Der richtige Dreh für die Kollegensuche

Der Mann mit der Pferdemaske ist ein Hingucker, Blau ist ein Hingucker. "Blau ist wow", sagt Gegenbauer, und rückt seine Unternehmensfarbe in den Fokus der Kampagne.

Der Mann mit der Pferdemaske ist ein Hingucker, Blau ist ein Hingucker. "Blau ist wow", sagt Gegenbauer, und rückt seine Unternehmensfarbe in den Fokus der Kampagne.

Quelle: mc-quadrat im Auftrag von Gegenbauer

Karriere 12.09.2019
Wer etwas zu zeigen hat, tut das heutzutage gerne per Video. Auch das Employer-Branding findet zunehmend auf YouTube statt. Von Facility-Managern über Baufirmen bis hin zu ... 

Wer etwas zu zeigen hat, tut das heutzutage gerne per Video. Auch das Employer-Branding findet zunehmend auf YouTube statt. Von Facility-Managern über Baufirmen bis hin zu Beratungshäusern - alle versuchen auf unterschiedliche Weise, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Rezo - ein Name, den man selbst in der Offline-Welt seit der Europawahl kennt. Der YouTuber hat es mit seiner harten Kritik an der CDU geschafft, in die Schlagzeilen zu kommen, sogar in althergebrachten Zeitungen zum Anfassen. Während sich die Zahl der Print-Leser kaum exakt erfassen lässt, beeindruckt die Aufmerksamkeit, die Rezos Video auf YouTube erlangt hat: etwa 16 Mio. Aufrufe.

Die Reaktionen auf das Rezo-Video zeigen, dass YouTube, Videos und Bewegtbilder aus dem Alltag der Bevölkerung nicht mehr wegzudenken sind. Vor allem Männer und Frauen im Alter von 18 bis 34 Jahren gehören zur Hauptnutzergruppe des Videoportals. Aus Sicht der Personaler also meist jene, die sich im Berufsleben noch orientieren. Somit ist YouTube eine Chance, sich Berufseinsteigern und Young Professionals im Video als Arbeitgeber zu präsentieren.

Einige Unternehmen aus der Immobilienbranche nutzen bereits diese Möglichkeit. Zu den aktivsten Branchenzweigen dürfte das Facility-Management gehören. Caverion ist mit seiner mehrteiligen Weltraum-Saga noch in Erinnerung (zum Nachlesen: "Caverion schraubt am Warp-Antrieb", IZ 9/16). In ähnlichem Maßstab angelegt als große Employer-Branding-Kampagne mit Kinospot und Werbung im öffentlichen Raum ist aktuell "Blau ist wow" von Gegenbauer. Seit Februar 2019 und derzeit in Münchner Multiplex-Kinos sowie auf YouTube ist der Werbespot zu sehen. Im Videoportal zählt er inzwischen etwa 1,3 Mio. Aufrufe.

"Blau ist doch eigentlich nur ne Farbe, oder? Falsch. Blau ist viel mehr." So startet der 50-Sekünder, in dem der Zuschauer in Kombination mit blaudominierten und dynamischen Bildern samt fetziger Musik erfährt: "Blau ist der Himmel, das Wasser, blau ist Deine Zunge." Aber auch: "Blau ist der Gang durch Deine alte Schule, der gemähte Rasen, die warme Heizung, das saubere Büro, der fette Bass beim Konzert. Blau ist hoch über der Stadt (Bild: Fensterputzer am Hochhaus) und tief unter der Erde (Bild: Prüfung der Gebäudetechnik). Blau ist Vielfalt und Zusammenhalt. (...) Blau ist unsere Farbe und unser Stolz. Blau ist Dein Style. Blau ist unser Style. Blau ist wow - Gegenbauer."

Mit diesem Spot will der Facility-Manager gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: sowohl nach innen als auch nach außen wirken, junge wie erfahrene Arbeitskräfte, Vertreter unterer wie höherer Hierarchien erreichen. Es gehe darum, die Werte des fast 100-jährigen Unternehmens zu präsentieren, Stolz und Identifikation auszulösen, berichtet Tom Kalányos, Leiter Digitale Medien bei Gegenbauer. Damit soll sich die Mitarbeiterbindung erhöhen - abseits vom sonst vielerorts üblichen Mittel der Lohnerhöhungen, die in dieser Branche wegen der knappen Margen nur schwer umsetzbar sind. Dazu trägt auch bei, dass etwa ein Dutzend der Personen, die im Spot zu sehen sind, Original-Mitarbeiter Gegenbauers sind.

