Jung, hungrig, (un)erfahren sucht ...

Weil sie ein knappes und begehrtes Gut sind, haben junge Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt gut lachen.

Weil sie ein knappes und begehrtes Gut sind, haben junge Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt gut lachen.

Bild: FotolEdhar/Fotolia.com

Karriere 12.01.2017
Die Immobilienwirtschaft bietet viele Einstiegsmöglichkeiten: Ausbildung, duales Studium, Direkteinstieg oder Trainee-Stelle. Vor allem Trainee-Programme sind als Mittel der ... 

Die Immobilienwirtschaft bietet viele Einstiegsmöglichkeiten: Ausbildung, duales Studium, Direkteinstieg oder Trainee-Stelle. Vor allem Trainee-Programme sind als Mittel der Nachwuchsgewinnung stark im Kommen. Die Jobchancen für gute Absolventen sind besser denn je.

Der klassische Weg in die Immobilienwirtschaft ist gestern wie heute eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann bzw. zur -kauffrau. Für ihre Arbeitgeber sind solche Leute mitunter dankbarere Arbeitnehmer als studierte Köpfe: "Kandidaten, die sich für diesen Weg entscheiden, möchten eher langfristig in diesem Bereich tätig sein und planen nicht - wie es oftmals bei Studienabsolventen der Fall ist - eine Karriere vom Property-Manager über den Asset-Manager hin zum Portfolio-Manager", sagt Olaf Kenneweg von Kenneweg Property Personalberatung aus Köln.

Natürlich werden auch studierte Berufsanfänger geschätzt. Gute Einstiegswege im weiteren Sinne sind für Studierende Praktika, eine Tätigkeit als Werkstudent, oder man gewinnt ein Unternehmen für die Betreuung einer Abschlussarbeit. Arbeitgeber können so früh Potenziale ausloten und eine Bindung zu einem Mitarbeiter herstellen, und die jungen Wilden ihrerseits können abchecken, ob diese oder jene Tätigkeit ihr Feuer entzündet - oder sie doch eher kalt lässt. Unbekannte Gesichter müssen bei einer Stellenausschreibung erst den Vergleich mit denjenigen bestehen, die ein Arbeitgeber über Monate kennengelernt hat.

Wer sich zu einem Studium berufen fühlt, die Theorie jedoch schon früh mit der unternehmerischen Praxis verzahnen will, für den bietet sich eine besondere Form des Studierens an. "Alternativ zur dualen Ausbildung werden duale Studiengänge über Berufsakademien, duale Hochschulen und Fachhochschulen bei Berufseinsteigern immer beliebter", sagt Jacobé Gölz, Head of Human Resources bei CBRE. Firmen schätzen das duale Studium ob seiner starken Praxisorientierung und der frühen Mitarbeiterbindung. CBRE-Wettbewerber JLL etwa testet dieses Modell zurzeit in einem Pilotprojekt in Berlin.

"In der Vergangenheit gab es das duale Studium nur im Blockmodell: drei Monate studieren, drei Monate im Betrieb. Das fanden die meisten Unternehmen nicht so optimal und haben daher vorzugsweise die duale Ausbildung angeboten", weiß Gölz. Seit ein paar Jahren wird jedoch von einigen Hochschulen das Wochen-Modell - drei Tage in der Firma, zwei Tage Studium - angeboten. "Dieser Zeittakt ist für Unternehmen teilweise attraktiver."

Auch Trainee-Plätze haben inzwischen viele Unternehmen im Programm, vor allem große - aber nicht nur. Mittelständler wie der Aachener Projektentwickler Landmarken probieren dieses Modell ebenfalls zunehmend aus: "Das Programm ist konzipiert und soll testweise im kommenden Jahr besetzt werden", erzählt Stephan Mast, Personalleiter von Landmarken.

Der Fondsanbieter und Asset-Manager KGAL aus Grünwald bei München ist da schon einen Schritt weiter. Vor einem Jahr hat KGAL zur Fachkräftesicherung bzw. -gewinnung erstmals ein Trainee-Programm aufgelegt. Dieses läuft seit Oktober 2015 mit jeweils einem Trainee in jeder Assetklasse, u.a. Real Estate. "Der nächste Starttermin ist April 2018", sagt Andreas Bittl, HR Recruitment & Development bei KGAL. Voraussetzung für Real-Estate-Trainees sei ein überdurchschnittlich guter Master-Abschluss, ein Diplom oder ein vergleichbarer Abschluss z.B. in Architektur oder Immobilienwirtschaft.

Auch die Deutsche Wohnen hat ein Trainee-Programm aufgelegt und im Oktober 2016 zwei Testpiloten losgeschickt. Das Programm richtet sich an Hochschulabsolventen mit Bachelor- oder Master-Abschluss und ersten Berufserfahrungen (sprich: Werkstudententätigkeit und/oder Praktika). Der Fahrplan der ersten beiden Trainees, die in der Marketing-Abteilung beschäftigt sind, sieht u.a. Aufenthalte in Service Points, im Verkauf, in der Kommunikationsabteilung sowie im IT- und im Personalbereich vor.

Insgesamt kann das Angebot an Trainee-Plätzen in der Immobilienwirtschaft jedoch nicht mit der Nachfrage mithalten. "Trainee-Programme sind bei Hochschulabsolventen heiß begehrt, die angebotenen Traineestellen sind jedoch begrenzt, da sie viele Ressourcen - also Zeit - in Anspruch nehmen und dort, im Gegensatz zur dualen Ausbildung oder dem dualen Studium, höhere Gehälter gezahlt werden", sagt CBRE-Personalchefin Gölz.

