakler lobt: "Marcus genießt sehr viel Respekt, das ist die Basis für Erfolg. Er trifft keine Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Bei ihm sind die Fakten im Vordergrund." Der Kollege aus der Investmentabteilung erzählt: "Als mir ein Sachverhalt durchrutschte, hat Lemli das sehr sachlich aufgenommen. Er hat gefragt: Okay, wie kriegen wir die Kuh vom Eis? Er hätte mir dafür stattdessen auch die Ohren langziehen können." Selbst wenn er allen Grund hätte, sich aufzuregen, konzentriert sich Lemli lieber auf die Lösung von Problemen.

Wenn es sein muss, wird Lemli auch mal erzieherisch tätig. Auf einem Betriebsausflug hält er einen jungen Kollegen an. Der muskulös wirkende Youngster trägt einer Officemanagerin das Weinglas hinterher - während sie, die das Event organisiert hat, die Savills-Utensilien zum Bus zurückschleppt. Halb im Spaß, aber mit einem Fünkchen Ernst nimmt Lemli dem Jungspund die Gläser ab und drückt ihm das Gepäck der Kollegin in die Hände: "Ich zeige dir jetzt, wie man das macht." Das Lachen des jungen Mannes gefriert, er wird rot im Gesicht: "Ich habe ihr doch angeboten, die Sachen zu tragen! Hast du jetzt wirklich geglaubt, dass ich …?"

Wenn Marcus Lemli einmal nicht mehr arbeitet, wollen er und seine Frau für immer in den Süden nach Spanien ziehen. Aber erst, wenn seine beiden Söhne aus dem Haus sind. Mit ihnen spielt Lemli gerne Fußball oder begleitet sie ins Stadion, zu Eintracht Frankfurt. So viel Sport, wie es seine drahtige Figur vermuten ließe, treibt er selbst allerdings nicht. Nur ab und an kickt er noch, alte Herren - aber immer, typisch Lemli, mit Bedacht: "Die letzten 20 Zentimeter wird nicht mehr voll durchgezogen."

Lemlis Laufbahn

  • 1996-1998: Einstieg ins Maklerleben bei JLL in Frankfurt, Industrial Agency. Assistent des Deutschlandchefs.
  • 1998-2003: Lemli geht für JLL als Investmentmakler nach Madrid, wird dann Head of Investment Spanien.
  • 2003/04: Ausflug auf die Kundenseite: Partner beim Asset-Manager Infinorsa.
  • 2004-2006: Lemlis erster Wechsel zu Savills (Head of Investment Spain).
  • 2006-2012: Zurück nach Deutschland und zurück zu JLL, als Head of Capital Markets & Leasing.
  • 2012: Rückkehr zu Savills, zunächst als Europainvestmentchef, bald auch Deutschland-CEO.

Harald Thomeczek

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Wie und wo wohnen Sie zurzeit?

Ich wohne mit meiner Familie in einer Doppelhaushälfte in einem sehr schönen Neubaugebiet südlich von Berlin. Nach der Geburt unserer Tochter wollten wir etwas ländlicher und nicht mehr in einer Wohnung leben. Unser Wohnort liegt in der Nähe der A 10, sodass wir eine sehr gute Verkehrsanbindung haben. Momentan wohnen wir noch zur Miete, aber das soll nur eine Übergangslösung sein. Wir haben auf beiden Seiten Fensterfronten. Dadurch fällt viel Licht in die Wohnräume, was ich sehr schätze.

Was muss das perfekte Haus unbedingt haben?

Ein perfektes Haus wäre für mich eine schöne sanierte Altbauvilla in Wasserlage. Das wäre eine Immobilie, in der ich mir vorstellen könnte, alt zu werden.

Haben Sie bei einer Immobilien schon einmal selbst Hand angelegt?

