Geld allein macht nicht glücklich

Bei der Wahl des Arbeitgebers werden viele Aspekte gegeneinander abgewogen.

Bei der Wahl des Arbeitgebers werden viele Aspekte gegeneinander abgewogen.

Bild: Milles Studio/fotolia.com

Karriere 02.06.2016
Die meisten Teilnehmer der IZ-Studentenumfrage 2016 sind noch zu haben. Unternehmen, die sich die Schaffenskraft von Talenten sichern wollen, sollten deren Kriterien bei der Arbeitgeberwahl ... 

Die meisten Teilnehmer der IZ-Studentenumfrage 2016 sind noch zu haben. Unternehmen, die sich die Schaffenskraft von Talenten sichern wollen, sollten deren Kriterien bei der Arbeitgeberwahl ernst nehmen. Denn Geld allein macht die Jungen nicht glücklich.

Fast drei Viertel (72%) aller 588 Studenten, die an der IZ-Umfrage 2016 im Rahmen der Joboffensive für die Immobilienwirtschaft teilgenommen haben, haben noch keine Stelle für die Zeit nach dem Studium. Bei den 447 Vollzeitstudenten liegt dieser Anteil mit rund 77% höher als bei den 94 Weiterbildungsstudenten, wobei auch hier immerhin 53% noch keinen (neuen) Job für die Zeit danach haben, und den 47 dualen Studenten (66%).

Bei der Umfrage durften allerdings auch Studierende bis vier Semester vor Abschluss mitmachen. Nicht für alle Befragten hat also bislang die Notwendigkeit bestanden, sich nach einer Anstellung für die Zeit danach umzuschauen. Doch auch der Blick auf die 296 Studierenden - gut die Hälfte aller Teilnehmer -, die noch in diesem Jahr fertig werden sollten, offenbart kein substanziell anderes Bild: Von diesen sagten immerhin weniger als 61%, dass sie noch keine Stelle für die Zeit nach dem Studium haben. Im Vorjahr lag der vergleichbare Anteil noch deutlich höher: Damals standen 75% derer, die im selben Jahr ihren Abschluss machten, noch ohne Job da.

Also lautet die gute Nachricht für die Arbeitgeber auch in diesem Jahr: Die meisten Nachwuchskräfte sind noch zu haben. Doch wie können sich Unternehmen die Arbeitskraft eines Mitarbeiters in spe sichern? Am besten, indem sie die Kriterien, die Studierende bei ihrer Arbeitgeberwahl anlegen, ernst nehmen.

Welche das sind, zeigt die IZ-Studentenbefragung ebenfalls. Unangefochten auf Platz eins liegt seit Jahr und Tag der Aspekt Aufstiegsmöglichkeiten bzw. Karriereperspektiven. Ebenfalls hoch im Kurs bei den Studenten stehen - und zwar in genau dieser Reihenfolge - Weiterbildungsangebote, die Unternehmenskultur, die Höhe des Gehalts und der Standort des Unternehmens. Wobei sich die Unternehmenskultur im Studenten-Ranking der Aspekte für die Arbeitgeberwahl in diesem Jahr noch vor das Gehalt geschoben hat und damit erstmals auf Rang drei liegt, nach Platz sechs im Vorjahr. Nachwuchskräfte, so möchte man schließen, die sich zunehmend aussuchen können, wem sie ihre Schaffenskraft leihen, können die Jobwahl verstärkt nach vermeintlich soften Faktoren ausrichten.

"Die Gen Y schaut nicht nur aufs Gehalt", weiß Tim Schomberg, im Hauptberuf Head of Business Development Institutionals bei Catella Real Estate in München und im Ehrenamt Chair des Young Leaders Committee von ULI Germany. "Es geht ihr nicht um den letzten Euro, sondern um Pakete." Womit Schomberg zum einen variable, erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile meint, zum anderen aber auch nicht-monetäre Aspekte wie Weiterentwicklungsmöglichkeiten oder Aufstiegschancen.

Nach Erfahrung von Iris Schönbeck, Director Human Resources von Corpus Sireo, legen Studierende bei der Auswahl des Arbeitgebers - und zwar stärker als Vorgängergenerationen - höchste Priorität darauf, "schon früh Verantwortung übernehmen und eigenständig arbeiten zu können". Dafür hat bei ihnen offenbar die Bereitschaft abgenommen, sich um der Karriere willen zu entwurzeln: "Wenn sich zum Ende eines Trainee-Programms die Frage stellt, ob wir einen Trainee übernehmen, zeigt sich häufig, dass die Jungen teilweise sehr fokussiert auf ihre Heimatregion sind", berichtet Schönbeck.

