Karriere-News

Ralf-Jörg Kadenbach

Ralf-Jörg Kadenbach ist Vorstandsvorsitzender von Europa-Center.

Ralf-Jörg Kadenbach ist Vorstandsvorsitzender von Europa-Center.

Quelle: Europa-Center, Urheber: Sebastian Vollmert

Karriere 09.02.2023
Vor seinem Berufseinstieg bei ECE Projektmanagent hat Ralf-Jörg Kadenbach sein Geld mit seinem Hobby verdient: mit dem Segeln. Diesem Sport ist er bis heute treu geblieben, doch beruflich ... 

Vor seinem Berufseinstieg bei ECE Projektmanagent hat Ralf-Jörg Kadenbach sein Geld mit seinem Hobby verdient: mit dem Segeln. Diesem Sport ist er bis heute treu geblieben, doch beruflich sitzt der Diplom-Kaufmann nun dem Vorstand der Europa-Center vor. Dass er statt Sportler Immobilienprofi wurde, sieht der 60-Jährige nur als halben Zufall an, denn mit einem Bauingenieur als Vater hat er schon als Kind etliche Baustellen gesehen und früh erkannt, dass Gebäude ein Stadtbild über Jahrzehnte prägen.

Wo wohnen Sie zurzeit?

Meine Frau und ich haben vor 20 Jahren ein Altbauhaus mit Butzenscheiben gekauft, dieses von einer gewerblichen in eine private Nutzung überführt, komplett renoviert und mit einem Neubau als Kubus ergänzt. Wir lieben Architektur und hohe Räume und fanden es spannend, ein Haus zu entwickeln, das architektonische Brüche zwischen Altbau und Neubau aufweist.

Wir haben mit den Höhen gespielt – sprich die Höhe des Altbaus mit einem Meter über Grundstücksniveau dazu genutzt, um zum Neubau leicht abzutreppen, der sich dann wiederum von der Terrasse zum Garten hin abtreppt. So gibt es unterschiedliche Ebenen mit schönen Blickbeziehungen. Als Relikt an die leicht gewerbliche Vornutzung haben wir im Untergeschoss die hässliche Rundbadewanne mit einem goldenen speienden Fisch und der Champagnerablage aus Marmor nicht abgerissen. Ein Südgrundstück, das nicht zu groß und nicht zu klein ist, war uns wichtig, denn nichts ist schöner als im Winter die tiefstehende Südsonne im Wohnzimmer zu haben. Vor vier Jahren haben wir uns entschlossen, den Garten, der vorher eher rudimentär gestaltet war, durch einen Außenanlagenplaner erstmalig planen und komplett neu anlegen zu lassen. Außenanlagen sind für mich die Fortsetzung guter Architektur und auch bei allen beruflichen Projekten wichtig. Das wollten wir auch privat umsetzen, nachdem der Garten zuvor jahrelang für die Gartenschaukel, den Sandkasten und die allgemeine Fußballfläche herhalten musste. Wir genießen das Ergebnis täglich.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz in der Wohnung? Und warum?

Die Terrasse, denn von dort hat man einen Blick zu einer langen Reihe aus 100 Jahre alten denkmalgeschützten Rotklinkerhäusern, die in etwa 100 Metern Entfernung stehen.

Haben Sie bei dieser Immobilie auch selbst mit Hand angelegt?

Meine Fähigkeiten haben sich eher auf die Abbrucharbeiten von Tapeten und Türzargen beschränkt, zu mehr langt es nicht….

Was muss das perfekte Haus unbedingt haben?

Eine offene Küche mit Esszimmer und Wohnzimmer, die ineinanderfließen…

Wie und wo möchten Sie im Alter gerne wohnen?

Genau dort, wo ich schon jetzt wohne.

Wann und womit haben Sie als Erwachsener zum ersten Mal Geld verdient?

Ich hatte das Glück als Student von der Sporthilfe und dem Deutschen Seglerverband unterstützt zu werden, so wurde ich für mein Hobby quasi bezahlt.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienbranche gefunden?

In Teilen war es reiner Zufall – ich dachte nach dem Studium, als guter Kaufmann sollte man im Controlling anfangen, das war mir dann aber nach sechs Monaten zu langweilig. Danach wollte ich definitiv operativ tätig sein. Ich bin dann zufällig über eine Anzeige der ECE gestolpert. In Teilen war es kein Zufall – mein Vater war Bauingenieur und hatte mich mit zehn Jahren immer über alle Baustellen geschleppt.

Was braucht man Ihrer Einschätzung nach, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Man muss mutig, mit Selbstvertrauen und Wissen nach vorne gehen, für die Sache brennen und alle internen und externen Beteiligten für sich einnehmen und für die gemeinsame Sache begeistern.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Gerne mit dem ein oder anderen Kaltgetränk, aber immer im Kollegenkreis und gern auch länger…

Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Ich ärgere mich kurz und dann geht’s weiter. Man darf nicht liegenbleiben. Erfolge kann man erst dann richtig genießen, wenn man auch schon schmerzhafte Misserfolge hatte.

Was stört Sie in der Immobilienbranche (am meisten)?

Dass mit schlechtem Städtebau und kurzsichtiger Architektur in guten Zeiten zu schnell Geld verdient wird. Es fehlt das Bewusstsein für die Verantwortung, die man trägt. Die Gebäude, die wir entwickeln, prägen das Stadtbild für die nächsten 50 Jahre oder länger.

Und was finden Sie besonders gut?

Dass man seine eigene Arbeit sieht und das auf Jahre, das ist sehr befriedigend, da man wirklich etwas geschaffen hat.

Baulöwe, Heuschrecke und Miethai: Leute, die in der Branche Geld verdienen (wollen), haben nicht immer den besten Ruf. Zu Recht?

Nicht immer. Ich glaube das hängt von der jeweiligen Konjunkturphase ab. In guten Zeiten trifft das sicherlich zu und in schlechten Zeiten wird darüber weniger geredet. Es gibt aber auch sehr viele Immobilienunternehmer, die sich Gedanken machen und denen es wichtig ist, welchen Mehrwert sie mit ihren Objekten schaffen. Dazu zähle ich die Europa-Center, deren Gewinne in Teilen im Unternehmen verbleiben und in Teilen an die gemeinnützigen Stiftungen des Gesellschafters ausgeschüttet werden.

Sie würden jungen Leuten raten, den Weg in die Immobilienwirtschaft einzuschlagen, weil...

…es kaum ein spannenderes und vielfältigeres Aufgabengebiet gibt und weil man seine Arbeitsergebnisse viele Jahre lang betrachten und betreten kann.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Segelprofi, wenn man damals schon Geld damit hätte verdienen können.

Und welches Gebäude in Deutschland würden Sie gerne abreißen und warum?

Bevor wir ein Gebäude wegen Hässlichkeit abreißen, würde ich länger über einen komplette Fassadensanierung/Neugestaltung dieser Immobilie nachdenken. Mit dem richtigen Architekten gibt es viel mehr Potenzial als wir denken. Meist ist nur der Abriss die einfachste Methode – noch.

Homeoffice, Büro oder mobil in der Bahn? Wo arbeiten Sie am häufigsten und wo am liebsten?

Ich mag die Trennung zwischen privat und geschäftlich, daher arbeite ich im Büro oder auf Dienstreisen in der DB. Von letzterer bin ich ein großer Anhänger geworden. Es sei denn, man muss umsteigen …

Wo oder wie können Sie besonders gut entspannen oder abschalten?

Beim Segeln ist man ganz weit weg, es gibt nur die Natur und den Horizont.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Das Empire Riverside Hotel in Hamburg von Chipperfield – das hat eine zeitlos elegante Fassade und steht städtebaulich gut am Elbhang und überblickt die Elbe.

Was bringt sie auf die Palme?

Beruflich: nicht durchdachte Projekte, Grundrisse, Fassaden und schlechte Vertragslagen. Privat: Post aus Flensburg.

Für welches private Vergnügen haben Sie zu wenig Zeit?

Fürs Segeln.

Nennen Sie einen Ihrer Lieblingssongs?

We Are The Champions” von Queen

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an ...?

Daran, dass man im Alltag genauso viel Sport machen sollte wie im Urlaub.

