Makler machen Kurzarbeit

Messestände gehören erstmal der Vergangenheit an.

Messestände gehören erstmal der Vergangenheit an.

Quelle: Immobilien Zeitung, Urheber: Alexander Sell

Karriere 09.04.2020
JLL schickt Teile seiner deutschen Mannschaft im Zuge der Corona-Pandemie in Kurzarbeit. Auch mit Gehaltskürzungen und verschobenen Gehaltserhöhungen versucht das Unternehmen, den ... 

JLL schickt Teile seiner deutschen Mannschaft im Zuge der Corona-Pandemie in Kurzarbeit. Auch mit Gehaltskürzungen und verschobenen Gehaltserhöhungen versucht das Unternehmen, den Auswirkungen der Krise auf der Kostenseite entgegenzusteuern. Auch andere Maklerhäuser reagieren auf die Verunsicherung an den Investment- und Vermietungsmärkten - aber nicht alle.

Bei JLL haben das Global Executive Board um den deutschen CEO Christian Ulbrich und das Global Board of Directors Kürzungen ihrer Grundgehälter für den Rest des laufenden Jahres zugestimmt. Weitere Führungskräfte haben nach Unternehmensangaben ebenfalls zugesagt, auf Teile ihrer Vergütung zu verzichten. In Deutschland und einigen anderen Ländern "ergreift JLL darüber hinaus Vergütungsanpassungen innerhalb der jeweiligen arbeitsrechtlichen Richtlinien", wie die deutsche Kommunikationsabteilung wissen lässt.

Auf Nachfrage präzisiert JLL: "Hierzu zählen z.B. Arbeitszeitverkürzungen in ausgewählten Teilen des Unternehmens und in ausgewogenem Maße unter Inanspruchnahme der jeweiligen staatlichen Programme, gesonderte Urlaubsregelungen und die Verschiebung von Gehaltserhöhungen für höher vergütete Mitarbeiter." In Deutschland beschäftigt der Immobilienmakler und -dienstleister rund 1.400 Menschen, weltweit sind es ca. 93.000.

Auch die deutsche Tochter des kanadischen Maklerhauses Avison Young führt Kurzarbeit ein und kürzt vorübergehend die Gehälter. Damit will das Unternehmen die Jobs der mehr als 60 Beschäftigten hierzulande sichern. Der Mutterkonzern hatte bereits zuvor "Pay Cuts" für Manager und Angestellte angekündigt. Damit sollen Zwangsurlaube und Entlassungen minimiert werden, wie das Unternehmen mitteilte. Medienberichten zufolge sollen die Beschäftigten Abstriche zwischen 10% und 50% hinnehmen. Wie lange die Maßnahme gelten soll, lässt das Management offen. Weltweit hat die Gruppe rund 6.600 Mitarbeiter.

Bei NAI apollo sind "weder Entlassungen noch Gehaltskürzungen geplant", sagt Andreas Wende, Geschäftsführer und Managing Partner der apollo real estate holding. "Kurzarbeit gibt es zwar auch bei uns; es geht um ca. 60% der Arbeitszeit." NAI apollo stockt die Grundgehälter aber im Gegenzug zur Arbeitsverkürzung auf 100% auf: "Wir gleichen den Mitarbeitern die Reduzierung bis auf Weiteres komplett aus. Wir stehen auch in schwierigen Zeiten zu unseren Mitarbeitern!"

Kein Thema ist Kurzarbeit bis dato für Savills Germany. "Wir hatten ein sehr erfolgreiches erstes Quartal; somit sind alle Teams mit der Abarbeitung der Deals gut ausgelastet. Kurzarbeit wurde bei uns aktuell nicht eingeleitet", sagt Savills-Deutschlandchef Marcus Lemli. Ob diese Maßnahme noch bei Savills in Deutschland eingeführt wird, "hängt von der Entwicklung ab. Wir bewerten wöchentlich die Situation und entscheiden, ob es Veränderungen in unserem Maßnahmenkatalog geben muss oder nicht." Auch von zurückgestellten Gehaltsanhebungen weiß Lemli nichts zu berichten: "Gehaltserhöhungen werden wie geplant durchgeführt."

