Frauenquote weckt Hoffnung auf mehr weibliche Perspektiven

Katrin Williams (l.) und Klara Geywitz.

Katrin Williams (l.) und Klara Geywitz.

Quellen: Williams: Frauen in der Immobilienwirtschaft e.V., Urhbeber: Studioline Leipzig; Geywitz: Bundesregierung, Urheber: Jesco Denzel

Karriere 18.08.2022
Entscheidungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft betreffen Männer und Frauen gleichermaßen. Bundesministerin Klara Geywitz wünscht sich deshalb mehr weibliche Perspektiven in der ... 

Entscheidungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft betreffen Männer und Frauen gleichermaßen. Bundesministerin Klara Geywitz wünscht sich deshalb mehr weibliche Perspektiven in der Branche. Katrin Williams, Vorstandsvorsitzende des Vereins Frauen in der Immobilienwirtschaft, befürwortet im Expertengespräch mit der Immobilien Zeitung eine Geschlechterquote als politische Vorgabe für eine stärkere Durchmischung in den Entscheiderpositionen.

Seit Klara Geywitz im Dezember 2021 ihr Amt als Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen angetreten ist, stehen bei der SPD-Politikerin regelmäßig Treffen mit Vertretern der Bau- und Immobilienwirtschaft an. "Ich habe viel mit Branchenvertretern und Verbandspräsidenten zu tun", fasst sie ihr Netzwerk zusammen und beschreibt das Geschlechterverhältnis innerhalb der Branche als eindeutig: "Da gibt es ganz klar eine deutliche Mehrheit von Männern." Doch gerade als Frau könne sie in Gesprächen immer wieder wahrnehmen, dass eine Sensibilität für das Thema entstanden ist. "Ich habe festgestellt, dass Verbände sich auf den Weg machen, und an ihrer eigenen Aufstellung arbeiten. Sie selbst sagen, dass die männliche Dominanz mit der jetzigen Generation zwar noch stark verbunden ist, dass das aber schon in der nächsten ganz anders aussehen könnte."

Dass im Moment in den Unternehmen – und vor allem in ihren Führungsetagen – Männer das Bild noch dominieren, bestätigt Katrin Williams. Sie führt als Vorstandsvorsitzende den Verein Frauen in der Immobilienwirtschaft, der vor wenigen Wochen eine Studie zur Geschlechterverteilung in der Branche veröffentlicht hat. Die Zahlen zeigen, dass an den Hochschulen das Verhältnis zwischen jungen Männern und Frauen, die einen Studiengang mit immobilienwirtschaftlichem Bezug abschließen, noch fast ausgeglichen ist. "Ganz deutlich wird das im Bereich Architektur", nennt Williams ein konkretes Beispiel. "Da liegt der Frauenanteil unter den Absolventen bei 58%. Aber nur 3% der Vorstandsmitglieder in Architekturbüros sind weiblich."

Dass gerade in kleineren Büros nur selten Frauen auf den Chefsesseln sitzen, hat auch Geywitz schon beobachtet. Sie ist sich sicher: "Frauen entscheiden sich nicht gegen diese Positionen", stattdessen sieht die Ministerin zwei Kernprobleme als Ursprung für das Geschlechterungleichgewicht. "Zum einen zeigen Studien das Problem der Elitenrekrutierung, also dass Männer nun mal oft Männer einstellen. Das zweite Problem ist immer noch die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit. Sie führt dazu, dass Frauen an ihre Grenzen und darüber hinaus gehen müssen, um ungleich verteilte Care-Arbeit und eine Führungsposition unter einen Hut zu bekommen." Dabei denkt Geywitz, dass die Branche von mehr weiblichen Perspektiven profitieren könnte; das merke sie in ihrem eigenen Alltag und in ihrer Position als Ministerin. "Es gibt quasi keinen Aspekt in meinem Haus, der nicht auch irgendwie etwas mit Frauen zu tun hat", setzt sie an und erklärt: "Sie stellen ja überraschenderweise auch die Hälfte der Menschheit dar."

