Den kununu-Sternen fehlt es an Aussagekraft

Bewerten Mitarbeiter Qualitäten ihres Arbeitgebers nur mit einem Stern, ist das nicht gut. Bewerber sollten allerdings zweimal hinschauen, bevor sie das Unternehmen meiden.

Bewerten Mitarbeiter Qualitäten ihres Arbeitgebers nur mit einem Stern, ist das nicht gut. Bewerber sollten allerdings zweimal hinschauen, bevor sie das Unternehmen meiden.

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Karriere 06.09.2018
kununu ist eines der größten Online-Portale, bei dem Mitarbeiter ihren Arbeitgeber bewerten können. Bewerber aus der Immobilienbranche sollten dem Urteil allerdings nicht allzu hohes ... 

kununu ist eines der größten Online-Portale, bei dem Mitarbeiter ihren Arbeitgeber bewerten können. Bewerber aus der Immobilienbranche sollten dem Urteil allerdings nicht allzu hohes Gewicht beimessen. Noch fehlt häufig die Masse an Teilnehmern, um wirklich ein passendes Stimmungsbild aus dem Unternehmen zu zeichnen. Interessante Details verraten die Mitarbeiter dennoch.

Seit Jahren macht JLL das Rennen, wenn die Immobilien Zeitung (IZ) Studenten nach ihrem Wunscharbeitgeber fragt. Auch dieses Jahr setzte sich das Maklerhaus vor Corpus Sireo und Investment-Manager Beos durch (siehe "Swiss Life macht JLL den Titel streitig", IZ 34/18). JLL ist also beliebt beim Nachwuchs. Überraschend ist daher der erste Blick auf die Bewertungen bei dem Portal kununu. Dort können Mitarbeiter, Praktikanten und Bewerber das Unternehmen beurteilen. Gerade mal 62% (Stand: 3. September), also nicht mal zwei Drittel, die den Immobilienberater in den vergangenen zwei Jahren bewertet haben, würden JLL einem Freund als Arbeitgeber weiterempfehlen. Damit liegt JLL im Mittelfeld unter den Gewerbemaklern. CBRE schneidet mit 48% noch schlechter ab, Colliers mit 81% deutlich besser. Auch der sogenannte kununu-Score von JLL, also der Durchschnitt über alle Bewertungen in den einzelnen Kategorien, liegt mit 3,44 von maximal 5 Sternen lediglich im Mittelfeld. CBRE - gerade noch Verlierer bei der Weiterempfehlung - glänzt hier mit 4,29, Colliers mit 4,09.

Ist Colliers also ein besserer Arbeitgeber als JLL? Was sagen dem Betrachter die Zahlen und die Bewertungen? Um das allgemein einschätzen zu können, reicht ein grober Blick auf das Geschäftsmodell und die Funktionsweise von kununu. Jeder, der im besten Fall irgendwie Kontakt zum Unternehmen hatte, darf den Arbeitgeber bewerten. Ein Nachweis der Betriebszugehörigkeit muss zumeist nicht erbracht werden.

Bewerten darf die Empfangsdame genauso wie die Vorstandsvorsitzende, die Praktikantin genauso wie der Dienstälteste. Irrelevant ist dabei auch die Frage, wie lange jemand dort tätig war. Jeder darf aber nur einmal die Sterne für sein Unternehmen abgeben, Bewerber dürfen das ein weiteres Mal tun, wenn sie später in den Angestelltenmodus wechseln sollten. kununu überprüft das, indem sich jeder Teilnehmer dazu verpflichtet, ein kununu-Konto anzulegen. Alle Bewertungen kommen für den kununu-Score in einen Topf, aus ihnen wird dann der Durchschnitt gebildet.

Wer das Unternehmen bewerten möchte, muss dafür wenig tun. Die Teilnahme ist nicht nur kostenlos, sondern auch anonym. Das soll mehr Transparenz schaffen, Ehrlichkeit und offene Kritik fördern. Dem User ist es freigestellt, einfach nur Sterne zu verteilen, ohne begründen zu müssen, warum er z.B. das Arbeitsklima offensichtlich für unterirdisch hält oder was ihm am Vorgesetztenverhalten besonders gut gefallen hat. Die Freitextfelder können, müssen aber nicht ausgefüllt werden. Für die Teilnehmer ist die Anonymität ein hohes Gut, für die Unternehmen eher ein Hemmschuh. "Für uns hat sie den Nachteil, nur schwer mit den Nutzern in Kontakt treten und auf Anfragen nicht persönlich eingehen zu können", sagt Izabela Danner, Mitglied im deutschen Management Board von JLL.

