Karriere-News

"Ich bin Gründerin, weil ich Verantwortung übernehme"

Kirsten Dahler.

Kirsten Dahler.

Quelle: Dahler

Karriere 29.02.2024
Kirsten Dahler führt seit 30 Jahren zusammen mit ihrem Mann das Maklerhaus Dahler. Es ist mit fast 500 Mitarbeitern deutschlandweit vertreten. ... 

Kirsten Dahler führt seit 30 Jahren zusammen mit ihrem Mann das Maklerhaus Dahler. Es ist mit fast 500 Mitarbeitern deutschlandweit vertreten.

Erst vor wenigen Monaten feierte Kirsten Dahler rundes Firmenjubiläum des Maklerhauses Dahler, das sie von Hamburg aus mit ihrem Ehemann vor 30 Jahren aufgebaut hat. An den Start, an einem damals für sie noch unbekannten Standort, erinnert sie sich gut. "Anfangs haben wir alles selbst gemacht: jede Besichtigung, jede Auftragsakquisition und jeden Notartermin. Von Anfang an waren wir besonders umtriebig. Wir mussten ein Netzwerk aufbauen, wollten Veranstaltungen besuchen und keinen Anruf verpassen."

Nach und nach gab es Mitarbeiter:innen, die diese Aufgaben zum Teil übernehmen konnten, und Dahler rutschte in eine andere Rolle: die der Kommunikatorin, die alle Fäden zusammenhält. Denn für das Unternehmen sind inzwischen rund 470 Mitarbeiter an 84 Standorten tätig. Einen großen Wachstumsschub gab es ab 2000, als ein Lizenzsystem eingeführt wurde. Gelernt habe Dahler seitdem vor allem, Verantwortung zu übernehmen. "Nicht nur gegenüber dem Finanzamt, sondern vor allem gegenüber den Mitarbeitern. Man muss ihnen Sicherheit geben und ehrlich mit ihnen umgehen." Dabei sei es egal, ob es in der Gründungsphase nur drei sind oder später mehrere Hundert. Das gelte besonders während Krisenzeiten. "Uns wurde mal das komplette Team am Standort Düsseldorf abgeworben. In solchen Momenten muss man für ein Gefühl von Sicherheit für alle anderen Mitarbeiter sorgen", nennt sie ein konkretes Beispiel. Aber auch während der Corona-Pandemie haben sich ihre meisten Gedanken um die Zukunft ihrer Angestellten gedreht.

Inzwischen denkt die Unternehmerin über eine passende Nachfolgeregelung nach, um die Zukunft ihrer Firma zu sichern. "Ab einem gewissen Alter passt man ja nicht mehr in ein junges Team", gibt sie zu. Im November hat deshalb Florian Freytag-Gross die CEO-Rolle bei Dahler angetreten und führt das Unternehmen seitdem mit dem Ehepaar gemeinsam. "So soll ein fließender Übergang sichergestellt werden, für den Moment, in dem wir uns komplett zurückziehen."

Wann genau dieser kommen wird, stehe aber noch nicht fest. "Gerade hier in Hamburg sind mein Mann und ich noch immer die Gesichter des Unternehmens. Dass die Menschen einen kennen, gerade weil man etwas geschafft hat, tut dem eigenen Selbstwertgefühl gut." Angst vor dem Gründen habe Dahler nie gehabt, auch wenn zu Beginn das Geld noch knapp war. "Hätte es nicht geklappt, wären mein Mann und ich wieder in ein Angestelltenverhältnis gewechselt." Als Maklerin war sie nämlich auch vorher schon tätig.

Die Wirtschaft braucht mehr Gründerinnen
Die Wirtschaft braucht innovative Geschäftsideen, die Impulse und Lösungsansätze liefern, um ihr Fortbestehen und Wachstum zu sichern. Und Menschen, die sich zutrauen, sie umzusetzen: Gründer:innen. In der Immobilienbranche sind Frauen als Unternehmensgründer unterrepräsentiert – und damit auch ihre Perspektiven.

Janina Stadel

Bei Apoprojekt regiert die Pinnwand

Im Big Room treffen sich regelmäßig die Führungskräfte von Apoprojekt.

Im Big Room treffen sich regelmäßig die Führungskräfte von Apoprojekt.

Quelle: Apoprojekt

Karriere 22.02.2024
Um Transparenz zwischen verschiedenen Abteilungen zu schaffen, hat Geschäftsführer Stephan Winn bei Apoprojekt die Führungsmethode Lean Management eingeführt. Eine große Zettelwand im ... 

Um Transparenz zwischen verschiedenen Abteilungen zu schaffen, hat Geschäftsführer Stephan Winn bei Apoprojekt die Führungsmethode Lean Management eingeführt. Eine große Zettelwand im sogenannten Big Room hilft den Führungskräften seitdem, den Überblick über Kapazitäten und Projektziele zu behalten.

Methodik darf nicht Sinn und Verstand ausschalten. Sie muss als unterstützendes Werkzeug verstanden und eingesetzt werden", lautet das Credo von Stephan Winn. Als Geschäftsführer beim Entwickler Apoprojekt will er seinen Mitarbeitern immer wieder vor Augen führen, warum sie etwas tun, nämlich um Mehrwerte für ihre Kunden zu schaffen. Um sicherzustellen, dass in der Hauptverwaltung alle Führungskräfte dieses Ziel im Blick behalten, hat Winn eine Management-Methode eingeführt, die bei anderen nur im operativen Geschäft Anwendung findet: Lean Management.

Auf die Idee, die Führungsmethodik komplett umzukrempeln, kam Winn 2020, als das Unternehmen mitten im Wachstum steckte. Er wollte eine Möglichkeit schaffen, alle Akteure, die an einem Projekt beteiligt sind, ständig auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen zu halten. Ein externer Berater hatte das Lean Management für das operative Projektgeschäft vorgeschlagen. Dadurch sollten Zwischenstände eines Bauprojekts und nächste Schritte veranschaulicht werden. Und zwar ganz praktisch über Übersichtstafeln. "So konnten wir die Realisierungsprozesse komplexer Revitalisierungen von der Planung bis zur baulichen Ausführung stabilisieren", sagt Winn. Denn Hauptziel der Methode, die ursprünglich aus der Automotive-Branche stammt, sei die Steigerung von Kosten- und Terminsicherheiten durch verbesserte Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten, die Zugriff auf die Veranschaulichung haben.