Dass die Kampagne "Blau ist wow" zieht, macht Kalányos nicht nur an den vielen Aufrufen auf YouTube fest, sondern auch an den Besucherzahlen der unternehmenseigenen Corporate- und Karriere-Webseite. Seit der Spot zu sehen ist, gebe es dort ein Wachstum von 20% bis 25%. Zudem werde Kalányos bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter oft auf die Kampagne und den Kurzfilm angesprochen. Mindestens so stolz macht es ihn, wenn Kollegen den Spot z.B. bei Pitches zur Präsentation des Unternehmens vor (potenziellen) Kunden einsetzen.

Der personelle, zeitliche wie finanzielle Einsatz für diese Kampagne ist beträchtlich. Das dreiköpfige Team Digitale Medien hat sie zusammen mit der Agentur mc-Quadrat realisiert, die Planung reicht bis ins Jahr 2025 - bis zur Feier der 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Nächstes Jahr werde eine weitere Stufe der Kampagne gezündet, berichtet Kalányos. Er will noch nicht zu viel verraten, nur das: "Dann wird es darum gehen, weitere Kollegen zu aktivieren und sie zu Botschaftern für die Marke Gegenbauer zu machen."

Genau das macht gerade Wettbewerber Piepenbrock. Der Facility-Manager stellt in kurzen Zwei-Minuten-Spots seine Mitarbeiter als "Piepenbrocker" vor. Mit dabei ist z.B. Daniel Erdmann, Objektleiter für die Niederlassung Göttingen. Er berichtet frei von der Leber weg, wie vielfältig seine Arbeit sei, was er an seinem Berufsalltag schätze, dass das Geld immer pünktlich komme und er sich auf seinen Meisterbrief im Gebäudereinigerhandwerk freue. Erdmann ist seit 20 Jahren bei Piepenbrock, ein Neuzugang im Vergleich dazu ist derweil Jonas Vetter, Implementierungsmanager des Technischen Managements für Großkunden. Er erzählt vom Einstieg ins Großunternehmen und dem Teamspirit.

Dieses Format, im Video engagierte und zufriedene Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen, ist weit verbreitet und bietet sich auch für kleinere und mittelständische Unternehmen und Firmen aus anderen Branchenzweigen an. Die Limburger Bauunternehmung Albert Weil zum Beispiel ließ einen Azubi, einen Polier und einen Bauleiter erzählen, wie es auf einer Baustelle zugeht. In einem anderen Spot berichten drei Mitarbeiter, auf welchen unterschiedlichen Wegen sie nach dem Studium allesamt bei Albert Weil gelandet sind. Damit will die Baufirma nicht nur die Vielfalt möglicher Einsatzgebiete zeigen, sondern auch einen möglichst authentischen Einblick in die Unternehmenskultur bieten. Der Zuschauer bekommt einen Eindruck, welche Stimmung im Team herrscht, mit welchen Geräten auf der Baustelle gearbeitet wird und wie die Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter sind. Künftig will Albert Weil nach eigenen Angaben noch mehr Videos à la "Ein Tag mit ..." initiieren.

Einen komplett anderen Weg, Nachwuchskräfte und Young Professionals für sich als Mitarbeiter zu gewinnen, geht aktuell BNP Paribas Real Estate (BNPPRE). Der Immobilienberater hat seine vierteilige Videoreihe "The Secret to" veröffentlicht. Die ersten drei Titel suggerieren, dass es auf den ersten Blick um praktische Tipps für den Business-Alltag geht: "Keine Angst vor Smalltalk", "Beim Geschäftsessen punkten" und "Auf Geschäftsreisen bestens vorbereitet". Im letzten Teil kommt BNPPRE dann zum wesentlichen Punkt: "Wann es Zeit wird, den Job zu wechseln". Die Videos sind keine dröge Anleitung, in welcher Reihenfolge z.B. das Hemd zu falten, der Ärmel in welchem Winkel zu legen ist. Vielmehr sind es humorige Episoden, in denen auch ein Teil des echten BNPPRE-Teams zu sehen ist. "Wir wollen damit zeigen, wie wir ticken", erzählt Philipp Benseler, Head of Human Resources bei BNPPRE. Er erinnert sich, dass zu früheren Zeiten in Videos eher die Informationen im Vordergrund standen, heutzutage gehe es mehr ums Storytelling. Informationen auf unterhaltsame Art und Weise und Unternehmenswerte eher implizit zu vermitteln, steht dabei im Fokus.