Barbara Hatzer, Head of HR Development & Marketing von ECE, hat bislang nur selten erlebt, dass Verhandlungen zur Übernahme von Trainees an den Gehaltsvorstellungen scheitern. Angesprochen würden vor allem die Rahmenbedingungen: Welche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bietet man mir im Unternehmen? Welche Arbeitsbedingungen und welche Karriereperspektiven habe ich? Identifiziere ich mich mit der Unternehmenskultur?

In puncto Fortentwicklung gehen Arbeitgeber unterschiedliche Wege. Art-Invest Real Estate ist grundsätzlich bereit, Weiterbildungen zu unterstützen: "Macht z.B. ein Mitarbeiter mit Bachelor ein berufsbegleitendes Masterstudium, fördern wir so etwas durchaus finanziell und übernehmen gegebenenfalls die Studiengebühren, wenn der Mitarbeiter die Reisekosten trägt. Für die Präsenzzeiten bringt der Mitarbeiter Urlaubstage ein, und die andere Hälfte steuern wir bei. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter einen Bindungsvertrag über typischerweise drei Jahre unterschreibt", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Rüdiger Freiherr von Stengel. Verlässt der betreffende Mitarbeiter Art-Invest dennoch vor Ablauf dieser Frist, muss er die übernommenen Studiengebühren anteilig zurückerstatten.

Gerd Kropmanns, bei der Wohnkompanie NRW geschäftsführender Gesellschafter, steht dem Ansinnen von Mitarbeitern, eine Weiterbildung zu machen, grundsätzlich ebenfalls offen gegenüber: "Wir übernehmen auch einen Teil der Kosten von hochwertigen Fortbildungen wie zum Beispiel dem Kontaktstudium Immobilienökonomie an der Irebs."

Eine Garantie auf eine solche Förderung gibt es freilich nicht: "Hier entscheiden wir individuell und im engen Austausch mit dem jeweiligen Mitarbeiter. Unabhängig von dem einhergehenden Incentive muss es für beide Seiten Sinn machen und letztendlich ‚erarbeitet‘ sich der Mitarbeiter diese Belohnung während seiner Beschäftigung", erklärt Kropmanns. Die Wohnkompanie NRW finanziert Fortbildungen anteilig vor und vereinbart mit dem Mitarbeiter eine Rückzahlung über die Beschäftigungsjahre. Tritt er vor dem vereinbarten Zeitraum aus, muss er dem Unternehmen anteilig die Kosten zurückerstatten.

In Zeiten boomender Immobilienmärkte mag die Tatsache überraschen, dass die Arbeitsplatzsicherheit - wenngleich sie 2016 nicht mehr ganz so stark gewichtet wurde wie im Vorjahr - weiterhin relativ weit oben im Ranking der wichtigsten Aspekte bei der Wahl des Arbeitgebers liegt. Schönbeck erklärt sich das so: "In der Immobilienwirtschaft kann es sensationell gut laufen - aber auch weniger gut." Diese Zyklen, die die Branche kennzeichnen, könnten ein Grund sein, warum junge Menschen, die sich gezielt für eine immobilienspezifische Ausbildung entscheiden - und die also genau wissen, worauf sie sich einlassen -, bei der Jobwahl besonders genau hinschauen, wem sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen.

Programme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielen für die Befragten keine große Rolle. Und zwar unabhängig davon, ob man Männlein oder Weiblein fragt: Den 333 männlichen Studenten sind nur drei Aspekte weniger wichtig, bei den 249 Damen landet dieses Kriterium unter insgesamt 21 Faktoren auf Platz 15.

Harald Thomeczek

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"Gutes Geld verdienen wollen wir auch!"

Der Immobiliennachwuchs glaubt zu wissen, was er wert ist.

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Geld regiert die Welt, es schießt Tore - und ist jungen Leuten angeblich weniger wichtig als Sinn und Spaß im Job, eine pfundige Unternehmenskultur oder nette Kollegen. Eine ... 

Geld regiert die Welt, es schießt Tore - und ist jungen Leuten angeblich weniger wichtig als Sinn und Spaß im Job, eine pfundige Unternehmenskultur oder nette Kollegen. Eine Studentenbefragung, die die Messe München im Vorfeld der Expo Real durchgeführt hat, legt jedoch nahe: Der schnöde Mammon entfaltet durchaus noch eine gewisse Zugkraft auf den Immobiliennachwuchs.