"In der Hauptverwaltung können wir in jedes Planungs- und Bauprojekt schauen. Egal, wo wir in Deutschland gerade tätig sind. Wir erkennen terminliche, qualitative und monetäre Risiken und können entsprechende Maßnahmen ableiten. Aber niemand konnte von den Standorten aus nachvollziehen, welche Projekte wir in den Bereichen der Hauptverwaltung gerade bearbeiten. Das haben wir mit Einführung der Management- Methodik verändert. Denn interdisziplinäre Projekte gibt es in einem Unternehmen wie Apoprojekt in allen Bereichen – auch auf der Hauptverwaltungsebene", sagt Winn.

So wurde 2021 in der Hamburger Zentrale zunächst ein einfaches klassisches Büro umfunktioniert. Dort wurde Platz geschaffen, um mit Zetteln Ideen und Ziele von verschiedenen Mitarbeiter an einer Übersichtswand zu präsentieren. "Das erste größere Projekt, das wir auf Hauptverwaltungsebene mit dieser Methode umgesetzt haben, war der Jahresabschluss 2022 in der kaufmännischen Verwaltung", sagt Winn. Und tatsächlich konnte die Aufgabe vier Wochen schneller abgeschlossen werden als in den Jahren zuvor. "Da wurde uns allen der Mehrwert klar", sagt Winn.

Seit Anfang 2023 treffen sich Führungskräfte deshalb alle zwei Wochen im anschließend geschaffenen Big Room in der Unternehmenszentrale. Dort steht eine große Pinnwand bereit, auf der die Teams alle ihre Ziele und Schritte durch bunte Zettel im Blick behalten können. Angepinnt werden sowohl strategische Ziele für die kommenden zwei bis fünf Jahre als auch taktische, die Schritt für Schritt auf die strategischen einzahlen sollen.

"Als wir damit begannen, stand häufig nur die reine Anzahl und inhaltliche Qualität der definierten Ziele im Vordergrund", berichtet Winn. Bis zu zehn Zettel habe er zu manchen Meetings mitgebracht, doch gerade in der Anfangszeit habe er schnell gemerkt, dass das Übermaß an Kleinstzielen oft blockiert. "Wenn alle anfangen, zehn neue Ideen anzupacken, obwohl eigentlich nur Kapazitäten für eine da sind, dann bringt man am Ende nichts zur Umsetzung", so Winns Erkenntnis. Stattdessen haben er und seine Mannschaft im ersten Jahr mit dem Big Room vor allem eine Erkenntnis erlangt: Es kommt auf das richtige Priorisieren an.

Unternehmensziele werden für alle sichtbar

Inzwischen gebe es feste Strukturen beim Abarbeiten der angepinnten Zettel, bei ihrer Besprechung und beim Überdenken. So sei ein klarer Rahmen dafür entstanden, wie im Unternehmen agiert wird, was langfristig zu mehr Sicherheit beim Fällen von Entscheidungen führte. Bei Onboardings soll die Visualisierung außerdem helfen, neuen Kollegen die Unternehmensziele klarzumachen.

Weil Abteilungsleiter aus allen Bereichen an den Sitzungen im Big Room teilnehmen – selbst wenn ein Thema gerade gar nicht ihre tägliche Arbeit betrifft –, haben inzwischen alle Manager eine klare Vorstellung davon, welche Kapazitäten die einzelnen Abteilungen haben, und können dadurch einschätzen, wie realistisch ein Zeitplan zum Erreichen des nächsten Meilensteins ist. "Doch genau mit dieser Transparenz mussten einige am Anfang erst einmal klarkommen", sagt Winn. Dass Fortschritte kleingliedrig besprochen werden, war vor der Einführung der Pinnwand nicht üblich im Unternehmen, ebenso wenig die genaue Besprechung von Fehlern und Möglichkeiten, sie zu korrigieren oder in der Zukunft zu vermeiden. "So hat sich unsere gesamte Fehlerkultur geändert", beschreibt Winn eine weitere Folge, die sich aus der Arbeitsmethode ergeben hat.

Dass es viele Monate gedauert hat, bis das Team richtig auf die Arbeit mit dem Ideenboard eingespielt war, sieht Winn im Nachhinein als wertvoll an. "Hätten wir einen externen Experten zu Rate gezogen, hätten wir am Anfang wahrscheinlich viele Fehler vermeiden und schneller feste Strukturen aufbauen können. Doch gerade weil diese Anfangsschwierigkeiten von uns selbst ausgemerzt werden mussten, haben wir nicht nur einen gesunden Changeprozess durchlebt, sondern auch einen Weg gefunden, der genau zu uns passt. Die dadurch entstandene Flexibilität wird auch in Zukunft eine erfolgreiche Weiterentwicklung sicherstellen."

Janina Stadel

"Wenn ein Team funktioniert, spielt der Arbeitsort keine Rolle"

Für sein Unternehmen Conpur hat Richard Liehmann kein einziges Büro gemietet.

Für sein Unternehmen Conpur hat Richard Liehmann kein einziges Büro gemietet.

Quelle: Conpur

Karriere 15.02.2024
Als zum Jahresbeginn die Gesellschaft Conpur aus den beiden Unternehmen Robeo und Inpera entstanden ist, ist CEO Richard Liehmann einen radikalen Schritt gegangen. Er und seine Mitarbeiter ... 

Als zum Jahresbeginn die Gesellschaft Conpur aus den beiden Unternehmen Robeo und Inpera entstanden ist, ist CEO Richard Liehmann einen radikalen Schritt gegangen. Er und seine Mitarbeiter in dem Digitalunternehmen, das Einkaufslösungen für die Bauwirtschaft anbietet, arbeiten komplett remote. Damit das gelingt, braucht es laut dem Unternehmensgründer passende Führungsstrategien.

Immobilien Zeitung: Herr Liehmann, Sie haben kein festes Büro. Von wo aus arbeiten Sie heute?

Richard Liehmann: Ich bin heute in meinem Homeoffice in Berlin. Aber es gibt auch Tage, an denen arbeite ich von Salzburg aus oder von irgendeiner anderen Stadt, genauso wie unser gesamtes Team.

IZ: Wenn alle jeden Tag remote arbeiten, hat Conpur dann überhaupt noch eine Firmenadresse, an die zum Beispiel die Post geliefert werden kann?

Liehmann: Rein rechtlich braucht in Deutschland jede Firma eine Meldeadresse. Und die haben wir auch. Die Post, die dort ankommt, wird regelmäßig abgeholt und an die Mitarbeiter weitergeleitet, die sie brauchen. Das geht meistens sehr schnell, denn die Briefe werden eingescannt und per E-Mail versandt. Aber Büros mit Arbeitsplätzen betreibe ich keinen einzigen Quadratmeter. Es würde für uns einfach keinen Sinn machen.

IZ: Warum machen Büros keinen Sinn für Ihr Unternehmen?