Wie gehen Sie am liebsten aus?

Essen steht bei mir sicherlich ganz hoch oben im Kurs, da ich die Kommunikation liebe und Essen die Geselligkeit befördert. Mir geht es dabei nicht um Hotspots, sondern um Restaurants mit einem gewissen architektonischen Stil. Aber schmecken sollte es auch.

Und mit welcher noch lebenden Persönlichkeit würden Sie gerne einmal einen Abend im Restaurant verbringen? Warum?

Alex Thomson – ein Profisegler, der jahrelang die Hugo Boss gesegelt hat. Ich würde ihn fragen, wie er Hugo Boss als Sponsor gewinnen konnte und wie er bei Rennen um die Welt mit Einsamkeit, Angst und Schlafmangel umgeht und sich dabei trotzdem zu Höchstleistungen motiviert.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Definitiv die Weihnachtsgans!

Mit wem würden Sie gerne mal für einen Tag das Leben tauschen? Warum?

Ganz ehrlich? Mit niemanden – bin rundum glücklich.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Definitiv die Wärme und die Gelassenheit, die man in südlichen Ländern findet.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben – welchen Traum erfüllen Sie sich?...

Eine kleine feine reduzierte sportliche Segelyacht aus Holz, um damit die ganze Ostsee zu besegeln. Einen Teil der Summe würde ich an einen Sportverein für die Jugendförderung im Leistungsbereich stiften, denn dort wird ehrenamtlich mit hohem Einsatz ein großer gesellschaftlicher Beitrag für die Entwicklung unsere Jugend geleistet.

Das Interview führte Janina Stadel.

Janina Stadel

"Beteiligungen reizen Führungskräfte mit Gestalterdrang"

Christoph Hartmann ist  Personalberater und Headhunter.

Christoph Hartmann ist Personalberater und Headhunter.

Quelle: Christoph Hartmann

Karriere 02.02.2023
In seinem Job als Headhunter sucht Christoph Hartmann nach geeigneten Kandidaten für Führungspositionen in der Immobilienwirtschaft. In den vergangenen Monaten konnte der geschäftsführende ... 

In seinem Job als Headhunter sucht Christoph Hartmann nach geeigneten Kandidaten für Führungspositionen in der Immobilienwirtschaft. In den vergangenen Monaten konnte der geschäftsführende Gesellschafter der Personalberatung Deininger Consulting beobachten, dass die Wechselbereitschaft steigt, vor allem bei Kandidaten, die selbst unternehmerisch tätig werden wollen.

Immobilien Zeitung: Herr Hartmann, als Personalberater und Headhunter besteht ihre tägliche Arbeit darin, geeignete Kandidaten für Stellen zu finden – vor allem für Positionen mit Führungsverantwortung. Wie offen sind Kandidaten derzeit für einen Wechsel innerhalb der Immobilienwirtschaft?

Christoph Hartmann: Gerade bei Kandidaten in High-Level-Positionen hat die Wechselbereitschaft nach meinen Beobachtungen seit dem Herbst wieder zugenommen. Immer häufiger kommen Kandidaten mit Führungserfahrung sogar auf mich zu und erkundigen sich nach interessanten Stellen. Obwohl sie fest im Job sind, behalten sie den Markt vorsichtig im Auge, weil sie offen sind für eine neue Rolle. Doch um die sichere Stelle aufzugeben, muss die neue ihren Bedingungen und Vorstellungen entsprechen. Dazu zählt häufig, dass der Wechsel neue Herausforderungen mit sich bringen muss.

IZ: Woher kommt dieses beobachtende Verhalten?

Hartmann: In vielen Fällen hängt das mit den Gegebenheiten zusammen, die sich im Moment auf die tägliche Arbeit von Führungskräften auswirken. Die Inflation, steigende Energiekosten, Zinsentwicklungen und Materialknappheit führen im Alltagsgeschäft dazu, dass viele Aufgaben anspruchsvoller und somit auch stressiger werden. Man muss darauf als guter Manager reagieren. Das wiederum weckt in vielen Fällen die Motivation, selbst unternehmerisch tätig zu werden.

IZ: Was genau bedeutet das für Unternehmen, die erfahrene Führungspersönlichkeiten für sich gewinnen oder sogar gezielt abwerben wollen?

Hartmann: Nur mit einem höheren Gehalt lassen sich die wenigsten locken. In den vergangenen zehn, zwölf Jahren haben High-Levels in der Immobilienwirtschaft mit einer Kombination aus Fixgehalt und Boni gut verdient. Dieses Gehaltskonzept ist also nichts Neues. Beteiligungen hingegen reizen Führungskräfte mit Gestalterdrang. Während Gehalt und Boni vom Arbeitgeber festgelegt werden, sind Anteilseigner selbst verantwortlich für den finanziellen Erfolg eines Unternehmens und somit auch für den eigenen.

IZ: Die Gesellschafterrolle wird also attraktiver als die bloße Geschäftsführerposition?

Hartmann: Geschäftsanteile versprechen Entscheidungsfähigkeit und neue Herausforderungen – nicht zuletzt, weil der Kandidat mehr Verantwortung für die Zukunft eines Unternehmens übernimmt. Das gilt zum Beispiel für die Projektentwicklung. In diesem Zweig haben wir in der Immobilienwirtschaft viele mittelständische Unternehmen, die zum Teil noch vom Gründer selbst geführt werden. Kommt es hier zu einer Nachfolge, verlangen einige Kandidaten schon beim Erstgespräch, am Unternehmen beteiligt zu werden.

IZ: Wie offen sind diese Unternehmen dafür, Anteile an gute Kandidaten abzugeben?

Hartmann: Gerade wer ein Unternehmen über Jahre hinweg selbst aufgebaut hat, dem fällt es schwer, am Ende der Karriere richtig loszulassen. Viele, die einen Nachfolger suchen, wollen gerne noch eine Zeit lang mitmischen, auch wenn sie offiziell nicht mehr Geschäftsführer sind. Deshalb sind sie oft nicht bereit, Anteile abzugeben. Doch ohne die volle Verantwortung kann sich die nachfolgende Generation in den Führungsebenen nicht selbstständig weiterentwickeln. Und auch auf niedrigeren Ebenen kommt Frustration auf, weil Mitarbeiter das Gefühl haben, dass das Unternehmen stagniert und sie langfristig keine Veränderungen mehr sehen. Der ein oder andere sieht sich dann schon mal nach einem neuen Job um.

IZ: Von wie vielen Anteilen genau sprechen wir da in der Regel?

Hartmann: Eine typische Spanne, die Unternehmen anbieten oder Kandidaten fordern, gibt es nicht. Die Größe des Unternehmens und die Vorstellungen des Kandidaten sind nur zwei von vielen Aspekten, die in eine Einigung mit reinspielen und ganz unterschiedlich ausfallen können. Oftmals geht es für den Bewerber bei seiner Forderung weniger um die Zahl auf dem Papier, sondern viel mehr um die Möglichkeit, überhaupt beteiligt zu werden, weil das dem Wunsch, selbst unternehmerisch tätig zu werden, entgegenkommt. Gerade wenn eine Stelle schnell nachbesetzt werden muss, sind die Erwartungen in den Unternehmen oft hoch. Eine Schonfrist zur Eingewöhnung in die neue Rolle während der ersten 100 Tage gibt es oft nicht mehr. Wenn der Arbeitgeber erwartet, dass sofort performt wird, sind Beteiligungen für den Mitarbeiter eine große Motivation.

IZ: Es gibt also Verhandlungsspielraum?

Hartmann: Es müssen nicht immer Anteile am Unternehmen selbst sein. In der Projektentwicklung kann auch eine Beteiligung an einem Vorhaben reizvoll wirken, etwa am Verkaufspreis oder am Miet- und/oder am Verkaufserfolg. Im Investment sind Beteiligungen an Fonds denkbar. Eine weitere Möglichkeit ist es, vertraglich festzuhalten, dass über die genaue Höhe der Anteile erst nach einiger Zeit verhandelt wird, etwa wenn der Kandidat schon zwei bis drei Jahre die Position besetzt und seine Fähigkeiten als Manager in diesem Zeitraum unter Beweis gestellt hat.

IZ: Was gilt es in diesen Fällen zu beachten?