Cushman & Wakefield (C&W) Germany begegnet der Beruhigung der Immobilieninvestment- und Vermietungsmärkte kommunikativ offensiv. Das Unternehmen gibt bekannt, 2.300 m² Bürofläche im Berliner Neubauprojekt The Westlight gemietet zu haben. Der neue Berlinsitz bietet rund 50% mehr Platz als die beiden bisherigen Berliner Büros. Und den wird C&W auch brauchen, wenn das Maklerhaus seine Pläne für einen mittelfristigen Ausbau der Berliner Mannschaft von aktuell 86 auf dann 100 Köpfe trotz der Corona-Krise umsetzen kann. Der Mietvertrag wurde bereits Ende 2019, vor dem Ausbruch des Coronavirus, unterzeichnet.

Alexander Kropf, Head of Capital Markets Germany und Leiter der Hauptstadtniederlassung, sieht bislang keinen triftigen Grund, ganz grundsätzlich von den gesteckten Wachstumszielen abzurücken: "Das Geld, das überall rausgezogen wurde und jetzt auf der Seitenlinie liegt, muss irgendwann wieder aufs Spielfeld zurück." Er räumt aber ein, sein Rekrutierungsziel für das von ihm geführte bundesweite Investmentteam für das laufende Jahr "hinterfragt" zu haben: "Im Moment sind doch alle mit angezogener Handbremse unterwegs und warten ab, bis sich die Wolken verziehen." Mittelfristig soll der Investmentbereich an allen deutschen Standorten zusammen von zurzeit 55 Kollegen auf 60 bis 70 Leute aufgestockt werden. Wie schnell, hänge vom Verlauf der Krise ab.

Von arbeitsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten sieht C&W nach eigenen Angaben bislang ab: "Wir haben zurzeit keine Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Ähnliches geplant. Natürlich beobachten wir den Markt und die Entwicklung aber weiterhin sehr genau", teilt Verena Bauer, Head of Marketing & Communication bei C&W in Deutschland, mit. Hierzulande beschäftigt das Unternehmen rund 400 Menschen, weltweit sind es 51.000.

Peter Dietz,Harald Thomeczek

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Barbara Lewandowicz gibt Führung von NAI nach einem halben Jahr ab

Barbara Lewandowicz (Mitte) neben Marcel Crommen und Paola Fruttuoso.

Barbara Lewandowicz (Mitte) neben Marcel Crommen und Paola Fruttuoso.

Urheber: Fotograf Sebastian Schueler

Karriere 22.06.2023
Nach nur einem halben Jahr verlässt Barbara Lewandowicz das Maklernetzwerk NAI Apollo wieder. Die Gründe für diesen Schritt werden nicht kommuniziert. Der plötzliche Abschied der ... 

Nach nur einem halben Jahr verlässt Barbara Lewandowicz das Maklernetzwerk NAI Apollo wieder. Die Gründe für diesen Schritt werden nicht kommuniziert. Der plötzliche Abschied der Geschäftsführerin kommt in einer schwierigen Marktlage. Andreas Krone wird als Gesellschafter ins operative Geschäft zurückkehren und Lewandowiczs Position übernehmen.

Im November 2022 hatte NAI Apollo einen Umbruch im Management verkündet. Nach fünf Jahren an der Spitze verließ Andreas Wende zum Jahreswechsel die Geschäftsführung, Barbara Lewandowicz übernahm dessen Position. Den von Wende ausgerufenen Expansionskurs sollte das neue Management konsequent weiter steuern.

