Unsere Männer machen auch einen Riesenjob!

v.l.n.r.: Janine Jaensch, Drees & Sommer (Urheber: Mario Hochhaus), Sabine Wieduwilt, Dentons (Quelle: Dentons Europe LLP), Maria Wolleh, kallan Rechtsanwaltsgesellschaft (Urheber: Hoffotografen in Berlin) und Johanna Friedek, DIC (Quelle: DIC Onsite GmbH, Urheber: Andi Werner).

v.l.n.r.: Janine Jaensch, Drees & Sommer (Urheber: Mario Hochhaus), Sabine Wieduwilt, Dentons (Quelle: Dentons Europe LLP), Maria Wolleh, kallan Rechtsanwaltsgesellschaft (Urheber: Hoffotografen in Berlin) und Johanna Friedek, DIC (Quelle: DIC Onsite GmbH, Urheber: Andi Werner).

Karriere 02.07.2020
An der Seite jeder erfolgreichen Immobilienfrau, die Kinder hat, steht ein Mann, der sie tatkräftig bei der Care-Arbeit unterstützt. Das gilt nicht erst seit der Corona-Krise, aber jetzt ... 

An der Seite jeder erfolgreichen Immobilienfrau, die Kinder hat, steht ein Mann, der sie tatkräftig bei der Care-Arbeit unterstützt. Das gilt nicht erst seit der Corona-Krise, aber jetzt ganz besonders. Wohl der, die sich vorher schon den richtigen Partner ausgesucht hat.

Corona hat das Unmögliche möglich gemacht: Mama und Papa arbeiten komplett von zuhause, getrennt von Chefs, Kollegen und Untergebenen. Dafür sind die Kinder ständig um sie rum, weil Kitas und Schulen dicht sind. Einem solchen Szenario hätte kein Personaler vorher seinen Segen gegeben. Jetzt ist es seit drei Monaten Realität. Und es funktioniert. Aber nur, wenn alle an einem Strang ziehen: Mutter, Vater - und ihre Arbeitgeber.

"Wir haben versucht, zeitgleich zu arbeiten, drei vollwertige Mahlzeiten zu kochen, den Haushalt zu schmeißen und unsere sieben Monate und drei Jahre alten Kinder zu betreuen, damit wir beide den Anforderungen, die wir selbst an uns stellen, gerecht werden. Dazu noch die unterschiedlichen Arbeitsweisen im Homeoffice, die uns so aneinander noch nicht aufgefallen waren", erzählt Janine Jaensch (31), Business Development Partner bei Drees & Sommer. Nach einer Woche kam das große Erwachen: "Das hat alles vorne und hinten nicht geklappt, und wir wurden weder den Kindern noch der Arbeit gerecht. Der Haussegen hing schief." Dabei ist Jaensch in Elternzeit und wollte nur ihre Netzwerkthemen vorantreiben.

Jaensch und ihr Mann, der international im Management tätig ist, rückten den Haussegen wieder gerade, indem sie Tag für Tag einen Stundenplan aufstellten und festlegten, wer wann arbeiten darf und mit wem wann zu rechnen ist (und wann ganz sicher nicht), und den Alltag drumherum bauten. "Überschneidungen haben wir, so gut es ging, vermieden; wir haben aus der ersten Woche viel gelernt ...", schmunzelt Jaensch.

Bei Sabine Wieduwilt (47) war das alles ein bisschen einfacher. Nicht etwa, weil Wieduwilt, Partnerin bei der Kanzlei Dentons in Frankfurt, sich jetzt komplett ums Familienmanagement kümmern würde - ganz im Gegenteil: "Ich bin dankbar dafür, dass mein Mann - wie vorher auch - zum Großteil die Kinderbetreuung übernommen hat und ich gleichzeitig die Möglichkeit hatte, meinen Kindern näher zu sein." Wieduwilts Mann arbeitet freiberuflich. In der Corona-Krise sind Aufträge dünn gesät: "Bei uns wissen alle, dass es auf meinen Job ankommt, weil ich das Geld für sechs Personen verdiene."

Und der Job einer Immobilienanwältin ist mit den Folgen eines Shutdowns für manchen Mieter und Vermieter nicht leichter geworden: Wieduwilt und ihre Kollegen mussten nicht nur das operative Geschäft aufrecht erhalten, sondern sich "parallel zügig in die rechtlichen Themen rund um Covid-19 einarbeiten und uns ständig intern abstimmen. Ich habe in dieser Zeit intensiv und sehr vernetzt gearbeitet."