Hartmann: Absprachen dieser Art sollten grundsätzlich vertraglich und von Anfang an festgehalten werden. Das gilt nicht nur für Beteiligungen in der Zukunft, sondern auch für eine variable Vergütung wie Boni. Werden diese nicht im Vornherein festgesetzt, hat das Unternehmen viel Handlungsspielraum. Doch ein Bonus, der kleiner ausfällt, als vom Mitarbeiter erhofft, ist nicht selten ein Wechselgrund.

IZ: Und wenn der Mitarbeiter das Unternehmen dennoch wieder verlässt?

Hartmann: Die Anteile kauft das Unternehmen in der Regel zurück – meist jedoch ohne damit Gewinn zu machen. In den meisten Fällen bindet das Konzept die Führungskraft aber langfristig ans Unternehmen, weil sie sich als Beteiligter viel stärker mit dem jeweiligen Haus identifiziert.

IZ: Vielen Dank, Herr Hartmann, für das Gespräch.

Das Interview führte Janina Stadel.

Janina Stadel

MAT-Mitglieder starten Buddy-Programm

Karriere 30.01.2023
Die Mitglieder des Nachwuchsnetzwerks Most Aspiring Talents (MATs) wollen interessierten Nachwuchskräften als Mentoren zur Seite stehen. Um die Hemmschwelle bei der Ansprache zu senken, haben sie ... 

Die Mitglieder des Nachwuchsnetzwerks Most Aspiring Talents (MATs) wollen interessierten Nachwuchskräften als Mentoren zur Seite stehen. Um die Hemmschwelle bei der Ansprache zu senken, haben sie einen lockeren Austausch geplant, der über Chatnachrichten gestartet werden kann.

Um Fragen von Absolventen, Berufseinsteigern und Interessierten an der Branche zu beantworten, haben die Mitglieder des Nachwuchsnetzwerks Most Aspiring Taltens (MATs) ein Buddy-Programm ins Lebens gerufen. Auf der dazugehörigen Webseitestellen sich zum Start 22 Netzwerkmitglieder in kurzen Steckbriefen vor und geben einen Überblick über Themen, zu denen sie als Ansprechpartner bereit stehen. Diese umfassen den Berufseinstieg in verschiedene Tätigkeitfelder innerhalb der Immobilienwirtschaft und reichen von der Projektentwicklung und dem Assetmanagement über die Finanzwirtschaft bis zum Facility Management.

Unverbindliche Kontaktaufnahme online möglich

Über ein Kontaktformular oder das Businessnetzwerk LinkedIn können Interessierte mit den Mentoren in Kontakt treten. "Unser Ziel ist es, die Hemmschwelle für die Kontaktaufnahme zu senken, in dem ein schnelles Anschreiben ermöglicht wird", erklärt Sunniva Maren Stüven, die als Mentorin mit Ratschlägen und Erfahrungsberichten zum Einstieg ins Investment-Management, zum berufsbegleitenden Studieren und zum Thema Female Empowerment bereitsteht. Einen festen Programmplan haben die MATs deshalb nicht aufgestellt. "Wir wollen ermutigen, Fragen zu stellen. Auch wenn es nur kurze sind", betont Stüven, "ob es bei kurzen Chatnachrichten bleibt, ein längerer Austausch folgt, oder ob es sogar zu einem persönlichen Treffen kommt, hängt ganz vom Wunschthema und den konkreten Fragen ab."

Janina Stadel

Flexible Arbeitszeiten beugen Quiet Quitting vor

Wer sich die Arbeit eigenständig einteilen kann, bleibt länger motiviert.

Wer sich die Arbeit eigenständig einteilen kann, bleibt länger motiviert.

Quelle: stock.adobe.com, Urheberin: Kirsten Davis/peopleimages.com

Karriere 26.01.2023
Das Prinzip Dienst nach Vorschrift ist ein alter Hut. Doch jetzt gibt es dafür ein modernes Wort, das aus den sozialen Medien kommt: Quiet Quitting. Der Begriff suggeriert, dass vor allem ... 

Das Prinzip Dienst nach Vorschrift ist ein alter Hut. Doch jetzt gibt es dafür ein modernes Wort, das aus den sozialen Medien kommt: Quiet Quitting. Der Begriff suggeriert, dass vor allem die junge Generation nicht immer bereit ist, die Extrameile zu gehen. Dabei hängt sich der Nachwuchs durchaus rein – aber nur, wenn es einen passenden Ausgleich gibt.

Es ist das HR-Buzzword der Stunde: Quiet Quitting. Übersetzt lautet der Begriff "stille Verabschiedung" und bedeutet, dass Angestellte etwa nur noch das Nötige tun und sich leise vom Schreibtisch entfernen, sobald die Arbeitszeit endet. Die neue Beschreibung dessen, was früher Dienst nach Vorschrift hieß, entstammt der Videoplattform Tiktok. Nun bahnt sich der Begriff seinen Weg durch die internationale Medienwelt. Der Tiktoker Zaid Leppelin, wie er sich auf der Plattform nennt, hat im Sommer ein Video veröffentlicht, in dem er für eine Reform der Arbeit plädiert: Statt Teil der "Hustle-Kultur" zu sein, in der es nur ein Höher, Schneller, Weiter gibt, achten Quiet Quitter darauf, dass sie ihr Leben nicht vom Job bestimmen lassen. Einer halben Million Menschen gefiel das Video, in den fast 5.000 Kommentaren waren sich viele Tiktok-Nutzer einig: Über Gebühr zu arbeiten bringt vor allem eins – Stress. Und den will keiner.

Ziele motivieren mehr als Stundenvorgaben

Die Extrameile, die früher zum guten Ton in der Arbeitswelt gehörte, scheint nach weitläufiger Meinung – vor allem bei der jungen Generation – längst nicht mehr Teil der Karriereplanung zu sein. Ein Blick in die Immobilienbranche zeigt jedoch, dass Quiet Quitting vor allem eins ist: ein medialer Hype. Ein tatsächlich schrumpfendes Engagement stellt dort kaum jemand fest.

Svetlana Stockmann, Personalchefin des Immobilienunternehmens Ziegert-Gruppe, hat im vergangenen Jahr rund hundert Mitarbeiter eingestellt. Mehr als die Hälfte von ihnen war jünger als 30 Jahre. "Ich mag den Begriff Quiet Quitting überhaupt nicht", sagt Stockmann. "Er legt den Fokus auf ein Defizit, nämlich darauf, dass junge Menschen weniger Einsatz zeigen." Sie beobachtet zwar, dass sich die Einstellung des Nachwuchses von der älterer Generationen unterscheidet. Doch der Paradigmenwechsel tue der meist konservativ geprägten Branche gut, findet Stockmann. "Die Generation Z legt Wert auf ihre Freizeit. Dem müssen Arbeitgeber Rechnung tragen", sagt die Personalchefin. Bei der Ziegert-Gruppe heißt das: Homeoffice und Teilzeitangebote gehören zum Standard-Repertoire. Führungskräfte dürfen selbst entscheiden, wie sie die Anwesenheitspflicht ihrer Teams regeln. Und: Es gilt Vertrauensarbeitszeit. Statt eine vorgegebene Stundenzahl bis Dienstende am Schreibtisch abzusitzen, geben konkrete Zielvereinbarungen das Pensum vor. "Wer sich mit seinen Zielen identifizieren kann, hängt sich beruflich rein", beobachtet Stockmann. Es geht beim Quiet Quitting nämlich nicht darum, sich generell Überstunden zu verweigern, sondern darum, einen Ausgleich für Mehrarbeit an anderer Stelle einzufordern.

Auch Alexander Dahmen, Managing Director der Personalberatung Leaderslead Advisory, berichtet: Young Professionals haben andere Werte als ihre älteren Kollegen. Im Homeoffice zu arbeiten sei für viele junge Talente zum Standard geworden, sagt er. Wer fünf Tage Präsenz im Büro einfordert, dürfte es beim Nachwuchs also schwer haben. Ist der Arbeitgeber grundsätzlich bereit, den Wünschen seiner Mitarbeiter entgegenzukommen – nämlich Arbeit und Freizeit gut zu vereinbaren –, darf er im Gegenzug aber durchaus Leistung erwarten. "Nach wie vor gilt das ungeschriebene Gesetz, dass sich Arbeitnehmer auch über die geregelte Arbeitszeit hinaus für das Unternehmen einsetzen", sagt Dahmen. Dabei kommt es darauf an, dass stressige Arbeitsphasen ausgeglichen werden, etwa durch zusätzliche Urlaubstage oder den klassischen Abbau von Überstunden. "Die Attraktivität eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab, wie flexibel die Arbeitszeit gehandhabt wird", sagt Dahmen und spricht von einem "Geben und Nehmen".