Rein quantitativ spielen Trainee-Programme eine untergeordnete Rolle. Frank Groß von immopersonal consulting frank gross aus Kiel schätzt, dass sich die Gewichte unter Hochschulabsolventen, die in die Immobilienwirtschaft einsteigen, aktuell wie folgt verteilen: 70% Direkteinstieg, 20% duales Studium und 10% Trainee-Programme. Letztere "werden aber künftig wieder stärker an Bedeutung gewinnen, genauso wie das duale Studium", erwartet Groß. Auch Personalerin Gölz geht fest davon aus, "dass große Immobiliendienstleister in den nächsten Jahren ihre Trainee-Programme ausweiten und vergrößern" - und schließt dabei auch CBRE ein.

Häufig durchlaufen die Trainees verschiedene Abteilungen. So etwa bei JLL, wo sie in zwölf Monaten durch vier Bereiche geschleust werden. In diesem Jahr will sich JLL neun bis zwölf Trainees ins Haus holen. 2016 wurden erstmals auch Trainees in Hamburg, München und Berlin eingestellt und nicht mehr nur in Frankfurt. Auch 2017 werden in diesen Städten Plätze angeboten. Aktuell läuft die Ausschreibungsrunde für den Start im kommenden Juni.

CBRE bietet Trainee-Plätze in den Abteilungen Capital Markets und Valuation an. Direkteinsteiger werden in diesen Abteilungen nicht eingestellt. Die Trainee-Programme haben je nach Fachbereich unterschiedliche Laufzeiten von zwei bis drei Jahren. Anders als bei JLL bleiben die CBRE-Trainees von Anfang bis Ende in ihrer jeweiligen Abteilung, sie wechseln nur innerhalb dieser die Aufgaben bzw. das Team.

Der Investment-Manager Patrizia legt bei seinem Trainee-Programm einen besonderen Fokus auf diejenigen, die sich für eine Karriere als Führungskraft eignen bzw. sich dazu berufen fühlen: "Beim Trainee setzen wir Führungsanspruch voraus", sagt Simone Böck, Head of HR Operations. Das Management-Trainee-Programm hat daher einen Master-Abschluss zur Bedingung - der allein reicht aber natürlich nicht: "Hier wählen wir wirklich nur die Besten der Besten aus." Etliche Stellen für einen Direkteinstieg wurden schon mit Kandidaten für eine Trainee-Position besetzt, doch umgekehrt wurden Bewerber für einen Direkteinstieg auch schon auf das Trainee-Programm umgeleitet. "Für 2017 planen wir mit zwei Management-Trainees", so Böck. Mehrere Plätze für duale Studenten hat Böck für das kommende Jahr auch im Angebot.

Sabine Olejnik, Personalleiterin der Berlin Hyp, hat auf die Frage, wieso ein Arbeitgeber einen Einsteiger nicht gleich auf eine echte Stelle, sondern auf einen Trainee-Platz setzt, eine schlagende Antwort: "Weil es ja meist noch keine passende Stelle gibt. Wenn wir einen Trainee suchen, betreiben wir vor dem Hintergrund des demografischen Wandels vorausschauende Nachwuchsplanung." Oder man erwarte in einem Unternehmensbereich perspektivisch zusätzlichen Mitarbeiterbedarf z.B. aufgrund der Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen. Pro Jahr hat Olejnik sieben bis zehn Nachwuchskräfte als Trainees im Haus, die binnen 18 Monaten alle für einen Finanzierer relevanten Unternehmenseinheiten durchlaufen. Oft ehemalige Praktikanten oder Werkstudenten. Über den Daumen gepeilt kommen auf einen Direkteinsteiger zwei Trainees. Und die Übernahmequote? "Das Ziel liegt bei 50% - wir liegen drüber", so Olejnik.

Marc Wohlschläger hat bei der Berlin Hyp über eine Trainee-Stelle im Vertrieb Fuß gefasst. Wohlschläger studierte in Melbourne (!) erst eine Mischung aus BWL und VWL, sattelte später einen MBA drauf und arbeitete in Australien im Vertrieb der Lufthansa. Zurück in Deutschland, machte er bei der Royal Bank of Scotland ein Praktikum in der Immobilienfinanzierung. Als der Quereinsteiger die Trainee-Stellenausschreibung der Berlin Hyp zu Gesicht bekam, bewarb er sich - und hatte den Job. "Natürlich hat der eine oder andere gefragt, wo ich denn herkomme. Aber es gab auch viele, die mir geholfen haben, Wissenslücken zu schließen." Allen voran sein Mentor, mit dem er einen Einsatzplan für die folgenden 18 Monate festlegte.

Die Wohnungs-AG Vonovia ist gerade dabei, ein Trainee-Programm aufzusetzen. Die Erfahrungen, die die Vorgängergesellschaften Deutsche Annington und Gagfah mit Trainees gemacht haben, werden gleichsam in die Vonovia-Welt übersetzt und vereinheitlicht. Stefan Rode (30) hat es über zwei Studiengänge und ein Trainee-Programm zum Programmleiter im Produkt- und Portfoliomanagement geschafft: Nach einer Ausbildung zum Immobilienkaufmann machte er erst einen Bachelor in BWL mit dem Schwerpunkt Immobilienwirtschaft, dann erwarb er berufsbegleitend einen Master in Real Estate Management. Vor seinem ersten Studium war er bei der Annington als Sachbearbeiter beschäftigt - nach dem Abschluss seines Trainee-Programms ist er heute u.a. für Investitionsprogramme von über 150 Mio. Euro zuständig. "Heute trage ich mehr Verantwortung und kann selbstständiger arbeiten", so Rode.