Von den rund 170 befragten Immobilienstudenten und Azubis finden 80% das Thema Gehalt wichtig oder gar sehr wichtig. In der Rangliste der wichtigsten Kriterien bei der Arbeitgeberwahl landen nur zwei Aspekte vor der Kohle: der Unternehmenserfolg (89%) und flexible Arbeitszeiten (84%). Wert legen die Jungen der aktuellen Umfrage zufolge zudem auf eine gute Verkehrsanbindung (79%) des Unternehmensstandorts und einen unbefristeten Arbeitsvertrag (76%). Eine betriebliche Altersvorsorge (60%) und das Homeoffice stehen nicht ganz so hoch im Kurs (48%). Und auf einen Firmenwagen (25%) und eine Kantine (19%) können viele Nachwuchskräfte verzichten.

Die Frage sei erlaubt, ob hinter dem Topkriterium Unternehmenserfolg tatsächlich unternehmerisches Denken steht - oder aber das Wissen, dass eine gute Performance des Arbeitgebers auch auf den Gehaltszettel durchschlägt. Teilnehmer der Diskussionsrunde "Geld oder Sinn - was will der Nachwuchs in der Immobilienbranche?" auf dem CareerDay der diesjährigen Expo Real wie Reinhard Kutscher (Vorsitzender der Geschäftsführung von Union Investment Real Estate), Susanne Tattersall (geschäftsführende Gesellschafterin von Tattersall Lorenz) oder Gerd Kropmanns (Geschäftsführer und Gesellschafter der Wohnkompanie NRW) tendierten eindeutig zu letzterer Lesart.

Die Gehaltsvorstellungen der Nachwuchskräfte differieren stark. So stellen diejenigen, die das Abitur oder die Fachhochschulreife ihren höchsten Bildungsabschluss nennen, deutlich geringere Ansprüche als Befragte, die bereits einen Hochschulabschluss (Bachelor, Master, Diplom, Magister etc.) in der Tasche haben. Konkret: Knapp 40% der Teilnehmer, die (noch) nicht über einen solchen Hochschulabschluss verfügen, geben sich mit einem Bruttojahresgehalt von unter 40.000 Euro zum Einstieg zufrieden. Mehr als 50.000 Euro erwartet hier nur jeder Vierte.

Von denjenigen, die bereits einen Abschluss an einer Universität oder Fachhochschule erworben haben und jetzt z.B. einen Master draufsatteln, sieht sich fast jeder Zweite schon zum Einstieg bei über 50.000 Euro. Jedem Zehnten aus dieser Gruppe schweben sogar mehr als 60.000 Euro zum Einstieg nach dem aktuellen Studium vor.

Mit der Zeit nähern sich die Gehaltsvorstellungen an. Zwei bis drei Jahre nach dem Berufseinstieg wollen 37% derjenigen, die aktuell ihr zweites Studium absolvieren, mehr als 70.000 Euro von ihrem (künftigen) Arbeitgeber fordern. Bei denen, die noch keinen Studienabschluss vorweisen können, ist der entsprechende Anteil mit etwa einem Drittel ähnlich hoch.

Harald Thomeczek

"Die Preise für Entwickler sinken"

Nimmt Übertreibungen bei den Gehältern wahr und will sie nicht mitmachen: Gerd Kropmanns.

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Quelle: Die Wohnkompanie NRW

Karriere 26.09.2019
Gerd Kropmanns, geschäftsführender Gesellschafter der Wohnkompanie NRW, bekommt seit ein paar Monaten spürbar mehr Bewerbungen. Sein Eindruck: Viele Entwickler schauen sich in Zeiten wachsender ... 

Gerd Kropmanns, geschäftsführender Gesellschafter der Wohnkompanie NRW, bekommt seit ein paar Monaten spürbar mehr Bewerbungen. Sein Eindruck: Viele Entwickler schauen sich in Zeiten wachsender Unsicherheit rund um die Immobilienmärkte nach einem sicheren Arbeitsplatz um.

Immobilien Zeitung: Herr Kropmanns, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage: Für Bauträger und Wohnprojektentwickler wie die Wohnkompanie NRW läuft es wie geschnitten Brot, die Produkte werden ihnen aus den Händen gerissen. Nur das knappe Personal treibt den Unternehmen Sorgenfalten auf die Stirn, die Leute können sich die Rosinen rauspicken.