Fordern Arbeitgeber nur ein, sinkt die Motivation ihrer Mitarbeiter. Dann zeigt sich unter Umständen die große Schwester des Quiet Quitting: die innere Kündigung. Während Quiet Quitter motiviert ihre Aufgaben erledigen, aber darauf achten, genügend Zeit für Freunde und Familie zu haben, geben innere Kündiger auf. Sie haben gedanklich mit dem Job abgeschlossen, sitzen ihre Zeit ab und erbringen nicht mehr die Leistung, die der Arbeitgeber von ihnen erwartet.

"Quiet Quitter sind nicht automatisch unzufrieden mit ihrem Job", erklärt Laura Venz, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Leuphana-Universität in Lüneburg. "Sie wollen aber nicht mehr leisten, als sie müssen." Auch wenn Quiet Quitter ihren Arbeitsplatz wechseln, bleiben sie wahrscheinlich bei ihrer Einstellung. Nicht so die inneren Kündiger: Wer von ihnen den Wechsel wagt, arbeitet danach meist wieder voller Elan und – wenn nötig – auch über Gebühr, wenn der Job für sie attraktiv ist.

Damit es gar nicht erst zur Kündigung kommt, können Arbeitgeber an einigen Stellschrauben drehen. "Achten Sie auf die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter, auch im Homeoffice", rät Venz. Die Arbeitslast sollte von einer Person zu bewältigen sein. Und: Führungskräfte sollten ihre Erwartungen klar kommunizieren. "Studien haben gezeigt, dass Arbeitnehmer im Homeoffice abends das Gefühl haben, erreichbar sein zu müssen. Sie denken, der Arbeitgeber erwartet das, da sie ja nicht im Büro präsent sind", sagt Venz. Diesen Eindruck gilt es klar zu revidieren. Auch eine Befragung oder der direkte Dialog können helfen: Wie geht es den Kollegen? Was haben sie für Bedürfnisse? Denn auch ein offenes Gespräch ist Teil des Gebens und Nehmens.
Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich

Bei Strabag werden Mitarbeiter zu Unternehmensgründern

In Workshops lernen die Mitarbeiter unternehmerisches Denken.

In Workshops lernen die Mitarbeiter unternehmerisches Denken.

Quelle: Strabag

Karriere 19.01.2023
Wer als Unternehmen im Wettbewerb bestehen will, muss in Innovation investieren. Statt Know-how von extern einzukaufen, zapfen Unternehmen ihre wertvollste Ressource an: die eigenen ... 

Wer als Unternehmen im Wettbewerb bestehen will, muss in Innovation investieren. Statt Know-how von extern einzukaufen, zapfen Unternehmen ihre wertvollste Ressource an: die eigenen Mitarbeiter. In sogenannten Intrapreneurship-Programmen lernen sie unternehmerisch zu denken und entwickeln eigene Geschäftsmodelle. Der Baukonzern Strabag hat dafür das Programm Ad Astra gegründet, aus dem schon eigenständige Start-ups hervorgingen.

Ein offener Sack Zement, eine Palette Drunterleisten, vier Meter Kabelhalbschalen. Auf Baustellen bleibt viel ungenutztes Material übrig, das am Ende entsorgt wird. Das kostet Geld und ist wenig nachhaltig. Ein Team von Mitarbeitern des Baukonzerns Strabag wollte das ändern und hat die App Bricksta entwickelt. Über diese sollen Heimwerker und Unternehmen überschüssiges Baumaterial kaufen können.

Ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft – mit großem Skalierungspotenzial. Um die App zu entwickeln, haben die Gründer als sogenannte Intrapreneure am Strabag-eigenen Programm Ad Astra teilgenommen. Es ermöglicht Mitarbeitern während ihrer Anstellung im Konzern, eine eigene Firma aufzubauen, die später als Ausgründung eigenständig am Markt bestehen kann. Die Teilnehmer werden also Unternehmer im Unternehmen. "Unsere Intrapreneur-Teams agieren wie Start-ups, aber mit einem entscheidenden Trumpf in der Hand: Strabag stellt finanzielle Mittel und technische Expertise bereit, um Ideen zu entwickeln, zu testen und im Idealfall umzusetzen", erklärt Innovationsmanager Franz Klager, der für das Programm verantwortlich zeichnet. Denn daran scheitern Innovationsprozesse häufig: Einzelkämpfer haben zwar gute Ideen, aber ohne Hilfe fehlen ihnen Zeit und Budget.

Anders als externe Berater und Innovationsspezialisten kennen die Mitarbeiter ihr Metier und das Unternehmen – und sind motiviert, Dinge in ihrem Arbeitsumfeld besser zu machen. Umso wichtiger sind Intrapreneurship-Programme, die sich nicht nur Strabag zunutze macht. Der Intrapreneurship-Monitor, für den die Universität Bayreuth im Jahr 2021 mehr als 600 Unternehmen sämtlicher Branchen befragt hat, zeigt: 29% der deutschen Firmen haben eine eigene Intrapreneurship-Abteilung. Sie wollen damit unternehmerisches Handeln fördern, neue Geschäftsfelder und neue Geschäftsmodelle erschaffen – und ihre Firma auf diese Weise innovativer und erfolgreicher aufstellen. Die Autoren der Studie sind sicher: Die Gefahr der Disruption des eigenen Geschäftsmodells durch neue Wettbewerber steigt. Haupttreiber sind vernetzte Wertschöpfungsketten, die Digitalisierung und globale Krisen. Intrapreneure sollen also Prozesse, Geschäftsmodelle und Produkte kritisch hinterfragen und die Unternehmen zukunftsfähig aufstellen.

Besonders viel Innovationspotenzial gibt es in der Baubranche: Im Vergleich zu innovationsstarken Industrien wie Automobil oder Konsumgüter liegt der Bau zurück – obwohl die Branche mit ihrer breiten Wertschöpfung eigentlich prädestiniert wäre für neue Ideen. Da nicht jeder einfach eine Idee aus dem Hut zaubern kann, haben Klager und sein Team bei Strabag in der ersten Ad-Astra-Runde im Jahr 2021 fünf Ideenfelder vorgegeben. Darunter sind Abfallvermeidung auf der Baustelle, neue Wohnkonzepte und schonender Umgang mit Bauressourcen. Rund 40.000 Mitarbeiter in Deutschland und Österreich durften ihre Ideen einreichen – hundert Vorschläge kamen zusammen. "Viele davon waren ähnlich", sagt Klager. Deshalb hat Strabag in der zweiten Ad-Astra-Runde im Jahr 2022 einen neuen Ansatz gewählt: Alle Ideen waren erwünscht, solange sie mit einem Geschäftsfeld von Strabag in Verbindung stehen oder ein Sozialunternehmen sind. Diesmal durften sich alle 74.000 Mitarbeiter weltweit beteiligen, knapp 100 Ideen aus 16 Ländern kamen zusammen.

Regelmäßige Workshops und Budget als Angebot

Das Ad-Astra-Board sichtet die Ideen und wählt 30 erfolgversprechende Ideengeber aus. Sie bekommen von ihrem Arbeitgeber ein einmaliges Zeitbudget von 30 Stunden, um ihre Vorschläge auszuarbeiten. Zusätzlich gibt es Input durch Workshops und das notwendige methodische Werkzeug an die Hand, um die Ergebnisse zu präsentieren. Die sechs besten Ideen schaffen es in die Prototyping-Phase, werden dort fit gemacht für den Praxistest. Drei Monate lang treiben interdisziplinäre Teams die Projekte voran, erhalten Unterstützung durch externe Experten. Klager und sein Team helfen den Ideengebern dabei, ein Team zusammenzustellen: "Wir veröffentlichen die Projekte im Intranet und schreiben die offenen Positionen aus", sagt er. Gesucht werden unterschiedliche Kompetenzen, je nach Projekt: Finanzexperten, IT-Spezialisten, Produktionsmanager.

