Der Arbeitsmarkt wird enger - Der Berufseinstieg wird wieder zu einer echten Jobsuche

Die Corona-Krise dämpft die Erwartungen - Frage: Wie gut sind deines Erachtens die Chancen auf einen direkten Berufseinstieg nach deinem Studium?

Die Corona-Krise dämpft die Erwartungen - Frage: Wie gut sind deines Erachtens die Chancen auf einen direkten Berufseinstieg nach deinem Studium?

© Immobilien Zeitung; Quelle: IZ-Arbeitsmarktumfrage 2021

Karriere 27.05.2021
Die Aussichten für Berufseinsteiger in der Immobilienbranche sind weiterhin gut. Doch die ganz fetten Jahre sind vorbei: Die Auswahl an Einsteigerjobs ist geschrumpft, die Firmen agieren ... 

Die Aussichten für Berufseinsteiger in der Immobilienbranche sind weiterhin gut. Doch die ganz fetten Jahre sind vorbei: Die Auswahl an Einsteigerjobs ist geschrumpft, die Firmen agieren wählerischer. Es ist mehr Mühe nötig, um den Traumjob nebst passendem Gehalt zu finden. Die Arbeitsmarktumfrage 2021 der Immobilien Zeitung (IZ) zeigt, dass die Erwartungen des Nachwuchses etwas gesunken sind - das Selbstbewusstsein aber bleibt groß.

Die große Mehrheit der Studierenden rechnet sich weiterhin allerbeste Chancen auf einen direkten Berufseinstieg nach dem Studium aus. Rund drei Viertel derer (74%), die sich im Frühjahr 2021 an der Umfrage der IZ beteiligt haben, bewerten ihre Aussichten, nach dem Abschluss vom Fleck weg im Beruf durchzustarten, als gut oder sogar sehr gut.

So unfassbar gut wie vor dem ersten Lockdown, als Unternehmen nicht früh genug um die Studierenden buhlen konnten und gefühlt jedem Absolventen mit Bau- und Immobilien-Know-how der rote Teppich ausgerollt wurde, sind die Perspektiven aber nicht mehr. Und so sind etliche Studierende immobilienwirtschaftlicher Fachrichtungen, die sich den Fragen der IZ-Arbeitsmarktumfrage 2021 gestellt haben, beim Einstieg zu Abstrichen bereit. Allerdings ist auch klar: Absolventen anderer Branchen wären froh über die Jobaussichten, die die Immobilienbranche Berufseinsteigern auch im zweiten Corona-Jahr noch zu bieten hat.

Spurlos geht die Pandemie jedoch an der Immobilienwelt ebenfalls nicht vorbei. Im Jahr 2019 - dem Vor-Corona-Jahr - waren noch 92% der Teilnehmer der damaligen Umfrage überzeugt, locker einen guten Job nach dem Abschluss zu kriegen. Im vergangenen Jahr fiel der erste Lockdown mitten in die Umfrage. Die Zäsur war bereits deutlich sichtbar: 2020 sank der Anteil der Optimisten auf 78%.

Zwei Drittel müssen noch auf Jobsuche gehen

Gute Jobs für Einsteiger gibt es in der Immobilienwirtschaft immer noch viele - allerdings nicht mehr ganz so zahlreich. Gut jeder dritte Studierende - 35,5% oder 147 der 414 Teilnehmer - gibt an, schon eine Stelle für danach zu haben. Umgekehrt heißt das: Fast zwei Drittel müssen sich noch auf Jobsuche machen. Alle Studierenden, die an der Umfrage teilnahmen, werden spätestens 2022 mit dem Studium fertig. Was die diesjährigen Umfrageteilnehmer von den Vorgängergenerationen unterscheidet: Die Gewissheit, zügig ans Ziel zu gelangen, ist so manchem abhanden gekommen.

Natürlich hat Corona nicht jede Assetklasse und nicht jedes Geschäftsmodell getroffen. Doch die Unsicherheit, wie sich die Krise auf die Immobilienmärkte auswirkt, lässt einige Arbeitgeber bei Neubesetzungen vorsichtiger agieren, speziell bei Einsteigern. Diverse Unternehmen zogen im vergangenen Jahr Stellenanzeigen für Studierende zurück - die nun so langsam wieder auf den Jobbörsen erscheinen. Das heißt schon rein mathematisch, dass die Chancen auf einen Direkteinstieg nach dem Studium schrumpfen, weil es weniger Arbeitsplätze bei derselben Anzahl an Absolventen gibt. "Es ist deutlich schwieriger eine neue Arbeitsstelle zu finden, das war vor Corona eigentlich nie ein Problem", resümiert ein Teilnehmer der diesjährigen IZ-Umfrage.