Die Aussichten für Berufsanfänger und speziell Hochschulabsolventen in der Immobilienbranche sind top, erklären unisono Personaler und Headhunter querbeet. "Für gute Absolventen und Absolventinnen sind die Jobchancen in der Immobilienwirtschaft besser denn je", sagt etwa Patrizia-Personalerin Simone Böck. Katrin Beddig, Leiterin Personalentwicklung und Recruiting des Property- und Asset-Managers IC Immobilien, stößt in dasselbe Horn: "Die Unternehmen kämpfen um gute Nachwuchskräfte mit abgeschlossenem Studium. Immer öfter haben gut ausgebildete Bewerber freie Auswahl unter mehreren Stellenangeboten." Beddig hat gerade mit einem Werkstudenten einen Trainee-Vertrag mit dem Schwerpunkt technisches Property-Management in Frankfurt geschlossen und sucht einen Trainee für Asset-Management in München. Weitere Stellen für Berufsanfänger mit abgeschlossenem Studium seien ab Frühjahr/Sommer 2017 geplant.

Bauingenieure, technisch orientierte Architekten, Bauleiter, Fachingenieure für die Technische Gebäudeausrüstung (TGA), Asset- oder Transaktions-Manager und nicht zuletzt Wohnungsspezialisten - sie sind allein schon aus demographischen Gründen begehrt: Wer z.B. 1966 in Deutschland geboren wurde, hat rund 1,3 Mio. Altersgenossen. Wer hingegen 2011 hierzulande das Licht der Welt erblickte, teilt dieses Schicksal nur noch mit halb so vielen Menschen (663.000).

Landmarken kann seinen Bedarf an Nachwuchskräften laut Personalleiter Stephan Mast gut decken, weil der Projektentwickler in Aachen einen kurzen Weg zu technischen Hochschulen hat. Doch er moniert, dass es "insbesondere in der Ausbildung an der Kombination aus technischer Kreativität und dem Blick für das wirtschaftlich Machbare fehlt. Einsteiger, die das mitbringen, haben bei uns sehr gute Chancen." Sehr viel schwieriger als die Rekrutierung von Nachwuchs gestaltet sich die Anwerbung von erfahrenen Mitarbeitern, "sodass wir sehr viel Wert auf eigene Aus- und Weiterbildung legen." Inzwischen gebe es jedoch vermehrt Studiengänge, "die bereits die Projektentwicklung inkludieren. Es bleibt abzuwarten, wie gut dann das Handwerkzeug in der Praxis aussieht."

Harald Thomeczek

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So lässt sich die Generation Z über Jobanzeigen ködern

Berufseinsteiger schätzen smarte Bewerbungen, die sie mobil erledigen können.

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: EdNurg

Karriere 29.09.2022
Keine falschen Versprechungen, dafür digitales und flexibles Arbeiten und von Anfang an mit Verantwortung ausgestattet: Die selbstbewusste Generation Z hat besondere Wertvorstellungen und ... 

Keine falschen Versprechungen, dafür digitales und flexibles Arbeiten und von Anfang an mit Verantwortung ausgestattet: Die selbstbewusste Generation Z hat besondere Wertvorstellungen und möchte damit bereits in Jobanzeigen abgeholt werden. Doch die Anreize und Benefits müssen sich im Berufsalltag auch wiederfinden lassen.

Sie sind nach 1994 geboren, mit dem Smartphone aufgewachsen und den ganzen Tag auf Social Media unterwegs. Sie hinterfragen Konsum und sorgen sich um die Ressourcen dieser Welt. Die sogenannte Generation Z (Gen Z) hat ihr Leben komplett digital organisiert. Ihre Vorstellungen und Ansprüche von Arbeit, einer Jobausschreibung, aber auch eines Bewerbungsprozesses, sind anders als die von früheren Generationen. Jobanzeigen lesen sie in Portalen oder in Social-Media-Kanälen, sie bewerben sich nicht unbedingt vom Schreibtisch aus, sondern erledigen das mitunter in der U-Bahn. Umso wichtiger ist es, Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen nicht nur über die Inhalte der Jobanzeigen so anzusprechen, dass sie sich abgeholt fühlen, sondern auch den Bewerbungsprozess smart zu gestalten.

In Zeiten massiven Personalmangels benötigen Unternehmen Human-Resources-Strategien, die nicht nur an die Erwartungen des Berufsnachwuchses andocken, sondern auch stimmiger Teil der Arbeitgebermarke werden. Nur dann können sie auch Gen-Z-gemäß ausschreiben. "Ich gehe tatsächlich über die Inhalte der Stellenanzeige ganz bewusst darauf ein, was diese Generation braucht", bestätigt Svetlana Stockmann, selbst 40 Jahre alt und Chief People Officer der Ziegert Group.