Doch jetzt der unerwartete Abschied. Gegenüber der Immobilien Zeitung bestätigte Barbara Lewandowicz, dass sie das Unternehmen Ende Juni verlassen wird. Bei der Frage zu den Gründen indes blieb sie vage. "Es waren spannende und lehrreiche Monate in einem anspruchsvollen Marktumfeld", sagt sie. "Ich bedanke mich sehr bei dem tollen Team und wünsche NAI Apollo für die anstehenden Herausforderungen nur das Beste." Sie werde sich nun neuen Aufgaben widmen, sagte Lewandowicz.

Die Trennung sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt, berichtet Krone und ergänzt: "Barbara hat unser Unternehmen innerhalb ihres hervorragenden Netzwerks positioniert und damit neue Möglichkeiten für unsere Beratungsleistungen geschaffen. Dafür sind wir ihr sehr dankbar." Er werde nun auf die aktive Geschäftsführerposition zurückkehren, um gemeinsam mit Paola Fruttuoso und Marcel Crommen das Unternehmen bestmöglich "durch das aktuell schwierige Marktumfeld zu führen".

Noch Ende April hatten Lewandowicz und Crommen im Gespräch mit der Immobilien Zeitung davon gesprochen, die Krise mit Schwung bewältigen zu wollen. Denn auch bei NAI Apollo hat sich der stockende Transaktionsmarkt bemerkbar gemacht und die Umsatzzahlen spürbar gedrückt. "Das Vermietungsgeschäft läuft noch", hatte Lewandowicz damals gesagt. "Die Pipeline ist noch da, aber es erfordert mehr Fleiß, die Abschlüsse dauern länger." Sie hatte angekündigt, die Bereiche in den Fokus zu stellen, die noch Wachstumspotenzial bieten.

Crommen hatte Ende April die Hoffnung geäußert, dass auch die Investoren langsam ihre Vorsicht ablegen und wieder auf den Markt zurückkehren werden. "Ich bin optimistisch, dass wir mit unserer Mannschaft die Krise bewältigen können", hatte Crommen betont. Zu diesem Team gehört Lewandowicz nun nicht mehr. Crommen wird künftig mit Fruttuoso und Krone durch die raue See kommen müssen. Fruttuoso war im März 2022 in die Geschäftsführung aufgestiegen; als COO übernahm sie die Verantwortung für die Themen IT, Personal, Organisation, Compliance, Marketing und Buchhaltung. Crommen behielt wie zuvor den Bereich Investment unter sich.

Lewandowicz leitete als Geschäftsführerin die verschiedenen Assetklassen sowie die Büro-, Logistik- und Vermietungsabteilung in Frankfurt. Außerdem war sie zuständig für Corporate Services, Investmentmanagement, Valuation & Research, das Real-Estate-Management und das Wohnsegment. Darüber hinaus verantwortete Lewandowicz die Koordination mit den Niederlassungen in Hamburg und Berlin sowie den Partnerunternehmen der NAI Apollo Group. Lewandowicz war von der Immobilienabteilung des Family-Offices Friedhelm Loh zu NAI Apollo gekommen. Bei NAI Apollo sind rund 110 Personen beschäftigt. Bisher ist die Holding des Unternehmens in Frankfurt, Hamburg, München und Berlin aktiv. Über Partner ist NAI zudem im Ruhrgebiet, in Stuttgart, Düsseldorf, Köln und Bonn, Ulm und Mannheim vertreten. Weltweit beschäftigt die Gruppe 5.100 Mitarbeiter.

Peter Dietz

"Eine Beförderung sollte die Belohnung für gute Arbeit sein"

Paola Fruttuoso ist seit 18 Jahren bei NAI Apollo.

Paola Fruttuoso ist seit 18 Jahren bei NAI Apollo.

Quelle: NAI apollo, Urheberin: Paola Fruttuoso

Karriere 17.03.2022
Mit Paola Fruttuoso erweitert NAI Apollo die Geschäftsführung mit einer Kandidatin aus den eigenen Reihen. Die 36-Jährige stieg vor 18 Jahren nach ihrer Ausbildung als Assistentin ins ... 