Während die kurzen Spots von "The Secret to" aktuell auf etwa 3.000 bis 4.000 Aufrufe kommen, hat das Video vom jüngsten Event Adventure@BNPPRE mit angehenden Nachwuchskräften eine deutlich größere Resonanz erzeugt (siehe "Recruiting mit dem Extra-Kick", IZ 4/19). Satte 315.000 Aufrufe wurden bis jetzt gezählt. Junge Menschen in lockerer Atmosphäre, Abenteuer und Adrenalin sind offenbar gute Zutaten für ein aufmerksamkeitsstarkes Video.

YouTube erreicht Milliarden Menschen

Das Online-Videoportal YouTube, das ein Tochterunternehmen von Google ist, zählte Anfang 2019 monatlich rund 1,9 Mrd. Nutzer weltweit. In der Onlinestudie von ARD und ZDF für das Jahr 2018 gaben 83% der befragten 14- bis 29-Jährigen an, ein Videoportal mindestens einmal wöchentlich zu nutzen, 47% schauten sich die Videos mindestens ebenso oft auf Facebook an. Das Statista-Ranking der beliebtesten YouTube-Channels weltweit führt dato das indische Musiklabel T-series mit 110,47 Mio. Abonnenten an, gefolgt von der Einzelperson Pewdiepie mit 100,8 Mio. Abos. Das meistgesehene Video ist laut Statista derweil der Spot zum Song Despacito von Luis Fonsi feat. Daddy Yankee mit 6,4 Mrd. Aufrufen. Es führt sogar die Liste der beliebtesten Videos an, wenn man auf die vergebenen Likes schaut. Da kommt das Video auf 34 Mio. Daumen nach oben. Nach unten zeigen nur 4,2 Mio. Kommentiert wurde es 3 Mio. Mal. api

Anke Pipke

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Weil wir es euch wert sind

An ihren ersten Job und ihr erstes Gehalt haben Absolventen hohe Erwartungen.

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: ASDF

Karriere 24.08.2023
Der Fachkräftemangel kommt den Absolventen in der Immobilienwirtschaft nicht ungelegen. Sie versprechen sich Vorteile bei der Jobsuche und bei Gehaltsverhandlungen. Das spiegelt sich in ... 

Der Fachkräftemangel kommt den Absolventen in der Immobilienwirtschaft nicht ungelegen. Sie versprechen sich Vorteile bei der Jobsuche und bei Gehaltsverhandlungen. Das spiegelt sich in ihren Wunschgehältern wider. Dafür sind sie aber auch bereit, sich reinzuknien.

Sie wissen, dass sie gebraucht werden – und das wollen sie sich bezahlen lassen. Kurz vor ihrem Studienabschluss ist bei den Nachwuchskräften von einer Krisenstimmung in der Immobilienwirtschaft nichts zu spüren. Gut drei Viertel der insgesamt 413 Studenten, die an der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) teilgenommen haben und nach ihrem Abschluss 2023 oder 2024 vom Campus in die Berufswelt wechseln wollen, schätzen ihre Chance auf einen direkten Übergang als gut oder sehr gut ein. Der Fachkräftemangel steigert ihr Selbstbewusstsein und damit auch ihre Gehaltsforderungen für die ersten Arbeitsjahre, die im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind.

Ein Student, der an der Hochschule Biberach kurz vor dem Masterabschluss in Construction and Real Estate steht, sieht die Chancen seines Jahrgangs vor allem darin, dass wenig Konkurrenz mit Mitbewerbern beim Kampf um eine Stelle herrscht. Eine Kommilitonin von ihm geht noch einen Schritt weiter und sagt: "Man traut sich jetzt, sich bei Unternehmen oder für Positionen zu bewerben, die man sich sonst vielleicht nicht zugetraut hätte."