Einige der Erlebnisse, von denen Studentinnen und Studenten derzeit berichten, gab es vor Corona so nicht: Studierende, die zu Beginn ihres Praxissemesters noch keinen Praktikumsplatz haben. Bachelorabsolventen, die ihre Abschlussarbeit um ein Semester verlängern oder gleich einen Master dranhängen, weil sie keinen Job finden. Und es gibt diejenigen, die die Pandemie-Zeit mit Praktika aussitzen, um über diesen Umweg eine Festanstellung zu finden. Auch befristete Verträge für Absolventen sind offenbar Realität geworden.

Die Art und Weise, wie manche Arbeitgeber in der Krise agiert haben, hinterlässt beim Nachwuchs Spuren. Das zeigt unter anderem dieser Umfrage-Kommentar: "Während der Corona--Pandemie konnte man die Vorgehensweisen einiger Unternehmen mitverfolgen: Praktikanten und Werkstudenten etc. wurden entlassen. Das hat mich geprägt und ich habe es im Hinterkopf behalten. Die Angst, den Job zu verlieren, da man noch am Anfang seiner Karriere ist, ist groß."

Abschlussarbeit verlängern, Master dranhängen

Mancher bekamen den Einschnitt am eigenen Leib zu spüren: "Mein Unternehmen musste Mitarbeiter entlassen wegen Corona; dualen Studenten wurde die Übernahmegarantie gekündigt. Auf mich persönlich hat Corona daher einen erheblichen Einfluss, da mir nach meinem Studium wahrscheinlich gekündigt wird, statt dass ich ein Jobangebot erhalte."

Die Krise - es ist das dritte digitale Semester - macht den Studierenden zu schaffen, nicht nur wegen der Distanzvorlesungen ohne Kontakt zu Kommilitonen und Dozenten. -"Dieses Semester gab es ganz viele Absagen für Praktika, einige meiner Kommilitonen suchen immer noch nach einem Praktikumsplatz für das Semester, obwohl es schon am

15. März begonnen hat", sagte Alina Haser, zweite Vorsitzende der Initiative Students Meet Real Estate an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, der IZ Ende April. "Dabei suchen diejenigen, bei denen das Praxissemester auf dem Programm steht, schon seit Januar nach einem Platz."

Aufgrund der kleineren und größeren Erschütterungen, für die Corona & Co. in der Immobilienwirtschaft gesorgt haben, hat sich der Fokus in Richtung eines sicheren Arbeitsplatzes verschoben. Das belegen die Antworten vieler Studierender.

Für Existenzängste ist noch kein Platz

Von Existenzängsten sind die Nachwuchskräfte trotzdem nicht getrieben. Der Fachkräftemangel und der demografische Wandel haben sich schließlich nicht einfach in Luft aufgelöst. Wer das nötige Rüstzeug mitbringt, ist sich seiner Sache immer noch sicher: "Die Kombination aus Bachelor, Master und Berufserfahrung ist unschlagbar", schreibt einer der Studenten selbstbewusst. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Sinnhaftigkeit des Jobs und die Unternehmenskultur im Ranking der wichtigsten Punkte bei der Jobwahl weit oben stehen (siehe Grafik "Der Sinn im Job und die Unternehmenskultur sind den Studierenden sehr wichtig") - und nicht die Sicherheit des Arbeitsplatzes.

Wohl dem, der dann noch ein Alleinstellungsmerkmal mitbringt, z.B. in Sachen Digitalisierung. Wie Felix Hauswirth, der dieses Jahr seinen Master in Bauprozessmanagement und Immobilienwirtschaft an der Technischen Universität Dortmund macht. "Auf der digitalen IZ-Karrierewoche im Oktober 2020 haben mich vier Unternehmen von sich aus kontaktiert - ich habe kein einziges angeschrieben." Zwei dieser vier Unternehmen hätten ihm angeboten, den klassischen Bewerbungsprozess mit einem Assessment-Center zu umgehen, und ihn direkt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Das Interesse an seiner Person erklärt sich Hauswirth damit, dass er im Studium sein Faible für Building Information Modeling (BIM) entdeckt hat. Nebenher arbeitet er bei einem kleinen Proptech für BIM-Beratung, das eine Neugründung zweier Lehrender seiner Hochschule ist. "Bei zukunftsträchtigen Themen wie BIM wird eingestellt", sagt Hauswirth. "Immobiliendienstleister, große Wohnungsgesellschaften und Planungsbüros haben BIM für sich entdeckt und stellen eigene Leute ein, die diesen Bereich für sie aufbauen sollen."