Liehmann: Wir sind mit derzeit sieben Mitarbeitern noch eine kleine Firma. Wenn ein neues Unternehmen in Deutschland in den Markt eintritt, kommen keine Kunden dorthin. Stattdessen sind wir es, die zu unseren Kunden und Auftraggebern fahren. Unsere Mitarbeiter verteilen sich in ganz Deutschland, dadurch kann immer derjenige zu einem Termin, der die kürzeste Anreise hat. Das spart den Angestellten Reisezeit und macht uns als Unternehmen gleichzeitig flexibel gegenüber Kunden, wenn es zum Beispiel um kurzfristige Termine geht. Stattdessen wäre es unwirtschaftlich, Bürostandorte in ganz Deutschland zu eröffnen.

IZ: Wie investieren Sie das Geld, das Sie für Büromieten einsparen, stattdessen?

Liehmann: Vor allem in Forschung, Produktentwicklung und in Personal – etwa in Form von Weiterbildungen.

IZ: Wie funktioniert die Gewinnung von Mitarbeitern in einem Unternehmen, das keine Büros hat, in denen für gewöhnlich ja auch Bewerbungsgespräche geführt werden?

Liehmann: Recruiting und Hiring funktionieren auch ohne Büro sehr gut. Sowohl die Bauwirtschaft als auch die Softwarebranche tun sich im Moment schwer mit der Gewinnung von Fachkräften. Wir sind bei der Suche nach Mitarbeitern nicht auf einen Standort oder eine Region festgelegt und haben so eine größere Auswahl an Bewerbern, die fachlich zu uns passen. Bewerbungsgespräche sind aber tatsächlich etwas umständlicher, wenn sie rein remote geführt werden.

IZ: Inwiefern? Was müssen Sie dabei besonders beachten?

Liehmann: Die Kennenlerngespräche erfordern ein hohes Maß an Vorbereitung. Ich muss mir genau überlegen, welche Fragen ich einem Bewerber stelle und was er von mir vielleicht wissen will. Dafür muss ich alle Unterlagen, wie zum Beispiel Informationen über unser Unternehmen, vorher zurechtlegen, um sie im Gespräch digital verfügbar zu haben. Auch kann ich nicht spontan einen Kollegen hinzuziehen oder dem Bewerber vorstellen. Ein Teamlead muss daher von Anfang an in die Terminabsprache mit eingebunden werden, damit er ebenfalls am Gespräch teilnehmen kann.

IZ: Fachliche Kompetenzen und Vorerfahrungen lassen sich in einem Videocall sicher gut abfragen, doch wie lernen Sie einen Bewerber auch menschlich kennen, um zu sehen, ob er ins Team passt?

Liehmann: Auch dafür gibt es einige Tricks, um jemanden aus der Reserve zu locken. Ich achte zum Beispiel immer auf den Hintergrund im Videocall, den sich jemand ausgesucht hat. Ich spreche an, was ich im Hintergrund sehen kann, sei es ein Gegenstand, oder ein Bild an der Wand. Solche Dinge können gute Ausgangspunkte für kurze Gespräche über Privates sein. Zudem versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen, wie sie auch wäre, wenn man im gleichen Raum sitzen würde, indem ich etwa zwischendurch aufstehe und das Fenster mal öffnet. Im Prinzip lerne ich die Leute so besser kennen als in einem sterilen Raum, der nicht ihr gewohntes Umfeld ist. Und wem diese Einblicke ins eigene Zuhause schon bei der Bewerbung zu privat sind, der passt nicht zu unserer Arbeitsweise.

IZ: Ein passendes Arbeitszimmer zuhause zu haben, ist aber dadurch irgendwie Voraussetzung, um bei Ihnen anfangen zu können, oder?

Liehmann: Wir arbeiten viel mit jungen Leuten zusammen. Die haben meistens ohnehin einen geeigneten Arbeitsplatz bei sich zuhause. Wenn ihnen Ausstattung fehlt, sei es ein Monitor oder ein geeigneter Schreibtisch, dann versorgen wir sie damit. Ob wir Arbeitsmittel anschaffen, um sie in ein zentrales Büro zu stellen, oder um sie an mehreren Orten zu verteilen, das macht doch keinen Unterschied. Und sollte jemand wirklich mal keine Möglichkeit zu Hause haben, finden wir eine Lösung. Ich denke zum Beispiel an Coworkingspaces oder ähnliche Angebote, die es inzwischen in fast jeder Stadt gibt.

IZ: Wenn schon die Einstellung von neuen Kollegen remote geschieht, kennen sich Ihre Mitarbeiter dann untereinander überhaupt persönlich?

Liehmann: Wir versuchen alle vier bis sechs Wochen Treffen zu ermöglichen. Nur eben nicht im gemeinsamen Büro. Stattdessen kann das zum Beispiel eine Zusammenkunft nach einem gemeinsamen Kundentermin in der dortigen Stadt sein. Zudem gibt es bei uns wie bei jedem anderen Unternehmen auch Workshops und Weihnachtsfeiern, bei denen alle zusammenkommen.

IZ: Und im Alltag?

Liehmann: Das zufällige Treffen oder der Plausch an der Kaffeemaschine fallen bei uns weg. Wir müssen diese Begegnungen remote abbilden und das bedeutet vor allem, Raum dafür schaffen.

IZ: Wie geht das konkret?

Liehmann: Es bedeutet vor allem, dass regelmäßige Meetings oder Wochengespräche anders geführt werden müssen, als es viele aus der Branche kennen. Es bedeutet, dass Führungskräfte in einem Meeting nicht nur die Themen-Agenda abarbeiten dürfen. Stattdessen muss vor und nach jeder Sitzung Zeit sein, um auch Themen aus der Vorwoche aufzugreifen, zu fragen, wie das Wochenende war, oder andere private Themen zuzulassen. Dafür muss das Mindset bei den Führungskräften stimmen, denn wenn sie sich nur eine halbe Stunde Zeit nehmen, um fünf Entscheidungen zu treffen, dann trauen sich ihre Mitarbeiter gar nicht, in diesem Rahmen auch auf die persönliche Ebene zu wechseln. Für uns bei Conpur heißt das, wir müssen klar machen, dass das erwünscht ist. Und inzwischen haben auch die Mitarbeiter diese Meetingkultur für sich angenommen.

IZ: Welche Besonderheiten gibt es zudem noch für Ihre Mitarbeiter?

Liehmann: Sie müssen gut kommunizieren und sich selbst organisieren können. Mit kommunizieren meine ich, dass sie es schaffen trotz Distanz in Kontakt zu bleiben, und zwar auch eigeninitiativ zum Beispiel über Videocalls. Selbstorganisation ist wichtig im Alltag, wenn es darum geht, Arbeitsmaterial zu beschaffen. Bei uns bestellen die Mitarbeiter selbst, was sie brauchen. Das erspart uns übrigens viel Kapazitäten in der Buchhaltung. Aber auch das Zeitmanagement ist wichtig, damit man sich im Homeoffice nicht verliert.