Ja, erstmals als meine Eltern ihr Haus gebaut haben, da habe ich viel mitgeholfen. Im letzten Jahr sollte eine große Anzahl an Wohnungen in einem unserer Objekte umgebaut und vermietet werden. Ich bin zu Beginn des Projekts einen ganzen Tag mit unserem Monteur vor Ort gewesen und habe zusammen mit ihm angepackt. Anfangs wollte er nicht glauben, dass ich es ernst meine. Dass der Chef mit anpackt, hat bei den Mitarbeitern eine große Motivation ausgelöst und wird sehr respektiert. Handwerklich zu arbeiten, bereitet mir großen Spaß, und ich mache zu Hause viel selbst, wenn es die Zeit erlaubt.

Wie haben Sie Ihr erstes Geld verdient?

Mit 14 habe ich schon viele Sachen auf Ebay verkauft. Als ich dann 18 wurde und noch zur Schule ging, habe ich gebrauchte Autos gekauft, sie hergerichtet und wieder verkauft.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienwirtschaft gefunden?

Das war eher Zufall. Ich habe immer in Bereichen mit technischem Bezug gearbeitet. Für mich war klar, dass ich nach meinem MBA in Hongkong im Management arbeiten möchte. Durch Zufall wurde ich auf eine Stelle als Geschäftsführer eines Projektentwicklers in Berlin aufmerksam. Ich habe mich direkt beworben, denn die Stelle passte einfach zu meinem Profil, gefragt waren technische, kaufmännische und juristische Kenntnisse. Mit dem Gesellschafter habe ich mich auf Anhieb sehr gut verstanden, so dass ich bereits von Hongkong aus meinen Arbeitsvertrag unterschreiben und mit der Arbeit beginnen konnte.

Was braucht man Ihrer Einschätzung nach, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Man darf sich von schlechten Nachrichten nicht verunsichern lassen. Ich glaube, dass es wichtig ist, an der eigenen Strategie festzuhalten – unabhängig davon, was die Masse sagt. Man sollte das tun, was man kann und womit man erfolgreich ist. Und wenn man glaubt, dass die Zeit reif ist für einen Schritt, dann sollte man ihn auch gehen, unabhängig davon, wie der Markt gerade tickt. Meiner Erfahrung nach sind schlechte Prognosen oft Übertreibungen. Man malt den Markt für die nächsten zehn Jahre schwarz und später stellt sich heraus, dass es zwar schwierig war, aber nicht so schlimm wie vorhergesagt.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Wir feiern eher im kleinen Kreis oder veranstalten kleinere Events im Unternehmen. Außerdem laden wir unsere Mitarbeiter und Geschäftsfreunde regelmäßig zu den von uns gesponserten Sportevents ein.

Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Misserfolge gehören genauso zum Geschäft wie Erfolge. Ich lasse mich davon nicht unterkriegen, mache einfach weiter und versuche es so lange, bis es klappt – das ist meine Strategie. Zudem versuche ich aus meinen Fehlern zu lernen, um es beim nächsten Anlauf besser zu machen.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Ich war schon früh unternehmerisch tätig und mir macht es Spaß, Unternehmen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Ich würde in einem anderen Unternehmen die gleiche Position besetzen.

Was finden Sie an der Immobilienbranche besonders gut?

Die Vielseitigkeit! In der Projektentwicklung und im Bestandsmanagement arbeitet man mit ganz unterschiedlichen Partnern zusammen, zum Beispiel aus dem kaufmännischen und dem technischen Bereich. Mir macht es Spaß, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, vom Mieter über den Architekten bis hin zum Ingenieur. Das macht meinen Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich.

Und was stört Sie an der Branche?

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Baulöwe, Miethai, Heuschrecke: Leute, die mit Immobilien Geld verdienen (wollen), haben nicht immer den besten Ruf. Zurecht?