Es ist also ein leichtes, das Unternehmen zu bewerten. Hunderte Bewertungen können für ein so großes Unternehmen wie JLL Germany eintrudeln. Tatsächlich sind es etwas mehr als 200. Immerhin, denkt sich der Betrachter. Doch genau hingeschaut, haben in den vergangenen drei Monaten nur 16 Mitarbeiter JLL bewertet. Im letzten halben Jahr waren es 33. Die übrigen liegen noch weiter zurück. Wer weiß schon, ob der kritisierte Chef noch im Unternehmen ist? Ob sich die Strukturen vielleicht inzwischen geändert haben?

Bei anderen namhaften Unternehmen der Immobilienbranche fällt die Beteiligung überschaubar aus. Patrizia Immobilien kommt auf insgesamt 75 Bewertungen, darunter waren nur zwei Mitarbeiter im vergangenen halben Jahr. ECE Projektmanagement zählt etwas mehr als 300 Bewertungen, immerhin 49 in den letzten sechs Monaten.

Die Zahlen zeigen: Die Masse an Teilnehmern fehlt noch, um tatsächlich ein Bild der Stimmungslage unter den Kollegen in der Immobilienbranche zu zeichnen. In anderen Branchen sieht es ebenfalls mau aus. Volkswagen haben 160 Mitarbeiter im letzten Halbjahr bewertet, die Rewe Group gerade mal 30.

Bei wenigen Bewertungen für ein Unternehmen erhält jeder Stern ein recht großes Gewicht. Mehrere negative Äußerungen können den Schnitt drücken, lobende Worte ihn gleichfalls heben. Die Aussagekraft über die Situation in der gesamten Belegschaft ist damit nur bedingt gegeben. Unternehmen, die aktiv um eine Bewertung bei kununu werben, sind nach IZ-Recherche eher eine Seltenheit. JLL spricht laut Danner "vereinzelt" Bewerber und Mitarbeiter an, es auf kununu zu bewerten. Dabei gehe es wohlgemerkt um einen "ehrlichen Beitrag".

Mitbewerber oder frustrierte Kunden können die Situation ausnutzen und mit ihren Bewertungen versuchen, dem Unternehmen zu schaden. Negative Äußerungen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Unverhältnismäßig harscher und eindeutig unzutreffender Kritik muss kununu allerdings auf Hinweis des betreffenden Unternehmens nachgehen und sie direkt vom Netz nehmen. Wenn sich allerdings Kunden beschweren wollten, erklärt Jörg Fleischer, Pressesprecher von GAG Immobilien in Köln, würden sie ohnehin eher facebook als ersten Kanal nutzen. "Da vergeben sie dann nur einen Stern und lassen ihrem Frust freien Lauf", sagt er. kununu sei da nicht im Fokus.

Besonders interessant wird es für Nutzer und Beobachter derweil abseits der Sterne-Vergabe. Bei Kritik oder sehr ausführlichen Bewertungen gehört es zum guten Stil, dass Unternehmen die Aussagen kommentieren. Entweder bedanken sie sich für die lobenden Worte oder weisen darauf hin, dass sie die Kritik ernst nehmen. Im besten Falle nimmt sich dafür ein Vertreter der Personalabteilung Zeit. Ein echter Dialog kann dabei allerdings nicht entstehen, denn der Bewertende kann auf den Kommentar des Arbeitgebers seinerseits nicht mehr reagieren.

Aufschlussreich werden die Bewertungen häufig erst dann, wenn die Freitextfelder ausgefüllt worden sind. So finden sich dort manchmal Hinweise auf den Umgang eines Arbeitgebers mit älteren Kollegen, die etwaige Vergütung von Überstunden, die Sozialkompetenz der Führungskräfte und zum Zusammenhalt unter Kollegen, die Duz-Kultur oder Benefits. Zwar sind auch das - wie alle anderen Bewertungen - individuelle Momentaufnahmen, vielleicht auch aus Abteilungen, die den Nutzer nicht direkt betreffen. Sie können aber ein interessanter Aufhänger für eine Frage im Vorstellungsgespräch sein.

Tipp: Mitarbeiter um Lob bitten

Ein Mitarbeiter lässt sich über inkompetente Chefs, unehrliche Kollegen und unbezahlte Überstunden aus. Was tun? Christian Scherg, Geschäftsführer der Revolvermänner, einer Agentur zum Thema Online-Reputation, gibt Tipps: "Kritik muss man natürlich aushalten, und kein Arbeitgeber ist perfekt. Der Umstand allerdings, dass Kritik auf kununu grundsätzlich anonym und ohne Nachweis einer Verbindung zum Unternehmen abgegeben wird, forciert nicht unbedingt die inhaltliche Qualität der Bewertungen", findet Scherg.