Mit Paola Fruttuoso erweitert NAI Apollo die Geschäftsführung mit einer Kandidatin aus den eigenen Reihen. Die 36-Jährige stieg vor 18 Jahren nach ihrer Ausbildung als Assistentin ins Unternehmen ein und trug zuletzt den Titel Office Managerin. Im Interview mit der IZ erklärt sie, dass sie als HR-Beauftragte auch in Zukunft die Potenziale von Mitarbeitern fördern will.

Immobilien Zeitung: Frau Fruttuoso, Sie steigen im April bei NAI Apollo in die Geschäftsführung auf. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Paola Fruttuoso: Die Stelle wurde nicht ausgeschrieben. Ich habe mich weder darauf beworben, noch war das geplant. Es waren die beiden bestehenden Geschäftsführer Andreas Wende und Marcel Crommen, die sich mit den Gesellschaftern beraten und mir anschließend die Position angeboten haben. Ich sehe das als Zeichen der Anerkennung für die Arbeit, die ich bisher geleistet habe, und das Engagement, welches ich ins Unternehmen gesteckt habe. Deshalb war für mich sofort klar, dass ich das Angebot annehme.

IZ: Wie haben Sie sich auf Ihre neue Rolle vorbereitet?

Fruttuoso: Ich sehe meine letzten 18 Jahre im Unternehmen als die Vorbereitung auf diese Rolle. Ich habe in dieser Zeit bei NAI Apollo viel miterlebt. Meine Aufgaben sind nach und nach gewachsen und ich mit den Aufgaben. Gleichzeitig auch mit dem Unternehmen, denn während es damals noch ein 15-köpfiges Team war, haben wir inzwischen 110 Mitarbeiter an vier Standorten. Je größer das Team wurde, desto stärker wurde auch meine Identifikation mit NAI Apollo, denn ich habe Veränderungen und das Wachstum immer mit eigenen Augen gesehen.

IZ: Sie übernehmen als COO die Verantwortung über unterschiedliche Bereiche. Welchen sehen Sie als größte Herausforderung und worauf freuen Sie sich am meisten?

Fruttuoso: In den nächsten Jahren ist gutes Personal zu finden sicher die größte Herausforderung. Wir wollen und werden uns breiter aufstellen und das Unternehmenswachstum fortsetzen. Dafür sind gute Mitarbeiter die Grundlage. Gleichzeitig freue ich mich auf diese Aufgabe besonders, denn ich arbeite gerne mit Menschen zusammen, egal ob mit Kunden oder mit Mitarbeitern.

IZ: Nach welchen Profilen suchen Sie?

Fruttuoso: Was Berufsbilder angeht, suchen wir derzeit Berater, Teamassistenten und Bewerter. Aber viel mehr als um Vorerfahrung geht es uns um Persönlichkeiten, die das Ziel verfolgen, zu Experten auf ihrem Gebiet zu werden. Deshalb bieten wir regelmäßig Weiterbildungen an und übernehmen zum Beispiel die Kosten für IHK-Lehrgänge, ADI sowie EBS und Irebs. Das werden wir beibehalten.

IZ: Wie sollten junge Talente signalisieren, dass sie im Job mehr Verantwortung übernehmen wollen?

Fruttuoso: Eigentlich sollte das gar nicht ihre Aufgabe sein, sondern die der Führungskräfte. Vorgesetzte und Geschäftsführer müssen Potenziale erkennen und fördern. Ein beruflicher Aufstieg oder eine Beförderung sollte immer eine Belohnung für bereits erbrachte gute Arbeit sein. Und ein Mitarbeiter sollte immer das Gefühl haben, dass Führungskräfte ihn nicht aus dem Blick verlieren und sich um ihn kümmern. Entsprechend wichtig ist der enge Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungskräften.

IZ: Welche Fähigkeiten machen in Ihren Augen eine gute Führungskraft aus?