Wenn ich im privaten Umfeld erzähle, dass ich in der Immobilienbranche tätig bin, bekomme ich manchmal die scherzhafte Antwort „Bis vor Kurzem warst du mir noch sympathisch“ oder „Ach, ein Immobilienhai“. Das ist nicht ernst gemeint, aber es spiegelt doch wider, was die Leute oft über Vertreter der Branche denken. Und ja, ich glaube, die Immobilienbranche hat einen zu schlechten Ruf. Das Problem ist, dass dies von einzelnen schwarzen Schafen herrührt, über die jedoch sehr medienwirksam berichtet wird. Die meisten Branchenvertreter bieten gute Immobilien zu fairen Preisen an und bemühen sich um ein gutes Verhältnis zu allen Beteiligten. So ist auch unser Selbstbild.

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… weil man in dieser Branche vorankommt, wenn man ehrgeizig ist und zeigt, was in einem steckt. Wichtig ist, dass man seine Leistungsbereitschaft zeigt. Man sagt den jungen Leuten heute nach, dass sie mehr auf ihre Work-Life-Balance achten und nicht mehr so leistungsfähig sind. Dieser Ruf haftet ihnen vielleicht zu Unrecht an, aber ich würde ihnen empfehlen, sich davon abzuheben, indem sie zeigen, was in ihnen steckt.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Ich mag schöne alte Häuser. In Potsdam gibt es viele schöne Altbauten, die mir sehr gut gefallen. Wenn ich mir dort eine Immobilie aussuchen müsste, würde es mir nicht schwerfallen.

Und welches Gebäude in Deutschland würden Sie gerne abreißen und warum?

Was in den 70er Jahren gebaut wurde, finde ich nicht besonders schön. Aber es gibt kein Gebäude, das ich abreißen möchte. Ich finde, alles gehört irgendwie dazu, schließlich können beispielsweise auch DDR-Bauten ihren Reiz haben. Es kommt auf den Kontext an.

Was bringt Sie privat auf die Palme? Und was beruflich?

Ich weiß, dass es nichts bringt sich aufzuregen, also versuche ich, privat und beruflich in jeder Situation ruhig zu bleiben. Wenn Leute ignorant sind, kann ich mich schon mal aufregen, aber das kommt wirklich selten vor.

Wo oder wie können Sie sich besonders gut entspannen oder abschalten?

Daheim in meinem Garten oder im Urlaub in der Sonne.

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an was …?

… an eine schöne Bucht in Ägypten mit sehr warmen Badetemperaturen im Dezember. Es war herrlich, wir hatten strahlenden Sonnenschein und konnten einfach nur entspannen.

Homeoffice, Büro oder mobil in der Bahn? Wo arbeiten Sie am häufigsten, wo am liebsten und warum?

Ich finde, dass sowohl das Büro als auch das Homeoffice Vorteile haben. Zuhause kann ich in Ruhe Dinge abarbeiten, im Büro bekommt man aber auch Dinge mit, die einem daheim entgehen würden. Deshalb finde ich beides wichtig und nutze auch beides. Wenn ich Termine habe, fahre ich lieber mit dem Auto als mit dem Zug.

Und für welches rein private Vergnügen haben Sie zu wenig Zeit?

Für den Sport. Ich versuche, ihn regelmäßig in meinen Alltag zu integrieren, aber zwischen Beruf und Familie kommt er oft zu kurz. Wenn man sich wie ich in einer Kampfsportart verbessern will, muss man sehr regelmäßig trainieren.

Wie und wo gehen Sie gerne aus?

Ich gehe gerne in Potsdam oder in Charlottenburg gut essen oder besuche kulturelle Veranstaltungen, aus dem Club-Alter bin ich mittlerweile raus.

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal einen Abend verbringen?