Unternehmenskultur muss sichtbar werden

Vier sogenannte Treiberwerte hat das Immobilienunternehmen mit Sitz in Berlin über Recherchen und Erfahrungen definiert, die sich sowohl in den Stellenanzeigen und auf der Karriereseite als auch in der Unternehmenskultur niederschlagen sollen. Unter dem Stichwort Purpose versteht die Ziegert Group, dass jede Position nachvollziehbar als sinnstiftend wahrgenommen werden soll. Flexibilität darf nicht nur ausgeschrieben, sondern muss gelebt werden – etwa bei den Arbeitszeiten und dadurch, dass der Arbeitstag nach eigenen Bedürfnissen zeitlich eingeteilt werden darf. Mit Blick auf Social-Media-Profile achtet Ziegert bei der Vergabe von Jobtiteln auf deren Außenwirkung und Diversität, Chancengleichheit gilt auf allen Ebenen sowie in allen Lebensphasen. Dabei beinhaltet dieser Wert nicht nur eine Frauenquote, sondern auch unterschiedliche Nationalitäten, von denen 45 unter den 300 Teammitgliedern der Unternehmensgruppe vertreten sind.

Gut ein Viertel von ihnen ist der Gen Z zuzurechnen. "Wir haben zum Glück kaum Probleme, Stellen mit passenden Kandidat:innen zu besetzen, die wir nach Diversity-Kriterien auswählen." sagt Stockmann und schreibt das auch der Tatsache zu, dass auf der Karriereseite des Unternehmens Jobs und Unternehmen anfassbar werden, indem etwa das Team mit Fotos vorgestellt wird.

Silke Bley, Talent Acquisition Managerin bei Arcadis Deutschland, einem 1.300 Mitarbeiter starken Anbieter von Beratungs-, Projektmanagement- und Ingenieurleistungen, lernt aus dem Dialog mit der Gen Z, die Ausschreibungen immer passender zu gestalten. Die 47-Jährige räumt dieser Zielgruppe in den Recruiting-Prozessen viel Raum ein. Sie besucht etwa Karrieretage und führt Gespräche mit Bewerbern und Mitarbeitern.

"Wichtig ist für die Gen Z, auch in der Anzeige, alles rund um Digitalisierung", sagt Bley. Gleiches gelte für Flexibilität – und das dürfe nicht so missverstanden werden, dass "man immer und überall erreichbar sein muss". Die Arcadis-Managerin versteht darunter beispielsweise die Offenheit, Arbeitsmodelle zu diskutieren. "Junge Mitarbeitende wollen mit wenig und gezieltem Aufwand weit kommen. Wir müssen klare Karrierepfade aufzeigen." Daher gehört für Bley sowohl in die Stellenanzeige als auch auf die Karriereseite das Angebot, auf Mentoren zurückgreifen zu können. "Erfahrene Sparringspartner sind gewünscht, junge Leute brauchen Support."

Grundsätzlich immer wichtiger wird sowohl für Kandidaten als auch für Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit in den Stellenanzeigen. Die Gen Z erwartet hier eine Positionierung, Inhalte und Antworten. Sowohl Ziegert als auch Arcadis sehen sich zunehmend gut aufgestellt. Das fängt bei Firmenradleasing und ÖPNV-Zuschuss an und geht über soziales Engagement bis hin dazu, dass Unternehmen ihr komplettes Tätigkeitsfeld schrittweise und nachweislich ressourcenschonender ausrichten – und dies außerdem transparent kommunizieren.

Eine digitale Generation rechnet darüber hinaus mit einem smarten Bewerbungsprozess. Drees & Sommer, in der Immobilienwirtschaft als Berater, Planer und Projektmanager aktiv, achtet auf "schnelle und direkte Rückmeldungen". Wie richtig das Unternehmen damit liegt, bestätigt Celine Ganzmann. Die 22-Jährige hat sich viele Monate mit dem Thema Bewerben beschäftigt, als sie ihr duales Studium in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Immobilienwirtschaft beim Projektentwickler Rüstig Immobilien nahe Nürnberg absolvierte. "Lange Bewerbungsprozesse mit vielen Interviews und Assessmentcenter bis hin zur Entscheidung" widerstreben ihr. Grundsätzlich gefällt ihr, wenn Angebote "von Anfang an durchdacht sind" und Corporate Benefits auf die Lebenssituation ihrer Generation zugeschnitten sind. Jobticket, Teamevents oder ein Gesundheitszuschuss passen für sie besser als ein Hinweis auf Kita-Zuschuss.

Personalberater Frank Groß von Immopersonal Consulting, mit 56 Jahren relativ weit weg von der Gen Z, wird oft als Schnittstelle zwischen Kandidaten und Unternehmen zur Vorauswahl eingesetzt. Er appelliert an beide Seiten: "Macht euch die Mühe, euch ernsthaft miteinander auseinanderzusetzen!" Für Unternehmen bedeutet das, keine falschen Versprechen zu einer Arbeitskultur zu machen, die es gar nicht gibt. Bewerbern legt er ans Herz, über die Stellenanzeige hinaus zum Unternehmen zu recherchieren, bevor es zum ersten Kennenlernen kommt. Für den Berater gehört zudem das Thema Weiterbildung und -entwicklung in die Ausschreibung.

Oft für Verwunderung und sogar Konflikte beim Berufsstart sorgt die Vorstellung der Gen Z, von Anfang an voll im Tätigkeitsfeld mit dabei zu sein. Genau das will Drees & Sommer deshalb ermöglichen. Cornelia Mühlegger, die bei Drees & Sommer in der Talent Akquise tätig ist, betont: "Wir wissen, dass die junge Generation großen Wert darauf legt, möglichst früh Verantwortung in Projekten zu übernehmen und im Team auf Augenhöhe zu agieren."