Ohne Alleinstellungsmerkmal wird es schwieriger

Es gilt jedoch: Die Kombination aus Bachelor, Master und Berufserfahrung ist ohne Alleinstellungsmerkmal kein Garant mehr dafür, dass die Jobsuche in der Immobilien- und Baubranche zum Selbstläufer wird. Hauswirth kennt Beispiele für erschwerte Startbedingungen aus dem eigenen Umfeld. Ein Freund aus Hamburg habe Abstriche bei seiner Gehaltsvorstellung machen müssen. Ein anderer Freund aus Dresden musste zudem Zugeständnisse bei der konkreten Tätigkeit und der Reputation möglicher Arbeitgeber machen. Dabei haben beide Kumpels einen Masterabschluss in der Tasche. Vor allem der Freund, der "beziehungsbedingt" in den Osten gezogen sei, habe "wirklich gestruggled" und noch ein halbes Jahr nach dem Abschluss nach einem Job in der neuen Heimat gesucht. Dabei war er "mit Abstand Jahrgangsbester" eines dualen Bachelor-Studiums (Bau-ingenieurwesen, Schwerpunkt Holzbau), brachte eine Zimmererlehre und Berufserfahrung als Zimmerer in einer Holzbaufirma im Stuttgarter Einzugsgebiet mit.

Bachelorabsolventen brauchen Eigeninitiative

Wenn sich schon berufserfahrene Masterabsolventen schwer tun, eine Stelle zu finden, dürfte es für Abgänger mit einem Bachelor erst recht nicht leichter geworden sein. "Die Jobsuche ist schwierig", bestätigt denn auch ein Aschaffenburger Bachelorabsolvent des Studiengangs Internationales Immobilienmanagement, der nicht mit Namen genannt werden möchte. "Besonders im Asset-Management und im Investment ist es sehr schwierig, überhaupt eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch zu erhalten. Im Vorstellungsgespräch bei einer Investmentboutique sagte mir der Managing Director, dass er ehrlicherweise vorzugsweise einen Master, am besten einen Master of Science, einstellen würde." Die Quote an Absagen schätzt der Aschaffenburger Absolvent auf 80%, und die Einladungen, sich vorzustellen, resultieren allesamt aus Initiativbewerbungen.

Viele Immobilienunternehmen verspüren angesichts eines ungewissen Ausblicks nicht mehr den ganz großen Druck, sich mit vielversprechenden jungen Köpfen eindecken zu müssen. Nicht nur haben diejenigen mit einem Bachelor als Abschluss tendenziell etwas weniger gute Karten. Die Unternehmen schauen auch bei der Vita und den Noten der Bewerber genauer hin. Außerdem wird der Wettbewerb insgesamt etwas schärfer. "Gute Leute werden immer noch gesucht, mittelmäßige und weniger gute Absolventen haben dagegen Probleme", sagt Stefanie Saß, Geschäftsführerin der auf Nachwuchskräfte für die Bau- und Immobilienbranche spezialisierten Personalberatung Engagingtalents.

Gute Leute werden immer gesucht

Saß arbeitet vor allem für Family-Offices und Projektentwickler. Langeweile verspürt sie nicht: "Ich habe immer noch genug Aufträge von Unternehmen, die Junior-Leute suchen und die normale Headhunter-Provision zu zahlen bereit sind." Dazu passt, dass die Projektentwicklung mit weitem Abstand das beliebteste Betätigungsfeld ist (siehe Grafik "Projektentwicklung ist und bleibt die Königsdisziplin").

Der typische Student will am liebsten in Frankfurt Wohnimmobilien entwickeln. Berlin liegt in der Rangliste gefragter Standorte nur auf Platz fünf hinter der Mainmetropole, Hamburg, München und Stuttgart. Bei den Assetklassen, die als Arbeitsfelder am beliebtesten sind, rangiert das Büro knapp hinter der Wohnung, aber doch sehr deutlich vor dem Laden. Der Einzelhandel wiederum wird immer noch ein bisschen mehr gemocht als die Logistikimmobilie. Betreiber- und Industrieimmobilien folgen mit etwas Abstand.