Ich würde Richard Branson gerne einmal treffen, weil ich finde, dass er ein interessanter Unternehmer ist. Ich finde es spannend, wie er seine Unternehmen aufgebaut hat, und denke, dass er mir spannende Anregungen für meine Arbeit geben könnte. Mit ihm würde ich auch gerne einmal für einen Tag tauschen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Ich mag die mediterrane Küche sehr. Da ich schwedische Wurzeln habe, mag ich auch die schwedische Küche sehr gern – da gibt es sehr viel Spannendes mehr als nur Köttbullar. Außerdem habe ich durch meine Frau die osteuropäische Küche für mich entdeckt.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Mit Blick auf Hongkong vermisse ich in Deutschland die Effizienz. Wenn ich die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin mit denen in Hongkong vergleiche, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Als ich von Hongkong nach Berlin kam und in die U-Bahn gestiegen bin, fiel mir auf, dass wir keinen Internetempfang in der U-Bahn und immer noch Fenster zum Aufklappen haben. Das war ein Gefühl, als sei ich 30 Jahre in die Vergangenheit gereist. In Hongkong ist jede U-Bahn klimatisiert und man hat überall in der U-Bahn einen top Empfang, man kann sich von dort aus problemlos Filme auf dem Handy anschauen.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben – welchen Traum erfüllen Sie sich?

Ich würde das Geld lieber spenden, weil es Menschen gibt, die es dringender brauchen als ich.

Die Fragen stellte Janina Stadel.

Janina Stadel

Reuter soll C&W in Deutschland führen

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Quelle: Cushman & Wakefield

Karriere 18.04.2024
Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus ... 

Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus verlassen hat.

Seit Anfang Dezember lässt C&W offen, wer die deutsche Tochter künftig führen wird. Im Winter hieß es auf Anfrage lediglich, Postleb werde "für einen längeren Zeitraum abwesend sein"; Tina Reuter, Head of Asset Services für Europa, solle "in seiner Abwesenheit vorübergehend die Verantwortung für Deutschland übernehmen".

Wie lange Postleb abwesend sein soll und ob er überhaupt wiederkommen wird bzw. wer ihm folgen soll – das sind Fragen, die C&W seit mehr als vier Monaten offen lässt. Ein Vakuum an der Spitze des Unternehmens mit 350 Beschäftigten. Noch wird Postleb auf der Internetseite von C&W als Managing Director Germany und Head of Germany geführt.

Jetzt aber ist aus gut unterrichteten Kreisen zu hören: Reuter wird den Chefposten übernehmen. Noch im April soll der Vertrag mit ihr unterschrieben werden. C&W bleibt dabei wortkarg. "Ich kann dies aktuell nicht kommentieren", sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Immobilien Zeitung (IZ). Auch Reuter selbst wollte gegenüber der IZ keinen Kommentar abgeben.

Reuter ist derzeit als Executive Partner verantwortlich für die Leitung und Entwicklung des Asset-Services-Geschäfts in Europa, über das rund 32 Mio. qm Gewerbefläche verwaltet wird, das 14 Länder abdeckt und mehr als 1.350 Mitarbeiter beschäftigt. Als Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W ist sie zudem mitverantwortlich für die strategische Ausrichtung des Gesamtunternehmens in Europa. Reuter verfügt über mehr als 20 Jahre internationale, bereichsübergreifende Führungserfahrung in der Immobilienbranche. Seit 2013 ist sie für C&W tätig.

Im Februar hatte Reuter der IZ erklärt, sie wolle die Dienste bei C&W bündeln sowie das Angebot breiter und diverser aufstellen. "Neben unserem bisherigen Office-Fokus stärken wir auch die Bereiche Residential, Healthcare und Logistik", sagte sie. "Unser Fokus liegt – als Teil unserer globalen Strategie – auf drei Prioritäten: Stärkung des Kerngeschäfts, effiziente Arbeit und Beratung sowie nachhaltiges, organisches Wachstum." C&W sehe den mittel- und langfristigen Erfolg nicht in der Konzentration auf wenige Bereiche, sondern "in gesamtheitlichen Lösungen".

Mit Alexander von Erdély bei CBRE und Matthias Leube bei Colliers hatten neben Postleb im vergangenen Winter auch zwei andere Topmanager von großen Gewerbemaklern ihre Posten abgegeben.