Fruttuoso: Mein Führungsstil ist ein Miteinander auf Augenhöhe. Das ist es, was mir hier all die Jahre über vorgelebt wurde. Bei uns stehen die Türen für Feedback und auch für Sorgen der Mitarbeiter immer offen.

IZ: Welche Rolle spielt das Thema Employer Branding für Sie ?

Fruttuoso: Eine große. Gerade weil bei jungen Arbeitnehmern das Finanzielle nicht mehr an erster Stelle steht, wollen wir uns als Arbeitgeber positionieren, bei dem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexibles Arbeiten und das Thema Work-Life-Balance großgeschrieben werden. Wie das umgesetzt werden kann, dafür befragen wir gerade unsere Mitarbeiter. So soll gleichzeitig ihre Bindung ans Unternehmen gelingen. Wir sind außerdem dabei, Strategien zu entwickeln, wie wir Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen zu Unternehmensbotschaftern machen können.

IZ: Inwieweit nehmen Sie selbst nun eine Vorbildrolle ein?

Fruttuoso: Wenn mich jemand als Vorbild sieht, dann freut mich das sehr. Ich bin froh, dass ich zeigen kann, dass eine Mischung aus Herzblut und Ärmel hochkrempeln ein Schlüssel zum Erfolg sein kann.

IZ: Frau Fruttuoso, Danke für das Gespräch. Das Interview führte Janina Stadel.

Janina Stadel

Kein Zwang zu Homeoffice!

Karriere 26.11.2020
Andreas Wende, Managing Partner des Maklerhauses NAI apollo, ist froh, dass Kanzlerin Merkel den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Recht auf mobiles Arbeiten gestoppt ... 

Andreas Wende, Managing Partner des Maklerhauses NAI apollo, ist froh, dass Kanzlerin Merkel den Vorstoß von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Recht auf mobiles Arbeiten gestoppt hat. Dabei hat er gegen mobiles Arbeiten eigentlich gar nichts.

Immobilien Zeitung: Herr Wende, auf LinkedIn haben Sie der Kanzlerin öffentlich dafür gedankt, dass sie den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Heil für ein Recht auf mobile Arbeit kassiert hat. Warum? 24 Tage Homeoffice im ganzen Jahr sind doch nicht die Welt.

Andreas Wende: Es geht nicht um die 24 Tage, es geht um die Garantie. Der Entwurf hat in vielen Punkten sicher seine Berechtigung, aber: Er greift in die unternehmerische Freiheit ein, in die Prozesshoheit, wie Unternehmen produzieren und arbeiten möchten. Der Unternehmer muss schon selbst entscheiden können, ob er Homeoffice oder etwas Vergleichbares einführt. Der Staat darf hier nicht eingreifen. Das wäre fahrlässig.

IZ: Urlaub und Sozialversicherung sind ebenso Eingriffe in die unternehmerische Freiheit.

Wende: Es gibt auch praktische Probleme, auf die der Entwurf überhaupt nicht eingeht. Viele Beschäftigte haben sich in den letzten Monaten einen notdürftigen Arbeitsplatz in der Küche oder im Schlafzimmer eingerichtet. Wenn wir als Unternehmen jedem Mitarbeiter einen zweiten Arbeitsplatz bezahlen müssten, würden ganz schöne Kosten auf uns zukommen. Zudem sind die technischen Voraussetzungen oft nicht vorhanden. Die LTE-Versorgung muss da sein, Glasfaser muss da sein - ist es aber häufig nicht. Viele unserer Mitarbeiter haben etwa kaum eine Chance, zuhause mit großen Film- und Fotodateien in der Cloud zu arbeiten.

IZ: Viele Arbeitnehmer freuen sich über Heils Initiative, weil er ihnen ein Mitspracherecht einräumt. Bisher können Firmen nach Gutsherrenart entscheiden, ob, wie oft und wem sie Heimarbeit erlauben.