Nun sind die Kinder der Familie Wieduwilt längst aus dem Kita-Alter raus. Doch vier Kinder sind auch dann noch eine Herausforderung, wenn sie elf, 13, 18 und 19 Jahre alt sind. Die Älteste ist zwar schon an der Uni - aber wegen der Corona-Pandemie und Online-Vorlesungen wieder bei ihrer Familie eingezogen.

"Ich reduziere für deine Karriere auf 80%"

Bei Johanna Friedek lief es weniger entspannt. Die 40-Jährige hat zwei Söhne: einen älteren Sohn (13), der mitten in der Pubertät steckt, und einen jüngeren (6), der "wegen der sozialen Isolation kleine Macken entwickelt hat. Er ist immer anhänglicher geworden und hat schlecht geschlafen." Die 40-Jährige leitet seit Anfang 2020 die Kölner Niederlassung von DIC Onsite. Fast ein wenig stolz erzählt sie, wie ihr Partner vor ein paar Monaten auf sie zukam und ihr von sich aus anbot: "Du, ich will auf 80% runtergehen, weil du doch noch einen Schritt nach vorne machen willst. Ich übernehme auch gern mehr vom Haushalt." Zum 1. Mai hat er sein Versprechen wahrgemacht.

Friedek trägt die Verantwortung für 17 Immobilien mit 300.000 m² Mietfläche und einem Wert von knapp 1,5 Mrd. Euro. Mit dem Lockdown bekam sie die eine oder andere Mietstundungsthematik auf den Tisch (DIC Onsite ist der Property-Manager der Gewerbeimmobilien-AG DIC Asset). Friedeks Mann ist, genau wie sie, in einer leitenden Position, ihrer beider Alltag war immer schon geprägt von Abstimmungen, Kompromissen und einem partnerschaftlichen Miteinander.

Dass berufstätige Mütter die Verlierer der Krise sind, weil die Kinderbetreuung gerade jetzt vor allem an ihnen hängen bleibt und so auch weibliche Karrieren ausgebremst werden - wie dieser Tage so oft zu lesen und zu hören ist -, das können die Immobilienfrauen so gar nicht bestätigen. Vielmehr betonen alle, was für einen tollen Familien-Job die Väter ihrer Kinder nicht erst seit gestern machen: "In unserer Kanzlei - und so auch in meiner Familie - sind die Männer in ihren Familien engagiert und haben etwa ihre Arbeitszeiten entsprechend flexibel gehandhabt, was wir auch ermöglicht haben", sagt Maria Wolleh (51), Partnerin bei der Berliner Kanzlei kallan und Vorstandsmitglied des Branchennetzwerks Frauen in der Immobilienwirtschaft.

Beziehungen, in denen die Frau in der Krise die Hauptlast trägt, hatten, vermutet Jaensch, schon vorher eine Schlagseite zuungunsten der Mutter. Ihr Mann und sie haben schon während des Studiums "ein klares Commitment getroffen: Wir wollen beide Karriere und wir wollen beide Familie". Und beide stellen auch hohe Ansprüche ans Familienleben: "Wir haben keine Kinder bekommen, um sie wegzuorganisieren. Und eine funktionierende Ehe sollte auch noch dabei rumkommen."

Wolleh fühlte sich zu Beginn des Shutdowns wie im Auge des Orkans. "Bei uns wurde es erst einmal ruhiger, weil all die Reisen und Meetings für meinen Mann und mich wegfielen, z.B. zur Immobilienmesse Mipim. Die Webinare fingen ja erst ein paar Wochen später an." Ihre Kanzlei stellte Mitte März, als auch die Schulen schlossen, auf Homeoffice um. Ein Glück auch in Corona-Zeiten war, dass die Schule, auf die ihre Tochter (16 Jahre) und ihr Sohn (11) gehen, "schon vorher über ein sehr gut funktionierendes Onlineschooling verfügten; so klappte das Homeoffice parallel zum Homeschooling gut. Die Lehrer waren ansprechbar und haben sich schnell gekümmert."

Und, auch dies ein Glück: Viele Mitarbeiter konnten zumindest nach einigen Wochen die Notbetreuung für ihre Kinder in Anspruch nehmen, weil Anwälte seitdem zu den systemrelevanten Berufen zählen. Trotzdem, versichert Wolleh, war es kein Problem, wenn eine Kollege oder eine Kollegin nicht immer erreichbar war, wenn bei einem Video-Call mal ein Kind durchs Bild lief oder wenn ein Mitarbeiter ein Gespräch unterbrechen musste, um kurz mit dem Nachwuchs etwas zu regeln.