Laut Williams liefern nicht nur die Studie, sondern auch die Einreichungen für den Ingeborg-Warschke-Nachwuchsförderpreis, mit dem der Verein besonders gelungene Abschlussarbeiten auszeichnet, für sie einen Beweis dafür, dass gerade junge Frauen viele Ideen für die Branche haben. Als Beispiele nennt sie Beiträge aus diesem Jahr, in denen sich Absolventinnen mit mehrgeschossigem Wohnungsbau, Parkplatzüberdachungen, Büros der Zukunft und ESG- Kriterien am Bau beschäftigen.

Branchenthemen betreffen Frauen im Alltag

Geywitz kann nachvollziehen, dass das breite Feld der ESG-Themen für Frauen interessant ist. Sie ordnet vor allem dem Feld "Social" viele Problemstellungen zu, die Frauen im Alltag betreffen und erkennt auch politische Themen in dem Komplex. "Es fängt mit der Frage an, wer eine Wohnung in angespannten Wohnlagen bekommt. In der Regel ist das derjenige, der den besseren Arbeitsvertrag hat, und das ist oft der Mann", sagt sie. "Deshalb ist die Förderung des sozialen Wohnungsbaus enorm wichtig – und auch eine Frauenfrage." Gleiches gelte für die Wohneigentumsförderung. "Gerade viele Frauen haben bei der Eigentumsbildung das Problem, dass sie nur wenig Eigenkapital haben. Das findet sich dann auch im Alter wieder, wenn es als Zusatzversorgung zur Rente fehlt. Wenn wir jetzt Eigentumsförderung konzipieren, die eigenkapitalersetzend ist, kommt das in besonderem Maße Frauen zugute."

Beim Thema Stadtentwicklung nimmt sie die Planer in die Pflicht – auch wenn Städte und Quartiere auf den ersten Blick nicht nach Geschlechtern geplant werden. "Doch wenn wir das Beispiel einer autofreundlichen Stadt nehmen, sehen wir, dass Frauen andere Bewegungsprofile haben als Männer. Sie fahren nicht nur zur Arbeit und zum Sport, sondern bewegen sich aufgrund ihres höheren Anteils an Care-Arbeit oft zickzackartig durch die Innenstadt. Etwa auf dem Weg zur Kita, für Besuche und für Besorgungen." Mehr Frauen in Entscheiderpositionen könnten dafür sorgen, dass diese Muster bei Planung und Umsetzung stärker berücksichtigt werden. Gleiches gelte bei der Konzeption von Wohnungen, die von alleinerziehenden Frauen mit Kindern bewohnt werden sollen. Geywitz fordert Projektentwickler und Architekten dazu auf, Spielflächen, die gemeinsam genutzt werden, stärker in den Planungen von Wohnkonzepten zu berücksichtigen und Treffpunkte entstehen zu lassen, an denen sich Frauen austauschen und gegenseitig unterstützen können.

Die Einführung einer Geschlechterquote, wie sie nach einer Einigung von Unterhändlern der EU und des EU-Parlaments ab 2026 für alle börsennotierten Unternehmen gelten soll (siehe "EU plant Quote für Frauen in Führung"), sehen beide Frauen als geeignetes Mittel, um durch mehr Frauen in Führungspositionen, auch mehr weibliche Einflüsse in die Branche und deren Ergebnisse zu bringen. Als Allheilmittel sieht Geywitz die Vorgabe aber nicht, sondern betont ihre Notwendigkeit um einen Wandel in den Führungsetagen einzuleiten. "Die Quote ist natürlich eine Krücke", sagt sie und ergänzt, "am schönsten wäre es, wenn sich die Gesellschaft von alleine sortieren würde. Doch wir haben festgestellt, dass das nicht der Fall ist. Wir brauchen für einen Übergang aus meiner Sicht deshalb eine Quote. Denn Frauen können nur in die Aufsichtsräte kommen, wenn Männer auch gehen. Und das tun sie ungern und selten freiwillig."