Eine Masterabsolventin, die nicht nur kaufmännisches, sondern auch technisches Know-how besitzt, kann Saß‘ Aussage über die "guten Leute" bestätigen. Sie erzählt, sie habe nach dem Master sofort eine Traineestelle bei einem namhaften Wohn- und Gewerbeprojektentwickler bzw. Asset-Manager im Rhein-Main-Gebiet ergattert. Geschrieben habe sie nur vier Bewerbungen, jeweils im Development. Das Ergebnis waren drei Vertragsangebote.

Zufrieden war die Absolventin trotzdem nicht ganz. Ihr absoluter Favorit, ein beim Nachwuchs extrem beliebter Asset-Manager und Gewerbeentwickler mit Hauptsitz in Berlin, habe ihr lediglich eine Praktikantenstelle an seinem Standort im Rhein-Main-Gebiet angeboten - zu einem Praktikantengehalt, also ohne Master-Aufschlag. Der Leiter der Frankfurter Niederlassung des Unternehmens habe sich zwar sichtlich um sie bemüht, ihr aber keine schriftliche Zusage für eine Übernahme in ein festes Anstellungsverhältnis nach dem Praktikum machen können. Diese Aussicht war der Einsteigerin zu vage - zumal andere Arbeitgeber deutlich mehr boten. Die Einzige, der es mit der "Lieblingsfirma" so ergangen ist, ist sie nicht.

Jobs gibt es, man muss sie nur suchen

40 Bewerbungen stehen bei Quentin Uttenweiler zu Buche und die Schreibarbeit hat sich für ihn gelohnt. Der 24-jährige -Bachelorabsolvent in Immobilienwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) hat im März eine Stelle als Investment Analyst Real Estate bei Garbe Industrial Real Estate in Hamburg angetreten.

"Die Profs haben uns seit dem ersten Semester immer gesagt, dass die Unternehmen auf die Absolventen zugehen und nicht umgekehrt und dass wir in der Immobilienwirtschaft extrem gute Chancen haben", erzählt Uttenweiler, der seinen Abschluss Ende 2020 gemacht. Lange vorher fing er damit an, Bewerbungen zu verschicken - im Nach-hinein betrachtet in weiser Voraussicht.

80% Absagen, weniger Lohn im Angebot

Denn es hagelte Absagen, Uttenweiler beziffert sie auf ca. 80%. Und bei mancher Zusage für eine Stelle war der junge Mann aus Süddeutschland ziemlich enttäuscht über die angebotenen Gehälter, die bis zu 40% unter seinen Vorstellungen lagen. "Teils wurden Masterabsolventen bevorzugt", erinnert er sich. Bei Garbe habe er einen krisensicheren, weil in einer boomenden Assetklasse beheimateten Arbeitsplatz gefunden.

So viel Erfolg wie Uttenweiler hatten nicht alle Kommilitonen seines Jahrgangs. Von 35 Leuten, die mit ihm fertig geworden sind bzw. es hätten werden sollen, sind bislang nur fünf, sechs in festen Händen. Der große Rest verlängert mangels Möglichkeit zum direkten Berufseinstieg das Bachelorstudium oder lässt sich für die Bachelorarbeit etwas mehr Zeit. Die weiteren Alternativen sind: gleich einen Master anschließen und Werkstudentenjobs.

Aschaffenburgerin Haser sieht die Neigung zum immobilienspezifischen Master jedenfalls wachsen. "Ein Kommilitone von mir schreibt gerade seine Bachelorarbeit, er wird im Sommer fertig. Aber was soll er dann machen?" Sollte er nach dem Abschluss keine Stelle finden, müsste er ein Jahr überbrücken, bis der nächste Masterjahrgang 2022 startet. Also sattelt der Kommilitone vermutlich direkt den Master drauf. "Die Unsicherheit ist groß. Bevor man umsonst plant, plant man lieber einfacher", erklärt Haser. Sie selbst wird 2022 mit ihrem Bachelor in Internationalem Immobilienmanagement fertig. Sie wollte ohnehin den Master machen, aber "jetzt erst recht wegen der verhaltenen Stimmung".