Außerdem sei den wenigsten wirklich an einer Diskussion mit dem Unternehmen, das sie bewerten, gelegen - ganz im Gegenteil: Das Unternehmen demonstriert daher eher noch seine Machtlosigkeit und hebt durch die Diskussion sein anonymes Gegenüber auf Augenhöhe. "Ich rate darum dazu, im Falle einer unsachlichen negativen Bewertung kununu schriftlich über diese Bewertung zu informieren. Dieser Umstand führt dazu, dass aufseiten von kununu Prüfpflichten ausgelöst werden, denen kununu laut aktueller Rechtsprechung nachkommen muss." Die Rechtsprechung sieht nämlich vor, dass Bewertungen, die nicht nachweislich von Mitarbeitern oder Bewerbern erstellt wurden oder unsachlich bzw. unwahr sind, umgehend gelöscht werden müssen. Für die geforderte Prüfung muss kununu mit den Rezensenten in Kontakt treten und einen Beweis von ihnen einfordern. In dieser Zeit wird die Bewertung bereits aus dem Netz entfernt.

Scherg rät daher: "Bitten Sie doch einfach Ihre zufriedenen Mitarbeiter, positive Eindrücke nicht nur privat mit ihren Freunden und der Familie zu teilen, sondern auch auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie kununu zu äußern. Denn der wirkungsvollste Schutz vor vereinzelten Negativbewertungen und das beste Aushängeschild für ein Unternehmen sind noch immer glückliche und zufriedene Mitarbeiter." api

Anke Pipke

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Sich nur mit Immobilien auszukennen, reicht nicht mehr. Immobilienunternehmen suchen zunehmend digitale Köpfe, die gern Immobilienwissen mitbringen dürfen - aber nicht müssen. Nur mit Immobilien Geldverdienen zu wollen, reicht allerdings auch nicht mehr. Mitarbeiter:innen und Kandidat:innen fordern von den Arbeitgebern einen gesellschaftlichen Beitrag ein. Innovationsfähigkeit, Freiraum neben dem Beruf und Flexibilität bei der Gestaltung des Jobs - damit gilt es sich für beide Seiten auseinanderzusetzen.

"Wir setzen zunehmend auf digitale, datengetriebene Geschäftsmodelle und versuchen, unsere Leasing-Struktur durch eine stärkere Digitalisierung zu unterstützen", sagt Anita Thelen. Deshalb sucht JLL datenaffine Mitarbeiter und schaut sich in Proptechs und anderen Digitalunternehmen nach den passenden Köpfen mit den nötigen Skills um, "die uns bisher mitunter gefehlt haben". Thelen ist seit Mai 2020 Chief Human Resources Officer (CHRO) Central Europe von JLL. Während sie redet, schaut Thelen auf Mike Schrottke und Holger Matheis herab. Das bringt das Setting der Diskussionsrunde im Besprechungsraum der Immobilien Zeitung (IZ) so mit sich.

Die drei Personalverantwortlichen sind auf Einladung der IZ zur ersten Top-Arbeitgeberrunde zusammengekommen. Schrottke, Head of People von CBRE Germany, und Matheis, Vorstand des Projektentwicklers Beos, belegen mit ihren Unternehmen im IZ-Arbeitgeberranking die Plätze 2 und 3, Thelen vertritt - quarantänebedingt per Bildschirm - den Dauersieger der vergangenen Jahre JLL.

Es braucht datenaffine Menschen

Auch Schrottke sieht ganz neue Kandidatenprofile in die Personalakquise klassischer Immobilienunternehmen einziehen. Für ihn ist der Gedanke, dass Datenspezialisten die Fachabteilungen bei ihrer Arbeit unterstützen, nicht neu: "Auch bei uns spielt das Thema effizientes Data Management eine immer wichtigere Rolle." Das Sammeln und Analysieren von Daten soll Kunden z.B. Miet- oder Kaufentscheidungen erleichtern. Die Auswertung von Daten effizienter zu machen, ist dabei der Job von Spezialisten, die gelernt haben, in komplexen Prozessstrukturen zu denken. Sie bauen Datenbanken auf und entwickeln diese weiter. CBRE hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, Teams rund um Digital Innovation, Digital Advisory und Data Management aufzustellen. Abgeschlossen ist diese Entwicklung aber noch lange nicht: "Wir werden das ist den nächsten Jahren weiter ausbauen", kündigt der Chefpersonaler von CBRE an.