IZ: Wie sehen bei Ihnen die Arbeitszeiten aus?

Liehmann: Es gibt eine frei definierte Kernarbeitszeit von etwa zehn bis 15 Uhr. In dieser Zeit sollte jeder erreichbar sein – für Kunden, aber auch für Kollegen. Ansonsten kann sich das jeder frei einteilen. Wer ein klares Ziel vor Augen hat, etwa bei der Umsetzung eines Projekts, der wird sich selbst so organisieren, dass er auch ohne Anweisung durch eine Führungskraft mit Kollegen in den Austausch geht, wo es nötig und sinnvoll ist.

IZ: Sie haben diese Arbeitsweisen von Beginn an im Unternehmen umgesetzt und ausgeführt. Das Team ist kurz nach der Firmengründung noch recht klein. Aber wäre ein solcher Schritt in einem großen Unternehmen überhaupt denkbar?

Liehmann: Dass unsere Arbeitsweisen auch in größeren Teams funktionieren, haben wir bereits während Corona-Zeit in den Vorgängergesellschaften bewiesen. Ich bin der festen Überzeugung, sie lassen sich überall umsetzen, wo es um Forschung, Projektarbeit und Produktentwicklung geht. Sicher aber nicht im produzierenden Gewerbe, wo Mitarbeiter Geräte und Maschinen gemeinsam nutzen müssen. Aber gerade in unserer Branche schaffen es ja auch schon viele Firmen, über Standorte hinweg zu arbeiten. Da existieren schon funktionierende Verbindungen von Büro zu Büro – bei uns eben von Homeoffice zu Homeoffice. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass eine Führungskraft die Arbeitsweisen vorlebt, sich an Absprachen hält und die Mitarbeiter stets motivieren kann. Denn wenn ein Team an einem gemeinsamen Ziel arbeitet und richtig funktioniert, dann spielt der Arbeitsort keine Rolle für das Endergebnis.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Janina Stadel.



Janina Stadel

"Ich will zeigen, dass ich nicht nur der Real-Estate-Guy bin"

Marc K. Thiel setzt auf Fahrräder statt Immobilien.

Marc K. Thiel setzt auf Fahrräder statt Immobilien.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Peter Maurer

Karriere 08.02.2024
Rund 30 Jahre lang war Marc K. Thiel in den verschiedensten Positionen in der Immobilienwirtschaft aktiv, war unter anderem schon Makler, Banker, Fondsmanager oder Entwickler. Jetzt ist er ... 

Rund 30 Jahre lang war Marc K. Thiel in den verschiedensten Positionen in der Immobilienwirtschaft aktiv, war unter anderem schon Makler, Banker, Fondsmanager oder Entwickler. Jetzt ist er zum Kinderfahrradhersteller Puky gewechselt und bekommt Einblicke in eine Branche, in der der Alltag ganz anders abläuft. Eine berufliche Rückkehr zum Thema Immobilien kann er sich aber immer noch gut vorstellen.

Du kriegst Mails von Leuten, die sich für unsere Produkte bedanken – das kennen wir aus der Immobilienbranche gar nicht", sagt Marc K. Thiel zu neuen Erfahrungen nach seinem Branchenwechsel. Der langjährige Immobilienmanager ist seit September 2023 Co-Geschäftsführer beim Kinderfahrradhersteller Puky. Eine weitere Veränderung sei, dass er sofort die Ergebnisse der eigenen Entscheidungen sehen könne. "Wenn ich morgens sage: ,Ich möchte, dass die Fahrräder rot lackiert werden‘, dann stehen da abends rote Fahrräder." Wenn in der Immobilienbranche ein Manager nach fünf Jahren das Unternehmen verlässt, erlebe er dagegen oft gar nicht mehr, dass die Projekte fertig werden, die er angestoßen hat, sagt Thiel. Ohnehin seien die langen Genehmigungsprozesse für Immobilienentwickler schwierig. Wenn die Schaffung von Baurecht statt drei Jahren vier oder fünf dauere und gleichzeitig die Zinsuhr ticke, sei das für den Entwickler ein Problem – vor allem bei den teuren Mezzanine-Finanzierungen.

Das sei auch mit ein Grund, warum derzeit viele Projektentwickler in Schwierigkeiten seien, meint Thiel, der als Chief Transaction Officer der Gerch Group das alles hautnah miterlebt hat. Er habe sich dann die Frage gestellt, ob er zum dritten Mal eine Immobilienkrise erleben oder mal etwas Neues erkunden will – "zeigen, dass man nicht völlig betriebsblind und nur der Real-Estate-Guy ist, sondern ein Manager, der sich Herausforderungen stellt und sich zutraut, ein Traditionsunternehmen neu auszurichten."

Wobei Thiel in seiner rund 30-jährigen Tätigkeit in der Immobilienbranche schon oft gezeigt hat, dass er offen für Neues ist. Angefangen hat er nach der Wende als Makler bei Aengevelt Immobilien, ging dann für die Vermietung von nicht betriebsnotwendigen Immobilien zur Treuhand und von dort zur Metro – als "Libero" des Metro-Managers und späteren Sprechers der Geschäftsführung von Metro Real Estate, Wolfgang Karches, wie er es nennt. Für seinen Mentor betreute Thiel verschiedene Projekte, nicht nur aus dem Immobilienbereich, und stieg mit diesem zusammen im Konzern auf. Zuletzt war er als Immobilienchef International für die Auslandsexpansion der Metro verantwortlich. Danach war er unter anderem bei der Aareal Bank und baute für den dänischen Fondsanbieter Euro Eijendomme sowie den österreichischen Immobilienkonzern Soravia das Deutschlandgeschäft auf. Dabei hat er Erfahrung mit fast allen Assetklassen gesammelt – "außer Logistik und Kliniken", wie er sagt.

Zu Puky kam Thiel, weil ihn Bekannte den Gesellschaftern aufgrund seiner Erfahrungen bei der Metro als Berater für die geplante internationale Expansion empfohlen hatten. Thiel hat sich alles angeschaut, auf zwei DIN-A4-Seiten aufgeschrieben, was man seiner Meinung nach im Unternehmen ändern müsste, und damit offenbar mächtig Eindruck bei den Gesellschaftern gemacht. So wurde aus dem Berater Thiel der Geschäftsführer Thiel.

