Ein Unternehmensleitbild ist kein Luxus

Britt Zimlich ist bei der Wiro für die Unternehmensentwicklung verantwortlich.

Britt Zimlich ist bei der Wiro für die Unternehmensentwicklung verantwortlich.

Bild: Wiro/Zimlich

Karriere 17.01.2013
"Bringt die Unternehmenskultur auf Vordermann! Nur dann werden hier Menschen aus den richtigen Gründen arbeiten wollen." Der markige Ausspruch soll von einem Ex-Manager der Investmentbank ... 

"Bringt die Unternehmenskultur auf Vordermann! Nur dann werden hier Menschen aus den richtigen Gründen arbeiten wollen." Der markige Ausspruch soll von einem Ex-Manager der Investmentbank Goldman Sachs zu Beginn der Finanzkrise stammen. Doch wie soll eine Firma ticken, damit fähige Leute gerne kommen, bleiben und bei der Arbeit ihr Bestes geben? Das steht idealerweise im Unternehmensleitbild geschrieben.

Die IVG hat eins, die Bima, Engel & Völkers und die Wiro Wohnen in Rostock auch. Leitbilder sind modern und zieren heute viele Unternehmensbroschüren und Internetseiten - auch der Immobilienwirtschaft. Und das aus handfesten, finanziellen Gründen. "Schätzen Sie doch mal, wie viele Mitarbeiter im bundesdeutschen Durchschnitt bereits ihre innere Kündigung vollzogen haben Und was das kostet!", sagt Britt Zimlich, beim kommunalen Vermieter Wiro in der ostdeutschen Hansestadt für Unternehmensentwicklung und den Strategieprozess verantwortlich. 23% seien nicht mehr mit dem Herzen dabei, "weitere 63% der Arbeitnehmer machen den berühmten Dienst nach Vorschrift", zitiert die städtische Bedienstete das seit Jahren unveränderte Ergebnis des Gallup Engagement Index 2011. Da werden Chefs hellhörig. Auch Ralf Zimlich, der aus Berlin dazugestoßene Wiro-Vorstand. Er war angetreten, die gegen die Wohnungsnot kämpfende sozialistische "Gebäudewirtschaft", die Wohnraum nur verteilte, zu einer kommunalen Gesellschaft umzuformen, die sich auf gesättigten Märkten durchsetzen muss.

Produktiver und rentabler

"Unternehmensphilosophie", erklärte ihm seine Ehefrau, "ist kein Luxus, sondern eine wirtschaftliche Ressource, die sich in Mitarbeiterbindung und -mobilisierung widerspiegelt." Diese wiederum steigere Produktivität und Rentabilität. Unternehmen, die den Meinungen und Ansichten ihrer Mitarbeiter Gewicht geben und Anerkennung zollen, arbeiten um 27% profitabler und erhöhen die emotionale Bindung ihrer Mitarbeiter um durchschnittlich 22%. So steht es ebenfalls bei Gallup geschrieben.

Ehemann Zimlich hatte 600 Wiro-Mitarbeiter mit auf den langen steinigen Weg in die Marktwirtschaft genommen. 2009 legte Britt Zimlich los. Klausurtagungen, Workshops und Gespräche über Gespräche mündeten in einer Zukunftskonferenz mit der gesamten Belegschaft. Die Präsentation, erinnert sich die Initiatorin des Treffens, sei "hochemotional" gewesen. "Der Funke sprang über, viele Beschäftigten haben ihre Gedanken, Ideen und Meinungen auf der Bühne wiedergegeben." In der Folge bildete Zimlich Teams, die nach einheitlichen Methoden an den Themen Kundenorientierung und Schnittstellenoptimierung arbeiteten. Unzählige Treffen und Tagungen von Wohnungsverwaltern, Vermietern, Technikern und Handwerkern der Wiro später, stand das jetzt gültige Leitbild, das den Geist des Unternehmens widerspiegelt. Niedergeschrieben wurden zum Beispiel "Goldene Regeln". Ob es um die Vereinbarung von Besichtigungen möglichst innerhalb von 48 Stunden geht, Termine nach 17 Uhr oder am Wochenende oder die Beantwortung von E-Mail-Anfragen innerhalb von 24 Stunden: "Vorbehalte wurden abgebaut, Abläufe umstrukturiert, Aufgaben neu verteilt", sagt Britt Zimlich. Das geht bis zur Verpflichtung zu ordentlichen Schreibtischen und geöffneten Bürotüren. Dabei ist das Leitbild nicht statisch. "Fällt den Kollegen im Alltag etwas auf, was sie verbessern möchten, kommt eine neue Regel dazu, oder eine andere hat sich erledigt, weil man gute Lösungen gefunden hat", erzählt die stellvertretende Pressesprecherin Dagmar Horning, aus ihrem Alltag.

