Der Geselle als Mentor

Um die Ausbildungsqualität im Baugewerbe und -handwerk zu verbessern, soll ein Geselle als Azubi-Mentor benannt werden.

Um die Ausbildungsqualität im Baugewerbe und -handwerk zu verbessern, soll ein Geselle als Azubi-Mentor benannt werden.

Bild: BilderBox.com

Karriere 07.08.2014
Kleine und mittelständische Unternehmen tun sich bei der Ausbildung manchmal schwer. Doch der Mangel an Nachwuchskräften, hohe Abbrecherquoten und die baldige Verrentung vieler Fachkräfte ... 

Kleine und mittelständische Unternehmen tun sich bei der Ausbildung manchmal schwer. Doch der Mangel an Nachwuchskräften, hohe Abbrecherquoten und die baldige Verrentung vieler Fachkräfte erhöhen den Druck auf die Unternehmen, mehr in ihre Personalarbeit zu investieren. Damit die betriebliche Ausbildung besser gelingt, hat ein Forschungsprojekt an der Bergischen Universität Wuppertal kostenlose Handlungshilfen für ein Mentoringprogramm entwickelt.

Lehrjahre sind keine Herrenjahre, sagt der Volksmund. Doch wenn es während der Ausbildung knirscht, dann sollten die Betroffenen doch einmal genauer auf die Ursachen schauen. Ein häufiger Beschwerdegrund von Lehrlingen sei, dass sie von verschiedenen Gesellen eines Unternehmens betreut werden und dann Dinge unterschiedlich erklärt bekommen, sagt Melanie Hainz. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bergischen Universität Wuppertal kann sich gut in die Lage der jungen Leute hineinversetzen, denn sie hat einst selbst eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin absolviert. Ebenso wenig wie der ständige Betreuerwechsel hilfreich sei, bringe es etwas, wenn die Azubis nur die ungeliebten Vorarbeiten auf der Baustelle erledigten, wie z.B. das Abreißen der Tapeten. Um die Zusammenhänge besser zu verstehen, müssten sie auch mal von Anfang bis Ende des Auftrags auf einer Baustelle eingesetzt werden.

Damit solche Probleme das Betriebsklima nicht unnötig belasten, hat Hainz ein Mentorenprogramm zur Verbesserung der Ausbildungsqualität entwickelt. Ein Geselle ist Hauptbetreuer des Lehrlings. Neben dem Wissens- und Erfahrungstransfer will das Programm auch die Kommunikation und Motivation erhöhen. Eingebettet war das Projekt in ein dreijähriges Forschungsvorhaben zur Verbesserung im gelebten Arbeitsschutz auf Baustellen (VegAB), das seinen Fokus auf Jugendliche und ältere Beschäftigte legte. Denn schon bei Berufsanfängern sollte ein Bewusstsein für den Arbeitsschutz vorhanden sein, damit der ausgewählte Beruf auch noch im Alter ausgeübt und so dem drohenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann, heißt es auf der Homepage des Projekts (www.vegab.uni-wuppertal.de).

Der drohende Fachkräftemangel am Bau ist schon 2012 in einer gemeinsamen Studie des F.A.Z.-Instituts für Management-, Markt- und Medieninformationen und Soka-Bau, der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes, berechnet worden: Rund 136.000 gewerblichen Arbeitnehmern im Alter von 45 bis 54 Jahren stehen nur rund 52.000 Auszubildende und Gesellen im Alter zwischen 15 bis 24 Jahren gegenüber. Die Branche kann es sich also nicht leisten, junge Menschen zu verlieren.

Tatsächlich werden in Deutschland - über alle Berufe gesehen - zwischen 20% und 25% der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst, wie eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) aus dem Jahr 2012 zeigt. Bei 70% gab es betriebliche Gründe, wie Konflikte mit Ausbildern oder Betriebsinhabern oder der schlechten Vermittlung von Ausbildungsinhalten, brachte eine BIBB-Umfrage 2002 ans Licht. Das Lösen des Vertrags ist jedoch nicht mit einem kompletten Abbruch gleichzusetzen: Die Hälfte der Befragten schloss einen neuen Ausbildungsvertrag ab und weitere 12% wechselten auf (Berufs-) Schulen oder an die Hochschule.

Positiv wirke es hingegen, wenn sich Azubis und ihre Betriebe schon vor Ausbildungsbeginn kennenlernen würden. Der frühzeitige Kontakt und der Abgleich der Erwartungen der Bewerber mit der Realität scheinen somit wesentliche Faktoren für den Ausbildungserfolg und den Branchenverbleib zu sein, folgert die Studie von F.A.Z./Soka-Bau.

Auch hierfür hat das Forschungsprojekt Handlungshilfen entwickelt, die kostenlos auf der Homepage von VegAB zur Verfügung gestellt werden. Die Broschüre "Fit für die Zukunft" gibt Unternehmen einen Fragen- und Ideenkatalog an die Hand, wie sie sich frühzeitig als Arbeitgeber präsentieren und ihre jungen Mitarbeiter halten können. Das reicht vom Facebook-Auftritt bis zum Austausch mit anderen Bauunternehmen.

Die Handlungshilfe "Mentoring zur Verbesserung der Ausbildungsqualität" liefert zudem Checklisten für die Auswahl des passenden Mentoren-Gesellen und bietet Ideen und Ablaufpläne für die Einführungs- und Feedbackgespräche. Zwei kurze Flyer (Tipps und Tricks für Mentorinnen und Mentoren sowie für Auszubildende) geben auf einen Blick Auskunft zu den Themen. Alle acht Handwerksunternehmen, die sich während der Projektphase als Partner zur Verfügung gestellt hatten, führen das Mentoringprogramm fort.

Berufe am Bau - im Netz

Wer sich über die verschiedenen Berufsbilder der Bauwirtschaft informieren möchte, trifft im Netz auf ein immenses Angebot.

  • www.bau-ausbildung.de: Die Ausbildungsplatzbörse von Soka-Bau im Netz bietet auch Informationen für Arbeitgeber.
  • www.bauberufe.net: Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes stellt die verschiedenen Bauberufe vor. Ein Filtern nach Interessen ist möglich.
  • www.berufsinfo.org: Das Berufsinformationsportal der Handwerkskammer zu Köln informiert über die Berufe in den Bereichen Bau + Ausbau, weist Lehrstellen nach und verrät, welche Berufe sich ähneln.
  • www.bzb.de: Die Bildungszentren des Baugewerbes bieten Inhalte für Berufseinsteiger bis zu Führungskräften.
  • www.bau-dein-ding.de: Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg informiert über sämtliche Einstiegsmöglichkeiten am Bau, vom Praktikum bis zum Studium. Berufsmessen, Berufsbilder und Ausbildungsberufe werden ebenfalls dargestellt.
  • www.grosses-anpacken.de: Das Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW informiert Jugendliche über Berufe in der Branche.
  • www.bdb-campus.de: Die Studenten des Bunds Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure organisieren u.a. Baustellenbesichtigungen und haben einen Newsticker auf ihrer Seite.
  • www.weiterbildung-bauwirtschaft.de: Die IG Bauen-Agrar-Umwelt, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wollen das lebenslange Lernen fördern und informieren über bundesweite Aufstiegsfortbildungen.
  • www.deutschland-baut.de: Die gemeinsame Initiative mehrerer Bauunternehmen informiert u.a. über Traineeprogramme und Weiterbildungsmöglichkeiten in der eigenen Akademie.
  • www.werde-bauingenieur.de: Welche Studiengänge, Hochschulen und Abschlüsse es gibt, wird ebenso erläutert, wie der mögliche Arbeitsplatz nach dem Studium.sma

Der Kongress Zukunft Bauen - Wege aus der Nachwuchsfalle findet am 27. August 2014 auf dem Campus Freudenberg der Bergischen Universität Wuppertal statt. Dort stellt auch Melanie Hainz ihre Handlungshilfen vor. Anmeldeschluss ist am 12. August 2014. Ansprechpartner: Frau Alexandra Liesert (Tel.: 0202-439-4225, E-Mail: info@baubetrieb.de).

Sonja Smalian

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Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe erneut gescheitert

Der Tarifstreit im Bauhauptgewerbe nimmt kein Ende.

Der Tarifstreit im Bauhauptgewerbe nimmt kein Ende.

Quelle: Pixabay, Urheber: Michael Gaida

Karriere 23.09.2021
Auch in der fünften Runde sind die Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe gescheitert. Uneinigkeit herrscht besonders in Bezug auf die Wegezeitentschädigung. ... 

Auch in der fünften Runde sind die Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe gescheitert. Uneinigkeit herrscht besonders in Bezug auf die Wegezeitentschädigung.

Die Tarifverhandlungen für die rund 890.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe sind am Mittwoch nach mehreren Stunden ohne Ergebnis abgebrochen worden. Es war bereits die fünfte Verhandlungsrunde. Uneinigkeit herrscht zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern besonders in Bezug auf die Wegezeitentschädigung.

Die Bauunternehmer "wollen mit uns partout nicht ernsthaft über das Thema Wegezeit sprechen", erklärte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), Robert Feiger. "60 Kilometer fahren im Schnitt die Baubeschäftigten zu ihren Einsatzorten und haben darauf keinerlei Einfluss." Sie müssten dafür "ordentlich und fair, abhängig vom Fahrweg, entschädigt werden." Jedoch wollten die Arbeitgeber "nur ein weiteres Lohn- und Gehaltsangebot vorlegen, wenn wir unsere Forderung zur Wegezeitentschädigung zurückziehen", so Feiger. „Welche Forderungen wir aufstellen, bestimmen wir immer noch selbst." IG Bau-Vorstandsmitglied Carsten Burckhardt, der für das Bauhauptgewerbe und die Baustoffindustrie zuständig ist, erklärte, "über die ursprünglichen Forderungen der IG Bau von 5,3% mehr Lohn und Gehalt und Ost-West-Angleich" sei gar nicht mehr gesprochen worden.

Arbeitgeber verweisen auf Bundesrahmentarifvertrag

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) bestehen in einer gemeinsamen Pressemitteilung darauf, "dass die Frage der Wegstreckenentschädigung Gegenstand des Bundesrahmentarifvertrags und nicht der Lohn- und Gehaltstarifverträge ist." Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite und Vizepräsident des ZDB erklärt: "Wir wären bereit gewesen, durch ein wesentlich verbessertes Angebot eine Einigung in den Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen unter Einbeziehung der Ost-/West-Angleichung zu erreichen." Jutta Beeke, Vizepräsidentin der Bauindustrie, ergänzt: "Wir hätten heute gerne ein Ergebnis erreicht, auch im Sinne der Beschäftigten unserer Betriebe. Dadurch, dass die Gewerkschaft immer wieder die Wegstreckenentschädigung zum eigentlichen Schwerpunkt der Verhandlungen machen wollte, war kein Abschluss der Entgeltrunde möglich."

Beide Seiten erwarten, dass der Streit nun mithilfe der Schlichtungsstelle weitergeführt wird. "Die Zeichen stehen auf Arbeitskampf", sagt Gewerkschafter Feiger.

Florian Hartmüller

IG Bau stellt Bedingungen

Karriere 01.07.2021
Die Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe sind festgefahren. Die Gewerkschaft IG Bau-Agrar-Umwelt stellt Bedingungen für die Rückkehr an den Verhandlungstisch. ... 

Die Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe sind festgefahren. Die Gewerkschaft IG Bau-Agrar-Umwelt stellt Bedingungen für die Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Bevor die Verhandlungen weitergehen können, verlangt die IG Bau, dass die Arbeitgeberseite vorab eine von der Gewerkschaft beschlossene Tagesordnung akzeptiert. Außer dem eigentlichen Thema Lohn und Gehalt stehen darauf Dinge, die der Hauptverband der deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Baugewerbes eigentlich nicht im Kontext der Tarifverhandlungen besprechen wollen: unter anderem eine Entschädigung für Wegezeiten sowie Mindestlohn und Mindesturlaubsvergütung. Wegen des Streits um die Wegezeiten waren Anfang vergangener Woche die Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen worden.

Die Arbeitgeber möchten im August zurück an den Verhandlungstisch. "Mit uns nur, wenn die Agenda klargeht", so das Statement der IG Bau. Sollte das nicht klappen, will ihr Vorstand zunächst, wie schon 2020, in die Schlichtung gehen. Im Hintergrund stellt die Gewerkschaft offenbar die Weichen Richtung Streik. Die Stimmung dafür sei bei den Beschäftigten vorhanden, heißt es in einer Mitteilung. Die Tarifverhandlungen werden für 890.000 Mitarbeiter im Bauhauptgewerbe geführt. Für sie verlangt die IG Bau ein Lohnplus von 5,3%. Voriges Jahr gab es zudem einen 0,5%igen Zuschlag für den oft weiten Weg zur Baustelle.

Monika Hillemacher

Bautarif ist fix

Karriere 01.10.2020
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Sowohl die Arbeitgeberseite der Baubranche als auch die IG Bau haben den Schlichterspruch zum Bautarif angenommen. Doch ein Knackpunkt bleibt.

Rainer Schlegel hat mit seinem Schlichterspruch im Streit um die Tarifvereinbarungen für die 850.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe einen Weg gefunden, mit dem die Arbeitgeber und die IG Bau leben können. Beide haben den Vorschlag angenommen (Details dazu "Schlichterspruch für den Bautarif steht fest", IZ 37/20).

Die IG Bau nennt ihn nicht umsonst einen "Tarifabschluss, der Perspektive bringt". Sie spielt damit auf die erstmalige Berücksichtigung der Wegezeit mit einem Lohnzuschlag von 0,5% an. Das könne nur der Anfang sein, dabei dürfe es aber nach Ende der Laufzeit der aktuellen Vereinbarung im Juni 2021 nicht bleiben. Die Gewerkschaft warnt die Arbeitgeberseite, "weiterhin auf die Bremse zu treten und dabei zu hoffen, mit einer halbherzigen Lösung davonzukommen", formuliert es IG-Bau-Chef Robert Feiger scharf. Diese werde es mit der IG Bau nicht geben. Die Arbeitgeberverbände, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe, signalisieren, dass mit Schlichter Schlegel weiter an dem Thema gearbeitet werde.

Anke Pipke