Dass sich etwas ändern muss, ist offensichtlich. In der Produktionshalle herrscht ab 15 Uhr gähnende Leere. Klar, das Fahrradgeschäft ist zyklisch und wenn es im Frühling wieder wärmer wird, wird es voraussichtlich auch wieder eine zweite Schicht geben. Aber dass hier auch schon in drei Schichten gearbeitet wurde, ist mit dem Weihnachtsgeschäft 2021 auch schon über zwei Jahre her. Andererseits ist Puky eine starke Marke. "Fast jeder in Westdeutschland kennt Puky", sagt Thiel. "Ich sage meinen Mitarbeitern: Brust raus, wir sind Puky – wie Coca-Cola oder BMW." Dass die Marke noch zieht, hat sich beim Werksverkauf gezeigt, der unter Thiel erstmals stattfand. Obwohl aus Rücksicht auf die Händler kaum Werbung gemacht wurde, seien an den zwei Tagen 3.500 bis 4.000 Menschen gekommen und hätten um die 1.000 Fahrräder gekauft.

Schnelle Ergebnisse und direkter Kundenkontakt

Bei Puky sind ohnehin alle stolz auf die Qualität der Produkte. Gerade erst hat die EU ein Puky-Rad ausgezeichnet, weil es die vorgeschriebenen Stabilitätsnormen um ein Vielfaches übertrifft. Zudem findet der Großteil der Produktion in den Werken in Deutschland und Polen statt. So kann Puky zum Beispiel innerhalb von Stunden die Lackierung der Räder ändern und so auf geändertes Kundenverhalten oder spezielle Lackierungswünsche von großen Partnern wie Bayern München oder Mini reagieren – wäre die Produktion in Asien, würde das dagegen Monate dauern. Allerdings sei die Marke etwas eingeschlafen, sagt Thiel und berichtet von Zeiten, in denen Puky-Räder nicht verkauft, sondern zugeteilt wurden, weil die Nachfrage die Produktionskapazitäten bei Weitem überstieg. Die Konkurrenz habe aber deutlich aufgeholt, was lange ignoriert worden sei.

Bei Puky sieht Thiel drei Hauptthemenfelder, die er angehen will: Zum einen soll es zum Ostergeschäft einen neuen Markenauftritt geben. Zum zweiten müssten neue Vertriebswege gesucht werden, gerade auch im E-Commerce. Thiel bringt das Beispiel der sogenannten "Play-Produkte", also Lauf- oder Dreiräder, die bisher überwiegend im Spielwarenhandel verkauft werden. "Der mit Abstand größte Spielwarenhändler ist mittlerweile Amazon. Wir können uns solchen Plattformen nicht mehr verwehren."

Das dritte Thema sei Internationalisierung, ohne die es kein Umsatzwachstum geben könne. In vielen europäischen Ländern ist Puky gar nicht oder kaum vertreten, auch nicht in den USA. Interessant seien auch Länder wie Japan oder Taiwan und insbesondere die Golfstaaten, die sehr deutsch- und markenaffin seien und speziell Dubai zudem sehr fahrradaffin. Für die Länder brauche es Partner, die zum Beispiel als Generalimporteur das Geschäft dort übernehmen. Aber auch eine Zusammenarbeit mit Immobilienentwicklern könnte sich Thiel vorstellen. "In Dubai gibt es Entwickler, die bauen jährlich Tausende Wohnungen. Die könnten doch jedem, der eine Wohnung mit Kinderzimmer kauft, ein Fahrrad schenken – und wir lackieren es in ihrem Unternehmensdesign."

Rückkehr in die Branche nicht ausgeschlossen

Traut sich Thiel diese Aufgaben als Branchenfremder zu? "Vertrieb und Markenbildung habe ich schon immer gemacht, das kann ich – und für E-Commerce habe ich zum Glück fähige Mitarbeiter." Ein Abschied für immer von der Immobilienbranche sei sein Engagement bei Puky ohnehin nicht. Thiel rechnet mit drei bis fünf Jahren, bis die Weichen gestellt seien, dann solle ein Jüngerer übernehmen.

In der Zwischenzeit würde Thiel gerne Aufsichtsrats- oder Beiratsmandate in der Immobilienbranche übernehmen. Nach seinem Ausscheiden bei Gerch hat er sich zum zertifizierten Aufsichtsrat weitergebildet. Als Selbstzahler und Immobilienmanager sei er im Kurs ein Exot gewesen – die anderen Teilnehmer seien von großen Unternehmen entsandt worden, um sich auf die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten bei Tochterfirmen vorzubereiten.

Den Kurs habe er gemacht, weil er ein aktiver Aufsichtsrat sein wolle. "Mein Ansatz ist, mein Wissen und mein Netzwerk einzubringen", sagt Thiel. Spannend findet er Themen, die schwierig sind – also aktuell vor allem Investment und Projektentwicklung. Da könne er am ehesten sinnstiftend tätig sein, denn: "Ich habe mich immer als Troubleshooter verstanden.
Der Autor: Peter Maurer ist Journalist in Wiesbaden.

Immobilien Zeitung

Junge Makler bevorzugen das Wohnsegment

Beim Vermitteln von Wohnimmobilien schätzen Nachwuchsmakler den direkten Kontakt zu Kunden und Mietern.

Beim Vermitteln von Wohnimmobilien schätzen Nachwuchsmakler den direkten Kontakt zu Kunden und Mietern.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Monkey Business

Karriere 01.02.2024
Als Immobilienmakler wollen nur wenige Nachwuchskräfte ihre Karriere in der Immobilienbranche starten. Vor allem die Vermittlung von Gewerbeimmobilien stößt bei Berufseinsteigern auf ... 

Als Immobilienmakler wollen nur wenige Nachwuchskräfte ihre Karriere in der Immobilienbranche starten. Vor allem die Vermittlung von Gewerbeimmobilien stößt bei Berufseinsteigern auf wenig Interesse. Dabei haben junge Profis mit Verkaufstalent in dem Segment durchaus gute Chancen auf ein hohes Gehalt ab dem ersten Jahr.

Ich werde von Arbeitgebern oft gefragt, wo der Nachwuchs bleibt", berichtet Stephan Kippes, Professor für Immobilienmarketing und Maklerwesen. Er unterrichtet seit 25 Jahren an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen und leitet das IVD-Marktforschungsinstitut. "Die Nachfrage nach Immobilienmaklern ist hoch", sagt er. Aber: Bei Hochschulabsolventen ist der Beruf nicht sonderlich beliebt. In der Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) haben in den vergangenen drei Jahren nur wenige Absolventen angegeben, ihre Karriere in der Immobilienwirtschaft als Makler starten zu wollen. 2023 machten sie weniger als 7% der mehr als 400 Umfrageteilnehmer aus.

Ein Berufsbild mit schlechtem Ruf bei Nachwuchskräften

Der Maklerberuf hat seit jeher mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Das resultiert unter anderem daraus, dass die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist. Da sich jeder mit einem Gewerbeschein Makler nennen kann, passiert es bisweilen, dass Makler mit geringem Fachwissen oder schlechter Arbeitsleistung auffallen und den Ruf der gesamten Branche schädigen.