Technologie in allen Geschäftseinheiten

Für den Berliner Projektentwickler und Asset-Manager Beos ist Digitalisierung längst Alltag. "Mit unserem Digital Solutions Team optimieren wir bereits seit Jahren sämtliche Bereiche", sagt Vorstandssprecher Holger Matheis. Als Beispiel nennt er "Beos in a pocket", eine Datenbank auf Basis des Microsoft-Tools Power BI zur Darstellung des gesamten Beos-Immobilienportfolios "und perspektivisch auch zur Projekt- und Fondsplanung". Der Einsatz von Technologien zieht sich durch alle Geschäftseinheiten und -prozesse hindurch, betont Matheis. "Umso wünschenswerter ist auch bei neuen Mitarbeitenden entsprechendes Know-how und die Affinität zu innovativen Tools, die zum einen die Effizienz steigern, zum anderen aber auch mehr Transparenz schaffen. Unabhängig davon, ob sie im Asset-Management, in der Projektentwicklung oder im Finance-Bereich tätig sind."

Die Konkurrenz wird größer

Den Eindruck, dass es anscheinend gar keine Immobilienspezialisten mehr braucht, wehren die drei Personalverantwortlichen mit einem Lachen ab. "Hochqualifizierte Absolventen von Immobilienstudiengängen haben immer noch den gleichen Stellenwert für uns - aber unser Blickfeld ist weiter und die Suchfelder sind breiter geworden", erklärt Thelen.

Mit anderen Worten: Die Konkurrenz für Absolventen mit Immobilien-Know-how wächst. Beim Immobiliendienstleister JLL gilt zudem: Angesichts seiner Beliebtheit beim Nachwuchs kann er es sich leisten wählerisch zu sein und sich die oberen 10% herauspicken. JLL steht seit neun Jahren an der Spitze des IZ-Arbeitgeberrankings, für das Studierende immobilienwirtschaftlicher Fächer alljährlich ihren persönlichen Top-Arbeitgeber benennen.

Doch die Bedürfnisse der Arbeitsuchenden verändern sich ebenfalls, stellt sich heraus. Für viele jüngere Kandidaten ist es heute selbstverständlich, dem Unternehmen selbstbewusst Gegenfragen zu stellen. Ein Punkt ist die Work-Life-Balance, wie Matheis berichtet. Er erzählt, dass er in den vergangenen zwei, drei Jahren des Öfteren von Absolventen den Satz gehört hat: "Übrigens, Freitag werde ich nicht arbeiten."

Der Beruf ist nur noch ein Baustein des Leben

Jüngere wollen neben dem Job eigene Projekte verwirklichen, ist Matheis‘ Beobachtung. "In unserer Generation war es überhaupt nicht denkbar zu sagen: Der Beruf ist nur ein Baustein des Lebens - und das schon zum Einstieg!", gesteht der Beos-Chef mit einiger Verwunderung. Doch er betont: "Es ist ja nicht so, dass ich die nicht einstellen würde!" Allerdings: "Diejenigen, die die Fackel tragen, die ein Projekt mit ihrer ganzen Passion tragen, die braucht's halt auch, und die gibt‘s auch immer noch." Zum Glück, da ist sich die Arbeitgeberrunde einig.

So sehr Matheis gesundes Selbstbewusstsein schätzt: Realismus ist ebenso gefragt, z.B. in der Gehaltsverhandlung. "Den Herren der Schöpfung muss man manchmal klarmachen, dass sie den Bogen nicht allzu sehr überspannen sollten", so der Beos-Manager. Die von vielen Absolventen nach dem Studium aufgerufenen Einstiegsgehälter von 50.000, 60.000 Euro überraschen zwar keinen der Personalverantwortlichen. Doch manche Nachwuchskräfte sehen ihren Marktwert bei 80.000, 90.000 Euro, berichtet Matheis. "Da fehlt das Verständnis davon, was jemand zum Einstieg bringen kann. Das passt nicht ins Gehaltsgefüge. Die Leute müssen die ersten zwei Jahre lernen, ehe sie große Sprünge machen können."

Dafür hilft Matheis Bewerberinnen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen, andersherum auf die Sprünge, selbst wenn ihn das mehr kostet. "Frauen muss man manchmal ermutigen, manchen muss man sagen: Pass auf, du bringst das mit, du bringt das mit und bringst das mit - stell dich doch einfach hin und sag: Das ist meine Forderung, das hast du verdient! Und dann sind das halt nicht 3.500, mit denen du einsteigst, sondern 4.000 Euro. Das bist du wert."

Die Erlebnisse von Thelen, Schrottke und Matheis ähneln sich, wenn sie von ihren Gesprächen mit Nachwuchskräften, die sie übrigens durchweg duzen dürfen, erzählen. Sie bestätigen sich gegenseitig: Junge Menschen interessieren sich dafür, welchen Beitrag Immobilienunternehmen im Kampf gegen den Klimawandel leisten, ob sie der Gesellschaft, in und mit der sie Geld verdienen, auch etwas zurückgeben, woher das Geld kommt und wohin es fließt. Das allumfassende Stichwort dazu: ESG.

Die Frage lautet immer öfter: Was ist Euer Beitrag?