Von hohen Zinsen, geplatzten Deals und Insolvenzen von Projektentwicklern lassen sich Studenten diese Gedanken nicht vermiesen. Sie gehen mit breiter Brust und hohen Ansprüchen in die Bewerbungen. "Es wird weiterhin stark nach Personal gesucht, Gehälter bleiben somit trotz Abschwung der Wirtschaft auf hohem Niveau", ist sich Jonas Koser sicher. Der Student hat erste Bewerbungsgespräche hinter sich und sagt: "Gehalt steht verbunden mit dem Aufgabenbereich für mich an erster Stelle."

Darüber, welche Summen branchenweit realistisch sind, informiert er sich wie viele andere Studenten über Jobportale im Internet. Aber auch in Netzwerken, auf Karrieremessen und bei den eigenen Dozenten machen sich die Berufseinsteiger über mögliche Gehaltsspannen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern schlau. "Zwar wird in der Immobilienbranche in der Regel bei allen Jobs so viel gezahlt, dass man seinen Lebensunterhalt auch in den sieben A-Standorten in Deutschland bewältigen kann. Dennoch möchte man für sich und sein Leben das Beste rausholen", gibt Koser zu. Das sieht auch eine 20-Jährige so, die ihr duales Studium im Vermögensmanagement mit Studienrichtung Immobilienwirtschaft demnächst abschließt: "Aufgrund des Fachkräftemangels sehe ich eine Chance, dass man einen Job findet, bei dem die eigenen Wünsche größtenteils erfüllt sind", kommentiert sie.

Trotz großem Optimismus war die Mehrheit der Studenten in den finalen Semestern zum Befragungszeitraum im Frühjahr noch auf der Suche nach einer ersten Festanstellung. Von 220 jungen Männern waren 154 noch nicht sicher unter, von 193 Frauen hatten 122 keinen Arbeitsvertrag in der Tasche. Die 36 Männer und 45 Frauen, die schon wussten, wo es nach dem Abschluss hingeht, hatten ihre Kontakte zu Arbeitgebern aus Praktika, von Werkstudentenstellen oder aus einer früheren Ausbildung genutzt und Vereinbarungen für eine Übernahme getroffen.

Die Gehaltswünsche steigen parallel zum Selbstbewusstsein

Das Gehalt muss aber stimmen. Für 82% der Teilnehmer bleibt das Geld einer der wichtigsten Punkte bei der Entscheidung für eine Stelle und somit für einen Arbeitgeber. Und die Forderungen der Studenten sind hoch. Fast 50.000 Euro brutto wollen die Absolventen im Durchschnitt in ihrem ersten Jahr in der Immobilienbranche verdienen. Unterschiede zwischen jungen Männern und jungen Frauen gibt es nicht allzu große: Ihre Wünsche liegen auf den Monat gerechnet nur etwas über 100 Euro auseinander.

Ausschlaggebend für die Selbstbewertung ist bei der Mehrheit ihr angestrebter Abschluss und die Hochschulform. Am meisten verlangen die Uni-Absolventen. Ihr durchschnittlicher Gehaltswunsch liegt bei 57.703 Euro für die ersten zwölf Monate. Über alle Ausbildungsstätten hinweg veranschlagen junge Männer mit Bachelorabschluss im Schnitt 53.571 Euro, ihre Kommilitoninnen 51.932 Euro. In den Masterstudiengängen rufen die Männer ein Wunschgehalt von 58.467 Euro auf, bei den Frauen liegt es bei 56.643 Euro (siehe Grafiken "Mit Master- und Universitätsabschluss steigen die Gehaltswünsche").

Für die Arbeitgeber ist ein Mastertitel für die meisten Berufe innerhalb der Branche kein Einstellungskriterium. Doch sie unterscheiden zwischen den beiden Qualifikationen auf der Gehaltsebene – nicht zuletzt, um die Mühe des verlängerten Studiums nach dem Bachelor zu belohnen. Vorrangig assoziieren sie mit dem Masterabschluss aber umfangreicheres Fachwissen und mehr Praxiserfahrung durch Praktika.