Pirmin Schuster ist schon einen Schritt weiter. Er schließt sein Masterstudium BWL/Bau und Immobilien in Biberach demnächst ab. Bewerbungen hat er noch nicht verschickt. Zwar seien, "gefühlt weniger Ausschreibungen als vor zwei Jahren zu finden", doch weil viele seiner ehemaligen Mitstudierenden aus dem Bachelorstudium auch ohne Master einen "tollen Job gefunden haben", macht er sich keine Sorgen. Einen gewissen Pragmatismus hält Schuster für angebracht. "Ich gehe davon aus, dass Absolventen nicht mehr so wählerisch sein können wie vorher. Eventuell sucht man nicht mehr ausschließlich in seiner Wunschstadt, sondern erweitert den Radius. Auch sollten verschiedene Tätigkeiten infrage kommen." Wichtig findet es Schuster, direkt nach dem Studium überhaupt einen Einstieg in einem Unternehmen zu finden, "auch wenn es möglicherweise noch nicht zu 100% der eigenen Wunschvorstellung entspricht und man einige Abstriche machen muss". Denn nach ein, zwei Jahren, argumentiert er, mag sich der Corona-Sturm verzogen haben und können sich "ganz neue Möglichkeiten eröffnen".

Abstriche beim Gehalt von bis zu 20% denkbar

Annähernd jeder vierte Teilnehmer der diesjährigen IZ-Arbeitsmarktumfrage - 111 von 414 Personen - würde ein geringeres Einstiegsgehalt abnicken als vor einem Jahr. Angesichts des Anstiegs der Gehaltsforderungen vor der Pandemie ist das bemerkenswert. Der Umfang des "Verzichts" reicht von 5% bis 20% bzw. von 3.000 bis 15.000 Euro im Jahr. Der durchschnittliche Gehaltswunsch liegt nun bei 48.900 Euro brutto jährlich - das sind 3,5% weniger als 2020. Die Gehaltsvorstellungen sind dabei nicht nur im Durchschnitt gesunken, sondern quer durch die Bank: bei Bachelor- und Masterabsolventen, bei Männern und Frauen.

"Ja, ich würde mich mit einem geringeren Einstiegsgehalt zufrieden geben als vor Corona, wegen einer gewissen Unsicherheit", räumt denn auch einer der Studenten ein.

Haser allerdings sieht ihren Marktwert nicht geschrumpft. "Meine Gehaltsvorstellung würde ich nicht runterschrauben, die Arbeit wird ja nicht weniger - im Gegenteil." Die junge Frau spricht aus Erfahrung: Sie ist beim Immobilienarm einer großen US-Versicherung als Werkstudentin beschäftigt. So wie sie sehen das viele: In der Immobilienwirtschaft gibt es mehr zu tun als früher, es gibt also keinen Grund, warum die Nachfrage nach qualifiziertem Personal sinken sollte.

Mehr Geduld scheint ebenfalls zu helfen. Ein 25-Jähriger, der im September seinen Master in Immobilienwirtschaft an der Irebs abschließt, hat auf sechs Bewerbungen fünf Absagen erhalten. "Entweder es hieß, ich bin zu früh dran, oder ich bekam gar keine Reaktion." Eine Bewerbung mündete immerhin in eine Werkstudentenstelle im Fondsmanagement einer französischen Großbank. "Ich hatte mich eigentlich für das Traineeprogramm beworben. Im Juni wollen wir uns nochmal zusammensetzen." Bedenken, bis spätestens Anfang 2022 nichts gefunden zu haben, hat der junge Mann nicht.

Der Elan von Tizian Dreizner ist jedenfalls ungebremst. Dreizner schreibt momentan seine Masterarbeit im Fach Facility- und Immobilienmanagement an der Hochschule Anhalt in Dessau. Seine Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Corona auf den Immobilienmarkt. Er will im September dann durchstarten. Schon ein halbes Jahr vor seinem Abschluss begann Dreizner damit, Bewerbungen zu schreiben. "Stand heute liege ich genau bei 60", berichtet er. Auf knapp die Hälfte erhielt Dreizner eine Absage: "Die meisten Unternehmen benötigen sofort jemanden."

Elf Mal wurde Dreizner zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Diese mündeten in drei Jobangebote, die Dreizner jedoch ausschlug. Seine Einschätzung der Einstiegschancen in der Immobilienbranche ist unverändert: "Die Marktlage ist immer noch sehr gut, um einen vernünftigen Einstiegsjob zu bekommen."