Die (Immobilien-)Unternehmen entkommen hier den hohen Ansprüchen des Nachwuchses nicht. "Ihr schreibt euch doch ESG auf die Fahnen. Zeigen Sie mir doch mal ein soziales Projekt, das Beos angeht", hat Matheis Kandidaten in Vorstellungsgesprächen schon sagen hören. Die Jungen fordern aber nicht nur, sie packen durch die Bank auch kräftig und freiwillig mit an, wenn es an die Umsetzung von sozialen oder Umweltprojekten geht, freut sich Matheis über den Veränderungswillen.

Ein solcher Druck von außen kann nicht schaden, findet JLL-Personalchefin Thelen. "Die Innovationsfähigkeit, sich permanent neu zu erfinden, ist im Real Estate-Bereich ausbaufähig", sagt Thelen, selbst Newcomerin in der Immobilienbranche, mit erstaunlicher Offenheit und einem Lächeln auf den Lippen. War sie doch vor ihrem Einstieg bei JLL 2020 viele Jahre in der Lebensmittel- und der Dermatologie-Sparte des Schweizer Großkonzerns Nestlé tätig.

"Früher hatten Mitarbeiter weniger Interesse von einem in den anderen Bereich zu wechseln", konstatiert Thelen. Weil manche Sparte jedoch unter Corona leidet, z.B. Retail, während andere wie etwa Logistik sogar Auftrieb erhalten, "wurden Kollegen darin bestärkt ihren Karrierepfad in einer anderen Abteilung fortzusetzen. Wir haben den Mitarbeitern gesagt: Wir wollen euch entwickeln und neue Möglichkeiten aufzeigen." Dank der Überzeugungsarbeit, die die Führungskräfte geleistet hätten, seien interne Wechsel gelungen.

Es ist mehr Wille zur Veränderung nötig

JLL hat sich Anfang 2021 in Deutschland strategisch neu aufgestellt, mitten in der - dem Hörensagen nach auch, aber nicht nur - coronabedingten Krise. "Der Immobilienbranche ist es viele Jahre sehr gut gegangen, sodass wenig Veränderungsdruck herrschte", stellt Thelen fest. Wenn man wie sie selbst in Unternehmen aus krisenerprobten Branchen gearbeitet habe, "dann arbeite man anders, weil man wisse, dass die Firma ohne Innovation irgendwann nicht mehr existiere".

Angesprochen auf die Kurzarbeit, die von April bis August 2020 bei JLL angeordnet war, versichert Thelen: "Die Budgetplanung für 2021 war wieder deutlich progressiver. Wir stellen ein, auf allen Levels und in allen Business-Lines." Sie beziffert die budgetierten Neueinstellungen im laufenden Jahr auf eine Zahl im "hohen zweistelligen Bereich, vom Berufseinsteiger bis zum erfahrenen Mitarbeiter".

Wir stellen ein: auf allen Ebenen, in allen Segmenten

Schrottke kann das unterschreiben: "2020 waren wir etwas zurückhaltender bei Neueinstellungen. Wir haben geschaut, wie unser Geschäft beeinflusst wird und wie sich die Branche verändert - das ist jetzt klarer, darum können wir auch wieder mehr rekrutieren." Gerade sind in Deutschland um die 60 Jobs bei CBRE frei. Am Jahresende, schätzt er, werden sie in einem "hohen zweistelligen Bereich" Kolleginnen und Kollegen rekrutiert haben (inklusive Wiederbesetzungen).

Beos-Manager Matheis ist gar nie auf die Bremse getreten. Es gab bei Beos keinen Einstellungsstopp: "Klar stellen wir auch mit Corona ein, über alle Segmente, auch Absolventen und Young Professionals." Selbst bei Praktikanten hat Beos wegen Corona nicht die Reißleine gezogen - anders als andere Unternehmen. Dieses Jahr will Matheis um die 30, 40 neue Leute an Bord holen - bei derzeit rund 230 Mitarbeitern insgesamt.

Beim Blick auf die durch die Pandemie veränderte Arbeitswelt herrscht große Einigkeit: Eine Rückkehr in den Status quo ante wird es nicht geben. Bei CBRE gilt ohnehin schon lange die Regelung, dass die Mitarbeiter 20% ihrer Arbeitszeit mobil arbeiten dürfen. Das ließ den Führungskräften allerdings einen gewissen Interpretationsspielraum, weshalb das eine oder andere Gespräch nötig wurde. Vor dem Hintergrund des längsten Remote-Experiments der Geschichte wurden die Mitarbeiter von CBRE hierzulande jetzt gefragt, wie sie sich künftig die Verteilung ihrer Arbeitszeit vorstellen. Die Auswertung ist noch nicht abgeschlossen.