Peter Dietz

Reingehört: Eine eigene Zone für berufliche Werdegänge

Karriere 18.04.2024
Netzwerken gehört für Alexander Schmid zum Alltag. Nun hat er seine Real Estate Lounge Interview Zone in ein Podcast-Format gepackt. Darin stellt er in jeder Folge einen Gesprächspartner mit ... 

Netzwerken gehört für Alexander Schmid zum Alltag. Nun hat er seine Real Estate Lounge Interview Zone in ein Podcast-Format gepackt. Darin stellt er in jeder Folge einen Gesprächspartner mit seinem Berufsweg näher vor.

Im Februar 2024 ging der Podcast Real Estate Lounge Interview Zone an den Start. Dahinter steckt der Gründer der Real Estate Lounge Alexander Schmid, der sich in diesem Format mit seinen Interviewpartnern unterhält über Werdegänge, Stolpersteine und Best-Practice-Beispiele im Berufsleben in der Immobilienwirtschaft. In jeder der bislang vier Folgen bespricht Schmid mit einem Gast neben dessen Lebenslauf auch ein Fokusthema.

So zeichnet sich Gesprächspartner von Folge 1, der Unternehmensberater Robert Hoffmann, dadurch aus, dass er auf Instagram erfolgreich aktiv ist. Er hat innerhalb von knapp sechs Monaten mit seinen Videos 50.000 Follower gewinnen können. Sein Erfolgsrezept: Liefere kontinuierlich Inhalte, die authentisch sind und den Followern einen Mehrwert bieten. Jeden zweiten Tag kreiert Hoffmann nach diesem Rezept einen 90-Sekunden-Spot mit Einblicken in seine Erlebnisse aus der Unternehmensberatung.

In Folge 2 ist Oliver Ritschel zu Gast. Vor etwa vier Jahren hat sich der gelernte Elektroinstallateur mit dem Buero Oliver selbstständig gemacht. Inzwischen hat er drei Mitarbeiter, Tendenz steigend. Aus seiner Zeit als Angestellter weiß Ritschel, dass besonders für Sonderprojekte meist die Zeit fehlt, um das technische Property- und Asset-Management zu koordinieren. Diese Lücke kann er mit seinem Unternehmenskonzept füllen. Mit Schmid spricht er über seinen Weg in die Selbstständigkeit.

Marketingspezialisten, Ingenieurgeologen und als nächstes Sie?

Weitere Gäste in den Folgen 3 und 4 sind Felix Hilt von Brand Estates und Lukas Krödel von HPC. Hilt gibt Auskunft über erfolgreiches Immobilienmarketing, das er mit seiner Agentur betreibt: von der Namensfindung für ein Projekt bis hin zu Influencer-Engagements. Krödel ist für die Umwelt tätig und seines Zeichens mit nur 28 Jahren einer der jüngsten Standortleiter Deutschlands. HPC ist auf Umweltberatung, Infrastrukturplanung und Bodenrecycling spezialisiert. Der studierte Ingenieurgeologe begann vor knapp vier Jahren als Werkstudent bei dem Unternehmen und leitet nun ein eigenes Team in München.

Man darf gespannt sein, wer noch in der Interview Zone zu Gast sein wird. Mit den bisherigen Interviewpartnern stand Schmid durch sein Netzwerkevent-Format Real Estate Lounge bereits in Kontakt. In den Shownotes besteht die Möglichkeit, sich als Gast zu bewerben.

Die Folgen haben mit 30 bis 40 Minuten eine angenehme Länge. Lediglich Intro und Outro wirken leicht überzogen, wenn auch professionell umgesetzt. Angesichts der interessanten Gespräche lässt sich darüber hinweghören. Ein fester Turnus, in dem die Folgen erscheinen, ist anhand der bisherigen Veröffentlichungsdaten noch nicht ablesbar.

Alexandra Stiehl