Das Projektteam darf bis zur Hälfte seiner Arbeitszeit auf das Intrapreneurship-Programm verwenden. Dass das nicht bei jeder Führungskraft gut ankommt, liegt auf der Hand. Klager versucht intern für das Programm zu werben: "Wir informieren die Führungskräfte und zeigen die Vorteile auf. Gleichzeitig bitten wir die Bewerber, zuerst mit der Führungskraft zu klären, ob eine Teilnahme am Programm infrage kommt." Nicht nur der Zeitaufwand sorgt mitunter für Stirnrunzeln, sondern auch das Ziel des Programms. Denn wer das Ad-Astra-Programm durchläuft, verlässt im besten Fall das Unternehmen und gründet sein eigenes Start-up.

Bis es so weit ist, liegt vor den Intrapreneuren allerdings ein langer Weg. Nach drei Monaten, am Ende der Prototyping-Phase, treffen sich alle zum Demo-Day. Dabei pitchen sie ihre Start-up-Ideen einer Jury aus Topmanagern. "Es reicht nicht, eine gute Idee zu haben, man muss sie auch verkaufen können", weiß Klager. Die Vorstände und Bereichsleiter entscheiden, welche Ideen weitergeführt werden. Die Mittel kommen aus ihrem eigenen Budget, sie nehmen die internen Firmen quasi unter ihre Fittiche. Die für die Finanzierung ausgewählten Projekte werden anschließend in einer sechsmonatigen Phase weiterentwickelt und mit Pilotkunden getestet. Wenn diese erfolgreich verläuft, beginnt die Suche nach Investoren und die Ausgründung der Start-ups.

Im Jahr 2021 hat es nur die Jobvermittlungsbörse Teamup bis zur Ausgründung geschafft. Sie ist eine Plattform, die Personen zusammenführt, die sich eine Stelle teilen wollen. Die beiden Mitarbeiter, die die Idee vorangetrieben haben, musste Strabag zwar ziehen lassen, doch auf der Habenseite steht umso mehr: Die meisten Ideen, die im Programm entstehen, bleiben im Unternehmen. In der Markterprobungsphase zeigt sich mitunter, dass die Idee bei den Pilotkunden nicht so gut ankommt wie gedacht, oder es finden sich nicht genug Investoren. Auch die Baustoffbörse Bricksta hat es nicht zur Marktreife geschafft, aber einen spannenden Ansatz zur Kreislaufwirtschaft geliefert.

Der Gründergeist überträgt sich auch auf Mitarbeiter, die nicht am Programm teilnehmen, berichtet Klager: Sie interessieren sich zunehmend für agile Methoden. Strabag hingegen nutze das Angebot, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Gleichzeitig profitieren die Start-up-Gründer von ihrer Beziehung zum Konzern und dessen Netzwerk, etwa bei der Suche nach Investoren in der Ausgründungsphase.

Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich

Ein Tag mit: Jörg Kotzenbauer

Quelle aller Fotos: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 12.01.2023
Um den Alltag der Branchenakteure kennen zu lernen, begleitet sie die Immobilien Zeitung einen Tag lang bei der Arbeit. Zum Start der Serie haben wir Jörg Kotzenbauer am Stammsitz der ... 

Um den Alltag der Branchenakteure kennen zu lernen, begleitet sie die Immobilien Zeitung einen Tag lang bei der Arbeit. Zum Start der Serie haben wir Jörg Kotzenbauer am Stammsitz der Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI) im fränkischen Erlangen besucht und ihm acht Stunden lang bei Meetings, einem Vortrag vor Führungskräften und bei der Mittagspause mit Kollegen über die Schulter geschaut.

Montagmorgens um kurz nach acht füllen sich langsam die Flure der ZBI-Zentrale in der Erlanger Innenstadt. Während sich im Eingangsbereich die ankommenden Mitarbeiter begrüßen und in die Kaffeeküche oder ihre Büros verschwinden, brennt im vierten Stock in Jörg Kotzenbauers Büro schon seit einer halben Stunde das Licht. "Ich bin heute schon etwas früher losgefahren", erklärt der CEO mit Blick auf seinen Fahrradhelm, den er neben einem Sportrucksack auf der Fensterbank hinter seinem Schreibtisch geparkt hat. "Unsere IT wurde übers Wochenende umgestellt. Ich wollte sehen, ob alles läuft, bevor die Kollegen mit der Arbeit starten." Das Thema falle zwar eigentlich nicht in seine Verantwortung, doch weil er für das Personal zuständig ist, sieht er in allen Alltagsgegebenheiten Schnittstellen zu seinen Aufgaben. "Wenn Telefone und E-Mailaccounts nicht reibungslos laufen, kostet das Zeit und Nerven. Das kann unzufrieden machen", sagt er in Bezug auf die rund 180 Mitarbeiter am Standort in Franken.

Kotzenbauer selbst hat sich für einen möglichen IT-Ausfall einen Plan B überlegt. Beim Wochenstart zu spät zu seinem Meeting zu kommen, wollte er vermeiden: Als er gegen halb zehn den Bereichsleiter für Unternehmensentwicklung, Thomas Niethe, durch die verglaste Bürowand ankommen sieht, holt er ein iPad von seinem Schreibtisch und baut es für die anstehende hybride Sitzung mit einer externen Beraterin aus Frankfurt auf seinem Konferenztisch auf. Während der Begrüßung nimmt sich Kotzenbauer eins der Gläser, die zusammen mit vier Wasserkaraffen auf dem Tisch bereit stehen. Er schenkt einen großen Schluck ein, platziert das Glas vor sich auf einem Filzuntersetzer und bietet mit fragendem Blick Niethe ein Getränk an. Der hat inzwischen neben ihm Platz genommen und steckt schon mitten in dem Austausch. Im Schnelldurchlauf halten die Beteiligten in persona und auf dem iPad den aktuellen Stand des Großprojekts Fast Forward fest.

Dieses besteht aus mehreren Maßnahmen, die neue Standards für das Unternehmen und neue Aufgaben für die Teams bringen – und zwar über alle Bereiche hinweg in einem angedachten Zeitraum von nur zwei Jahren. Während Niethe spricht, liegen Kotzenbauers Hände auf der Tischplatte. Um Blickkontakt zu halten, dreht er den Oberkörper im Wechsel zu seinem Kollegen und dem iPad. Er hört zu, verfolgt jedes Wort – so konzentriert, dass er erst beim dritten Blitz bemerkt, dass vor dem Fenster ein Gewitter aufgezogen ist. Beim Donnergrummeln zuckt er kurz zusammen, greift nach seinem Glas, trinkt einen Schluck und meldet sich im Meeting zu Wort. Seine Finger tanzen jetzt über die Tischplatte und scheinen seine Sätze durch Bewegungen zu unterstreichen. Er spricht ein Thema an, das ihn kurz vor dem Monatswechsel beschäftigt. "Ich bin ein bisschen aufgeregt, weil die nächste Mitarbeiterversammlung ansteht", beichtet Kotzenbauer.

Die Online-Treffen für alle 860 Mitarbeiter deutschlandweit zählen zu den Maßnahmen, die Kotzenbauer schon kurz nach Antritt seines Chefpostens 2019 eingeführt hat. "Weil beim letzten Mal die Fragerunde ausgefallen ist, rechne ich jetzt mit Gesprächsbedarf zum Thema Inflation. Die aktuelle Geschäftslage will ich so erklären, dass jeder Mitarbeiter sie versteht", sagt er. Durch diese Transparenz will der CEO erreichen, dass New Work Einzug in den Unternehmensalltag erhält. Die Grundlage dafür definiert er als "Mitarbeitermotivation von innen heraus". Vertrauen in den Arbeitgeber und Spaß an der Arbeit sollen die ZBI schnell voranbringen.