JLL ist da einen Schritt weiter. Thelen kennt schon die Ergebnisse einer internen Mitarbeiterbefragung genau zu diesem Thema. Sie lässt sich nicht allzu lange bitten und verrät: Zwei Tage die Woche wollen die JLLer:innen in Deutschland im Durchschnitt in Zukunft mobil arbeiten. Wobei die Herren sich ein bis zwei Tage wünschen und die Damen zwei bis drei.

Schrottke schwebt für CBRE ein Idealzustand jenseits fester Quoten vor. Er plädiert für eine Regelung, die sich vor allem an tätigkeits- und ergebnisbezogenen Aspekten orientiert. Mit viel Freiraum müsse aber auch verantwortungsbewusst umgegangen werden: "Wer mehr als einen Tag die Woche zuhause arbeiten will, muss mit Führungskraft und Team klären, wie das möglich ist und wie die Produktivität einzelner und des Teams aufrecht erhalten werden kann."

Direkter Austausch versus komplett digital

Für Matheis "gehört Homeoffice einfach zum guten Ton. Wenn man ein hohes Maß an Selbstverantwortung verlangt, sollte das doch selbstverständlich sein." Komplett zuhause arbeiten, das wollen die Kollegen aber nicht, das weiß er aus Gesprächen im Team. Derzeit gilt bei Beos - wie bei anderen Unternehmen der Swiss-Life-Gruppe - für die Bürobelegung eine Obergrenze von 10%. Das bedeutet z.B. fürs Berliner Headquarter: Nur 13 von 130 Mitarbeitern dürfen da sein. "Der informelle Austausch fehlt, wenn der Property-Manager, der Asset-Manager und die Zentralfunktionen, die an einem Projekt beteiligt sind, nicht mehr an einem Tisch zusammenkommen", klagt Matheis.

Trotz eines zustimmenden Nickens hält Schrottke dem entgegen: "Jetzt rekrutieren wir schon ein Jahr lang voll digital, und wir haben dabei gute Mitarbeiter gefunden; das Onboarding funktioniert auch." Künftig soll die Besetzung bei der Mehrzahl der Stellen "hybrid" erfolgen: zunächst digitale Erstgespräche, gefolgt von persönlichen Gesprächen. "Bei manchen Positionen werden wir im Recruiting und Onboarding aber auch komplett digital bleiben." Er geht sogar noch weiter: "Ein Berliner Team muss nicht zwingend immer jemanden in Berlin einstellen", sagt er mit Blick auf einen "Neuen", der für eine Abteilung in der Hauptstadt engagiert wurde - obwohl er bei Stuttgart wohnen bleibt. Der Mitarbeiter dockt einfach am Stuttgarter Büro von CBRE an.

Mehr Möglichkeiten und mehr Anforderungen

Schrottkes Beispiel reiht sich ein in die Schilderungen der drei Personaler, die zeigen: Es gibt mehr Möglichkeiten für Mitarbeiter:innen und für solche, die es noch werden wollen. Dafür gibt es aber auch mehr Konkurrenz. Der Blickwinkel beim Recruiting ist breiter geworden. Know-how in Sachen Daten und Digitalisierung ist gefragter denn je, eine immobilienspezifische Ausbildung kann zu wenig sein. Im Gegenzug dürfen die Kandidaten von den Immobilienunternehmen mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort fordern, schon im Vorstellungsgespräch selbstbewusst auftreten und verantwortungsvolles Handeln einfordern. Kommt noch Innovationsfähigkeit hinzu, ist die Mischung perfekt. Auf beiden Seiten heißt es also: Wir wollen mehr als nur Immobilienbusiness.

Brigitte Mallmann-Bansa,Harald Thomeczek

Homeoffice ist ein Thema, das nicht allen behagt

Izabela Danner, CHRO Northern Europe bei JLL.

Izabela Danner, CHRO Northern Europe bei JLL.

Quelle: JLL, Urheberin: Anastasia Kromm

Karriere 04.10.2019
Das Thema Homeoffice ist unter Nachwuchskräften ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Arbeitgebers, berichten Personalberater. Das ist Grund genug, bei den fünf Erstplatzierten des ... 

Das Thema Homeoffice ist unter Nachwuchskräften ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Arbeitgebers, berichten Personalberater. Das ist Grund genug, bei den fünf Erstplatzierten des Arbeitgeberrankings der Immobilien Zeitung (siehe "Der Nachwuchs votiert für JLL", IZ 27/19) nachzufragen, wie sie es mit der Arbeit von zuhause aus handhaben.