Es mangelt nicht an Zuversicht

An Zuversicht mangelt es dem Nachwuchs also nicht. Ebenso wenig fehlt ihm das Selbstbewusstsein: "Meine letzten Anstellungen sowie die Masterarbeit mit Audi und meine Spezialisierung auf eine kombinierte ökologisch-ökonomische Investitionssicht auf Immobilien öffnen mir besondere Möglichkeiten", ist Delano Graf überzeugt. Der 26 Jahre alte Masterstudent von der Fachhochschule Münster, Fachrichtung Immobilien- und Facility-Management, sieht die Sache so: "Viele Unternehmen wollen und müssen sich strategisch mit Nachhaltigkeitsthemen auseinander-setzen - hier komme ich ins Spiel." Positives Feedback habe er beispielsweise in einem Assessment-Center von Deloitte erhalten. "Ich weiß mich zu verkaufen und sehe kein Problem, zeitnah einen Job zu finden."

Dazu passt die Aussage eines Teilnehmers der IZ-Umfrage: "Der Immobilienmarkt performt nach wie vor gut, und weiterhin ist viel Geld im Markt. Daher würde ich eine Gehaltsvorstellung zwischen 50.000 und 60.000 Euro immer noch als realistisch einschätzen." Die Sorgenfalten von Immobilienstudenten fallen also doch eher klein aus.

Harald Thomeczek

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Teilnahme online möglich

Teilnehmen können Studierende, die in den kommenden vier Semestern ein Studium in einem Fach mit immobilienwirtschaftlichem Bezug an einer Hochschule beenden. Dazu gehören z.B. angehende Architekten und BWLer, Studenten der Fächer Facility-Management und Gebäudetechnik genauso wie die, die Geografie oder auch Immobilienwirtschaft/-management und Bau-/Projektmanagement, Stadtplanung/Raumplanung und Ingenieurwesen belegt haben. 

Wer eine gültige Studienbescheinigung hochlädt, kann den Fragebogen online ausfüllen. Die Teilnahme dauert etwa 15 bis 20 Minuten. Damit sich die Mühe lohnt, werden unter allen Teilnehmern Preise verlost. Es winken Abos der Immobilien Zeitung, Tickets für das IZ-Karriereforum, das am 8. Juni in Frankfurt Arbeitgeber und den Nachwuchs zusammenbringt, Eintrittskarten für den Europa Park, Rucksäcke von Got Bag, ein Apple iPad der 10. Generation und Airpods der 3. Generation. 

Als Partner unterstützen in diesem Jahr BNP Paribas Real Estate Deutschland, CBRE, Drees & Sommer, die ECE Group, Swiss Life Asset Managers Deutschland, Patrizia, Kaufland Immobilien, die LBBW Immobilien-Gruppe, Art-Invest Real Estate, Commerz Real, HIH Real Estate, Europa Park und die Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (Gif) die Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung. 

Janina Stadel

Angebote für Väter sind nur selten Teil des Employer Brandings

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: standret

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Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur Müttern wichtig. Doch Unternehmen, die sich Familienfreundlichkeit auf die Fahne schreiben, nehmen bei ihren Initiativen oft nur Frauen in den Blick. Dabei beziehen auch Väter ihre familiäre Situation in die Karriereplanung mit ein. Entsprechende Angebote durch den Arbeitgeber können sie als Mitarbeiter binden, oder sogar als Bewerber anlocken.

Unternehmen rühmen sich gerne mit einer tollen Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ganz unabhängig von der Branche. Der Eindruck der Belegschaft ist oft ein anderer. Dass es hier Nachholbedarf gibt, nehmen nicht nur junge Mütter, sondern auch Väter wahr. In einer repräsentativen Umfrage von Prognos und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gaben 63 Prozent der Unternehmen an, sehr väterfreundlich zu sein – die Einschätzung der angestellten Väter selbst liegt mit 38 Prozent deutlich darunter. Auch Andreas Seltmann schätzt die Lage eher negativ ein. Er ist Experte für Väterfreundlichkeit beim Dienstleister und Think-Tank berufundfamilie. Die GmbH begleitet Unternehmen bei der Umsetzung einer nachhaltigen familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Zusätzlich vergibt der Dienstleister ein Zertifikat für familienfreundliche Unternehmen.