Gerd Kropmanns: Die Leute können sich den Arbeitgeber eben nicht mehr aussuchen. Das war vielleicht bis vor einem halben Jahr so. Der Wind hat sich aber gedreht.

IZ: Wie das?

Kropmanns: Diese ganzen Diskussionen aus der Politik um Mietpreiskappung und Mietendeckel und Enteignung verschrecken viele Investoren. In Berlin brennen Autos von der Deutschen Wohnen. Das ist alles ein absoluter Jobkiller. Und der Handelskonflikt zwischen den USA und China verunsichert die Unternehmen und die Mitarbeiter auch.

IZ: Entwickler sind nicht mehr so gefragt wie vor ein paar Monaten?

Kropmanns: Wir als Wohnkompanie NRW bekommen seit ein paar Monaten viel mehr Bewerbungen als vorher, auch von richtig guten und erfahrenen Leuten.

IZ: Welchen Reim machen sie sich darauf?

Kropmanns: Ich habe den Eindruck, dass viele Entwickler sich jetzt nach einem sicheren Arbeitsplatz umschauen. Die Leute suchen Sicherheit, und wir verstehen uns als solider Mittelständler, bei dem man gutes Geld verdienen kann. Wir zahlen aber keine übertriebenen Preise und müssen darum auch keine überteuerten Leute entlassen, wenn der Zyklus runtergeht.

IZ: Der gute alte Schweinezyklus lebt noch?

Kropmanns: Der Zyklus ist definitiv nicht tot. Dass es irgendwann abwärts geht, ist nur eine Frage der Zeit.

IZ: Andere Bauträger und Wohnungsentwickler spielen mit dem Feuer?

Kropmanns: Andere Unternehmen haben gerade im Bereich der Geschäftsführung Leute zu Gehältern eingestellt, die teilweise um 50% überhöht sind. Die werden dann als Erstes wieder freigestellt, wenn es nicht mehr so gut läuft.

IZ: Wie haben sich denn die Marktgehälter in letzter Zeit entwickelt, wenn plötzlich viele Entwickler auf Jobsuche sind?

Kropmanns: Die Preise für Leute sind in den letzten Monaten gesunken.

IZ: Was kann man bei der Wohnkompanie NRW verdienen?

Kropmanns: Grundsätzlich kann bei uns jeder das verdienen, was er möchte - er muss nur entsprechend mehr Umsatz bringen und Geld fürs Unternehmen verdienen. Aber wir würden unsere Bestandsmitarbeiter vor den Kopf stoßen, wenn wir neue Leute zu übertriebenen Gehältern einstellen würden. Außerdem können wir nur Menschen gebrauchen, die auch in schlechten Zeiten zu uns passen.

IZ: Okay, und was kann man jetzt bei Ihnen verdienen?

Kropmanns: Wir bieten ein ordentliches Fixgehalt und eine ergebnisorientierte variable Gratifikation: Unsere Mitarbeiter können das Grundgehalt um bis zu 50% ausbauen, wenn sie Leistung bringen und das Ergebnis stimmt.

IZ: Haben Sie ein Beispiel in absoluten Zahlen?

Kropmanns: Jemand mit Ausbildung, Bachelor, Master, dem Immobilienökonomen und fünf Jahren Berufserfahrung kommt mit Ende 20 bei uns auf 70.000 Euro im Jahr. Das muss man dann aber schon alles mitbringen. Und so jemand trägt dann auch eine große Projektverantwortung, verhandelt mit Behörden usw.

IZ: Was ist denn für Berufseinsteiger bei der Wohnkompanie NRW drin?

Kropmanns: Ein Bachelor mit Ausbilung verdient bei uns zum Einstieg das Gleiche wie ein Master ohne: um die 43.000 Euro. Ein Master mit Ausbildung kann mit bis zu 48.000 Euro einsteigen. Einen Bachelor ohne Ausbildung nehmen wir erst gar nicht.

IZ: Wie nehmen Sie den Nachwuchs in puncto Gehaltswünsche wahr?

Kropmanns: Oft als gierig. Manche wollen schon nach drei Jahren im Job 80.000 Euro fix. Sie vergleichen sich mit irgendwem, von dem sie gehört haben, dass er so viel verdienen soll - sehen aber nicht, dass der andere einen Abschluss mehr vorweisen kann, vorher eine Ausbildung gemacht hat oder schon größere Verantwortung trägt.