Die technischen Voraussetzungen für Homeoffice zu schaffen, ist eine der Herausforderungen auf dem Weg, gelegentliches Arbeiten am Küchentisch oder im heimischen Büro zu ermöglichen. Eine andere ist die arbeitsrechtliche Komponente. Manche der befragten Firmen verfügen über ein Regelwerk, das für jeden Mitarbeiter gilt. Dort ist u.a. der Umgang mit gesetzgeberischen Vorgaben wie Arbeitsschutz und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen festgehalten.

Auch wegen der rechtlichen Rahmenbedingungen ist Homeoffice oft nicht so spontan umsetzbar, wie mancher Arbeitnehmer es wünscht. Dass das Thema zunehmend in den Fokus rückt, zeigt der Vorstoß des Bundesarbeitsministeriums Anfang 2019, Homeoffice per Gesetz als Recht für alle festzuzurren.

JLL

Das internationale Immobilienberatungsunternehmen JLL bietet grundsätzlich all seinen Mitarbeitern die Möglichkeit, nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten Homeoffice zu machen - außer den Empfangsmitarbeitern, die der Natur des Jobs entsprechend stets vor Ort sein müssen.

Das Unternehmen bietet zwei Varianten des Homeoffices: mal das "mobile Arbeiten" unregelmäßig je nach Bedarf, mal als sogenannte "alternierende Telearbeit", die bis zu zweimal wöchentlich genutzt werden kann und wegen ihrer Regelmäßigkeit einer schriftlichen Genehmigung bedarf. Diese Standards wurden 2016 eingeführt.

In der Homeoffice-Guideline hat JLL festgelegt, dass der Mitarbeiter daheim ein passendes Arbeitsumfeld gewährleisten muss. "Es muss grundsätzlich den rechtlichen Anforderungen sowie den arbeitsmedizinischen und ergonomischen Bestimmungen entsprechen", sagt Izabela Danner, CHRO Northern Europe. Ergänzend gebe es jährlich eine verpflichtende Onlineschulung zum Thema Homeoffice und Arbeitssicherheit.

Dem Thema Arbeitszeiterfassung begegnet JLL recht locker. "Wir haben bei JLL grundsätzlich die Vertrauensarbeitszeit", sagt Danner. Mit der Nutzung von Homeoffice verfüge der Mitarbeiter zwar über mehr Freiheiten, verpflichte sich allerdings auch, "die Leistung gleichwertig zu erbringen, erreichbar zu sein, an Telefonkonferenzen und Webmeetings teilzunehmen usw. Genauso ist er dafür verantwortlich, seine Arbeitszeiten auf das nötige Maß zu beschränken. In der Praxis ist hier vor allem das Vertrauensverhältnis zwischen Teamleiter und Teammitgliedern entscheidend."

Mobil ist JLL auch im Büro in Frankfurt. Dort gibt es zum Beispiel kaum personalisierte Arbeitsplätze. Das sorge "täglich für neue Konstellationen und Dynamik", erzählt die Personalchefin.


CBRE

Im Grunde dürfen alle Mitarbeiter des Immobilienberatungsunternehmens CBRE Homeoffice nutzen - in Abstimmung mit dem Vorgesetzten und unter der Voraussetzung, dass die betrieblichen Prozesse nicht beeinträchtigt werden. Bis zu 20% der Arbeitszeit dürfe der Mitarbeiter im Homeoffice verbringen, erklärt Personalchef Mike Schrottke.

Genutzt werde das vor allem dann, wenn die Kinderbetreuung spontan ausfällt, das Kind krank ist oder der Mitarbeiter einfach mal ein paar Stunden Ruhe fürs konzeptionelle Arbeiten braucht. Es gebe Kollegen, so erzählt Schrottke weiter, die das Homeoffice recht regelmäßig nutzen, andere nur nach Bedarf. Das hänge auch stark von den Abteilungen ab. Im Investmentbereich zum Beispiel werde Homeoffice eher weniger praktiziert, weil es sehr viele Ad-hoc-Termine gibt, an denen die Mitarbeiter teilnehmen müssen. In anderen Bereichen hingegen sei es nicht unüblich und werde vor allem von Müttern genutzt.

Ein erhöhtes Interesse an Homeoffice über die vergangenen Jahre bemerkt Schrottke derweil nicht. Es sei ein Thema, das einfach im Arbeitsalltag mitlaufe.

Technisch betrachtet sind alle CBREler mit Laptops und Handys für das mobile Arbeiten ausgerüstet. Sie verfügen zudem über zahlreiche Programme, die den digitalen Wissenstransfer und die Kommunikation per Chat oder Video unterstützen. Dadurch, dass die sensiblen Unternehmensdaten auf einem Server liegen, sei deren Sicherheit bei einem Zugriff außerhalb des Büros gegeben.