Die Besprechung mit Niethe und der Beraterin endet mit einer Verabredung zum Mittagessen. Niethe zieht einige Notizzettel aus der Innentasche seines Jackets und kündigt an: "Ich hab da für heut‘ Mittag noch ein paar Themen." Dass die beiden ihre gemeinsamen Jour-fixe-Termine in ein Lokal verlegen, passiert oft, denn an seinem Schreibtisch sitzt der CEO nur selten. So selten, dass es hinter dem hüfthohen Tresen neben dem Fenster nicht einmal einen Stuhl gibt. Stattdessen steht dort ein Balancetrainer.

Sitzen will Kotzenbauer im Arbeitsalltag nur bei Besprechungen, "und von denen gibt es in meiner Rolle genug", findet er. Die nächste startet als Alexandra Landmann, die bei ZBI für die Personalentwicklung zuständig ist, und Personal-Bereichsleiterin Jasmine Freiberger zur Tür hereinkommen. Kotzenbauers Augen werden groß, als er sieht, dass die beiden Kekse und Weingummis auf dem Tisch abstellen. Im Raum herrscht normalerweise freie Platzwahl, doch Kotzenbauers Glas aus dem Fast-Forward-Meeting markiert schon seinen Sitzplatz. "Wenn ihr was trinken wollt", setzt er an und steckt sich einen pinkfarbenen Gummi-Dino in den Mund, "dann bedient euch." Als Freiberger und Landmann die ersten Tagespunkte durchgehen, macht sich Kotzenbauer keine Notizen. Stattdessen umklammert er sein Glas mit beiden Händen. Er hält Blickkontakt und nickt regelmäßig, um zu signalisieren, dass er zuhört. Ins Wort fallen will er seinen Kolleginnen nicht, aber Ideen, die ihm gefallen, kommentiert er kurz mit "Das ist gut" oder "Cool". Schließlich bringt der CEO selbst ein Thema ein: eine Veranstaltungsreihe, in der Führungskräfte Leitlinien für ihre Arbeit erstellen. Durch diese Workshops will Kotzenbauer erreichen, dass sich die Führungskräfte mit ihren Vorgehensweisen "committen", wie er es ausdrückt. "Ich kann als Chef keine Unternehmenskultur aufdrücken", sagt er, "Kultur ist etwas, das langsam wächst und an dem alle beteiligt sind. Ich will deshalb dazu einladen, das gemeinsam zu gestalten."

Mit dieser Einstellung konnte er wenige Wochen zuvor Marco Knopp als Chief Administration Officer für die ZBI gewinnen. "Der Teamgedanke wurde mir schon im Vorstellungsgespräch erläutert, und auch, dass das Unternehmen bereit für Veränderungen ist", nennt Knopp die überzeugenden Argumente für seinen Jobwechsel. Er ist nicht der einzige, der erst vor kurzem ins Unternehmen kam. Nach und nach hat Kotzenbauer zusätzliche Rollen geschaffen, weil er Kompetenzen strukturieren und verteilen wollte. "Ich brauche ein Team, in dem jeder ein echter Experte auf seinem Gebiet ist." Umgekehrt sollen seine Mitarbeiter ihn und seine Pläne für die Zukunft des Unternehmens kennen. "Mir ist wichtig, dass jeder von Anfang an weiß, wer ich bin, wo ich herkomme und was ich mit der ZBI erreichen will", erklärt er. Für die Führungskräfte hat er deshalb einen Vortrag vorbereitet.

Obwohl er die Präsentation nicht zum ersten Mal hält, checkt er auf dem Weg in den Konferenzraum noch einmal alle Notizen auf den Karteikarten – "es soll nichts schiefgehen", sagt er. "Natürlich habe ich einige Rhetorik-Seminare hinter mir. Doch wenn ich über mich selbst spreche, dann will ich mich nicht verstellen", beschreibt er seine Nervosität bei diesem speziellen Thema. "Es gehört Vertrauen dazu, Dinge über sich selbst preiszugeben. Deshalb biete ich heute jedem von euch das Du an", stärkt er die Beziehung zu seinem Publikum gleich zum Einstieg.

Pünktlich um zwölf Uhr trinkt Kotzenbauer sein Glas aus, zieht sich sein Sakko über und steckt sein Handy in die Innentasche: Er macht sich auf den Weg zum verabredeten Mittagessen in einer "Suppenküche in der Fressgass‘ von Erlangen", wie er das Lokal im Studentenviertel bezeichnet. Eine Stunde hat er dafür eingeplant. Nach einem Teller Kürbissuppe braucht er Koffein. Er trägt keine Uhr, "weil mich das am Handgelenk stört". Doch der Blick aufs Handy zeigt, dass bis zum nachmittäglichen Boardmeeting noch genug Luft für einen Espresso im Café um die Ecke bleibt. Den trinkt er draußen am Stehtisch mit Niethe und zwei weiteren ZBI-Kollegen, die sie dort zufällig treffen. "Das ist ein Vorteil von Kleinstädten", findet Kotzenbauer. Einen weiteren Blick auf die Uhr braucht der CEO nicht, um zu wissen, wann der Rückweg ansteht. Und die nächste Besprechung startet wieder mit Input zu seinem wichtigsten Thema: Personal.

"Wir müssen standardisierte Mitarbeitergespräche implementieren", stellt Freiberger den neuesten Plan der HR-Abteilung in der nachmittäglichen Sitzung der Führungskräfte vor. Für die Umsetzung hat sie mit Kotzenbauer bereits einen Zeitplan erstellt. "So können wir die Gespräche vergleichbar machen und sichergehen, dass mit jedem Mitarbeiter dieselben Themen besprochen werden", erklärt Kotzenbauer das Ziel. "Außerdem sollen die Mitarbeiter in Zukunft auch Feedback zu ihren Führungskräften geben", kündigt er an. Ob dazu noch jemand Fragen hat, will er direkt wissen. Als sich niemand meldet, bleibt er hartnäckig und spricht die Teilnehmer der Runde einzeln mit Namen an, bis er sicher ist, dass jeder den Fahrplan kennt.

Weiter geht es im engen Kreis der fünfköpfigen Geschäftsführung mit dem "formalen Teil seiner Arbeit", wie Kotzenbauer das wöchentliche Boardmeeting bezeichnet. In den kommenden Stunden wechseln sich im Konferenzraum Adhoc-Fragerunden und Reportings zu Geschäftszahlen aus der Projektentwicklung, dem Facility- und dem Asset-Management ab. Von seinem Drehsessel aus verfolgt Kotzenbauer Tabellen mit Zahlen auf dem Wandbildschirm. Nach einer Stunde muss noch ein Espresso her, und auch das Wasser wird regelmäßig nachgeschenkt. Ansonsten liegen Kotzenbauers Hände ruhig auf dem Tisch neben seinem zugeklappten iPad, während sich die Kollegen um ihn herum immer wieder Notizen auf Blöcken und in Notizbüchern machen. Kotzenbauer hakt nur ein, wenn er Nachfragen hat, greift aber regelmäßig nach seinem Handy, um zu kontrollieren, dass der vorgegebene Zeitrahmen für jeden Redebeitrag eingehalten wird.

Zwar bringt er selbst nur Themen in die Runde ein, bei denen es um Ankaufszahlen und Projektentwicklungen geht, doch den Human Relations räumt er viel Zeit ein. Für ihn, der sich selbst mehr als Manager denn als Immobilienprofi sieht, ist das eine Selbstverständlichkeit. "Ich wollte immer Manager werden, weil ich Menschen mag", begründet er. Das größte Kompliment für ihn sei es, wenn Mitarbeiter von anderen Standorten oder Externe gerne tageweise nach Erlangen kommen, weil sie die Atmosphäre im Haus schätzen. Umgekehrt ist der CEO viel an anderen Standorten unterwegs. "Morgen in Frankfurt, übermorgen in Duisburg. Dort schaue ich mir Projekte an", stellt er am frühen Abend mit Blick auf den Kalender fest – und motiviert sich selbst mit einem der restlichen Weingummis. Seiner Assistentin wünscht er mit einem Winken durch die Zwischentür um halb fünf einen schönen Feierabend, als er mit Blick auf das Handydisplay bemerkt, dass sie bald gehen wird. Ihn selbst zieht es zum Tagesabschluss doch noch an den Stehtisch.