Die jungen Generationen sind Maklern gegenüber besonders skeptisch: 55% der 18- bis 31-Jährigen haben nur geringes Vertrauen in Maklerdienste. Das hat eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Respondi im Auftrag des Regionalportal-Anbieters Meinestadt.de ergeben. Kein Wunder also, dass die Maklerbranche wenig Nachwuchskräfte anlockt.

Zudem hat sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren stark gewandelt und junge Arbeitnehmer legen heute viel Wert auf moderne Konzepte wie die Vier-Tage-Woche, Workation-Angebote oder Homeoffice. Solche Flexibilisierungen sind im Maklerwesen eher ungewöhnlich. Im Gegenteil: Man müsse vielmehr bereit sein, die Extrameile zu gehen, erklärt Dennis von der Recke, Immobilienberater bei Aptum. Denn gerade am Anfang kostet es viel Zeit, sich ein gutes Netzwerk aufzubauen. Zudem lassen sich Makleraufgaben nur schwer remote bewältigen, weil der Kundenkontakt entscheidend ist. Im Kampf um Fachkräfte haben Maklerunternehmen dadurch einen Nachteil.

Beim Gehalt ist der Beruf schon eher wettbewerbsfähig: Das Einstiegsgehalt für Hochschulabsolventen liegt im Wohnimmobiliensegment bei rund 52.000 Euro brutto im ersten Jahr. Bei Gewerbeimmobilien sind es knapp 56.000 Euro. Professor Kippes zufolge ist das Einstiegsgehalt allerdings nur bedingt aussagekräftig: Erstens variiere es von Unternehmen zu Unternehmen stark, zweitens sollten Berufseinsteiger die Aufstiegschancen in ihre Kalkulation aufnehmen. Wer mit einem niedrigen Gehalt anfängt, sich aber schnell im Unternehmen hocharbeiten kann, hat mittelfristig bessere Verdienstaussichten. Drittens ist das Grundgehalt oft nur ein Teil des Maklereinkommens. Denn es gibt in der Regel eine erfolgsorientierte Vergütung.

In der Maklerbranche ist eine Spezialisierung auf Wohn- oder Gewerbeimmobilien praxisüblich. Bei Engel & Völkers zum Beispiel können Berufseinsteiger entweder als Berater für Wohnimmobilien starten oder als Berater für Gewerbeimmobilien – eine Mischform gibt es nicht. Laut der IZ-Umfrage ist das Wohnimmobiliensegment beliebter. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

"In der Praxis ist der Einstieg in das Marktsegment für Wohnimmobilien gängiger", berichtet Bernd Fleischer, Geschäftsführer von Schürrer und Fleischer Immobilien. Denn: "Die Vermittlung von Gewerbeimmobilien ist deutlich anspruchsvoller und setzt ein größeres Fachwissen voraus." Außerdem erwarten Verkäufer von Gewerbeimmobilien oft eine gewisse Erfahrung und Reputation – und diese müssen sich Nachwuchstalente erst einmal erarbeiten. Berufseinsteiger bevorzugen Wohnimmobilien oft deshalb, weil ihnen die soziale Komponente gefällt. "Gerade Wohnimmobilien rufen Emotionen hervor und sind daher für viele Makler von großem Interesse", erklärt Fleischer. "Wenn man die Kundenbedürfnisse bedienen kann und eine passende Immobilie für sie findet, macht man Menschen glücklich." Dadurch sei der Job für viele attraktiv und erfüllend.

Der klassische Weg in den Beruf führt über eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann oder ein Studium in der Immobilienwirtschaft. "Reine Theoretiker sind als Makler allerdings eher ungeeignet", gibt Kippes zu bedenken. Wer ein Studium abgeschlossen hat und vertriebsorientiert handelt, hat beste Jobchancen. Deshalb sei die Kombination von Ausbildung und Studium besonders beliebt.

Eine immobilienwirtschaftliche Ausbildung ist auf dem Arbeitsmarkt durchaus von Vorteil: "In der Praxis erleichtert sie den Erstzugang zu bestimmten Jobangeboten", erklärt Immobilienmakler von der Recke. Insbesondere das Wohnimmobiliensegment eignet sich aber auch für Quereinsteiger. Was junge Talente vor allem mitbringen müssen, sind Verkaufstalent und Fachwissen.

"Die notwendigen Fachkenntnisse kann man sich aneignen", erklärt Immobilienmakler Fleischer dazu. Entscheidend seien vielmehr Soft Skills, etwa Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Verbindlichkeit und ein sicheres Auftreten. "Natürlich gehören auch ein entsprechendes Durchhaltevermögen, eine positive Einstellung sowie verkäuferisches Geschick zu den wichtigen Voraussetzungen", sagt er.

Wer all das mitbringt, hat als Makler gute Chancen. Und gute Zukunftsaussichten, wie Immobilienberater Dennis von der Recke erklärt: "Der Beruf lässt einen sehr breiten Überblick über die gesamte Branche zu", sagt er. Außerdem bietet er die Möglichkeit, mit allen Stakeholdern der Immobilienwirtschaft zusammenzuarbeiten. "Darüber hinaus hat man tagtäglich mit unterschiedlichsten Unternehmen und Charakteren zu tun." So lassen sich viele verschiedene Perspektiven kennenlernen.

Die Autorin: Johanna Stein ist Journalistin bei der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Johanna Stein

Gründerzeit in der Kanzleienszene

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Urheber: Nell Killius

Karriere 25.01.2024
Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ... 

Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ihnen in Zeiten von "Firesales" die Arbeit nicht ausgeht.

Der Name Zirngibl taucht im Archiv der Immobilien Zeitung (IZ) 45 Mal auf. Die Münchner Immobilienkanzlei beriet 2023 den Asset-Manager 7280 beim Kauf einer Büroimmobilie in Düsseldorf, im selben Jahr war sie Rechtsberater für Bauwerk beim Verkauf eines Holzhybridgebäudes in München an die Kommunale Unfallversicherung Bayern.

Anker May ist in der "Anwaltsstraße" zuhause

Anfang dieses Jahres sorgte die Sozietät selbst für Schlagzeilen. Fünf Mitglieder des Immobilienrechtsteams kehrten Zirngibl den Rücken und gründeten Anker May. Die Gründer der neuen Immobilienrechtskanzlei sind Axel Anker, Ulrich May, Sydney Gottschalk, Christina Penningroth (jeweils Partner) und Charlotte Plück. Auf rund 350 qm hat sich das Start-up in der Max-Joseph-Straße 7 eingerichtet. Unter Münchner Juristen ist das die "Anwaltsstraße", weil viele renommierte Kanzleien dort ihre Büros haben.