Daher verdient ein Trainee mit Bachelorabschluss bei Commerz Real mit 4.600 Euro weniger als einer mit Master (5.000 Euro). "Hierbei handelt es sich um Fixgehälter", betont Christiane Wolfram, Global Head of People & Culture. Feste Gehaltspakete statt Verhandlungen mit Einsteigern gibt es auch bei Swiss Life Asset Managers. "Im Trainee-Programm erhalten Bachelorabsolventen ein Jahresbruttogehalt von 48.000 Euro, Masterabsolventen in Höhe von 50.000 Euro", erklärt Head of Human Resources Kristina Gukelberger. Bei BNP Paribas Real Estate spricht Philipp Benseler, der als Managing Director auch für das Personal zuständig ist, von Vergütungspaketen. Sie werden nach festen Kriterien wie Abschluss, Weiterbildungen und Praxiserfahrungen zugeordnet.

Dass es gerade bei Einstiegspositionen oft nur wenig Spielraum bei den Gehaltsverhandlungen gibt, erklärt Monika Ulmer den Nachwuchstalenten regelmäßig. Sie ist Inhaberin der Personalberatung Monika Ulmer Real Estate Recruitment und weiß, dass mit der Höhe der Gehaltsforderung die Anforderungen durch den Arbeitgeber wachsen und diese oft mit einem stärkeren zeitlichen Einsatz verbunden sind.

Diesen zu erbringen, dazu sind die Berufseinsteiger durchaus bereit. Und sie rechnen mit einer höheren Belastung aufgrund dünnerer Personaldecken. "Man muss flexibler sein für mehrere Einsatzmöglichkeiten", denkt eine Studentin aus Aachen im Jahr vor ihrem Berufseinstieg. "Einerseits kann so der eigene Wert für potenzielle neue Arbeitgeber gesteigert werden, andererseits kann dadurch auch Überforderung entstehen", meint sie. Andere rechnen damit, dass in schmal besetzten Abteilungen mehr Aufgaben an sie übertragen werden als sonst zum Berufsstart üblich. Sie schlussfolgern, dass sie nach wenigen Monaten, und somit schon in Einsteigerpositionen, ein hohes Maß an Verantwortung im Joballtag schultern müssen.

Der Nachwuchs ist bereit, sich reinzuhängen

Von ihrem Berufswunsch abbringen lassen sie sich davon aber nicht. Im Gegenteil: Die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu arbeiten, ist für 80% der Befragten wichtig bis sehr wichtig bei der Jobwahl. Sie möchten von Anfang mit ihren erfahrenen Kollegen auf Augenhöhe arbeiten und Verantwortung übertragen bekommen. Flexible Arbeitszeiten und die Option auf Homeoffice sieht die Mehrheit als selbstverständlich an.

Zudem haben die meisten Nachwuchskräfte von Anfang an ihren weiteren Berufsweg im Auge. 88% der Studenten loten schon während des Bewerbungsprozesses Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten aus und beziehen sie in die finale Entscheidung mit ein.

So macht es auch Studentin Alice Eising, die wenige Monate vor ihrem Bachelor-Abschluss in Architektur steht. Ihr ist bewusst, dass gerade im ersten Job noch viel Luft nach oben auf der Karriereleiter ist. Bevor die 25-jährige Münchnerin einen eigenen Gehaltswunsch äußert, will sie von einem potenziellen Arbeitgeber wissen, welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für sie bestehen. Ihre erste Lohnforderung würde sie herunterschrauben, wenn sie die Möglichkeit sieht, ihr Profil weiter zu schärfen und bei zukünftigen Gehaltsverhandlungen von zusätzlichen Qualifikationen zu profitieren. "Lieber ein niedrigeres Einstiegsgehalt, aber dafür gute und schnelle Aufstiegschancen", lautet ihre Strategie.

Genau in diesem Sinne appelliert Personalexpertin Ulmer an die jungen Talente: "Verdient wird später". Ein roter Faden im Werdegang und ausreichende Verweildauer bei einem Arbeitgeber zahlen sich laut ihr nach einigen Jahren zuverlässig aus.