Das Unternehmen stellt daher in allen Kanälen "das Leitbild ‚Machen dürfen‘ in den Mittelpunkt". Über die Unternehmenskultur sollen sich Mitarbeitende grundsätzlich als Unternehmer im Unternehmen verstehen, auch der Nachwuchs. Um Jobs greifbar zu machen, führt beispielsweise die Stellenausschreibung "Junior Consultant Real Estate" zu einem Video, in dem die Jobperspektiven von Mitarbeitern erläutert werden. Sie bewegen sich dabei in den Räumen der von Drees & Sommer und zeigen ihren Arbeitsplatz.

Die Anforderungen an junge Bewerber in der Anzeige nehmen im Vergleich zu höher qualifizierten Jobs keinen so großen Raum ein. Zu Recht nach Einschätzung von Karin Bacher, die als selbstständige Beraterin branchenübergreifend auf Employer-Branding und die Integration der jungen Generation spezialisiert ist. Bacher, 57 Jahre alt und somit in der gleichen Altersklasse wie Berater Groß, erläutert: "Die Anforderungen sind weiterhin wichtig, damit Bewerbende wissen, was gefordert wird. Allerdings in der Regel erst in einer nächsten Stufe. Bedeutet: In der Ausschreibung soll die Aufmerksamkeit geweckt werden. Auf der HR-Seite oder einer eigens erstellten Landingpage sollten die vertiefenden Informationen zu finden sein. Also darf ,Call to Action‘ nicht fehlen, etwa über einen QR-Code." Als Beispiel nennt sie einen kurzen Fragebogen, um Profile zu checken, zu dem sie einem ihrer Kunden geraten hat. Dieser kann über Whatsapp beantwortet werden, die Handlungsschwelle ist somit niedrig.

Solche digitalen Zugänge bieten Unternehmen zudem die Chance zu lernen, über welche Wege die Gen Z Kontakt aufnimmt – was bei Printanzeigen früher nicht möglich war. Die Ziegert Group beobachtet daher über intensives Tracking, über welche Portale und Kanäle die Bewerber kommen. Linkedin sei ganz vorne dabei, sagt Svetlana Stockmann. Weniger Kandidaten kommen über Fachportale, wo das Unternehmen dennoch gelistet sein möchte. Es sei wichtig, auch in diesem Umfeld vertreten zu sein.

#/ZZ#

Die Autorin:Alexandra Leibfried arbeitet als Leitung Content bei Career Pionier, einer Beteiligung der Immobilien Zeitung.

Alexandra Leibfried

Gute Chancen für die Corona-Master

Während der Pandemie ging das Studium an den Hochschulen weiter.

Während der Pandemie ging das Studium an den Hochschulen weiter.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: goodluz

Karriere 30.06.2022
Weil die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie die Jobsuche und den Berufseinstieg erschwerten, ist die Zahl der Studenten, die einen Master direkt an den Bachelor angehängt ... 

Weil die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie die Jobsuche und den Berufseinstieg erschwerten, ist die Zahl der Studenten, die einen Master direkt an den Bachelor angehängt haben, an vielen Hochschulen gestiegen. Jetzt wollen die Absolventen von den vier Zusatzsemestern profitieren.

"Eigentlich war der Master nur als Plan B gedacht", berichtet Student Björn Stelzenmüller wenige Monate vor seinem geplanten Abschluss an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Holzminden. Dass er den Master im Fach Projektentwicklung während der Kontaktbeschränkungen der Corona-Pandemie noch angehängt hat, wisse er jetzt zu schätzen. Denn für sein Wunschberufsbild sieht er mit dem passenden Studium bessere Einstiegschancen. Zudem werde er im Master eine bessere Abschlussnote erzielen als im Bachelor.

Vom Masterabschluss kann ein Bewerber bei den Verhandlungen ums erste Jahresgehalt profitieren, weiß Frank Groß. Der Inhaber der Personalberatung Immopersonal Consulting erklärt, dass Einsteiger im Vergleich zum Bachelor im Schnitt auf rund 5.000 Euro brutto mehr im ersten Berufsjahr hoffen dürfen, wenn sie sich mit einem passenden Mastertitel bewerben. Das entspricht auch den Traineegehältern bei Commerz Real. Dort liegen auf zwölf Monate gerechnet 4.800 Euro Unterschied zwischen den beiden Studienabschlüssen. So konkrete Zahlen nennen aber nur die wenigsten Unternehmen.

Der Großteil der Personaler bestätigt jedoch, dass sich der erworbene Abschluss auf die Gehaltsgestaltung auswirkt. Dass sich Masterabsolventen im Schnitt sogar 6.000 Euro mehr Gehalt wünschen als ihre Bachelor-Kollegen, begründen sie in der IZ-Arbeitsmarktumfrage damit, dass sich die zwei Jahre Zusatzstudium schnell refinanzieren sollen. Und auch später lassen die Ansprüche nicht nach. Während Bachelorstudenten im Schnitt 8% mehr Gehalt nach zwei bis drei Jahren im Beruf erwarten, wollen die Masterstudenten 10% mehr.