Das Motto von Anker May lautet "Immobilie pur". Bei Zirngibl ist Immobilien- und Baurecht nur eines von mehreren Beratungsgebieten. Die Verteilung von Investitionen muss zwischen den Partnern immer wieder neu ausgehandelt werden. "Bei Anker May können wir alle Ressourcen auf eine Sache konzentrieren", sagt Ulrich May. Auch der Besuch einer teuren Immobilienmesse bedürfe nun "keiner Abstimmung" mehr. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, sei dadurch erleichtert worden, "dass wir wussten, dass es weitergeht". Fast alle Mandanten aus der Zirngibl-Zeit seien ihnen erhalten geblieben.

Der Arbeit der fünf Gründer bleibt in den neuen Strukturen die gleiche. Nur Baurecht wird erst einmal eine untergeordnete Rolle spielen. "Das Bauthema haben wir vorerst bewusst hinter uns gelassen, wir werden aber mit den ehemaligen Kollegen von Zirngibl kooperieren", versichert May. Zu den Mandanten von Anker May zählen viele Projektentwickler, darunter auch Family-Offices. Einige von denen rechneten sich gerade jetzt etwas aus. "In Deutschland und insbesondere in München gibt es ja zum Glück einige große Familienvermögen. Die kamen jahrelang nicht zum Zug, weil sie die riesigen Faktoren und Preise nicht mitgehen wollten. Deren Zeit ist nun gekommen", sagt May. 2024 werde überhaupt ein "sehr interessantes" Jahr. "Die Finanzierer werden einen Perspektivwechsel vollziehen müssen. Weg von der Frage, wie viel Rendite sie bei einer Finanzierung erzielen, hin zu der Frage, wie man den Schaden etwa durch die Insolvenz einer Projektgesellschaft minimieren kann." Unlängst habe er ein Gespräch mit einer Fondsgesellschaft gehabt. "Die wollen ein Projekt im Bau kaufen. Jetzt gilt es, nur noch die Bank und den Entwickler zu überzeugen."

Allein auf das volatile Transaktionsgeschäft will sich Anker May aber nicht verlassen. "Sie können sich als Immobilienkanzlei nicht nur auf Transaktionen konzentrieren", stellt Christina Penningroth klar. "Das ist oft ein Stop-and-Go und zum Schluss wird dann häufig doch nicht gekauft. Sie brauchen auch laufendes Geschäft." Dazu zählen Beratungsmandate im Bereich Projektentwicklung und Portfolioverwaltung. "Wir nennen das unser Brot- und Buttergeschäft." Derzeit sucht die Kanzlei Verstärkung für das Immobiliensteuerrecht. "Wir wollen diesen Bereich ausbauen."

Berkers & Cie. startet auf 2.000 qm im Hochhaus

Steuern – das ist auch die Kernkompetenz von Berkers & Cie. in Frankfurt. Hinter dieser Neugründung stehen als Eigentümer (Equity-Partner) die Brüder Dominik und Severin Berker, beide Steuerberater. Zusammen mit Gitta Gehring (Rechtsanwältin/Steuerberaterin), Daniel Cehovin (Steuerberater) und Henning Schuchhardt (Steuerberater) haben sie Ende 2023 die renommierte Immobilienkanzlei Hauck Schuchardt (117 Treffer im IZ-Archiv) verlassen. Der Schritt sorgte in der Frankfurter Anwalts- und Steuerberaterszene für einiges Aufsehen, geht doch einer der Namensgeber von Hauck Schuchardt von Bord. Berkers & Cie ist vom Start weg ein mittelständischer Betrieb. Für 72 Beschäftigte wurden 2.000 qm im Global Tower im Frankfurter Bankenviertel gemietet. Die üppige Flächenausstattung in Zeiten des Homeoffice erklärt Dominik Berker so: "Wir haben uns entschieden, jedem Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz in einem eigenen Büro zur Verfügung zu stellen, welches sie neben der Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, täglich nutzen können."

Berkers & Cie. will sich voll auf das Thema Immobilie und Steuern konzentrieren. "Auch in schwierigen Zeiten sind Steuerberatung, Jahresabschlüsse und Buchhaltung erforderlich", sagt Severin Berker. Er nennt das die "konjunkturunabhängige Basisarbeit". Sollte es mit der Branche wieder aufwärts gehen, sei "mit einem zusätzlichen Beratungsbedarf" zu rechnen, etwa durch Transaktionen. Die Zeichen für einen Aufschwung stünden nicht schlecht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde habe auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die erste Senkung des Leitzinses im Sommer in Aussicht gestellt. Glaube man den weiteren Leitzinsprognosen der Volkswirte, "erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte erste Stimulierungen für den Investitions- und Transaktionsmarkt", sagt Severin Berker. Kommt es anders, sieht sein Bruder Dominik der näheren Zukunft dennoch gelassen entgegen. "Firesales, Übernahmen, Restrukturierungen" – in diesem Umfeld gebe es jede Menge Beratungsbedarf steuerrechtlicher Art. "Marktkonsolidierungen sind immer ein Feld, auf dem gerade steuerliche Fragestellungen von Relevanz gedeihen. Solche Herausforderungen mögen wir", erklärt er selbstbewusst.

Ansonsten bemühen sich die Brüder, den Weggang von Hauck Schuchardt zu entdramatisieren. "Dass Partner zu anderen Kanzleien oder in die Selbstständigkeit wechseln, ist nun wahrlich kein Novum. Wir beide sind seit mehr als 15 Jahren gemeinsam in der Steuerberatung aktiv. Die Idee, eine eigene Beratung zu gründen, schwirrte uns schon lange im Kopf herum", erläutert Dominik Berker. Seine alte Partnerschaft sah sich dennoch zu einer Pressemitteilung bemüßigt. Hauck Schuchardt habe seine "Strukturen und das Dienstleistungsangebot im Bereich Steuern überarbeitet und neu ausgerichtet". Im Mittelpunkt stehe die verstärkte "Verzahnung von juristischer und steuerrechtlicher Beratung für die Immobilienwirtschaft". Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung hätten zwei Partner aus dem Steuerberatungs-/Buchhaltungsbereich die Kanzlei verlassen, "um auch in Zukunft ihr rein auf traditionelle Steuerberatung ausgerichtetes Geschäft zu betreiben". Der Name der beiden ehemaligen Partner wird nicht genannt.

Christoph von Schwanenflug

Nicht alle schaffen es auf die Bühne

Gefragter Speaker zum Thema Gesundheitsimmobilien: Berthold Becker von TSC Real Estate.

Gefragter Speaker zum Thema Gesundheitsimmobilien: Berthold Becker von TSC Real Estate.