Aus vielen Gesprächen mit Klienten weiß Seltmann: Viele Arbeitgeber haben Väterfreundlichkeit noch gar nicht auf dem Schirm. "Auch HR-Abteilungen und Unternehmer gehen davon aus, dass eher Mütter den Großteil der Elternzeit stemmen und in Teilzeit arbeiten", sagt Seltmann. Das ist auch tatsächlich noch so: In den meisten Familien herrscht jene traditionelle Aufgabenteilung – oft aus finanziellen Gründen.

So arbeiten zum Beispiel nur 7,4 Prozent der Väter in Deutschland in Teilzeit. Bei den Müttern sind es 67,8 Prozent, zeigt eine Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung mit Daten aus dem Mikrozensus 2021.

Damit sich das ändert, sind nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch Unternehmen gefragt – die müssen der Belegschaft nämlich zeigen: Wir unterstützen euch, wenn ihr für die Familie da sein wollt. Dass diese Unterstützung längst nicht selbstverständlich ist, hat Marco Herzog am eigenen Leib gespürt. Der 44-Jährige stieß auf verwunderte Blicke, als er bei seinem alten Arbeitgeber vor neun Jahren den Antrag auf Elternzeit eingereicht hat. "Da wurden noch Fragen gestellt wie: Muss das jetzt sein? Aber ja, es musste und ich habe mich durchgesetzt." Bei der Geburt seines zweiten Kindes lief es besser.

Kurz nach seinem Wechsel zur Immobilienberatung JLL wurde sein heute sechsjähriger Sohn geboren."Diesmal war der Elternzeitantrag gar kein Problem", erinnert sich Herzog. Nach der Elternzeit steigt seine Frau wieder in Teilzeit ein, er arbeitet weiterhin Vollzeit – bis zum Jahr 2019. Als eine Oma der Kinder verstirbt, entschließt sich das Paar, kürzer zu treten. Sie hatte das Elternpaar stark unterstützt. Kurz vor dem Entschluss hatte er intern die Abteilung gewechselt, ist nun in der Rechnungsstellung. Sorgen hatte Herzog keine vor dem Gespräch mit seinem Chef. Der ist nämlich selbst Vater und stimmt sofort zu. "Wir haben uns direkt hingesetzt und geplant, wie ich dann meine Aufgaben weitermache und ob ich etwas abgeben muss." Letztlich musste nichts verteilt werden, weil er noch so neu in der Abteilung war. Es ging dann mehr darum, wann er arbeitet und wie er sich diese einteilt. Seitdem arbeiten Herzog und seine Frau beide 30 Stunden die Woche.

Aus Sicht des 44-Jährigen ist eine offene Kultur, wie er sie bei JLL erlebt, entscheidend, um Müttern und Vätern eine gute Arbeitsumgebung zu bieten. Allgemein hat Herzog den Eindruck, dass die Immobilienbranche recht familienfreundlich aufgestellt ist. "Ich habe zwar keine große Stichprobe, aber aus meiner Erfahrung und der meiner Bekannten und Kollegen kann ich sagen: Das läuft schon ganz gut." Für die Zukunft wünsche er sich noch, dass Arbeitgeber im Allgemeinen Väter stärker ermuntern, Teilzeit oder eine längere Elternzeit zu nehmen – wenn sie es möchten. "So kämen vielleicht noch mehr auf den Gedanken, auch diejenigen, die sich vor der Frage nach Teilzeit scheuen", sagt Herzog.

So ein Engagement befürwortet auch Experte Seltmann. "Es geht letztlich immer um Elternfreundlichkeit. Mütter und Väter sollten nicht unterschiedlich behandelt werden. Auf individuell andere Bedürfnisse sollten Arbeitgeber trotzdem gehen."

Allgemeine Unterstützung können Arbeitgeber zum Beispiel schon einfach über flexible Arbeitszeiten und eine freie Wahl der Büro- und Homeofficetage bieten. So macht das auch Gundlach Bau. Zusätzlich ist eine vom Immobilieninvestor initiierte Kita ans Büro angeschlossen. Die Mitarbeiter können ihre Kinder dort vor der Arbeit zur Betreuung abgeben. Wenn es mal nicht anders geht, gibt es auch ein Eltern-Kind-Büro, in dem Mitarbeiter ihren Aufgaben nachgehen, während sie ein Auge auf ihre Kinder haben, denen dort Spielzeug zur Verfügung steht. Solche Verbesserungen kommen allen Eltern zugute.