Für die Arbeitgeber spielen die Studienkosten keine Rolle in der Gehaltsverhandlung. Sie haben es auf die zusätzlichen Erfahrungen, die die Masterabsolventen in den zwei Jahren sammeln konnten, abgesehen. Jana Reck, Leiterin HR Management bei Real I.S., erklärt: "Masterstudenten haben natürlich während des Studiums mehr Möglichkeiten, um sowohl fachlich als auch persönlich Erfahrungen, unter anderem durch Praktika oder auch im Auslandssemester, aufzubauen und deshalb bei manchen Positionen die Nase vorn."

Mehr direkte Übergänge während der Pandemie

Die Zahl der Mastereinschreibungen insgesamt hat sich während der Pandemie an vielen Hochschulen kaum verändert. Dennoch haben die Hochschulen ein verändertes Studierverhalten festgestellt. An der Hochschule Biberach sei die Gesamtzahl stabil geblieben, berichtet Thomas Beyerle, Professor an der Hochschule. Doch 45% der Bachelorabsolventen haben in den vergangenen zwei Jahren einen Master direkt an den ersten Abschluss angehängt. Das seien rund 10% mehr als in den Vor-Corona-Jahren. Gleichzeitig habe aber die Zahl derer nachgelassen, die sich mit dem Master zum ersten Mal an der Hochschule eingeschrieben haben, den Bachelor also zuvor an einer anderen Hochschule abgelegt haben. An der TH Aschaffenburg weichen die Einschreibungszahlen der Studenten im Masterstudiengang Immobilienmanagement im Wintersemester 2021 kaum von denen des Wintersemesters 2020 ab, der Anteil der direkten Übergänge ist jedoch um ein Drittel gestiegen, und an der EBZ Business School in Bochum haben laut der stellvertretenden Kanzlerin Daria Gabrysch die Einschreibungen für den Master-Fernstudiengang Real Estate Management während der Hochphase der Pandemie im Wintersemester 2020/2021 signifikant zugenommen, weil das Studium ortsunabhängig möglich ist.

Beyerle erklärt sich diese Entwicklung durch die Unsicherheiten während der Pandemie. Sie habe viele davon abgehalten, nach dem Bachelor den Standort bzw. die Hochschule zu wechseln. Doch die Einschreibungszahlen seien seit Ende der harten Kontaktbeschränkungen verzerrt. "Weil die Studenten nach dem Bachelor keine Möglichkeit hatten, ein Jahr ins Ausland zu gehen, holen das jetzt viele in Form eines Auslandssemesters nach", berichtet Beyerle. Einige pausieren auch während der Vorlesungszeit, um sich über Praktika oder als Werkstudenten in der Berufswelt zu orientieren.

Ideale Voraussetzungen in beliebten Tätigkeitsfeldern

Durch ein Praktikum hat auch Timm-Alexander Jahn seine endgültige Zielrichtung für den Beruf gefunden. In der IZ-Arbeitsmarktumfrage hat er angegeben, sich für Fonds- und Immobilienmanagement zu interessieren. Während der vier Corona-Semester sammelte er zudem praktische Erfahrungen als Werkstudent. Weil er sich durch die Online-Lernformate Fahrtzeiten zum Campus sparen konnte, sei das sogar in einem höheren Maß möglich gewesen, als während seines Bachelorstudiums. Die vier Semester im Fach Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg sieht er als "Fachliche Spezialisierung und Profilschärfung", die ihm nach seinem Bachelor in BWL helfen soll, von Anfang an in seiner Wunschrichtung eine Stelle zu finden.

"Wenn alle Parameter gleich sind, dann wird der Master immer bevorzugt", sagt Stefanie Saß, Gründerin und Inhaberin des Personalberatungsunternehmens Engaging Talents. Sie beobachtet die besseren Chancen v.a. in den Feldern Fonds-, Asset- und Investmentmanagement sowie in der Projektentwicklung. Im Ranking um die begehrtesten Zielrichtungen in der Branche belegen genau diese die vorderen Plätze. Von den insgesamt 141 Masterstudenten, die an der diesjährigen Arbeitsmarktumfrage der Immobilien Zeitung teilgenommen haben, können sich 78 vorstellen, in die Projektentwicklung zu gehen. 59 interessieren sich für Asset-Management, 53 für Projektsteuerung sowie 51 für Investmentmanagement. Kapitalanlagenvertrieb, Hausverwaltung und Beratung kommen fast nur für Bachelorstudenten infrage.

Dass in den vergangen Jahren viele Absolventen mit einem Bachelorabschluss in die Branche einsteigen konnten, sehen die Experten als Folge des Fachkräftemangels. Er habe dazu geführt, dass Personaler die Einstellungskriterien gelockert haben. Anders sieht es laut Saß in der Projektentwicklung aus. Weil es dort immer mehr Bewerber mit einem Masterabschluss gibt, gewinnt dieser als Einstellungskriterium zunehmend an Bedeutung. "Spätestens wenn der Fachkräftemangel nachlässt, wird es für Bachelor hier schwer", prognostiziert Saß.

Janina Stadel

Beim Gehalt haben es die Einsteiger eilig

Auf der Gehaltstreppe will der  Nachwuchs schnell nach oben.

Auf der Gehaltstreppe will der Nachwuchs schnell nach oben.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Alexander Sell

Karriere 23.06.2022
Schon im ersten Berufsjahr verlangen die Teilnehmer der IZ-Arbeitsmarktumfrage mehr Geld, als viele Unternehmen zahlen. Doch langfristig sind ihre Vorstellungen von einer guten Bezahlung ... 