Den Beweis dafür sieht die Ministerin in den Erfahrungen aus einer Vorphase zum Führungspositionengesetz, in der Unternehmen ihre Zielgrößen für Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten selbst festlegen konnten. "Es gab nicht wenige Unternehmen, die die Zielgröße Null definiert haben."

Absolventinnen schaffen es selten in die Chefetagen

Williams fügt hinzu, dass die politische Vorgabe auch von neuen Unternehmenskulturen begleitet werden müsse, und das Ziel zu mehr Diversität in den Chefetagen von den Vorständen auch im Alltag gelebt werden müsse. Dazu gehören laut Williams konkrete Diversitätsstrategien in den Unternehmen, die der Vorstand mitverantworten soll. Als konkrete Maßnahmen schlägt sie vor, Förderprogramme zu etablieren, die sich gezielt an Frauen richten, und Vorbilder zu schaffen. Dabei spricht sie sowohl von weiblichen Vorbildern, als auch von Männern, die die üblichen Rollenbilder durchbrechen, etwa indem sie Frauen bei der Familiengründung einen Teil der Elternzeit abnehmen.

Den jetzigen Zeitpunkt halten beide Frauen für genau den richtigen, um durch eine Quote einen Wandel voranzutreiben. "Wir stehen vor großen Transformationen", setzt Geywitz ihre Begründung an. "Wir wollen Verbrennermotoren abschaffen, aufhören mit fossilen Brennstoffen zu heizen und insgesamt als Gesellschaft CO2 neutral werden. Und es gibt noch viele andere Vorhaben, die wir zum Teil technisch noch gar nicht abbilden können. Da finde ich die Herausforderung, einen freiwerdenden Aufsichtsratsposten mit einer Frau zu besetzen, die man sich frei aussuchen kann unter vielen Millionen Frauen, die es in Deutschland und der Welt gibt, eine machbare Herausforderung." Dem stimmt Williams zu: "Es gibt genügend Frauen, die Fachexpertise an den Tag legen, und die entsprechend schnell eine Stelle besetzen können. Und weil Frauen und Männer unterschiedliche Führungskompetenzen miteinbringen, ist das aus Unternehmenssicht ein ganz wichtiger Punkt zum Thema Profitabilität und Innovationskraft. Firmen, die diese Chance nicht nutzen, vergeben sich viel."

Williams sieht aber nicht nur die Männer in der Pflicht, und fordert auch Frauen auf, sich stärker in der Branche zu behaupten. "Sie sollten mehr nach vorne gehen und den Mut haben, sich auf Führungspositionen zu bewerben, statt zu warten, bis sie ihnen angeboten werden." Auch außerhalb des eigenen Unternehmens sollten sie präsenter werden. "Frauen brauchen mehr Sichtbarkeit, etwa über Social-Media-Kanäle und als Expertinnen auf Podien bei Diskussionspanels. Dafür haben wir im Verband extra einen Referentinnen-Pool auf unserer Webseite geschaffen." Geywitz, die bisher mehr Männer auf Bühnen gesehen hat als Frauen, unterstützt diesen Ansatz.

Sie selbst habe beim Aufbau ihres Ministeriums die Chance genutzt, nicht in eine fertige Behörde hereinzukommen. So konnte sie fast den gesamten Personalstamm neu aufbauen. Dabei achtete sie als Ministerin nicht nur auf Ausgewogenheit zwischen Männern und Frauen . "Wir sind ein sehr junges Team. Und auch ein sehr weibliches. Aber mir war auch Diversität in Bezug auf die Ost-West-Frage wichtig", betont die gebürtige Potsdamerin, dass Diversität in Teams für sie nicht nur eine Geschlechterfrage ist.

Janina Stadel

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Ohne Netzwerk fehlen Maklern die Bewerber

Bei Bewerbern für Maklerstellen müssen Personaler ganz genau hinschauen.

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Personalmangel. Maklerhäuser haben Probleme, offene Stellen zu besetzen. Entweder bleiben Bewerbungen komplett aus, die Ansprüche der Interessenten sind zu hoch, oder die Kandidaten passen nicht ins Profil. Doch wer nicht rechtzeitig einstellt, muss im schlimmsten Fall Aufträge aus Kapazitätsgründen ablehnen.