"Messlatte für unser Handeln in den kommenden Jahren" nennt die Bonner IVG ihr Leitbild. Anders als bei der Wiro, wo Verbesserungsvorschläge öffentlich auf einer Bühne gefragt waren, setzte die IVG auf ein Internetforum, wo die Mitarbeiter, auch anonym, "konkrete Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen" machen durften. "Schon der Weg war das Ziel", erläutert Unternehmenssprecher Oliver Stumm, "eine Unternehmensphilosophie von oben nach unten zu verfügen, hat keinen Sinn."

Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Bima wurde das seit dem Jahr 2012 gültige Leitbild dagegen auf der Führungsebene erarbeitet. Ähnlich wie die Wiro in Rostock muss sich die aus der Vermögensverwaltung des Bundes hervorgegangene Gesellschaft mit aktuell rund 6.500 Mitarbeitern seit 2005 am Markt behaupten.

Taten statt Worte

Das geht nicht mit abstrakten Begriffen im Leitbild ("Wir setzen unsere Kunden in das Zentrum unseres Denkens und Handelns"), sondern nur durch knallharte Fakten, die den Mitarbeitern die Wertschätzung des Unternehmens zeigen: ein gutes Gesundheitsangebot, lebendiges Intranet, Mitarbeiterzeitung, Bima-Fußball-Cup sowie Sommerfest und Fortbildungsangebote. "Nur was Mitarbeiter im Inneren erfahren, können sie auch nach außen leben", bringt Bima-Sprecher Thorsten Grützner die Sache auf den Punkt.

Beim 1997 gegründeten Franchise-Makler Engel & Völkers mit 3.700 Mitarbeitern in 35 Ländern stammt das Leitbild auch von den Chefs. Im Januar 2008 ist die Geschäftsleitung über mehrere Tage in Klausur gegangen, um sich ein Aushängeschild zu verpassen. "Unsere dort erarbeiteten Kernwerte Kompetenz, Exklusivität und Leidenschaft achten und pflegen wir", erklärt der Vorstandsvorsitzende Christian Völkers. Einzelne Dienstleistungsschritte sind festgelegt und werden den Beschäftigten in einer hauseigenen Immobilien-Akademie in rund 7.600 Seminarstunden pro Jahr nahe gebracht.

Wiro hat gutes Geld verdient

Bei Wiro in der mecklenburgischen Hansestadt Rostock trägt der mühsame Weg durch die Ebene Früchte. Das sagt nicht nur Frau Zimlich. Auch der Betriebsratsvorsitzende Matthias Ehlers, von Anfang an bei der Erstellung dabei, bestätigt: "Das Leitbild motiviert."

Mittlerweile ist das kommunale Wohnungsunternehmen ein begehrter Arbeitgeber, die Mitarbeiterfluktuation tendiert gen null. Der Leerstand in den 36.000 Wohnungen an der ostdeutschen Waterkant ist in den vergangenen drei Jahren von über 5% auf unter 2% gesunken. 81% der Mieter erteilen ihrer Wohnsituation und dem Service gute bis sehr gute Noten, lautet das Ergebnis einer Mieterbefragung und Imageanalyse im Jahr 2011. Und auch der Kämmerer kann zufrieden sein: Vom 2011er-Rekordergebnis in Höhe von 17,2 Mio. Euro (12,5% mehr als im Jahr zuvor) konnte er sich 15 Mio. Euro einverleiben.

Goldene Regeln

Wir sind offen, ehrlich und vertrauensvoll im Umgang miteinander.

Wir unterstützen uns gegenseitig und achten die Arbeit der anderen.

Wir entwickeln uns persönlich und fachlich weiter.

Wir führen ein gut beschriftetes Ordnungssystem.

Wir halten Ordnung und Sauberkeit auf unseren Schreibtischen.

Wir achten auf dezente Dekoration.

Während der Sprechzeiten halten wir unsere Bürotüren für unsere Kunden geöffnet.

Die Urlaubsübergabe erledigen wir zwei Tage vor unserem Urlaub.

Wir vereinbaren keine Termine für den letzten Arbeitstag vor und den ersten Tag nach dem Urlaub.