Schon im ersten Berufsjahr verlangen die Teilnehmer der IZ-Arbeitsmarktumfrage mehr Geld, als viele Unternehmen zahlen. Doch langfristig sind ihre Vorstellungen von einer guten Bezahlung nicht unrealistisch. Die Zwischenschritte bis zum Zielgehalt vergessen aber die meisten.

„Unter 55.000 Euro zu verdienen, ist einfach zu wenig“, hat ein Student der Technischen Universität Darmstadt klare Vorstellungen von seinem Jahresgehalt nach dem Master. Für unrealistisch hält der 27-Jährige die Summe beim geplanten Berufseinstieg 2023 nicht. Er ist sich sicher, dass der Fachkräftemangel Unternehmen dazu bringt, Wirtschaftsingenieure wie ihn nach dem Masterabschluss gut zu bezahlen. Mit seinen Forderungen für ein Einstiegsgehalt liegt er nur wenig über dem Durchschnitt (53.008 Euro) der 429 befragten Studenten, die an der diesjährigen IZ-Arbeitsmarktumfrage teilgenommen haben. Während sich 2021 einige noch vorstellen konnten, für weniger als 30.000 Euro brutto in die Branche einzusteigen, kommt dieses erste Jahresgehalt für die Studenten, die 2022 oder 2023 ihren Abschluss machen, nicht mehr infrage. Vor allem junge Männer wollen finanziell gleich voll einsteigen. Bis zu 90.000 Euro verlangen sie in Gehaltsverhandlungen. Im Schnitt wollen sie mit einem Bachelorabschluss mit 52.292 Euro beginnen, als Masterabsolvent mit 57.588 Euro. Bei den Frauen reicht die Spanne der Wunschgehälter von 30.000 bis 85.000 Euro. Die Bachelorabsolventinnen verlangen von ihren Arbeitgebern im Schnitt 48.152 Euro im ersten Berufsjahr, mit einem Mastertitel wollen sie rund 3.000 Euro mehr. Nachdem sich die Absolventen in den vergangenen zwei Jahren aus Verunsicherung wegen der Corona-Pandemie mit weniger zufrieden gaben, liegen die Wunschgehälter 2022 so hoch wie noch nie.

Für möglich hält Stefanie Saß, Gründerin der Personalberatung Engaging Talents, diese Gehälter schon, aber nicht in allen Berufsbildern der Immobilienwirtschaft. Ein Masterabsolvent, der ins Projektmanagement, ins Fonds-, Asset- oder Investmentmanagement will, könne mit bis zu 58.000 Euro in die Gehaltsverhandlung starten. „Aber er muss damit rechnen, um bis zu 5.000 Euro heruntergehandelt zu werden“, sagt sie. In Berufen, in die der Einstieg mit einer Ausbildung oder als Bachelor möglich ist, etwa in der Hausverwaltung oder beim Property-Management, müsse deutlich niedriger angesetzt werden. Veränderungen bei den gezahlten Gehältern hat es nach ihren Beobachtungen in der gesamten Branche in den vergangenen Jahren nicht gegeben.

Um mögliche Gehälter einschätzen zu können, informieren sich die meisten Befragten in ihrem unmittelbaren Umfeld, etwa bei Ex-Kommilitonen, die bereits im Beruf sind, während Praktika und bei Dozenten an den Hochschulen oder in Netzwerken. Frank Groß, Gründer und Inhaber von Immopersonal Consulting, sieht diese Quellen als Grund dafür, dass die Wünsche zum Teil stark von der Realität abweichen. „Berufseinsteiger müssen erst lernen, ihren eigenen Wert zu erkennen. Oft vergleichen sie sich aus Unwissenheit mit älteren Kollegen, die schon mehr Erfahrungen gesammelt haben und mitunter einen ganz anderen Lebenslauf mitbringen“, sagt er.

Hohe Erwartungen an große Unternehmen

Dabei sind sich viele Studenten sicher: Je mehr Mitarbeiter ein Unternehmen hat, desto höher fallen die Gehälter aus. Sie rechnen bei Arbeitgebern mit mehr als 1.000 Angestellten mit festen Gehaltsklassen für Einstiegspositionen. Von den Umfrageteilnehmern will fast jeder zweite (47%) für einen Konzern dieser Größe arbeiten. 85% sehen sehr gute oder gute Chancen, dort direkt nach dem Studium unterzukommen. Für ein mittelständisches Unternehmen wollen 43% der Befragten arbeiten. „Hier sehe ich sehr große Chancen bei den Verhandlungen“, sagt Studentin Julia Ober. Sie denkt, dass sie sich in einem kleineren Unternehmen schon als Praktikantin besser bemerkbar machen kann, was den Einstieg in Gehaltsgespräche erleichtere. Master-Student Lucas Tann, der am liebsten in der Projektentwicklung arbeiten würde, geht noch einen Schritt weiter. Er könnte sich vorstellen, für ein Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern zu arbeiten, und begründet das so: „Unternehmen dieser Größe eignen sich meiner Meinung nach optimal für einen Karriereaufstieg. Sie sind nicht zu groß, um unerkannt zu bleiben beziehungsweise um in kleinen Schritten aufzusteigen“, zudem sehe er in einem kleinen Kollegenkreis weniger Konkurrenz und engeren Kontakt zu den Geschäftsführern. Ein niedrigeres Gehalt könnten die kleinen bis mittleren Unternehmen laut Tann durch zusätzliche Benefits ausgleichen. Er denkt dabei an die Bereitstellung eines Firmenwagens oder an Zuschüsse für Gesundheits- und Fitnessangebote.