Wende: Viele Unternehmen, auch unter unseren Kunden, bieten aktiv multilokales Arbeiten an. Dem kann sich kein Arbeitgeber im War for Talents entziehen. Ich kenne keinen, der seinen Mitarbeitern da Daumenschrauben anlegt. Multilokales Arbeiten ist längst in den Köpfen der Chefs angekommen. Das ist eine der größten Disruptionen im Bürobereich.

IZ: Wie oft arbeiten Sie selbst im Homeoffice?

Wende: Ich bin ein großer Freund von multilokalem Arbeiten. Ich arbeite 60%, 70% meiner Zeit multilokal, weil ich in Hamburg lebe, aber in Frankfurt arbeite. Und viele unserer Kunden sitzen in Berlin oder München.

IZ: Wie oft können Ihre rund 100 Mitarbeiter zuhause arbeiten?

Wende: Ein, zwei Tage pro Woche. Im Investment ist das eher möglich, in den Vermietungsteams weniger, weil die mehr kommunizieren und sich sehen müssen.

IZ: Und was machen Mitarbeiter, die keinen so lockeren Chef haben wie Sie?

Wende: Die können sich ja einen neuen Arbeitgeber suchen. Außerdem werden Mitarbeiter 70%, 80% ihrer Zeit immer im Büro verbringen müssen: Meetings, Innovationsworkshop - Kreativität benötigt Raum und Zufall.

IZ: Was sollen Mitarbeiter tun, die zumindest ab und an von zuhause arbeiten wollen und deren Tätigkeit das auch zulässt - und die sich keinen neuen Job suchen wollen?

Wende: Verpflichtende Regelungen braucht es jedenfalls nicht. Das sind alles gelebte Prozesse, das funktioniert auf Zuruf, wenn ein Mitarbeiter morgen mal zuhause arbeiten will. Wir dürfen das Selbstbewusstsein von Mitarbeitern nicht unterschätzen.

IZ: Ihre Researcher haben ausgerechnet, dass Homeoffice in Frankfurt im schlimmsten Fall bis zu 2 Mio. m² Bürofläche leeren könnte. Sie selbst haben schon zu Beginn der Corona-Krise einen Nachfragerückgang auf dem Büromarkt von 10%, 20% prophezeit.

Wende: Plötzlich haben alle festgestellt, dass multilokales Arbeiten funktioniert. In Unternehmen, die vorher 100% im Büro waren, arbeiten die Mitarbeiter jetzt vielleicht zu 30% mobil. Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass Unternehmen auch so viel Fläche sparen. Schreibtische werden vielleicht reduziert, aber dafür werden andere Bereiche ausgebaut: Flächen für Kollaboration, wo die Leute sich ums Lagerfeuer scharen können. Der Durchschnittsbedarf pro Mitarbeiter ist in der Vergangenheit in Deutschland von 28 m² auf 24 m² gesunken. Und der Pro-Kopf-Bedarf wird weiter sinken. Ein Revival der Einzelzelle werden wir sicher nicht erleben. Die Frage ist bei allen Kunden dieselbe: Wie viel Fläche brauche ich, wenn das mit Homeoffice funktioniert? Dabei geht es aber nicht in erster Linie um Quadratmeterreduzierung, sondern um eine Aufwertung der Fläche.

IZ: Unionspolitiker haben einen Gegenentwurf zu Heil vorgelegt. Ein Rechtsanspruch auf mobile Arbeit findet sich dort nicht.

Wende: Dieser Entwurf vermittelt deutlich mehr Praxisnähe. Statt auf Pflichten setzen die Unionspolitiker auf Möglichkeiten. Gut ist auch der Vorschlag, die Einrichtung von Büros mit flexiblen Arbeitsplätzen im ländlichen Raum zu fördern. Doch nach wie vor fehlt eine zwingend notwendige Novellierung der Arbeitsstättenverordnung. Diese ist zu schwerfällig, um multilokales Arbeiten im Sinne der Mitarbeiter rechtssicher zu ermöglichen.

IZ: Herr Wende, herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Harald Thomeczek.

Harald Thomeczek