Wir versuchen, keinen Urlaub zum Monatswechsel zu planen.

Wir heißen unseren "Urlauber" herzlich Willkommen.

Wir geben nur vollständige Vorgänge zur Unterschrift.

Wir erarbeiten Ablaufpläne für Endabnahme/ Wohnungsübergabe/ Vorabnahme und halten uns an diese.

Gerda Gericke

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Janina Stadel

Integration ist bei Reanovo ein Lernprozess

Bei einem Patenprogramm lernen neue und alte Reanovo-Mitarbeiter voneinander.

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Marcos

Karriere 01.09.2022
Zahlreiche Verwalter- und Maklerunternehmen standen bei Reanovo in den vergangenen Jahren auf der Einkaufsliste. Für die Integration der übernommenen Mitarbeiter nimmt sich das ... 

Zahlreiche Verwalter- und Maklerunternehmen standen bei Reanovo in den vergangenen Jahren auf der Einkaufsliste. Für die Integration der übernommenen Mitarbeiter nimmt sich das Unternehmen inzwischen viel Zeit und erhält den Hinzugekommenen Strukturen, die sich bewährt haben. Checklisten, gemeinsame neue Räume und alte Schreibtische gehören zum Konzept.

Als ich im Oktober 2020 angefangen habe, bei Reanovo zu arbeiten, hatte das Unternehmen rund 500 Mitarbeiter. Innerhalb weniger Jahre ist diese Zahl auf circa 1.300 gewachsen", fasst Tom Goerke, Head of Human Resources (HR), die Entwicklung des Immobilienserviceunternehmens zusammen. Hauptgrund für die große Zunahme an Mitarbeitern ist das starke anorganische Wachstum, das der ehemalige deutsche Ableger des französischen Dienstleistungskonzerns Foncia in den vergangenen zwei Jahren durch Ankäufe von Unternehmen erlebte.

Wie diese in den bestehenden Konzern aufgenommen werden können, musste Reanovo erst lernen, sagt Goerke. "Vor allem mussten wir im letzten Jahr erkennen, dass eine schnelle Integration nicht der beste Weg ist", fasst er zusammen und erklärt, dass eine Übernahme nur erfolgreich sein kann, wenn die Mitarbeiter mitziehen und sich mit der neuen Konzernzugehörigkeit identifizieren können. "Wir kaufen keine Gebäude oder Schreibtische an. Stattdessen sind wir ein People-Business", sagt Goerke und betont, dass dieser Leitgedanke auch das Mantra von Worna Zohari sei, mit dessen Einstieg in das Unternehmen als CEO im Juni 2020 das Wachstum erst richtig Fahrt aufnahm.

Vor allem kleine und ehemals familiengeführte Verwalterunternehmen und Maklerhäuser wurden in letzten beiden Jahren Teil des Konzerns. Unter anderem kaufte Reanovo Paul Immobilien, Sorgertec, Bender Hausverwaltung, Vegis, Präzisa, die R&M-Gruppe, BIG Hausverwaltung und Haferkamp Immobilien auf. Mit dem Verwalter Optima vergrößerte sich Reanovo Anfang des Jahres auf einen Schlag um 400 Mitarbeiter. Die jüngste Übernahme im August brachte 20 zusätzliche Mitarbeiter von der Sopp & Teipen Verwaltungsgesellschaft und der Sopp & Teipen Gebäudeservice Gesellschaft.

Bis zur vollständigen Integration einer Firma in den Konzern lasse sich Reanovo inzwischen mehr Zeit als noch zu Beginn des Wachstums. "Wenn familiär geführte Unternehmen plötzlich Teil eines Konzerns werden, ist es wichtig den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie Teil von etwas Neuem werden", erklärt Goerke und fügt hinzu: "Das geht nicht auf einen Schlag." Zwar habe der Konzern inzwischen Methoden gefunden, die den Mitarbeitern den Übergang erleichtern sollen, jedoch spricht Goerke noch immer von einem "ewigen Lernprozess" für den Konzern, weil jeder neue Mitarbeiter seine eigenen Gewohnheiten und seine eigenen Vorstellungen mit ins Unternehmen bringe.