Bei Bewerbern, die sich für eine Stelle bei Real I.S., der Immobilienfondstochter der Bayern LB, interessieren, sei die Wunschgehaltsspanne in den letzten Jahren größer geworden, berichtet Jana Reck, Leiterin HR-Management. „Wir erleben aber auch, dass die Gehaltsvorstellungen nicht in Stein gemeißelt sind und der offene Dialog entscheidend ist, um eine faire und angemessene Vergütung für beide Seiten zu vereinbaren.“ In den Bewerbungsgesprächen stünden deshalb Unternehmenswerte, Visionen, Möglichkeiten der Mitgestaltung und Weiterbildung immer häufiger im Fokus.

„Wenn ein Unternehmen als Arbeitgeber begehrt ist, sind die Bewerber eher bereit, sich den Unternehmen anzupassen“, weiß Saß. Als Beispiel nennt sie kleine Investmentboutiquen. "Sie sind sehr beliebt, weil sie als jung und dynamisch wahrgenommen werden." Große Unternehmen sehen die Bewerber hingegen als sichere Bank. „Gerade im Moment, wo sich viel in der Politik und in der Wirtschaft verändert und unsicher wird, zieht es bestimmt den ein oder anderen eher in ein großes Unternehmen“, vermutet sie.

Ansprüche wachsen mit Lebenshaltungskosten

Dass die Ansprüche gestiegen sind, ist den Studenten bewusst. Sie sehen die Inflation als Anlass, schon beim Berufseinstieg eine Schippe draufzulegen. „Ich denke durchaus, dass Bewerber bewusst den Anstieg der Lebenshaltungskosten mit einkalkulieren sollten“, sagt Annabell Nachbaur, die sich mit einem Master in internationalem Immobilienmanagement auf den Brancheneinstieg vorbereitet hat. Bei den eigenen Gehaltsverhandlungen habe sie als duale Studentin bisher zwar immer ihre Praxiserfahrung als Argument für ihr Wunschgehalt genannt, „allerdings könnte ich es mir inzwischen durchaus auch vorstellen, dass ich mit den erhöhten Lebenshaltungskosten – insbesondere jenen am Wohnungsmarkt – ein weiteres Argument einbringen könnte.“ Mit der Familienplanung im Blick bestehen einige junge Talente schon beim Berufseinsteig auf eine Wohnung mit ein bis zwei Kinderzimmern und wollen zusätzlich auf ein Arbeitszimmer für das Homeoffice nicht verzichten.

Wegen dieser Ansprüche sind Gehalt und Karrieremöglichkeiten für die Studenten die beiden wichtigsten Punkte bei der Wahl des Arbeitgebers. Mehr als 80% gaben in der Befragung an, dass das passende Gehalt für sie bei der Entscheidung für einen Job eine wichtige bis sehr wichtige Rolle spielt. Mit den Aufstiegsmöglichkeiten erhoffen sich die Absolventen eine Gehaltserhöhung nach wenigen Jahren. Bei den Männern soll das Jahreseinkommen nach drei bis fünf Jahren im Beruf um 11% gewachsen sein, die Frauen wollen im Schnitt 7% mehr verdienen. Damit liegt das durchschnittliche Wunschgehalt nach drei Jahren bei den jetzigen Absolventen bei rund 57.700 Euro im Jahr. Gehaltsexperte Groß hält diese Langzeitplanung zwar nicht für unrealistisch, er beobachtet aber bei den Unternehmen, die Berufseinsteiger einstellen, einen anderen Verlauf des Anstiegs. „Wer mit um die 43.000 Euro einstiegt und sich beweist, kann in den ersten Berufsjahren um die 10% mehr jährlich aushandeln“, sagt er. Nach etwa vier Jahren decken sich dann die Vorstellungen mit der Realität. Während vielen Young Professionals ein höheres Fixgehalt am liebsten wäre, bevorzugen die meisten Arbeitgeber eine Anhebung von Bonuszahlungen in kleinen Schritten, die an Zielvereinbarungen geknüpft werden.

Bei Colliers ist das zum Beispiel der Fall, erzählt Hildegard Gütlich, Head of Human Resources and Learning & Development. „Eine Erhöhung des Einstiegsgehalts, die bei Colliers in der Regel auch mit einer Beförderung verbunden ist, ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren wie zum Beispiel dem Umsatz, den gemeinsam getroffenen Zielvereinbarungen und den individuellen Feedback-Gesprächen.“ Obwohl für den Einstieg fixe Gehälter definiert sind, könne das Gehalt im Unternehmen zudem durch Provisionen aktiv selbst beeinflusst werden.

Die Argumentation, dass Lebenskosten steigen, akzeptieren die wenigsten Unternehmen, viele rechnen jedoch damit, dass die Inflation demnächst häufiger bei Gehaltsverhandlungen angesprochen werden könnte. „Die Immobilienbranche vergütet leistungsorientiert“, betont Groß. Und sagt über die regelmäßige Neubewertung in den Anfangsjahren: „Darauf müssen sich Unternehmen einlassen, wenn sie gute Mitarbeiter langfristig halten wollen.“

Janina Stadel