Im Laufe des Tages haben sich dort einige Papiere wie Verträge und Rechnungen angesammelt. Mit prüfendem Blick geht er die Betreffzeilen durch, bevor er die Dokumente unterschreibt und in die Ablage neben der aufgefüllten Wasserkaraffe packt. Während der Zugfahrt am nächsten Tag wäre für den Papierkram keine Zeit, da hat er sich mit einem Kollegen zum Telefonieren verabredet. "Dafür wird es heute bei mir zu spät. Dann lieber morgen früh, damit du nicht so lange im Büro auf mich warten musst", war sein Wortlaut.

Steckbrief
Name: Jörg Kotzenbauer
Alter: 42
Aktuelle Position: CEO der Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI) seit September 2019
Ausbildung: Jura-Studium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, BWL-Studium an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Wohnort: Erlangen
Berufswunsch als Kind: „Kaufmann im großen Stil"
Geheime Leidenschaft: Kauft Schokolade in jeder Stadt, die er besucht

Janina Stadel

Mein Highlight 2022: Energieberatung? Darf doch jeder.

Brigitte Mallmann-Bansa.

Brigitte Mallmann-Bansa.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Robin Göckes

Karriere 01.01.2023
Ich erinnere mich am liebsten an den Artikel von Janina Stadel über Energieberater. Die Idee dahinter: Wer sinnvoll energetisch sanieren und am besten auch passende Fördermittel bekommen ... 

Ich erinnere mich am liebsten an den Artikel von Janina Stadel über Energieberater. Die Idee dahinter: Wer sinnvoll energetisch sanieren und am besten auch passende Fördermittel bekommen will, braucht jemanden, der dabei berät. Schließlich kennen sich nur die wenigstens damit aus.

Völlig egal, welche Assetklasse: Ohne Hilfe und Fachwissen geht bei energetischen Themen wenig. Doch je länger die Recherche lief und je mehr Details wir ausgegraben haben, desto verwirrender wurde das Ganze. Der Artikel klamüsert das Chaos auseinander und zeigt außerdem, wo die Politik es versäumt, für Klarheit zu sorgen. Dabei wäre es doch dringend nötig, wenn die Klimaziele wenigstens annähernd erreichbar sein sollen.
Energieberatung? Darf doch jeder.
Über den Energieverbrauch von Gebäuden diskutiert die Immobilienbranche seit Jahren. Wegen der steigenden Kosten spricht jetzt die ganze Nation vom Energiesparen zuhause und im Büro. Doch es ist schwierig, die passende Unterstützung zu finden. Die Bezeichnung Energieberater ist nicht geschützt, von den qualifizierten gibt es zu wenige und die Unterschiede in den Kompetenzen können eine Förderung vereiteln.
Brigitte Mallmann-Bansa

"Frauen am Bau sind doppelt unsichtbar"

Nicole Parlow.

Nicole Parlow.

Quelle: Lothar M.Peter

Karriere 22.12.2022
Erst Profifußballerin, dann Bauingenieurin: Nicole Parlow schafft für Frauen Vorbilder, wo sich sonst vor allem Männer tummeln. Beruflich hat sich die Potsdamerin dem Bestandsumbau ... 

Erst Profifußballerin, dann Bauingenieurin: Nicole Parlow schafft für Frauen Vorbilder, wo sich sonst vor allem Männer tummeln. Beruflich hat sich die Potsdamerin dem Bestandsumbau verschrieben – die alten Pläne und Gemäuer in ihrer Einfachheit sind für sie der Inbegriff nachhaltigen Bauens.

Immobilien Zeitung: Frau Parlow, Sie haben gemeinsam mit einer Kollegin die Ausstellung Queens of structure entworfen, die Bauingenieurinnen hinter bekannten Bauwerken vorstellt. Wie kam es dazu?

Nicole Parlow: Eine Kollegin und ich waren in einer Ingenieursausstellung in Salzburg, in der 95% Männer und ihre Werke gezeigt wurden und ungefähr zwei Frauen. Das geht nicht. Frauen sind im Ingenieurwesen doppelt unsichtbar, denn der Beruf steht in der Öffentlichkeit ohnehin immer hinter den Architektinnen und Architekten. Mies van der Rohe und Hans Scharoun kennt jeder, aber im Ingenieurwesen sieht es mit prominenten Namen mau aus. Das führt unter anderem dazu, dass weniger Leute Bauingenieurwesen studieren wollen als Architektur.

IZ: Wie erklären Sie einer Studieninteressentin kurz und einfach, was eine Bauingenieurin macht?

Parlow: Eine Bauingenieurin sorgt dafür, dass ein Gebäude stehen bleibt und dass es funktioniert. Wir setzen theoretische Gedanken in die Praxis um: Nur dank der Ingenieurtechnik kann die schöne Optik eines Gebäudes wirken.

IZ: Wie kam es dann zu der Ausstellung?

Parlow: Als ich in Vereine wie den Architekten- und Ingenieurverein (AIV) zu Berlin-Brandenburg eingetreten bin, bin ich fast nur auf Männer gestoßen. Ich fand das irgendwie komisch. Um etwas ändern zu können, bin ich in den Vorstand gegangen und war dort die jüngste Frau. Dabei respektiere ich die erfahrenen Herren absolut, ich kann viel von ihnen lernen. Andersherum muss man an die denken, die nachkommen: Wie kann eine junge Frau zum Beispiel dazu gebracht werden, in eine Vorstandssituation reinzugehen, um ihre Themen zu besprechen, wenn es dort keine jungen Frauen gibt? Dann kam die Möglichkeit, die Queens of structure als Beitrag zum WIA Festival in Berlin zu zeigen (siehe "Bauingenieurin mit Ball-Erfahrung" auf dieser Seite). Noch während dieses Zeitraums trudelten Anfragen ein – und jetzt touren wir seit mehr als einem Jahr durch Deutschland und die Schweiz.

IZ: Hat sich eigentlich etwas verändert seit Ihrem Eintritt in den AIV?

"Frauen haben keine Vorbilder im Bauwesen"

Parlow: Wahrscheinlich nicht. Aber ich habe schon den Eindruck, dass es die jungen Mitglieder gut finden, eine Vertretung im Vorstand zu haben. Und wir haben definitiv ein Nachwuchsproblem. Mit der Ausstellung war es ähnlich: Wir wollten Vorbilder schaffen. Angehende Bauingenieurinnen haben in der Regel keine Professorinnen, die sie als Vorbild nehmen können. Sie wissen gar nicht, dass man auch als Frau in dem Beruf erfolgreich sein kann.

IZ: Wie sind Sie Bauingenieurin geworden?

Parlow: Das war Zufall. Ich war als Profifußballerin im Kader, mein Betreuer fragte nach meinen Interessen außerhalb vom Sport und ich sagte, Mathe finde ich gut. Da sagte er, da weiß ich was, ich schreibe dich ein. Und da ich Sachen gern durchziehe, bin ich dabei geblieben. Wobei ich erst mit meiner Diplomarbeit den Spaß am Bauingenieurwesen entdeckt habe, als ich eine alte Halle auf ihre Materialien hin untersuchte und den Umbau zu einer Reithalle konzipierte. Zum Ende des Studiums waren bei uns noch 20% Frauen, worüber ich mir damals gar nicht so viele Gedanken gemacht habe.

IZ: Um den Frauenanteil in der Branche zu heben, müsste man weit vor dem Studium ansetzen. Welche Möglichkeiten sehen Sie?

Parlow: Das fängt für mich damit an, wie wir unsere Kinder großziehen. Nach wie vor ist es so, dass es bei Jungs in Ordnung ist, wenn sie laut, wild und dreckig sind. Bei Mädchen wird das nicht so gern gesehen. Unsere Rollenvorstellung ist immer noch sehr beengt, da müssten wir ansetzen – und Mädchen mitgeben: Ihr dürft alles tun.

IZ: Mit wem arbeiten Sie lieber zusammen, Frauen oder Männern?

Parlow: Ich freue mich, wenn es halbe-halbe ist. Männer haben oftmals etwas sehr Gelassenes, manchmal ist das angenehm. Frauen sind sehr ehrgeizig und sehr bedacht und dabei sehr effektiv, das finde ich gut.