Mehrmals pro Woche vom Homeoffice aus arbeiten, ein sicheres Einkommen und festgelegte Feierabendzeiten – diese Wünsche haben viele Bewerber. Doch gerade als Makler sind sie durch Besichtigungen und andere Vororttermine nur bedingt umsetzbar. Das erschwert die Suche nach geeigneten Kandidaten für offene Stellen – und wenn Bewerbungen kommen, passen oft die Qualifikationen nicht. So fassen die Mitglieder des Deutschen Anlage-Immobilien Verbunds (Dave) die aktuellen Schwierigkeiten bei der Personalsuche zusammen.

Stellenanzeigen bringen kaum Rücklauf

"Bei uns bewirbt sich fast niemand mehr", sagt Corvin Tolle, geschäftsführender Gesellschafter von Tolle Immobilien & Hausverwaltung. Eine Maklerin, die er für den Jahreswechsel eingestellt hat, hat er aus dem eigenen Netzwerk akquiriert. Stellenanzeigen in gängigen Portalen und auf Plattformen schreibt er für das rund 25 Mitarbeiter starke Unternehmen schon gar nicht mehr aus. Der Grund: Bewerbungen, die zuletzt reinkamen, passten nicht auf die Ausschreibung. Tolle berichtet von Quereinsteigern ganz ohne Vorkenntnisse, die sich einen Wechsel in die Immobilienbranche zu einfach vorstellen. "Vielen ist nicht bewusst, welches spezifische Know-how für den Job notwendig ist", sagt er und spricht u.a. von mangelnden Kenntnissen zu rechtlichen Themen und zu Preisfindungen je nach Zinslage.

Ähnliche Erfahrungen hat Axel Quester in seinem Duisburger Unternehmen Armin Quester Immobilien gemacht. Im westlichen Ruhrgebiet bekomme er zwar noch Bewerbungen, da die Konkurrenz unter den Arbeitgebern nicht so groß ist wie andernorts, doch neben der fachlichen Qualifikation stimmen oft die Kommunikations- und sprachlichen Fähigkeiten der Interessenten nicht, die im Maklerjob aber wichtig sind.

"Die ganze Branche hat sich in den vergangenen Jahren stark professionalisiert. Quereinstiege sind zwar generell möglich, aber nicht mehr in dem Maße wie früher", erklärt Jana Heijenga. Sie ist seit mehr als zehn Jahren als Personalchefin für die Organisation und Entwicklung von rund 120 Mitarbeitern bei Robert C. Spies zuständig und setzt auf eigene Ausbildungen. Etwa zwei bis drei Azubis und zwei duale Studenten starten jedes Jahr im Unternehmen. Die Bewerberlage dafür habe sich in den vergangenen Jahren nicht verändert, sodass sich die Personalchefin die passenden Kandidaten noch aussuchen kann. "Wenn wir diese anschließend übernehmen, zahlt sich das Invest in die Ausbildung aus. Zudem wissen wir genau, was sie als Mitarbeiter leisten können", sagt sie. Auch finanziell lohne sich dieser Weg, denn wer bereits in der Ausbildung im Unternehmen war, diskutiere bei der Übernahme weniger über die zukünftige Bezahlung.

Gerade das typische Makler-Gehaltskonzept, das sich aus Fixum und Provision zusammensetzt, spricht immer weniger Berufstätige an. "Unternehmerisches Denken ist notwendig, um sich eine gute Provision zu verdienen. Wer das schafft, kann deutlich mehr verdienen als ein Festangestellter im Backoffice", ruft Quester in Erinnerung. Doch weil einige sich hohe Provisionen in der aktuellen Marktlage nicht mehr zutrauen, wandern Bewerber ab und bevorzugen Jobs außerhalb des Vertriebs.