IZ: Wenn die Preise für gestandene Leute, wie Sie sagen, zuletzt gesunken sind: Wie haben sich dann in jüngster Zeit die Preise für Nachwuchskräfte entwickelt?

Kropmanns: Die Gehaltsspirale hat sich kräftig gedreht. Inzwischen hat sich der Trend wieder beruhigt: Die Unternehmen stellen fest, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

IZ: Vielen Dank für das erhellende Gespräch, Herr Kropmanns!

Die Fragen stellte Harald Thomeczek.

Harald Thomeczek

Der Traumberuf heißt Projektentwickler

Auch Frauen haben die Projektentwicklung als Wunschberuf im Blick. Jede Zweite der befragten Studentinnen strebt in diese Sparte.

Auch Frauen haben die Projektentwicklung als Wunschberuf im Blick. Jede Zweite der befragten Studentinnen strebt in diese Sparte.

Quelle: Fotolia.com, Urheber: Kzenon

Karriere 12.07.2018
"Projektentwicklung ist Lebenserfahrung. Und wichtige Erfahrungen macht man selten im Guten", sagt Christoph Gröner, Chef der CG-Gruppe. Die Projektentwicklung ist also nichts für ... 

"Projektentwicklung ist Lebenserfahrung. Und wichtige Erfahrungen macht man selten im Guten", sagt Christoph Gröner, Chef der CG-Gruppe. Die Projektentwicklung ist also nichts für Zartbesaitete. Dennoch fasziniert dieses Berufsfeld die meisten der Studenten, die an der Arbeitsmarktbefragung von Immobilien Zeitung und Immo Media Consult teilgenommen haben.

Sie gilt als Königsdisziplin der Immobilienbranche: Die Projektentwicklung ist ein vielseitiges und verantwortungsvolles Handlungsfeld. Das macht ihren Reiz aus - auch unter den 418 Studenten, die an der diesjährigen Befragung im Rahmen der IZ-Joboffensive teilgenommen haben. Fast jeder Zweite (46%) hat bei der Frage nach dem künftigen Wunscharbeitsfeld eines seiner zwei Kreuze bei der Projektentwicklung gesetzt. Dabei gab es etliche Alternativen, die von der Makelei über die Bewertung bis hin zur Hausverwaltung reichten. Deutlich hinter der Projektentwicklung landete das Asset-Management auf Platz zwei (29% der Befragten) vor dem Fondsmanagement/Investment (19%), Projektmanagement/-steuerung (18%) und der Immobilienberatung (12%).

Die jungen Leute, die sich in einem immobilienwirtschaftlichen oder themennahen Studium befinden, wissen genau, auf was sie sich bei der Projektentwicklung einlassen. Viele begründen ihre Wahl damit, dass sie eine Arbeit erwartet, die den gesamten Prozess von der Grundstücksakquise bis zum Verkauf der Immobilie umfasst - inklusive Baustellenflair. Hinzu kommt der Kundenkontakt und ein Mix aus Büroarbeit und Auswärtstätigkeiten. Das Gehalt ist dabei nur ein Punkt von vielen. "Gerade zu Beginn der Berufslaufbahn, wenn man selbst noch recht unerfahren ist, ist das vermutlich ein guter Weg, recht schnell vielschichtige Erfahrung zu sammeln", sagt Tobias Webhofen, ein ehemaliger Student an der Irebs-Hochschule in Regensburg.

Doch ist diese Berufswahl wirklich so glücklich? Einerseits drehen sich etliche Baukräne, die Auftragsbücher sind voll, Fachkräfte werden gesucht. Andererseits wird das kurzfristig verfügbare Bauland knapp, die Preise steigen. "Keiner weiß, wie lange die Party noch geht", sagt ein auf Anonymität bedachter Marktbeobachter. Der Boom in der Immobilienbranche werde nicht ewig anhalten. Und wenn das Geld für Projekte ausgeht, würden auch weniger Entwickler gebraucht. "Ach was", sagen hingegen einige Aktive und Arbeitgeber. "Wann ist die Immobilienwirtschaft schon mal richtig zusammengebrochen?", fragt Gerd Kropmanns, Geschäftsführer der Wohnkompanie NRW. "Selbst nach 2007 hatten wir keinen echten Crash." Sein Unternehmen hat die eigenen Projekte zumindest für die nächsten acht Jahre gesichert. Und auch Rüdiger von Stengel, geschäftsführender Gesellschafter und CFO von Art-Invest, beruhigt. Er sieht künftig eine Auflösung der Berufsgrenze zwischen Projektentwickler und Asset-Manager. Die hohen Kosten von Neuentwicklungen auf der grünen Wiese ließen nun Bestandsentwicklungen stärker in den Fokus rücken. Der Bedarf an Entwicklern bleibt demnach hoch. Und das Interesse am Fach offensichtlich ebenso.