Bei einigen Übernahmen habe Reanovo festgestellt, dass Mitarbeiter oft ganz andere Bedenken haben als die Verantwortlichen im Übernahme-Unternehmen. "Eine bestehende Firmenkultur kann man nicht auflösen, stattdessen muss sie mit der von Reanovo verzahnt werden." Damit das gelingt, gehe das Unternehmen inzwischen schrittweise vor. "Man muss ganz viel zuhören, aber auch erklären, dass den Mitarbeitern nichts weggenommen wird", sagt Goerke und bezieht sich damit zum einen auf ausgemachte Benefits des ursprünglichen Arbeitgebers, zum anderen aber auch auf ihre Stellung innerhalb eines Teams und auf der Karriereleiter sowie auf Gepflogenheiten unter Kollegen, die sich über Jahre etabliert haben.

Noch bevor die Briefköpfe letztendlich ausgetauscht und die bestehende Kunden über die neue Zugehörigkeit informiert werden, sei es Reanovo wichtig, die Mitarbeiter und ihr Know-how zu verzahnen. "Wenn wir einheitliche Strukturen wollen, dann müssen wir prüfen, welche die besten sind", sagt Goerke. "Da konnten wir in der Vergangenheit viel von neuen Mitarbeitern lernen. Sei es, was die internen Strukturen angeht, oder auch eine IT, die sich bewährt hat. Wir müssen uns alle Vorgänge anschauen, sie mit den bestehenden vergleichen und schauen, wer von wem etwas lernen kann." Das geschehe dann zum Beispiel über ein Patensystem, bei dem Mitarbeiter voneinander lernen. Dafür hat Reanovo eine Checkliste für die Einarbeitung erstellt, die nach jeder Integration sowohl durch die bestehenden als auch durch die neuen Mitarbeiter beurteilt wird. Sie beinhaltet praktische Informationen zu Themen wie Raumeinteilungen, aber auch zur Unternehmenskultur und Ansprechpartnern.

Manchmal hängt es auch am alten Schreibtisch

Ziel sei es zwar, einheitliche Arbeitsabläufe zu schaffen, doch bekannte Strukturen dürfen den neuen Mitarbeitern nicht genommen werden. "Da geht es manchmal um ein Möbelstück wie einen Schreibtisch, an den man sich über Jahre gewöhnt hat", nennt Goerke ein Beispiel. Wenn jedoch Arbeitsstrukturen nach dem Vorbild der Neuen im ganzen Konzern übernommen werden, seien Mitarbeiter stolz darauf, dass ihre Ideen vom gesamten Unternehmen adaptiert werden.

Um die Vorteile eines großen Konzerns von Anfang an zu zeigen, wurde die interne Marke Reanovo Cares eingeführt. "Dort laufen alle Fragen rund um die Mitarbeiterzufriedenheit und alles, was mit Wohlfühlen am Arbeitsplatz zu tun hat, zusammen", erklärt Goerke das Konzept und nennt Familienthemen, Work-Life-Balance, Gesundheits- und betriebliche Altersvorsorge als Beispiele. Das Programm greife bei Übernahmen sofort. "Ebenso führen wir einige Strukturen, etwa was Dienstwagenregelungen oder Corona-Vorschriften betrifft, von Anfang an ein." In einem nächsten Schritt nehme der Konzern den neuen Mitarbeitern das Recruiting und die Gehaltsabrechnungen ab. "Wenn der neue Name auf der Gehaltsabrechnung steht, zeigt das, dass sich etwas verändert, ohne dass es wehtut."

Geschäftsführertitel gehen schon mal verloren

Dabei verändere sich für einige auch der Jobtitel. "Gerade wenn wir kleinere Firmen übernehmen, verlieren Mitarbeiter schnell ihren Geschäftsführertitel. Dass in einem großen Konzern aber ein Abteilungsleiter mitunter sogar mehr Verantwortung trägt, muss erst kommuniziert werden."

Die Hierarchien innerhalb von Reanovo haben sich laut dem Head of HR durch das Wachstum verbreitert. "Wir konnten den Großteil der Führungspositionen intern besetzten." In der Zukunft soll neben einer Führungsebene auch eine Fachebene eingeführt werden. "Gerade bei Mitarbeitern aus kleinen Unternehmen eröffnet die Arbeit für einen Konzern neue Karrieremöglichkeiten, weil die Aufgaben und die Positionen vielfältiger sind. Das wollen wir fördern und jeden ermuntern, Potenziale zu erkennen und auszubauen. Schließlich sind Fachkräfte rar in der Branche."