Quelle: Strumpf Eventmanagement

Karriere 18.01.2024
Ohne Experten, die auf Podien kompetent zu einem Thema sprechen, könnten Immobilienkongresse nicht stattfinden. Speaker:innen repräsentieren auf dem Podium aber auch ein Unternehmen. ... 

Ohne Experten, die auf Podien kompetent zu einem Thema sprechen, könnten Immobilienkongresse nicht stattfinden. Speaker:innen repräsentieren auf dem Podium aber auch ein Unternehmen. Darum überlegen es sich die Firmen gut, wen sie auf die Fachöffentlichkeit loslassen. "Unsere Speaker sollten auf Panels spontan reagieren können", sagt zum Beispiel Berthold Becker von TSC Real Estate.

Das Geschäft mit Gesundheitsimmobilien hat gute Zukunftschancen – kein Wunder, denn die Deutschen werden immer älter und die Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen und Wohnen mit Pflege steigt. Das spielt Berthold Becker, Geschäftsführer von TSC Real Estate, in die Karten. Nicht nur, weil sich lukrative Investmentmöglichkeiten auftun, sondern weil er auch ein gefragter Speaker ist. Auf der Immobilienmesse Expo Real hat er beispielsweise Investoren auf einem Fachpanel erklärt, wie Gesundheitsimmobilien genutzt werden können, welche Kosten anfallen und wie sich der Markt entwickeln wird.

Becker ist seit zwei Jahrzehnten in der Branche aktiv, wechselte im Jahr 2018 von JLL zu TSC Real Estate. Sein Name ist bekannt, er bringt Weitblick und Expertise mit. Deshalb ist das Speaker-Geschäft in seiner Firma zunächst Chefsache gewesen: TSC Real Estate wurde Mitte 2017 gegründet, als Spin-off der luxemburgischen Investmentgruppe Threestones Capital. "Ich habe mich erst einmal darauf fokussiert, uns sichtbarer zu machen, indem nur ich auf dem Podium saß."

Im letzten Jahr durften dann erstmals zwei der 34 Mitarbeiter:innen ihre Expertise auf Podien präsentieren: Jenniffer Solomon, die seit 20 Jahren in der Branche tätig ist und seit Januar 2023 als Head of Business Development unter anderem für das Neugeschäft verantwortlich zeichnet, sowie der 31-jährige Maximilian Woiczikowsky, der das Team Investment Management leitet. Bei der Auswahl ging es Becker nicht um Seniorität, wie er sagt, sondern vor allem um Fachwissen und eine überzeugende Rhetorik. "Unsere Speaker sollten auf Panels spontan reagieren können und auch einen Weitblick in der Branche haben, um auf Augenhöhe mitzudiskutieren", sagt der Geschäftsführer.

Woiczikowsky etwa sei ein Speaker-Typ, meint Becker. Dazu gehört für ihn, dass die Person in den sozialen Medien aktiv und gut vernetzt ist. "Ein Speaker-Auftritt ist für uns ein Marketinginstrument. Entsprechend wichtig ist es, dass wir auf Linkedin darüber berichten und so die Wahrnehmung noch weiter steigern", sagt Becker. Wenn er oder seine Kolleg:innen auf dem Podium zeigen, dass sie Ahnung haben, hilft das auch der Reputation von TSC: "Das Unternehmen wird anders wahrgenommen, sowohl von Investoren als auch von potenziellen Talenten."

Wer in der Branche als Speaker in Erscheinung treten will, muss dafür mitunter tief in die Tasche greifen. Der Zugang zur Panelbühne ist meist an einen Sponsoringvertrag geknüpft, der mit 1.500 Euro bis 12.000 Euro zu Buche schlägt. Hinzu kommen Kosten für An- und Abreise, Vorbereitung des Auftritts und natürlich die Zeit vor Ort. "Wir halten nicht nach, was uns ein Speaking-Auftritt kostet", sagt Rica Pröpper, die beim Leverkusener Immobilienentwickler Cube Real Estate das Marketing und damit auch die SpeakerAnfragen verantwortet. Pro Jahr landet eine zweistellige Zahl an Anfragen auf ihrem Tisch. "Meist sind wir sowieso bei der Veranstaltung vor Ort. Wenn dann die Anfrage kommt, ob wir nicht auch noch sprechen wollen, fällt uns die Entscheidung recht leicht."

Acht der rund 100 Mitarbeiter haben schon ihr Wissen auf Podien gezeigt. Sie sprechen beispielsweise darüber, wie man Büroflächen in Wohnungen umgestalten kann, wie Finanzierungen möglich sind und warum Cube Real Estate bei der Planung neuer Quartiere die Anwohner mit einbezieht. Pröpper spricht jene Mitarbeiter an, die über entsprechendes Fachwissen verfügen und so auf Podien mitdiskutieren können – und wollen. "Uns ist wichtig, dass sich die Leute wohl dabei fühlen", sagt Pröpper. Zwei Kollegen sind beispielsweise aktiv auf sie zugekommen, weil sie Lust hatten, ihr Wissen auf der Bühne zu teilen. Wieder andere benötigen etwas Überzeugungsarbeit: "Ich erkläre dann, warum so ein Auftritt für die Außenwirkung des Unternehmens wichtig ist", sagt Pröpper. "Wir hören in Vorstellungsgesprächen häufig, dass uns der Bewerber auf einem Panel gesehen hat, uns sympathisch fand und sich deswegen beworben hat." Und auch fürs Geschäft sind die Kontakte, die die Mitarbeiter auf einem Panel knüpfen, gut. "Man beschäftigt sich ja mit den Leuten, die mit in dem Panel sitzen. Daraus entstehen Geschäftsbeziehungen", berichtet Pröpper.

Damit sich ein Panel-Auftritt auszahlt, schaut TSC-Chef Becker in der Vorbereitung genau hin. "Wenn man viel Geld ausgibt und der Effekt dann durch saloppe Aussagen verpufft, wäre das schade." Deshalb tauscht sich der Geschäftsführer vorab mit seinen beiden Panelists aus: Was wollen sie auf der Bühne rüberbringen? Wie ordnen sie Entwicklungen ein? Eine Schulung haben die beiden nicht durchlaufen. Die Mitarbeiter:innen von Cube Real Estate hingegen lernen im Führungskräfteprogramm, wie sie Mimik, Gestik und Rhetorik so einsetzen, dass sie gut auf andere wirken. Marketingchefin Pröpper ermutigt auch diejenigen, die bislang keine Speaker-Einladung auf dem Tisch liegen haben, ihre Expertise zu erweitern.

Die Autorin: Anna Friedrich ist Journalistin in der Wirtschaftsredaktion Wortwert.

Anna Friedrich