"Wir haben eine Branche, die derzeit stark unter Druck steht und dadurch unattraktiv wird. Wenn wir mit Bewerbern sprechen, merken wir, dass sich jeder das für ihn beste Paket raussuchen möchte", sagt Tolle und geht neben der finanziellen Seite auch auf die Arbeitsumstände ein. So werden Wochenendtermine immer unbeliebter, und wenn sie sich nicht vermeiden lassen, fordern Mitarbeiter immer häufiger einen sofortigen Freizeitausgleich ein.

Dieser ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, betont Heijenga, aber auch bei Robert C. Spies nehme die Zahl an Teilzeitstellen zu, die mehr Freizeit bringen sollen. "In einem großen Unternehmen oder einem großen Bereich kann so was durch andere Mitglieder im Team noch gut aufgefangen werden. Kleinere Unternehmen tun sich damit schwer", weiß sie.

Besonders schwierig wird es für Makler, wenn die Kapazitäten an Mitarbeitern nicht mehr ausreichen. "Ohne geeignete Makler fehlen die Abschlüsse", sagt Sven Keussen, der Rohrer Immobilien in München leitet. Falsche Einkäufe, schlechte Bewertungen und mangelnde Verhandlungskompetenzen könnten das wirtschaftliche Ergebnis einer ganzen Firma schmälern. Wenn die Kapazitäten knapp werden, müssen die Personaler deshalb inzwischen frühzeitig mit der Suche beginnen. Dabei rechnet Tolle vor: "Jeder neue Mitarbeiter, der eingearbeitet wird, macht in den ersten sechs bis zwölf Monaten erst mal keinen Umsatz. In dieser Zeit müssen bestehende Mitarbeiter einiges auffangen." Sie brauchen dann besondere Aufmerksamkeit, damit sie durch die Mehrbelastung nicht demotiviert werden. "Deshalb ist es wichtig, die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Personalsuche zu legen, sondern auch auf das bestehende Team, um Mitarbeiter langfristig halten zu können", sagt Tolle.

Janina Stadel

Das Crem will an den Nachwuchs ran

Rund um den Einzelhandel eröffnen sich mehr Chancen beim Crem, als viele Berufseinsteiger glauben.

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Quelle: Imago, Urheber: Funke Foto Services

Karriere 24.10.2024
Karrierechancen. Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren kämpfen um mehr Aufmerksamkeit für ihre Immobilienabteilungen. Vor allem der Einzelhandel sucht nach ... 

Karrierechancen. Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren kämpfen um mehr Aufmerksamkeit für ihre Immobilienabteilungen. Vor allem der Einzelhandel sucht nach Nachwuchskräften, die eine Laufbahn als Corporate Real Estate Manager einschlagen wollen. Weil viele Verkaufs- und Logistikflächen jetzt umgestaltet werden, boomt dort das Feld der Projektentwicklung.

Mit Drogeriemärkten wie Rossmann und Supermarktketten wie Kaufland, Netto und Edeka mischen sich immer wieder Einzelhändler unter die Aussteller bei Karrieremessen der Immobilienbranche. Sie werben für Traineeprogramme und offene Stellen für Nachwuchskräfte in ihren Immobilienabteilungen. Denn die Möglichkeit, als Corporate Real Estate Manager (Crem) in die Branche einzusteigen, scheint vielen Absolventen und Berufseinsteigern noch immer nicht bekannt zu sein.

"Die Crem-Abteilungen sind oft sehr klein und verflochten in den Unternehmen und Konzernen. Deshalb haben sie nur wenig Kapazitäten für Werbung", weiß Locke McKenzie, Präsident für die Region Zentraleuropa bei Corenet Global. Der Verband will die Sichtbarkeit von Real-Estate-Abteilungen erhöhen und geht dafür neue Wege. "Wir arbeiten verstärkt mit Hochschulen zusammen", berichtet er von Kooperationen mit der Irebs und der TU Darmstadt.