Doch selbst wenn ein Unternehmen alle Wünsche erfüllt: Längst nicht jeder Berufseinsteiger will länger bleiben (vgl. Grafik "Der erste Job dient oft als Sprungbrett"). Ein volles Jahr planen zwar alle Studenten an ihrer ersten Anstellung festzuhalten, die meisten (38%) sogar mindestens zwei Jahre. Mindestens oder deutlich mehr als drei Jahre aber nicht mal jeder zweite (44%). Dass ein Arbeitsplatz als langfristig gesichert gesehen werden kann, war deshalb nur für 64% der Umfrageteilnehmer ein wichtiges bis sehr wichtiges Kriterium bei der Jobentscheidung.

Stattdessen sieht die Mehrheit die Einstiegszeit als Sprungbrett zur weiteren Karriere. Nach zwei bis drei Jahren wollen sie auch finanziell davon profitieren. Die Mehrheit wünscht sich von Anfang an jährliche Gehaltssteigerungen von bis zu 10%. Nach zwei bis drei Jahren liegen die geäußerten Wunschgehälter im Schnitt schon 20% bis 25% höher als zum Einstieg.

Janina Stadel

Gefragte Arbeitgeber - Platz 6: BNP Paribas Real Estate

Philipp Benseler, Chief HR, Marketing and Communications und Digital Officer.

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Quelle: BNP Paribas Real Estate

Karriere 13.07.2023
BNPPRE bedient die Geschäftsbereiche Transaction, Consult, Valuation, Property-Management, Investmentmanagement. ... 

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Immobilien Zeitung

Stilles Wissen ist im Team Gold wert

Spezifisches Wissen zu Kunden und Aufgaben müssen Mitarbeiter untereinander teilen.

Spezifisches Wissen zu Kunden und Aufgaben müssen Mitarbeiter untereinander teilen.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Grady R/peopleimages.com

Karriere 19.05.2023
Ein strukturiertes Wissensmanagement soll bei HIH Real Estate und BNP Paribas Real Estate sicherstellen, dass alle Mitarbeiter über Informationen verfügen, von denen auch ihre Kollegen im ... 

Ein strukturiertes Wissensmanagement soll bei HIH Real Estate und BNP Paribas Real Estate sicherstellen, dass alle Mitarbeiter über Informationen verfügen, von denen auch ihre Kollegen im Berufsalltag profitieren. Weil diese aber nicht alle in Lehrbüchern zu finden sind, schaffen die Unternehmen Gelegenheiten für den gezielten Erfahrungsaustausch. Dafür müssen die Wissensträger in den Teams aber zunächst einmal gefunden werden.

Wissen ist Macht – und in der Unternehmenswelt darüber hinaus bares Geld wert: Wenn der Berater beim Kunden nachfragt, wie die Kinder ins neue Schuljahr gestartet sind, und sogar deren Namen kennt, hat er sicherlich direkt einen Stein im Brett. Wenn die Technikerin schon am komischen Klacken hört, was der Maschine fehlt, muss sie nicht lange nach der Ursache suchen. Und wenn der Abteilungsleiter weiß, wann der beste Zeitpunkt ist, seine Chefin nach einer Beförderung zu fragen, klettert er so womöglich schneller die Karriereleiter hoch.

Diese Art von Wissen steht nicht in Lehrbüchern, sondern speist sich aus der Erfahrung. Dieses stille Wissen sammeln Arbeitnehmer im Alltag und setzen es intuitiv ein. Der Begriff stilles Wissen zeigt jedoch auch schon das Problem: Es ist im Alltag häufig nicht sichtbar. Das weiß auch Anke Schiffer-Chollet. Sie ist gelernte Erwachsenenpädagogin und coacht Führungskräfte und Teams dabei, Wissen zu identifizieren und weiterzugeben. In ihren Coachings arbeitet sie daran, dieses unsichtbare Wissen sichtbar zu machen – etwa, indem sie ihren Klienten eine Frage zu deren Arbeitsalltag stellt: Worauf achten Sie beim ersten Kontakt mit einem Kunden?

"Die Antworten visualisiere ich, zum Beispiel auf bunten Kärtchen oder in einer Mindmap", sagt Schiffer-Chollet. Dabei geht es gar nicht darum, wie sie das Wissen notiert, sondern darum, dass sie es tut. "Mitarbeiter sind sich oft nicht bewusst, dass sie dieses Wissen überhaupt haben."