Auch CBRE folgt im Übrigen dem Trend in der Arbeitsplatzgestaltung und bietet seinen Mitarbeitern künftig im Frankfurter Omniturm viele mobile Arbeitsplätze, die nicht mehr fest zugewiesen werden. Da CBRE selbst als Berater im Workplace Management auftrete, sollten auch die eigenen Büros modern sein, sagt Schrottke.


BEOS

"Homeoffice spielt bei uns eine sehr große Rolle und ist an der Tagesordnung", sagt Holger Matheis, der im Vorstand des Berliner Projektentwicklers und Asset-Managers Beos für Personalthemen verantwortlich ist. Das hängt u.a. damit zusammen, dass die Arbeitsplätze in der Unternehmenszentrale knapp kalkuliert sind, Homeoffice also schon im Raumkonzept eingerechnet worden ist.

"Wir haben nicht festgeschrieben, wann und wie viele Tage Homeoffice die Mitarbeiter nehmen dürfen", sagt Matheis. Das könnten "auch mal zwei Tage die Woche" sein. Voraussetzung ist, dass die Abwesenheit mit dem Vorgesetzten und dem Team abgesprochen ist.

Abgesehen von den Kolleginnen und Kollegen am Empfang dürfen alle 200 Beschäftigten das Arbeiten ab und an nach Hause verlegen. Anfangs ohne konkrete Regelung gehandhabt, gibt es nun eine Homeoffice-Vereinbarung mit jedem Mitarbeiter. Darin sind u.a. gesetzgeberische Vorgaben wie der Arbeitsschutz thematisiert. "Eigentlich ist das ja lustig", bemerkt Matheis, mit Blick auf die Rechtslage. Beim mobilen Arbeiten, das überall - also auch Zuhause - stattfinden kann, interessiere sich der Gesetzgeber hingegen nicht für das Arbeitsumfeld.

"Die Nachfrage nach Homeoffice hat sich in den vergangenen Jahren erhöht", erzählt Matheis. Gerade bei Neueinstellungen sei es inzwischen ein wichtiges Thema. Dabei habe ein neuer Kollege in seinen ersten sechs Monaten bei Beos wohl kaum Gelegenheit dazu. Es gebe dann einfach zu vieles vor Ort zu lernen und zu erfahren.

Technisch gesehen arbeiten alle Mitarbeiter in der Cloud, sie haben also von überall aus Zugriff auf die relevanten Daten. Das ist eine Folge des sogenannten Werkbankprinzips, der flexiblen Arbeitsplätze bei Beos. Der mobile Umgang mit Daten und mit der Cloud werde regelmäßig geschult.


CORPUS SIREO

Seit Anfang 2018 gibt es beim Immobiliendienstleister Corpus Sireo eine Regelung für mobiles Arbeiten. Nach Absprache mit der Führungskraft können die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz kurzzeitig nach Hause verlegen, z.B. um somit Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bekommen. "Bisher haben wir damit positive Erfahrungen gemacht", resümiert Yvonne Hoberg, Mediensprecherin bei Corpus Sireo. "Sowohl Mitarbeitende als auch Vorgesetzte nutzen das Arbeitsmodell. Unabhängig von diesem Modell hat jeder Mitarbeitende bei uns einen eigenen Arbeitsplatz."


BNPPRE

BNP Paribas Real Estate möchte sich zum Thema Homeoffice nicht äußern.

Kommentar Zu "Homeoffice ist ein Thema, das nicht allen behagt"

Das Thema Homeoffice scheint für Personaler und Geschäftsführer ein ganz heißes Eisen zu sein. Früher hat es irgendwie funktioniert, dem einen Mitarbeiter teilweise zuhause zu arbeiten zu gewähren, dem anderen nicht. Vielleicht ließen sich da die individuellen Gründe besser vermitteln. Inzwischen wird es damit schwieriger. Mehr Mitarbeiter pendeln jeden Tag weite Strecken zwischen dem Büro und ihrem Zuhause, viele sehnen sich nach der Ruhe am Küchentisch, wenn konzeptionelle Aufgaben anstehen, andere sind auf das Homeoffice angewiesen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Die Gründe dafür, nicht am Schreibtisch gefesselt zu sein, werden immer vielfältiger. Gut, wenn sich Unternehmen auf eine für alle Mitarbeiter gültige Regelung berufen können. Dann können sie unbefangen aus dem Alltag mit Homeoffice berichten. Demgegenüber zeigt unsere kleine Umfrage, dass es Unternehmen gibt, die sich bei dem Thema eher zurückhalten. Warum? Vielleicht ist es die üppige Vielfalt der aktuellen Möglichkeiten? Vielleicht fürchten sie, dass zu viel Transparenz Begehrlichkeiten weckt? Vielleicht sind sie aber auch gerade auf dem Weg zur Regulierung und wollen nicht gestört werden?

Anke Pipke