An diesen ergreifen Vertreter von Mitgliedsunternehmen schon die Chance, ihre Arbeit und ihre Aufgaben Studenten im Rahmen von Gastvorträgen und bei Treffen von Studentengruppen vorzustellen. Diese Arbeit sei seit dem Ende der Corona-Pandemie wichtiger denn je, denn die Stellung der Crem-Abteilungen innerhalb der Unternehmen habe sich verändert. "Lange Zeit wurden die Abteilungen nur als Kostenpunkt wahrgenommen. Inzwischen ordnen sie viele Konzerne dem Ressort HR zu. Zu ihrer Aufgabe ist es geworden, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter sich im Unternehmen wohlfühlen, wenn passende Arbeitsplätze bereitgestellt werden können. Bei Industrieunternehmen stellen sie sicher, dass für ausreichend Sicherheit in Fabrik- und Logistikhallen gesorgt wird", sagt McKenzie.

 

Projektentwicklung weiterhin ein wichtiges Feld

Die besondere Herausforderung bestehe im Crem darin, dass die Immobilienprofis aus den Bedürfnissen der Mitarbeiter und der Unternehmen die passende Ausstattung der Immobilien ableiten müssen.

 

Im Einzelhandel dreht sich zwar etwa viel um Verkaufsflächen und Parkplätze. Doch auch Spezialimmobilien können ein Thema werden, wie Daniel Siegert, CEO von CEV Handelsimmobilien, berichtet. Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Edeka-Zentrale und stellt für die Kette zum Beispiel auch die Flächen bereit, um Bananen nachreifen zu lassen. "Das macht das Portfolio sehr groß und dynamisch", sagt er. Schwerpunktmäßig werde bei CEV gerade das Projektentwicklungsgeschäft vorangetrieben. "Der Lebensmitteleinzelhandel will Standorte modernisieren und umstrukturieren. Das geht vom kleinen Nettomarkt bis zum großen Fachmarktzentrum", sagt Siegert. "Das große Thema ist der Bestand im Wandel. Das muss mit Net-Zero-Zielen verheiratet werden. Das ist eine große Herausforderung." Gesucht werden deshalb neben Vermietungsmanagern vor allem Projektentwickler und Experten im technischen Baumanagement. Diese will das Unternehmen durch ein duales Studium selbst ausbilden, um das Team von 150 Mitarbeitern zu vergrößern.

Von jungen Bewerbern, die frisch von der Hochschule kommen, erwartet Siegert eine Affinität für Digitalisierungsthemen und technische Tools. Sie sollen durch Zusammenarbeit in Teams ältere Mitarbeiter mit dieser Leidenschaft anstecken und ihre Kenntnisse weitergeben und ausbauen. Langfristig soll so der Umgang mit Gebäudedaten verbessert werden.

 

Schwerpunktwechsel werden möglich gemacht

Fachbereichsübergreifend hat CEV ein Karrieremodell aufgebaut, das transparent alle Ausbildungsschritte aufzeigen und somit auch Wechsel zwischen den Schwerpunktaufgaben wie Asset-Management, Vermietung und Development ermöglichen soll. Eine Kooperation mit der Irebs bietet zudem alle zwei Jahre berufsbegleitende Weiterbildungen zu Immobilienthemen.

 

Karrierechancen bestehen im Crem aber nicht nur bei den Unternehmen selbst. Bei JLL betreut die Abteilung Work Dynamics Kunden, die nach Corporate-Immobilien suchen. Fast 200 Projekte fallen in den Beritt der Abteilung, rund ein Drittel davon in Deutschland. Doch trotz steigender Nachfrage hierzulande will Eva-Kristin Seeber, die für das Account-Management zuständig ist, offene Stellen in ihrem Bereich vor allem Nachwuchskräften schmackhaft machen, die international tätig werden wollen: "Wir arbeiten mit Kunden aus der ganzen Welt zusammen, dadurch kann man auch selbst einmal eine Zeit lang im Ausland aktiv werden und zum Beispiel von den USA, Indien oder Dubai aus arbeiten", beschreibt sie. Doch dieses "Privileg", wie sie es nennt, setzt auch besondere Fähigkeiten bei den Bewerbern voraus: "Man muss sehr digital sein und auch damit rechnen, dass sich Arbeitszeiten durch unterschiedliche Zeitzonen verschieben können." Zudem sei Organisationstalent gefragt, wenn mehrere Stakeholder bei einem Auftrag involviert sind.

Janina Stadel

So finden sich Praxis und Theorie

Anastasija Radke, Sarah Dungs und Nicola Halder-Hass (von links) haben die BiB-Academy ins Leben gerufen.

Anastasija Radke, Sarah Dungs und Nicola Halder-Hass (von links) haben die BiB-Academy ins Leben gerufen.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 17.10.2024
Weiterbildung. Um ihre Schwerpunkte an Branchenakteure schon während deren Ausbildung weiterzugeben, bieten die Verbände Bauen im Bestand und Koalition für Holzbau Bildungsprogramme ... 

Weiterbildung. Um ihre Schwerpunkte an Branchenakteure schon während deren Ausbildung weiterzugeben, bieten die Verbände Bauen im Bestand und Koalition für Holzbau Bildungsprogramme an. Kooperationen mit Aus- und Weiterbildungsinstituten sollen Praxiswissen mit der Theorie und der Forschung verbinden und einen kontinuierlichen Austausch mit Branchenprofis aus verschiedenen Sparten garantieren.

Wenn Mitglieder aus mehreren Unternehmen in Verbänden und Netzwerken zusammentreffen, bringen sie in ihren Austausch untereinander Wissen aus dem eigenen Berufsalltag mit ein. Dieses soll beim Verband Bauen im Bestand (BiB) nicht länger den Mitgliedern vorbehalten bleiben. Das war der Gedanke der Vorsitzenden Sarah Dungs, Nicola Halder-Hass, Anastasija Radke und Annabelle von Reutern. Deshalb haben sie die BiB-Academy ins Leben gerufen, die Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen durch Zusammenarbeit Zugang zu Wissen aus dem Verband ermöglichen soll.

Ziel der geplanten Kooperationen ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Praxiswissen zur Bestandsentwicklung zu verbinden. "Bislang ist die Immobilienbranche auf den Neubau ausgerichtet, was sich in den Aus- und Weiterbildungsangeboten widerspiegelt. Nur wenige Institutionen bieten Lehrinhalte zum Thema Bauen im Bestand an", sagt die Vorstandsvorsitzende Sarah Dungs. Dabei sei das Thema gefragter denn je. Vor allem Architekten hätten ihr gegenüber in den vergangenen Monaten immer wieder verlauten lassen, dass es ihnen an Hintergrundwissen zum Thema mangelt und sie sich mehr fachlichen Input wünschen würden, um Nachhaltigkeitsziele durch Bestandsumwandlungen erreichen zu können.

Berufserfahrung in thematischen Modulen

Ein komplett eigenständiges Angebot zu schaffen, sei jedoch nicht das Ziel des Verbands. Stattdessen soll die BiB-Academy bestehende Bildungseinrichtungen mit schnell verfügbaren Lehrinhalten unterstützen. "Dies soll den Fokus der Lehre und Ausbildung vom Neubau auf den Bestand verlagern, um die Branche dabei zu unterstützen, ihre Klimaziele zu erreichen, nachhaltiger zu agieren und wieder eine Reparaturkultur zu etablieren."

Acht Vorstandsmitglieder des Verbands haben sich bereit erklärt, dafür Dozentenrollen einzunehmen. "Weil es nicht nur darum geht, über Wissen zu verfügen, sondern es auch zielgerecht weitergeben zu können, haben wir zunächst Verbandsmitglieder ausgewählt, von denen wir wissen, dass sie bereits Erfahrungen mit Vorträgen oder als Ausbilder haben", erklärt Dungs die Wahl. "Wie bei einer Modelagentur können interessierte Ausbildungsstätten die Dozenten, die zu ihren Bedürfnissen passen und die sie gerne buchen würden, anhand von Setkarten aussuchen", erklärt Dungs das Prozedere. Dabei bieten die BiB-Dozenten zu ihren Spezialthemen ganze Lehrmodule an, die je nach Bedarf als einzelne Vorlesungen oder Gastvorträge bis hin zu mehrteiligen Themeneinheiten mit mehreren Sitzungen gebucht werden können.