Das lobt auch ein Mitarbeiter in einer Bewertung auf der Plattform Kununu. Dort empfehlen derzeit 67% der Mitarbeiter Reanovo als Arbeitgeber weiter. Ältere Einträge zu Niederlassungen, die noch unter dem Namen Foncia geschrieben wurden, kamen auf deutlich geringere Werte. Am Standort Frankfurt lag die Bewertung sogar knapp unter 20%. Dabei sind die Umstrukturierungen den Mitarbeitern nicht entgangen. "Die vergangenen zwölf Monate waren turbulent und einige Kollegen haben das Unternehmen verlassen", berichtet ein Hausverwalter aus München in diesem Sommer und lenkt ein: "Das hat das jetzige Team aber umso mehr zusammengeschweißt." Er berichtet von Unterstützung von Unternehmensseite, weil neue Kollegen "in Ruhe eingelernt" werden. Ein Verwalter aus München lobt die Zusammenarbeit zwischen den Standorten, die sich seit dem Wachstum intensiviert habe, und ein Kollege aus Frankfurt erklärte einige Wochen zuvor, sich über die Unternehmensziele durch seine Vorgesetzten gut informiert zu fühlen und "klar kommunizierte Visionen" zu schätzen.

Neben der stärkeren Verknüpfung der Standorte sieht Reanovo das Wachstum auch als Grundlage für engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern. In Berlin soll das in den kommenden Monaten durch neue gemeinsame Büros möglich werden. "Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, den jetzigen Standort zu vergrößern", berichtet Goerke. Der Grund: "Wenn neue Mitarbeiter in das bestehende Gebäude einziehen, werden sie sich immer wie Gäste fühlen. Stattdessen wollen wir neue Büros für alle 200 Mitarbeiter in Berlin schaffen, die sie von Anfang an gemeinsam beziehen", erklärt er. Bei einer Baustellentour im September sollen sie alle zusammenkommen. "Und dann kann auch frei diskutiert werden, wer mit welchem Kollegen in ein gemeinsames Büro ziehen will. Ob dann alte Schreibtischnachbarschaften bestehen bleiben, weil man sich kennt und sich gut ergänzt, oder ob ganz neue Kombinationen entstehen. Dafür sind wir genauso offen."

Janina Stadel

Tolle Büro-Arbeitsplätze helfen bei der Rekrutierung

Lage, Ausstattung und Umgebung des Arbeitsplatzes sind wichtige Entscheidungskriterien für oder gegen einen Arbeitsplatz.

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Bild: BilderBox.com

Karriere 07.05.2012
Arbeitgeber buhlen oft mit einem ganzen Strauß von Anreizen um Mitarbeiter: Neben flexiblen Arbeitszeiten, umfassenden Weiterbildungsmöglichkeiten und leistungsorientierten Boni-Systemen ... 

Arbeitgeber buhlen oft mit einem ganzen Strauß von Anreizen um Mitarbeiter: Neben flexiblen Arbeitszeiten, umfassenden Weiterbildungsmöglichkeiten und leistungsorientierten Boni-Systemen sollten Unternehmen auch das Büro(gebäude) als Lockmittel nicht unterschätzen. Denn Ausstattung, Umgebung und Standort des Arbeitsplatzes sind für das Heer der Arbeitnehmer ein wichtiges Kriterium bei der Jobsuche - und ihnen bares Geld wert.

So würde sich jeder zweite Arbeitnehmer bei der Entscheidung zwischen zwei Jobangeboten für den Arbeitsplatz mit der besseren Ausstattung entscheiden. Und das auch, wenn die Firma mit dem nicht so gut ausgestatteten Arbeitsplatz eine bessere Bezahlung anbieten würde. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Forsa-Umfrage unter rund 900 Arbeitnehmern. Auftraggeber der Studie war die HIH Hamburgische Immobilien Handlung. Unter den Beschäftigten, die jünger als 35 Jahre sind, würden sich sogar 60 Prozent für den besser ausgestatteten Arbeitsplatz bei gleichzeitiger Gehaltseinbuße entscheiden.

"Der Wettbewerb um die besten Köpfe läuft eben nicht nur über Geld, Entwicklungsmöglichkeiten oder Sozialleistungen, sondern und vermehrt auch über das Arbeitsumfeld und die Aufenthaltsqualität. Das gilt gerade im Hinblick auf jüngere Beschäftigte", folgert Ken Kuhnke, Leiter Vermietungsmanagement bei der HIH. "Unternehmen müssen daher bei der Auswahl von Büroimmobilien die Bedürfnisse der Belegschaft zukünftig stärker berücksichtigen. Das gilt vor dem Hintergrund des sich durch die demografische Entwicklung abzeichnenden Nachwuchsmangels umso mehr."

Sonja Smalian