Wissensaustausch braucht einen passenden Rahmen

Auch Unternehmen in der Immobilienbranche wissen, dass Erfahrungswissen der Schlüssel zum Erfolg ist. So wie Gerlind Zachow, Senior Managerin HR Development beim Immobilieninvestmentmanager HIH Real Estate: "Unterschiedliche Kunden bevorzugen unterschiedliche Produkte und Betreuung. Ein erfolgreiches Management gibt weiter, was sich bewährt hat, und entwickelt darauf basierend neue Herangehensweisen", sagt sie. Die Krux hierbei: herauszufinden, was sich bewährt hat. Wer sich nicht in Coachings wie von Schiffer-Chollet damit beschäftigt, sollte auf einen regelmäßigen Austausch der Mitarbeiter achten, damit sie ihre Erfahrungen direkt weitergeben.

HIH Real Estate schafft dafür Gelegenheiten, etwa Jour Fixes, die bei übergreifenden Unternehmensprojekten auch interdisziplinär stattfinden und in denen Mitarbeiter ihre Herausforderungen und Themen besprechen. Hierbei geht es auch gezielt um "Negativwissen": Zu wissen, was man nicht tun sollte, ist Zachow zufolge oft wertvoller als das Wissen, was alles möglich sein könnte. "Wenn kein passendes Konzept für den Wissenstransfer vorhanden ist, besteht das Risiko eines Wissensabgangs bei Kündigung oder einer ineffizienten Weitergabe von Wissen durch verschiedene Personen an verschiedenen Stellen im Unternehmen", sagt Zachow. "In unserem Unternehmen gibt es besonders viel Expertenwissen, das nicht von der Stange kommt. Deshalb ist es wichtig sicherzustellen, dass dieses Wissen effizient gehalten und weitergegeben wird."

Einzelkampf muss vermieden werden

Damit wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb eines Unternehmens bewahrt und weitergegeben werden, braucht es ein funktionierendes Wissensmanagement. Beraterin Schiffer-Chollet empfiehlt, im ersten Schritt Wissensträger zu identifizieren. Das kann mit Fragen gelingen: Wer kennt den Kunden am besten? Wer wird immer zu einem bestimmten Thema gefragt? Wer hat besonders gute Kontakte im Unternehmen? "Das sind meist diejenigen, die viel stilles Wissen haben", sagt Schiffer-Chollet. Im zweiten Schritt geht es dann darum, wie das Wissen weitergegeben wird. Um den Wissensschatz der Mitarbeiter anzuzapfen, sollten sie von ihrem Arbeitsalltag erzählen, rät Schiffer-Chollet: Wie beenden sie Gespräche? Wie gehen sie mit Beschwerden um? Warum machen sie das so und nicht anders?

"Unsere Wissensträger finden es toll, ihre Erfahrungen weiterzugeben", sagt Geschäftsführer Philipp Benseler, der bei BNP Paribas Real Estate Personal, Marketing und Kommunikation verantwortet. Damit das jedoch funktioniert, braucht es entsprechende Strukturen: "Bei uns können Einzelkämpfer keine Karriere machen. Wir incentivieren Teamarbeit", sagt Benseler.

Das heißt zum Beispiel: Nur wenn alle gemeinsam ein Ziel erreichen, gibt es einen Bonus. Die Makler arbeiten beispielsweise in Pools und teilen die Umsätze untereinander auf. Einzelnen Maklern bringt es also nichts, alleine Erfolg zu haben. Nur wenn alle das gleiche Wissen haben – sowohl fachliches als auch Erfahrungswissen –, erreichen sie auch als Team die gesteckten Ziele.

BNP Paribas Real Estate hat seine Organisation entsprechend so aufgestellt, dass es gar nicht erst zum Silodenken und Einzelkämpfertum kommen kann. Benseler erklärt: "Wir haben eine Matrixstruktur aus einzelnen Geschäftsbereichen, die jeweils einen Bereichsleiter und verschiedene Niederlassungsleiter haben."

Team-Meetings finden dann standort- und abteilungsübergreifend statt. "Wissenstransfer muss in alle Richtungen funktionieren. Sowohl horizontal auf derselben Ebene als auch über verschiedene Geschäftseinheiten hinweg." So wird Wissen auf mehrere Schultern verteilt – und davon profitieren am Ende nicht nur die einzelnen Mitarbeiter, sondern das ganze Unternehmen.

Die Autorin:Anna Friedrich ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich