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Tarifbranchen erhalten Weihnachtsgeld - außer Putzkräfte

Karriere 10.11.2020
Laut einer Auswertung des Internetportals Lohnspiegel.de bekommen 53% aller Arbeitnehmer in Deutschland Weihnachtsgeld. Die großen tarifgebundenen Branchen zahlen praktisch alle Weihnachtsgeld. ... 

Laut einer Auswertung des Internetportals Lohnspiegel.de bekommen 53% aller Arbeitnehmer in Deutschland Weihnachtsgeld. Die großen tarifgebundenen Branchen zahlen praktisch alle Weihnachtsgeld. Nur Gebäudereiniger gucken in die Röhre.

An der Online-Befragung, die zwischen Anfang November 2019 und Ende Oktober 2020 vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt wurde, beteiligten sich fast 49.000 Beschäftigte aus allen möglichen Branchen. "Am höchsten stehen die Chancen auf ein Weihnachtsgeld, wenn das Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist, das gilt auch und gerade in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr", sagt Thorsten Schulten, der Leiter des WSI-Tarifarchivs. Mit Tarifvertrag bekommen nach den Daten von Lohnspiegel.de 77% der Beschäftigten Weihnachtsgeld. In Betrieben ohne Tarifvertrag sind es nur 41%.

Arbeitgeber aus der Gebäudereinigung zeigen Verweigerungshaltung

Unter den großen Tarifbranchen wird der Studie zufolge lediglich im Gebäudereinigerhandwerk kein Weihnachtsgeld gezahlt. "In der gerade zu Ende gegangenen Tarifauseinandersetzung in dieser Branche haben sich die Arbeitgeber erneut geweigert, hierüber zu verhandeln", erklärt WSI-Tarifexperte Schulten. Der Mindestlohn für Gebäudereiniger steigt nach dem jüngsten Lohnabschluss bis zum Jahr 2023 von aktuell 10,80 Euro auf 12 Euro. Ein Weihnachtsgeld erhalten die Beschäftigten aber auch in den nächsten Jahren nicht. Die Gewerkschaft IG Bau moniert die "fehlende Verhandlungsbereitschaft" bei diesem Thema.

Ein vergleichsweise hohes Weihnachtsgeld erhalten u.a. die Beschäftigten im Bankgewerbe, in der Süßwarenindustrie, in der chemischen Industrie, bei der Deutschen Bahn, in der Druckindustrie, in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie sowie in der Textilindustrie (Westfalen). In diesen Branchen beläuft sich die Jahressonderzahlung auf 95 bis 100% eines Monatseinkommens. Es folgen u.a. Versicherungen (80%) Einzelhandel (West: vorwiegend 62,5%) sowie die Metallindustrie (überwiegend 55%).

In der Eisen- und Stahlindustrie und im öffentlichen Dienst sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu einer Gesamt-Jahressonderzahlung zusammengefasst, die im November gezahlt wird. Diese beträgt in der Eisen- und Stahlindustrie 110% eines Monatsgehalts. Im öffentlichen Dienst (Gemeinden) sind je nach Vergütungsgruppe zwischen 52% und 80% in Westdeutschland und zwischen 46% und 70% in Ostdeutschland drin.

Harald Thomeczek

Mindestlohn für Gebäudereiniger steigt 2023 auf 12 Euro

Karriere 06.11.2020
Die Gewerkschaft IG Bau hat sich mit ihrer Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde (derzeit: 10,80 Euro) für Gebäudereiniger durchgesetzt. Allerdings steigt die Lohnuntergrenze ... 

Die Gewerkschaft IG Bau hat sich mit ihrer Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde (derzeit: 10,80 Euro) für Gebäudereiniger durchgesetzt. Allerdings steigt die Lohnuntergrenze erst in gut zwei Jahren auf diesen Wert.

Die IG Bau und der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) haben sich in der vierten Tarifrunde auf eine schrittweise Erhöhung geeinigt. Der Branchenmindestlohn steigt demnach ab 2021 auf 11,11 Euro (+2,9%), klettert dann 2022 weiter auf 11,55 Euro (+3,9%) und landet 2023 bei besagten 12 Euro (+3,9%).

Der Tarifvorschlag von Gewerkschaft und BIV sieht außerdem deutliche Lohnsteigerungen für gelernte Kräfte vor. So kommen Beschäftigte in der OP-Reinigung auf ein Plus von insgesamt 8,7%. Glas- und Fassadenreiniger erhalten summa summarum 7,6% mehr und verdienen nach der dritten Tariferhöhung 15,20 Euro pro Stunde.

Arbeitgeberverband ist zufrieden mit der Planungssicherheit

"Der Abschluss ist für unsere von der Corona-Krise stark betroffenen Betriebe am Rande des Machbaren", sagt Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der BIV-Tarifkommission. "Unterm Strich jedoch steht ein Tarifvertrag mit vielen überzeugenden Facetten. Vor allem die lange Laufzeit und der konstante Lohnzuwachs sind für die Planungssicherheit der Betriebe und Auftraggeber und mit Blick auf die unsichere Zukunft durch Corona ein sehr hohes Gut."

Der Gewerkschaft fehlt das Weihnachtsgeld

Die IG Bau gießt etwas Wasser in den Wein: Die Gewerkschaft zeigt sich enttäuscht über die "fehlende Verhandlungsbereitschaft" beim Thema Weihnachtsgeld. Immerhin werde aber eine Vereinbarung aus dem Rahmentarifvertrag fortgesetzt, nach der Gewerkschaftsmitglieder in Innungsbetrieben in den kommenden drei Jahren einen Weihnachtsbonus erhalten.

In der Gebäudereinigung sind in Deutschland rund 700.000 Menschen beschäftigt. Laut IG Bau arbeiten etwa drei Viertel aller Beschäftigten zum Branchenmindestlohn.

Harald Thomeczek

Erster Streik in der Geschichte der LEG

Der Wohnungskonzern LEG sieht sich laut der Gewerkschaft ver.di erstmals mit einem Streik konfrontiert.

Der Wohnungskonzern LEG sieht sich laut der Gewerkschaft ver.di erstmals mit einem Streik konfrontiert.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Ulrich Schüppler

Karriere 06.11.2020
Heute Morgen haben Beschäftigte der Handwerkergesellschaft im Wohnungskonzern LEG Immobilien, der 2017 gegründeten TSP (Technik Service Plus), in Dortmund die Arbeit niedergelegt. Damit ... 

Heute Morgen haben Beschäftigte der Handwerkergesellschaft im Wohnungskonzern LEG Immobilien, der 2017 gegründeten TSP (Technik Service Plus), in Dortmund die Arbeit niedergelegt. Damit sind nicht nur zum ersten Mal TSP-Mitarbeiter in den Streik getreten: Laut der Gewerkschaft ver.di handelt es sich um den ersten Streik in der Geschichte der LEG überhaupt.

Die Gewerkschaft hatte die TSP-Geschäftsführung schon im Juni 2020 zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Sie kritisiert die "fehlende Gesprächsbereitschaft" und die "Verweigerungshaltung der Arbeitgeber zur Aufnahme von Tarifverhandlungen". Mit dem heutigen Streikauftakt wollen die Gewerkschafter den Druck erhöhen, auch mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen für den Haustarifvertrag der LEG, der Ende Dezember 2020 ausläuft und der die 400 TSP-Kollegen bisher nicht umfasst.

Die LEG hält den Vorwürfen dies entgegen: "Die Geschäftsführung unserer Tochtergesellschaft Technik Service Plus GmbH (TSP) hat in fairen, bilateralen Gesprächen mit dem Betriebsrat der TSP bislang viele Anliegen der Mitarbeiter erfolgreich und auf Augenhöhe umgesetzt. Die Gehälter bei der TSP bewegen sich im marktüblichen Rahmen."

"Bei der LEG waren Streiks bisher nicht nötig"

Nach den Worten von Benedikt Frank, dem zuständigen Gewerkschaftssekretär für die Gesellschaft TSP, ist die heutige Arbeitsniederlegung der Handwerkerkollegen der erste Streik bei der LEG überhaupt: "Bei der LEG waren Streiks bisher sonst nicht nötig", sagte Frank der Immobilien Zeitung.

Dem Gewerkschafter zufolge verdienen TSP-Mitarbeiter - also Maler, Elektriker, Tischler, Dachdecker sowie Kollegen aus dem Gewerk Heizung und Sanitär - zwischen 2.300 und 2.600 Euro brutto im Monat, bei zwölf Monatsgehältern. Würden sie nach dem Haustarifvertrag verdienen, erhielten sie laut Frank "knapp über 3.000 Euro, und das bei 14 Monatsgehältern". Der Haustarifvertrag wurde in den 1990er Jahren erstmalig eingeführt.

"Keine kontinuierliche Entwicklung der Löhne"

Die Gewerkschaft moniert zudem: Was sonst durch den bestehenden LEG-Haustarifvertrag für die meisten Beschäftigten im Konzern geregelt sei, beispielsweise regelmäßige Lohnerhöhungen, werde den Beschäftigten in der TSP verweigert. Seit Bestehen der TSP gebe es "unregelmäßige freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, aber keine kontinuierliche Entwicklung der Löhne".

LEG zahlt auch TSP-Mitarbeitern Corona-Bonus

Die LEG kann die Streikaufforderung der Gewerkschaft weder inhaltlich noch vom Zeitpunkt her nachvollziehen: Seit Gründung der TSP seien, über die "marktüblichen" Gehälter hinaus, "weitere Mitarbeiterleistungen eingeführt oder erweitert" worden. Zusätzlich zahle die LEG "in diesem Monat einen konzernweiten Corona-Bonus von 1.111 Euro".

"In den nächsten Wochen kommen die anderen Standorte dran", kündigt Frank an. Die 400 Mitarbeiter verteilen sich auf insgesamt vier Standorte. In Dortmund beteiligen sich knapp 20 Beschäftigte, also etwa ein Viertel der Mitarbeiter am Standort, an dem Ausstand. "Wir werden zudem unsererseits alles dafür tun, die Auswirkungen der Auseinandersetzung für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten", sagt LEG-Sprecher Mischa Lenz.

Harald Thomeczek

Firmen verlagern die Weiterbildung ins Netz

Mit Block und Stift vor dem Laptop: Auch im Homeoffice wird es Mitarbeitern ermöglicht, sich weiterzubilden.

Mit Block und Stift vor dem Laptop: Auch im Homeoffice wird es Mitarbeitern ermöglicht, sich weiterzubilden.

Quelle: imago images, Urheber: Westend61

Karriere 29.10.2020
Online-Meetings statt Frontalunterricht: Die interne Weiterbildung von Mitarbeitern hat sich angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie bei vielen Unternehmen ins Internet ... 

Online-Meetings statt Frontalunterricht: Die interne Weiterbildung von Mitarbeitern hat sich angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie bei vielen Unternehmen ins Internet verlagert. Der Facility-Manager Gegenbauer, der Datenraumanbieter Drooms, das Beratungshaus Drees & Sommer sowie das Maklernetzwerk Remax berichten, welche Themen dabei gerade besonders nachgefragt und wie sie den Beschäftigten am besten vermittelt werden.

Deutschlandweit verwaisen zunehmend die Konferenz- und Seminarräume. Sich in Gruppen über einen Tag oder länger gemeinsam weiterzubilden, ist angesichts der steigenden Zahlen an Corona-Infizierten und den damit einhergehenden, verschärften Auflagen ein kompliziertes Unterfangen. Das spüren auch die Firmen, die ihren Mitarbeitern bis Anfang des Jahres noch ohne Weiteres in Präsenzveranstaltungen eine interne Weiterbildung angeboten haben. Aus dem Lockdown im Frühjahr haben sie Schlüsse gezogen, von denen Unternehmen, die ihre Seminare vielleicht zunächst auf Eis gelegt haben, profitieren könnten.

Wenn nicht schon vor der Corona-Krise so geschehen, haben etliche Firmen im Lockdown ihre Weiterbildung von Präsenz- verstärkt oder komplett auf Onlineveranstaltungen umgestellt. Ein solcher Schritt sei eine Investition in die Zukunft, betont etwa Facility-Manager Gegenbauer. Das Unternehmen selbst bedauert, dass in diesem Jahr deutlich weniger Mitarbeiter die Weiterbildung wahrnehmen konnten. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der Umstellung der Formate, auch Absagen von Veranstaltern, das Erstellen und die Prüfung von Hygienekonzepten und die deutliche Verkleinerung der Gruppen bei dennoch angebotenen Präsenzseminaren haben zu Verzögerungen, Ausfällen oder einem geringeren Angebot geführt.

Zu Beginn der Pandemie habe sich Gegenbauer bei seinem Weiterbildungsrepertoire noch auf gesetzlich vorgeschriebene Inhalte fokussiert, erklärt er. Die Ungewissheit ob der wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise haben ihn dazu gebracht. Inzwischen zählt er allerdings auch neue Themen auf, die er in sein Programm für die Mitarbeiter aufgenommen hat: Etwa "die Vorbereitung unserer Führungskräfte, Mitarbeiter und interner Trainer auf die Durchführung oder Teilnahme an virtuellen Maßnahmen, Online-Meetings und Online-Seminaren" gehören dazu.

Damit ist Gegenbauer nicht allein. Vielerorts wurde das Seminarangebot angesichts der zunehmenden Verlagerung von Konferenzen ins Netz um Themen zu Online-Skills erweitert. Das virtuelle Moderieren ist beispielsweise beim Beratungshaus Drees & Sommer ein Renner. "Es handelt sich um ein Live-Online-Training, in Deutsch oder Englisch, das der Stärkung der Moderationskompetenz im virtuellen Raum dient", erklärt Udo Baumann, Manager HR Marketing & Employer Branding. "Egal, ob es darum geht, Projekte zu leiten, Kunden zu beraten oder ein internes Projektmeeting abzuhalten - auch in Zukunft wird die virtuelle Kommunikation einen großen Teil des Arbeitsalltags bei Drees & Sommer einnehmen." Mehr als 200 Mitarbeitende weltweit haben bislang an diesem Format teilgenommen, erzählt Baumann.

In Krisensituationen ist neben kompetenten Mitarbeitern auch eine starke Führung gefragt. "Daher haben wir zu Beginn der Pandemie verstärkt auf Leadership Trainings gesetzt und mit externen Trainern unser Führungspersonal geschult", berichtet Meike Thai, Vice President People & Culture, beim Datenraumanbieter Drooms. Auch das Interesse an Kommunikationstrainings sowie Personal Development Trainings habe zu Beginn des Lockdowns deutlich zugenommen. Unter dem Eindruck der coronabedingt veränderten Arbeitsweise wurden ebenso Inhalte zur mentalen Gesundheit und Ergonomie stark nachgefragt. Im November steht bei Drooms etwa eine Gesundheitswoche an. Allein bei seinen Präsentationstrainings verzeichnete das Unternehmen einen Rückgang des Interesses der Mitarbeiter.

Die Verlagerung des geschäftlichen Treibens ins Internet hat auch das Maklernetzwerk Remax thematisch in das Programm seiner Academy aufgenommen. Es gibt seitdem vor allem Schulungen zu Online-Besichtigungen, virtuellen 360-Grad-Rundgängen und Videopräsentationen. "Aber auch Themen wie Leadgenerierung und Verkaufsprozesse in Zeiten von Covid-19, Social Media (Basics, Videos, Werbeanzeigen) sowie rechtliche Themen wurden und werden durch Schulungen abgedeckt", teilt das Netzwerk mit. Die Ausbildung zum Immobilienmakler findet derzeit als Onlinetraining statt.

Was im Gegenzug im Veranstaltungskalender nach hinten verschoben wurde, sind bei Gegenbauer vor allem Softskill-Seminare und Teamtrainings. "Verschoben wurden auch Themen, die zwingend in Präsenz durchgeführt müssen - beispielsweise Führerscheine - zeitlich aber noch nicht zwingend erforderlich waren", erklärt die Firma.

Ein für das Personal wichtiges Thema ist das eine, die Wahl des richtigen Formats dafür das andere. Zur Auswahl stehen meist Live-Streams, Live-Chats, Webinare und zeitunabhängige e-Learnings beispielsweise per Video-Tutorials. Gegenbauer bietet nach eigenen Angaben viele Seminare im "virtuell classroom" an, "also mit Live-Trainer zu festgelegten Zeiten". Inzwischen finde das Format "größtenteils Akzeptanz" unter den Mitarbeitern, plaudert der Facility-Manager aus dem Nähkästchen. Insbesondere Unterweisungsthemen führe er im E-Learning-Format zeitunabhängig durch.

Remax setzt bei seinen Online-Schulungen derweil auf das Kommunikationstool Zoom - entweder als Webinar oder als Meeting. Wobei letztere Variante der Remax-Favorit ist. "Hier sieht jeder jeden und jeder Teilnehmer kann auch sprechen und sich mit den anderen Teilnehmern und dem Referenten austauschen", erklärt das Netzwerk.

Wer sich unsicher in der Wahl des richtigen Formats ist, braucht sich nicht lange aufzuhalten. Das Feedback der Mitarbeiter sei dort eine gute Richtschnur, erklärt Drooms-Expertin Thai.

Drees & Sommer macht Kollegen zu Trainern

Mitarbeiter verstärkt bei der Weiterbildung einzubinden, ist auch das Streben von Drees & Sommer. Nach dem Motto "von Kollegen für Kollegen" wurden nun auch Beschäftigte von externen Coaches dafür fit gemacht, in virtuellen Formaten vor den Kollegen als Trainer auftreten zu können. Um den Austausch dabei besser lenken zu können, empfiehlt Drees & Sommer, die virtuellen Gruppen zu verkleinern. So könne besser Einfluss auf die Interaktion unter den Teilnehmern genommen werden.

Trotz des vielerorts guten Willens, den Mitarbeitern die Weiterbildung weiterhin anzubieten, betont Remax allerdings zum Schluss seiner Ausführungen: "Natürlich ersetzen Onlinetrainings nie den Austausch zwischen den Maklern."

Anke Pipke

Bewerber auf Halde

Karriere 29.10.2020
Mit Corona hat sich der Arbeitsmarkt gedreht: Es gibt mehr Bewerber, weniger Jobs. Manche Firmen parken gute Bewerber, für die es gerade keinen Platz gibt, in einem Talente-Pool. ... 

Mit Corona hat sich der Arbeitsmarkt gedreht: Es gibt mehr Bewerber, weniger Jobs. Manche Firmen parken gute Bewerber, für die es gerade keinen Platz gibt, in einem Talente-Pool.

Die Corona-Krise hat dem Arbeitsmarkt einen gehörigen Dämpfer verpasst. Die Immobilienbranche ist nicht so stark betroffen wie andere Wirtschaftszweige, bleibt aber nicht verschont. "Viele Firmen nehmen derzeit Personalkürzungen vor", konstatiert Jürgen Michael Schick, Geschäftsführer des gleichnamigen Berliner Maklerhauses. Gleichzeitig bedeute das: "Die Wechselbereitschaft ist deutlich höher als vorher." Schick merkt das an den vielen Bewerbungen, die er erhält. "Die Quantität hat deutlich zugenommen."

Mehr Bewerber, weniger Jobs: Speziell für Rohdiamanten, die am Anfang ihrer Karriere noch einer Veredelung bedürfen, ist das eine eher ungünstige Situation. Zumal niemand weiß, wann sich die Wolkendecke wieder lichtet. Doch Personaler können Bewerbungen nicht einfach beliebig lange aufheben. "Sagt eine Firma einem Bewerber ab, muss sie die Bewerbungsunterlagen spätestens sechs Monate nach der Absage vollständig datenschutzkonform vernichten", weiß Stefanie Saß, Geschäftsführerin der Personalberatung engagingtalents.

Des Rätsels Lösung ist einfach: Man lässt sich vom Bewerber die Erlaubnis geben, dessen Bewerbung im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf Halde zu legen. So lädt BNP Paribas Real Estate Kandidaten laut HR Marketing Specialist Charlotte Karli ein, "Teil unserer Talente-Community zu werden und ihren CV zu hinterlegen. Dies ermöglicht uns, auch in Zukunft DSGVO-konform auf die Unterlagen zuzugreifen und mit passenden Jobangeboten auf Mitglieder zuzugehen."

JLL und ECE agieren ähnlich: "Wir bieten seit 2020 ein Talent Network an, wo Kandidaten sich aktiv bewerben, um in einen Pool aufgenommen zu werden", berichtet Wencke Leyens-Widau, Team Leader Talent Acquisition bei JLL. Die Plattform sei natürlich DSGVO-konform. Elena Wiggers, Expert Employer Branding bei ECE, erklärt: "Auf besonders interessante Kandidaten, für die wir derzeit keine Vakanzen haben, gehen wir individuell zu." Stimmen die Bewerber zu, könne ECE deren Unterlagen "nach DSGVO 24 Monate in unserem Talentpool speichern".

Harald Thomeczek

"Schlechte Männer fallen gar nicht auf"

Rainer Thaler ist seit Ende 2012 Geschäftsführer der Investa Holding.

Rainer Thaler ist seit Ende 2012 Geschäftsführer der Investa Holding.

Quelle: Investa Real Estate, Urheber: Christof Mattes

Karriere 29.10.2020
Wenn eine Frau in einer Führungsposition scheitert, scheitert auch der Mann, der sie eingestellt hat. Das kostet die Unternehmen Gewinn, meint Rainer Thaler, Geschäftsführer der Investa ... 

Wenn eine Frau in einer Führungsposition scheitert, scheitert auch der Mann, der sie eingestellt hat. Das kostet die Unternehmen Gewinn, meint Rainer Thaler, Geschäftsführer der Investa Holding - ein Umdenken ist dringend nötig.

Immobilien Zeitung: Warum brauchen Firmen mehr Frauen an der Spitze?

Rainer Thaler: Gemischte Teams sind innovativer und machen mehr Spaß. Sie sind aber auch produktiver und effektiver. Darum ist es nicht nachvollziehbar, warum wir uns dagegen sträuben.

IZ: Frauen sind also für den Spaßfaktor zuständig?

Thaler: Nein, es sind zwei Dinge: Gemischte Teams bringen wissenschaftlich belegbar einen höheren Gewinn für das Unternehmen. Diversität ist ein USP für nachhaltiges unternehmerisches Handeln.

IZ: Warum ist eine Frau in der Runde produktiver als ein Mann?

Thaler: Nicht die Frau als solche, sondern das gemischte Team. Wir müssen von dem Gedanken wegkommen, eine Frau leistet X und ein Mann leistet Y. Mann und Mann leisten weniger als Mann und Frau.

IZ: Wenn das so offensichtlich wäre, müssten wir bei wirtschaftlich denkenden Unternehmen doch nicht über den Mangel an Führungsfrauen nachdenken.

Thaler: So ist die Theorie. Viele Dinge sind bekannt und werden nicht umgesetzt - wider besseren Wissen.

IZ: Was hindert Immobilienunternehmen an der Umsetzung?

Thaler: Unsere konservative und durch Männer besetzte Branche sieht keinen Handlungsbedarf. In den letzten Jahren waren wir ja schon gut genug.

IZ: Das Management von Investa besteht auch nur aus Männern.

Thaler: Nur auf der Holding-Ebene. Darunter haben wir zwei Geschäftsführerinnen und eine Leiterin Controlling. In dem Bereich, den ich verantworte, Asset-Management und Capital-Management, gibt es mindestens immer eine Frau in der Geschäftsführung. Auch in der Ebene der Abteilungs- und Bereichsleiter gibt es immer mindestens eine Frau.

IZ: Auf diesen Ebenen arbeiten auch in anderen Unternehmen Frauen.

Thaler: Ja, aber meist nur in Querschnittsfunktionen oder im Personalbereich, also auf Positionen, die bei den Männern nicht so hoch angesehen sind. Der Personalvorstand gilt weniger als der Technologievorstand oder derjenige, der für das operative Geschäft zuständig ist.

IZ: Das heißt, die Frauen kommen da hin, wo sie weniger Schaden anrichten können?

Thaler: … und wo sie weniger Einfluss haben. Ich kenne nur ganz wenige Frauen, die aus einer Querschnittsfunktion in eine operative Verantwortlichkeit gekommen sind. Wir brauchen aber ein Umdenken, weil wir mit unseren Männeransätzen die Probleme, die wir haben, nicht bewältigen können.

IZ: Was können Frauen einbringen, was eine reine Männerriege nicht kann?

Thaler: Sie haben andere Lösungskompetenzen. Die Herangehensweise, das Brainstorming, ist bei Frauen eine ganz andere als bei Männern. Das befruchtet und belebt Diskussionen; zumal wenn der Diskussionsstil anders ist. Vorausgesetzt, man gibt diesen Ideen Raum und bürstet nicht gleich alles ab, weil es von einer Frau kommt. Ich wäre doch töricht, wenn ich keine andere Sichtweise zuließe und möglicherweise eine Problemlösung verhindern würde.

IZ: Oftmals ist es ja die Angst, dass eine Frau in der Spitzenposition scheitern könnte. Scheitern Männer nicht?

Thaler: Es gibt viele schlechte Männer, die gar nicht auffallen. Das wird achselzuckend in Kauf genommen. Bei Frauen scheitern gleich zwei: die Frau, weil sie sich nicht durchsetzen konnte, und der Mann, weil er sie ausgewählt hat. Es gehört immer Mut dazu, sich einzugestehen, dass man die Position falsch besetzt hat. Ob Mann oder Frau ist irrelevant; ein Mann wäre genauso gescheitert.

IZ: Spielt nicht auch die Angst, sich den berühmten Zickenkrieg ins Haus zu holen, eine Rolle?

Thaler: Das sind doch alles Alibiargumente. Sie haben die Konflikte bei Männern genauso. Nur werden die akzeptiert. Bei Männern heißt es dann, der Typ ist kompetitiv und verfolgt seine Karriereziele. Zickenkrieg hat immer einen kulturellen Boden im Unternehmen. Hier bedarf es der Führung.

IZ: Hilft das geplante Quoten-Gesetz weiter? Wäre echte Gleichberechtigung nicht, wenn sie nicht auf Zwang beruht, sondern auf Fähigkeiten?

Thaler: Auf Verantwortungsbewusstsein der Handelnden zu setzen, hat in diesem Zusammenhang nie funktioniert. Ja, wir müssen dabei in Kauf nehmen, dass durch den Zwang nicht immer die besten Frauen nach vorne kommen. Es werden auch ein paar hochgespült, die nicht top sind. Aber wer sagt denn, dass es bei Männern immer die beste Auswahl ist. Das ist als Teil der Realität zu akzeptieren.

IZ: Herr Thaler, vielen Dank.

Die Fragen stellte Alexander Heintze.

Alexander Heintze

Sie wollen ein Netzwerk für MAT

Wollen viel bewegen und brauchen dafür Mitstreiter: Michael Urmann, Dominik Talhof und Frederik Walbaum (v.l.).

Wollen viel bewegen und brauchen dafür Mitstreiter: Michael Urmann, Dominik Talhof und Frederik Walbaum (v.l.).

Urheber: Sven Brauers

Karriere 29.10.2020
Sie sind jung, haben tolle Jobs bei tollen Unternehmen - aber das reicht ihnen nicht: Frederik Walbaum, Dominik Talhof und Michael Urmann wollen mehr. Die Welt verändern. Oder doch ... 

Sie sind jung, haben tolle Jobs bei tollen Unternehmen - aber das reicht ihnen nicht: Frederik Walbaum, Dominik Talhof und Michael Urmann wollen mehr. Die Welt verändern. Oder doch zumindest die Immobilienbranche, denn die hat einen nicht ganz unwesentlichen Einfluss auf das restliche Weltgeschehen.

Gedacht, getan: Die Youngster, die alle erst Ende 20 sind, sind mit den Vorbereitungen für ein Netzwerk der "Most Aspiring Talents" (MAT) der Branche fertig. Ihre Ziele: Der bei den herkömmlichen Netzwerkveranstaltungen oft unterrepräsentierten Next Generation eine starke Stimme geben. Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen, sondern zu hinterfragen und weiterdenken - und so neue Impulse in den Markt und die bestimmenden Unternehmen zu tragen.

"Die Immobilienbranche hängt gegenüber anderen Branchen bei Gesellschaftsfragen zurück", sagt Walbaum. "Das S und G in ESG wird gern vergessen." Hier hat seine Generation etwas beizusteuern - und will auch gehört werden.

Urmann sieht in der hiesigen Proptechlandschaft Luft nach oben: "Die ist gut, aber recht dünn besetzt." Wer, wenn nicht die Digital Natives, "die das richtige Mindset mitbringen", wie Walbaum findet, könnte dabei helfen, dieses zarte Pflänzchen zu düngen? Den jungen Männern schwebt ein "hochmotivierter, interdisziplinärer Thinkthank" vor, der über Unternehmensgrenzen und Geschäftsfelder hinausreicht.

Damit das Netzwerk stetig wächst, kürt eine unabhängige Jury - frei nach der Forbes-Liste 30 Under 30 - jedes Jahr 30 Immobilientalente unter 30. Der Startschuss für die Bewerbungsphase ist diesen Montag auf der IZ-Karrierewoche gefallen, der ersten digitalen Jobmesse für die Immobilienwirtschaft. "Es gibt viele Awards, wo Leute für ihr Lebenswerk ausgezeichnet werden oder weil sie ein großartiges Projekt auf die Beine gestellt haben. Wir rücken junge Professionals aus der zweiten Reihe in den Fokus, die die Branche noch bestimmen werden."

Bewerben können sich die Hoffnungsträger in spe seit dieser Woche. Dort füllen alle Kandidaten ein einheitliches Template aus. "Wir suchen Personen, die über den Tellerrand der Branche hinausgucken", stellt Urmann klar. Kandidaten sollten sich tunlichst die Frage gestellt haben: "Wie soll die Immobilienwirtschaft und die Welt im Ganzen aussehen und was kann ich dazu beitragen?" Und auch eine Antwort darauf gefunden haben. Nur einen guten Job zu machen, reicht nicht. Ein wichtiges Element ist: Gesellschaftliches Engagement. Das könnte z.B. die Unterstützung von Schülern oder Studierenden aus finanziell schwachen Familien sein.

Walbaum sähe gern auch ein paar Kandidaten aus anderen Bereichen als dem Investment-, dem Asset-Management oder der Immobilienberatung, "die schon vom Naturell her mehr outgoing sind". Explizit angesprochen fühlen sollen sich u.a. zum Beispiels auch Finanzierer oder Bauingenieurinnen, die in den einschlägigen Netzwerken tendenziell unterrepräsentiert sind.

Letztlich hat aber die siebenköpfige Jury das entscheidende Wort. Für diese haben die Väter des MAT-Awards das eine oder andere prominente Gesicht aus der Branche rekrutiert. In dem Gremium sitzen: Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende RICS Deutschland; Sandra Scholz, Vorstandsmitglied von Commerz Real; Larissa Lapschies, Geschäftsführerin der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft und Gründerin des Nachwuchsnetzwerks Immobilienjunioren; Thomas Beyerle, Managing Director von Catella Property Valuation; Alexander Ubach-Utermöhl, Geschäftsführer von blackprint Booster: Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bulwiengesa, und Thomas Porten, Herausgeber der Immobilien Zeitung (IZ).

Die IZ ist exklusiver und eng begleitender Medienpartner des Projekts. Der Veranstalter Heuer Dialog, eine Tochter der IZ, wird die Preisverleihung am 23. April 2021 in Berlin organisieren. Diese soll, der Altersklasse entsprechend, nicht so steif wie manches andere Branchenevent, sondern in lockerer Partyatmosphäre über die Bühne gehen.

Die Initiatoren kommen übrigens aus der Welt der Berater, alle mit JLL-Vergangenheit bzw. -Gegenwart. Frederik Walbaum gehörte seinerzeit zum damals mit elf ausgewählten Köpfen bestückten Talentprogramm von JLL. Heute ist er Senior Associate bei PwC Real Estate. Dominik Talhof leitet das Bürovermietungsteam von JLL in Hannover, Michael Urmann ist in der Hannoveraner Niederlassung des Maklerhauses Senior Consultant Investment.

Unterstützung erhalten die drei von ihrem Freund Henry Alves, der sich ums Marketing kümmert. Offiziell treibt der eigens für diesen Zweck gegründete Förderverein der Deutschen Immobilienwirtschaft (FDI) das Projekt voran.

Harald Thomeczek