In der Champions League der Immoberufe wollen viele spielen. Doch nur wenige schaffen es. Gerade die Vielseitigkeit der Arbeit ist es, die den Studenten abseits vom Fachwissen viel abverlangt. Schon bei der Grundstücksakquise müsse der Entwickler ein gutes Auge beweisen, sagt Kropmanns. Auf der einen Seite bedarf es viel Kreativität, um recht schnell eine Idee zu haben, was dort realisiert werden könnte. Anderseits sind der Fantasie Grenzen gesetzt. Denn der Entwickler dürfe die Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen und müsse erkennen, was am Ende marktkonform ist und verkauft werden kann. "Der Projektentwickler muss die mutmaßlichen Bedürfnisse der Gesellschaft erfassen und daraus Geld machen", erklärt auch Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender der Berliner CG-Gruppe.

Während des ganzen Prozesses gilt es zudem, unzählige Zügel in der Hand zu halten. "Der Projektentwickler braucht einen inneren Kompass", sagt von Stengel. Er müsse wissen, welcher Schritt vor dem nächsten kommt. "Ein Student kann das kaum leisten, wenn er frisch aus der Hochschule kommt." Deswegen ist es umso wichtiger, dass der junge Mensch erkennt, wann er sich Rat von anderen einholt. Zu großer Stolz ist da fehl am Platz.

Darüber hinaus ist der Umgang mit vielen verschiedenen Charakteren eine alltägliche Herausforderung. Sei es der Bürgermeister, der oft am längeren Hebel sitzt, die Bürgerinitiative, die gegen das Projekt demonstriert, die Bauverwaltung im Rathaus, die sich mit der Genehmigung Zeit lässt, oder der Architekt mit seinen hochfliegenden Entwürfen. "Ganz wichtig ist es, ein Teamplayer zu sein", betont daher Bonava-Personalreferentin Stephanie Voss. Und Kropmanns ergänzt: "Menschenkenntnis und diplomatisches Geschick sind von Vorteil." Das heißt aber in manchen Situationen auch, sich durchsetzen zu können.

Am Ende steht manchmal allerdings auch ein Rückschlag - eine Situation, mit der souverän umgegangen werden muss. Das will gelernt sein und ist nicht selbstverständlich. "Viele Berufseinsteiger sind in ihrem bisherigen Leben von Erfolg zu Erfolg gerannt", berichtet Kropmanns. Sie seien echte Rückschläge oft nicht gewohnt.

Das alles sind Anforderungen, die ein junger Mensch kaum mitbringen kann. "Projektentwicklung ist Lebenserfahrung", sagt Gröner. Jedes Projekt sei anders, jedes bringe neue Herausforderungen mit sich. "Ich selbst lerne auch noch jeden Tag dazu", sagt er. Dementsprechend müssen sich Berufseinsteiger darauf einstellen, dass sie zuerst mit kleineren Aufgaben betraut werden. In aller Regel arbeiten Anfänger die erste Zeit einem erfahrenen Projektentwickler zu. "Sie gehen zum Beispiel gemeinsam in ein Meeting und der Junior macht die operative Nacharbeit", erzählt von Stengel. Der Senior widmet sich in der Zeit dann strategischen Fragen und der Netzwerkpflege. Dabei lernt der Junior den Prozess von A bis Z kennen. Nach etwa zwei Jahren darf er bei Bonava kleine Projekte mit mindestens 30 Wohneinheiten selbst entwickeln. Dabei steht ihm das mindestens zehnköpfige Projektteam mit Rat und Tat zur Seite. Als "erfahrener Projektentwickler" gilt man aus Sicht von Kropmanns erst nach einer etwa zehnjährigen Berufserfahrung.

Ausdauer ist gefragt. Und was für Petra Gacheru, HR-Managerin bei der BPD Immobilienentwicklung, am wichtigsten ist: "Man sollte sich den Beruf aussuchen, für den man Herz und Leidenschaft mitbringt." Dem kann Gröner nur zustimmen. "So richtig etwas auf die Reihe gebracht habe ich seit dem Moment, als ich eine Idee hatte und mich voll reingehängt habe."

Anke Pipke