IZ: Zurück zu den Inhalten des Bauingenieurwesens. Sie arbeiten als Tragwerksplanerinan hochkomplexen Projekten, bei denen sich von Architektur bis zu Haustechnik alle koordinieren müssen. Inwiefern trägt Building Information Modeling (BIM) dazu bei, dass diese Koordination gelingt?

Parlow:Ich bin keine so große Freundin der Digitalisierung. Wir arbeiten nur noch mit 3D-Modellen, ein einfaches Tragwerk kann in der Regel gar nicht mehr verstanden werden, weil es so kompliziert ist. Dabei würde es oft reichen, auf die Grundrisse zu schauen und vielleicht per Hand Notizen und Verbesserungen hineinzuschreiben – während man bei 3D oft etwas übersieht. Das gleichzeitige Arbeiten ist ein Wunsch, um Zeit zu sparen, in Wirklichkeit kann es ein K.-o.-Kriterium sein. Wenn wir zum Beispiel unser Tragwerk in das Modell hineinlegen und der Haustechniker drei Tage später seine Durchbruchstechnik einträgt, bemerken wir das vielleicht gar nicht und dann haben wir in Stützen Durchbrüche. Ich denke, mehr mit 2D und Methoden der vergangenen zehn Jahre zu arbeiten und dafür besser miteinander zu sprechen, hilft einem Projekt mehr.

IZ: Man könnte ja auch BIM nutzen und miteinander sprechen.

Parlow: BIM bedeutet, an einem Modell zu arbeiten. Aber ein Haustechniker braucht ein anderes Modell als das, das wir brauchen. Ein Architekt benötigt wieder etwas anderes, man arbeitet also nur verschiedene Modelle ineinander ein und alles wird unübersichtlich. Das kostet Nerven und Geld, und beides findet sich nicht in den Honoraren.

IZ: Geht es denn wenigstens schneller?

Parlow: Früher dauerte es bei unseren Projekten zwei Jahre, bis der Rohbau stand, jetzt sind wir bei vier bis fünf Jahren. Das liegt natürlich nicht nur an BIM, sondern an der allgemein stark gewachsenen Komplexität von Bauvorhaben. Wirtschaftlich ist das ein großes Problem.

IZ: Welche Ideen haben Sie, um dem entgegenzuwirken?

Parlow: Das ist schwierig. Die Baubranche ist ja recht gut durch Corona gekommen, was zur Folge hat, dass die Unternehmen allesamt überlastet sind. Man macht das Nötigste, aber oft sehr schnell, dann ist der Bauherr nicht zufrieden und wechselt die Baufirma. Das zieht wiederum Änderungen nach sich, weil andere Fachplaner neue Vorstellungen haben. Bauherren sind leider auch nicht mehr so entscheidungsfreudig wie früher. Für Architekten wird es schwieriger, Projekte in der Gänze zu überblicken – die Problemlage ist vielschichtig.

IZ: Dazu kommen regelmäßige Gesetzesänderungen …

Parlow: … die das Ganze weiter verkomplizieren. Allein die Energieeinsparverordnung verändert sich gefühlt alle zwei Jahre, da kann man kaum auf dem Stand bleiben. Wir wandeln uns so sehr, nicht unbedingt immer zum Guten. Wenn ich das mit dem Altbau vergleiche, in dem wir hier sitzen: So etwas könnten wir gar nicht mehr bauen heute.

IZ: Warum?

Parlow: Wir haben heute strenge Anforderungen an den Schallschutz, was mit Holzbalkendeckenkonstruktionen fast nicht zu leisten ist, außer man packt dann oben noch einmal eine Betonschicht drauf. Das nächste Thema ist der Brandschutz: Fangen wir an, diesen Holzbau aufwändig zu verkleiden, weil die Normung noch gar nicht so weit ist, solche Gebäudeklassen zuzulassen? Die Politik spricht viel über Nachhaltigkeit, aber es fehlt schon an den ersten Stellen von Genehmigungsverfahren.

"Einfacher bauen würde es viel günstiger machen"

IZ: Noch mal gefragt: Wo sehen Sie eine Lösung, um diese Spirale zu durchbrechen?

Parlow: Einfach bauen! Der Altbau, in dem wir sitzen, ist ein gutes Beispiel: Es gab immer Wände, die übereinanderstehen, Holzbalkendecken, mit einem Blick verstehe ich die ganze Konstruktion. Damit wir dahin kommen könnten, müssten Normen vereinfacht und Verordnungen zurückgeschraubt werden. Dadurch würden wir das Bauen so viel günstiger machen. Wir versuchen das immer, unseren Bauherren mitzugeben: Wenn wir es schaffen, in einem Raster zu arbeiten, dann schaffen wir es vielleicht auch, flexibel zu sein. Das heißt, wenn das Gebäude in 20 Jahren umgenutzt werden soll, kann vielleicht der Trockenbau herausgenommen werden und die Konstruktion als solche bleibt bestehen. So baut man ressourcenschonend. In 20 Jahren sind die Gebäude, die wir heute bauen, Bestand. Wenn die so kompliziert sind, dass sie keiner mehr versteht, bringt es nichts – und dann ist es auch unerheblich, ob sie mit 3D geplant werden. Die Computerprogramme von heute kann man in 20 Jahren ohnehin nicht mehr verwenden.

IZ: Wie viel versprechen Sie sich von den vom Bund forcierten Materialkatastern?

Parlow: Ich glaube, die sind nicht durchsetzbar, wenn wir nicht so bauen wie zu DDR-Zeiten – bei WBS 70 gab es einen Materialkatalog für jede Wand und jede Decke, das kann ich heute noch nachschlagen. Das würde bedeuten, dass alle dasselbe machen müssten, und das wird nicht passieren.

IZ: Aber genau das serielle Bauen will die Bauministerin doch stärken.

Parlow: Was ist seriell bauen? Allein wenn ich seriell mit Holz baue, gibt es verschiedene Hersteller und Plattenträgersysteme mit Materialkennwerten. Für den Moment kann das das Bauen beschleunigen, aber langfristig gedacht finde ich das nicht. Vielleicht gibt es in ein paar Jahrzehnten diese Plattenträgerhersteller gar nicht mehr, und ich komme nicht mehr an Ersatzteile.

IZ: Sie arbeiten seit 15 Jahren als Bauingenieurin. Wie versuchen Sie, trotz der Komplexität ihrem Plädoyer für Einfachheit zu folgen?

Parlow: Ich fokussiere mich auf den Bestand. Gerade bearbeite ich die alte Geschützgießerei in Berlin-Spandau. Dort wurden im Krieg Geschütze hergestellt. Da finden sich hochwertige gusseiserne Stützen und einfache Deckenkonstruktionen, die man wunderbar umnutzen kann. Da geht mir das Herz auf – wenn man durch einfache Strukturen ein schönes Gebäude konstruiert hat, dessen Basis wir in die Zukunft weitertragen können.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Kristina Pezzei.

Bauingenieurin mit Ball-Erfahrung

Nicole Parlow leitet gemeinsam mit Christian Müller ein Büro für Tragwerksplanung in Berlin. Das Unternehmen sitzt in einem Gründerzeitaltbau im Westen Berlins – ein Gebäude, das Parlow gern als Musterbeispiel für einfaches Bauen nutzt: Ihre Spezialität und ihre Leidenschaft gelten Bestandsumbauten. Die 38-Jährige studierte Bauingenieurwesen in Potsdam, nachdem sie wegen einer Knieverletzung die Karriere als Profifußballerin aufgeben musste. Zuvor stand sie für Turbine Potsdam im Mittelfeld. Parlow ist verheiratet und hat eine Tochter.

Die Ausstellung Queens of structure porträtiert die Ingenieurinnen hinter prominenten Bauwerken. Sie war zunächst als einmaliger Beitrag zum Festival Women in Architecture (WIA) in Berlin gedacht. Als sich Anfragen aus dem deutschsprachigen Raum häuften, beschlossen Parlow und ihre Mit-Initiatorinnen, die Schau wandern zu lassen. Die nächsten Stationen sind Rapperswil (März/April 2023), München, Vatersdorf, Landshut und Nürnberg (Juni – August 2023), Stuttgart (vermutlich Ende 2023/Anfang 2024) und Weimar (voraussichtlich April – Juli 2024).

Kristina Pezzei

Kristina Pezzei