Manchmal haben Väter aber eben doch andere Fragen oder Herausforderungen als Mütter. Oder sie wollen sich lieber mit anderen Vätern austauschen, weil sie denken, dort besser verstanden zu werden. Dann kommen Väternetzwerke ins Spiel. "In solchen Gruppen können Väter innerhalb der Belegschaft Gedanken austauschen und Initiativen anstreben", erklärt Seltmann. Von allen Initiativen, die es bei Arbeitgebern gibt, geht das Väternetzwerk oft als letztes an den Start, weiß der berufundfamilie-Experte. "Wenn es keine Enthusiasten gibt, die den aktiven Austausch suchen und verfestigen, klappt das nicht", erklärt er.

Personaler müssen aber nicht auf die Initiative der angestellten Väter warten. Sie können auch selbst aktiv werden. Seltmann empfiehlt, zunächst eine Infoveranstaltung anzubieten. Auf dieser könnten zum Beispiel Gastredner über Väterfreundlichkeit sprechen. Die Vorteile einer solchen Veranstaltung: HR sieht, wie viele Mitarbeiter wirklich Interesse an dem Thema haben. Und sie können im Nachgang die Besucher auf die Gründung eines Väternetzwerkes ansprechen und dessen Entstehung begleiten.

Bei JLL gibt es ein solches organisiertes Netzwerk nicht. Herzog vermisst es aber auch nicht. Stattdessen bindet JLL den PME-Familienservice ein. Der Dienstleister steht Arbeitgebern unterstützend zur Seite, der Service richtet sich aber explizit an die Arbeitnehmerschaft. PME steht zum Beispiel Mitarbeitenden zur Seite, wenn sie Konflikte am Arbeitsplatz, Sicht- oder Partnerschaftsprobleme haben.

Familienfreundlichkeit ist oft ausschlaggebend bei der Jobwahl

Den Gesprächen der Väter im Netzwerk sollten dann aber auch Taten folgen. Seltmann hat sich zum Beispiel vor kurzem mit dem Väternetzwerk eines großen Unternehmens an den Tisch gesetzt. Ein Problem: Am Standort gibt es zwar eine Kita für die Kinder der Mitarbeitenden. Aber die öffnet erst um halb neun. Und dann schaffen es die Väter oft nicht, rechtzeitig im ersten Meeting des Tages zu sein, oder es muss doch wieder die Mutter zur Kita fahren. Seltmann vermittelte zwischen Vorstand und dem Netzwerk. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Seit dem Gespräch gilt die interne Policy, dass kein Meeting vor neun Uhr angesetzt werden darf, damit alle die Chance haben, dabei zu sein – und zwar ohne Stress. Auch kleine Veränderungen können also Großes bewirken.

Wer Väter aber nachhaltig zu längeren Elternzeiten motivieren will, der muss nicht nur tiefer in die Trickkiste, sondern vor allem tiefer in die Kasse greifen. "Egal wie elternfreundlich Arbeitgeber sind, am Ende sind es oft die unterschiedlichen Gehälter, die Paare zur Entscheidung führen: Mama bleibt länger zu Hause. Papa geht arbeiten", sagt Seltmann. Dieses Dilemma wurde auch in der jüngst politisch und medial hochgekochten Elterngelddebatte wieder gewälzt. Eine Lösung für Arbeitgeber kann darin bestehen, frischgebackenen Müttern und Vätern ein paar Monate Elternzeit zum vollen Gehalt zu ermöglichen. "Denn nur wenn Paare keine Geldsorgen haben, können sie wirklich frei über die Aufteilung der Elternzeit entscheiden", sagt Seltmann. Zusätzlich solle jedes Unternehmen auf Gleichbezahlung von Mann und Frau achten.

Angebote wie die Elternzeit zum vollen Gehalt können den Ausschlag geben – zum Beispiel bei der Suche nach Fachkräften. Laut Prognos-Studie denken 40 Prozent der befragten Väter darüber nach, den Arbeitgeber zu wechseln, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Zehn Prozent haben den Job laut eigener Angabe deswegen schon gewechselt. Statt viel Geld in andere Benefits zu investieren, könnte in einem Entgegenkommen hier also womöglich ein Hebel liegen, um Beschäftigte zu binden.

Die Autorin: Jennifer Garic ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

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