Das Angebot umfasst die Themen Denkmalschutz, Nachhaltigkeit und Steuerung von Projekten. Im Laufe der Zeit soll die Palette sukzessive erweitert werden. Bei der Konzeption der Module, erklärt Halder-Hass, wolle sich der Verband nach den konkreten Bedürfnissen der Ausbilder richten. Langfristig will BiB mit dem Programm nicht nur Hochschulen, sondern auch Weiterbildungsstätten erreichen und die Module auch für Berufsausbildungen, etwa über Berufsschulen, zugänglich machen. Halder-Hass denkt dabei vor allem an Inhalte zum Umgang mit nachhaltigen Baumaterialien, die für Handwerker interessant sein könnten.

"Wir sind der Auffassung, dass wir schon jetzt sehr gute Hochschulen haben, und wollen mit unseren Themen direkt an deren Lehrpläne andocken. Dabei geht es uns auch darum, eine Möglichkeit zu schaffen, die Inhalte schnell und unkompliziert in die bestehenden Ausbildungen zu integrieren, also ohne dass Hochschulen ihr gesamtes Curriculum umstellen müssen", betont Radke, dass es dem Verband vor allem um zusätzlichen Input für die Lernenden geht.

Drei Kooperationspartner hat die BiB-Academy schon gefunden. So gibt es erste Absprachen mit der Irebs, der BBW Hochschule und im Rahmen des Studiengangs Real Estate Management mit der Technischen Universität Berlin. "Nun suchen wir weitere Institutionen, die Interesse an unserem Angebot haben. Denn durch diese Form der Zusammenarbeit können wir mit den Unis gemeinsam die Forschung vorantreiben", sagt Halder-Hass und nennt als konkretes Themenfeld das Recycling von Baustoffen. Zudem soll schon während der Ausbildung gezeigt werden, welche Potenziale die Bestandsentwicklung aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht mit sich bringt. Dafür verspricht der Verband, dass die Dozenten ohne lange Vorlaufzeit buchbar sind und ihr Wissen pro bono weitergeben.

Ständiger Austausch zwischen Lehre und Praxis

Ein weiteres Bildungsangebot hat die Koalition für Holzbau (KfH) geschaffen. Das Netzwerk will künftig zentrale Themen, die den mehrgeschossigen Holzbau betreffen, an Projektentwickler, Bauherren, Bestandshalter, Planer und Architekten, Sachverständige sowie an Kommunen und Behörden weitergeben. Dafür kooperiert der Verein mit dem Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) in Form der Holzbau-Akademie. Das Programm soll Anfang kommenden Jahres starten und den Teilnehmern aufzeigen, wie Holzbau rechtssicher und wirtschaftlich planbar gestaltet werden kann.

"Innovationen im Bauen sind nicht eine Frage von Konzepten und Baustoffen. Sie sind auch eine Frage von Wissens- und Kompetenzvermittlung. Das sind die Erfolgsfaktoren für die Marktdurchdringung", sagt Klaus Leuchtmann, Vorstandsvorsitzender des EBZ. Für ihn verbindet die Gründung der Akademie die Stärken der beiden Partner, sodass das Expertenwissen der Koalition direkt in die Aus- und Weiterbildungen der EBZ integriert werden könne. So seien möglichst viele Branchenakteure aus den Zielberufen erreichbar.

Lorenz Nagel, Sprecher der Ambassadeure der KfH, sagt: "Wir wollen ein kompetentes und fachlich tiefgreifendes Bildungsangebot schaffen. Wir steuern aus unserem Praktikerteam die Fachexpertinnen und -experten bei, die schon heute erfolgreich in Holz bauen. Und das EBZ schafft den Rahmen, den wir brauchen." Er ist sich sicher, dass durch die Kooperation mit dem Ausbildungszentrum genau diejenigen Praktiker aus der Branche erreicht werden können, die sich schon jetzt mit Holzbau auseinandersetzen, sodass der Wissenspool durch gemeinsame Seminare ständig erweitert werden kann.

Janina Stadel