So viel von der Partnerwahl abhängt, so wichtig ist ein Arbeitgeber, der seine Leute nicht hängen lässt. "Unsere CEO Sonja Wärntges hat sofort auf den Shutdown reagiert", erzählt Friedek. Wärntges sorgte dafür, dass alle Mitarbeiter schnell mobile Arbeitsgeräte erhielten. Sie ließ Rechnungs- und Genehmigungsläufe digitalisieren, erlaubte individuelle Arbeitszeitmodelle und gewährte ihren Leuten einen Homeoffice-Zuschuss: "Video-Calls sind mittlerweile fester Bestandteil unseres Alltags und nicht mehr wegzudenken." Zudem stellte Wärntges, wo erforderlich, den Kollegen eine Unabkömmlichkeitsbescheinigung für die Notbetreuung aus.

Harald Thomeczek

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"Ich bin Gründerin, weil ich Haltung zeigen will"

Heike und Lena Rath.

Heike und Lena Rath.

Karriere 29.02.2024
1994 machte sich die Immobilien-Fachanwältin Heike Rath selbstständig. Inzwischen führt sie zusammen mit ihrer Nichte Lena die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen. ... 

1994 machte sich die Immobilien-Fachanwältin Heike Rath selbstständig. Inzwischen führt sie zusammen mit ihrer Nichte Lena die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen.

"Ich kenne keinen Selbstständigen aus meiner Generation, der weniger als 50 bis 60 Stunden pro Woche gearbeitet hat", sagt Heike Rath. "Um zu gründen, braucht man eine große Bereitschaft, extrem hohen Einsatz zu zeigen", weiß die 62-Jährige aus eigener Erfahrung.

Diese Bereitschaft hat die Anwältin 1994 mitgebracht, als sie als "Einzelkämpferin", wie sie es heute nennt, die Kanzlei ins Leben rief. "Es gab so viele Babyboomer, dass man nur durch Fleiß und viel Einsatz aus der Masse herausstechen konnte, wenn man herausragend begabt war", beschreibt sie die Konkurrenzsituation, der sie in der Anfangszeit ausgesetzt war.

Ihre vorherige Tätigkeit bei der Architektenkammer Hessen gab sie damals auf. Aus dieser Position hat sie aber jede Menge Kontakte mitgebracht, um sich von Anfang an auf das Architekten- und Immobilienrecht spezialisieren zu können. "Dieses Netzwerk war eine gute Voraussetzung für mein Vorhaben", sagt sie. Dass bereits ihre Eltern Unternehmer waren, habe sie geprägt und auf die Arbeitsbelastung vor allem in den ersten Jahren vorbereitet.

"Ich habe zeitweise bis zu 30 Tage im Jahr in Fortbildungen gesteckt, ein Vielfaches dessen, was Pflicht ist", berichtet sie. In ihrem Umfeld habe es dafür nicht immer nur Verständnis gegeben, "aber es ist bis heute mein eigener Anspruch und es macht einfach immer noch Spaß." Belohnt wurde sie damit, dass sie ihren Arbeitseinsatz inzwischen frei gestalten kann. "Das Tolle an der Selbstständigkeit ist, dass man sich seine Arbeit nach eigenen Neigungen aussuchen kann. Dazu gehört auch, Mandanten abzulehnen, weil man sich nicht mit ihren Zielen identifizieren kann, oder einfach nur aus menschlichen Gründen. Man kann Haltung zeigen und das möchte ich, denn ich sehe mich in meinem Beruf als ein Organ der Rechtspflege."

Dass ihre Kanzlei eine kleine Boutique ist, habe sie zudem immer als Vorteil für die Zusammenarbeit mit Architekten gesehen. Weil diese oft auch in kleinen Büros arbeiten, behandeln sie Rath wie ein Mitglied des eigenen Teams. Raths Mandanten vertrauen auf ihre Empfehlungen, wenn für ein Sonderproblem weitere Experten zu Rate gezogen werden müssen. So könne sie mitbestimmen, mit welchen anderen Kanzleien sie zusammenarbeitet.

Genau das schätzt Raths Nichte Lena ebenfalls. Sie sagt: "Spaß an der Arbeit ergibt sich vor allem aus dem Austausch mit den Mandanten, wenn man Bauprofis im größten Stress unterstützen, Gedanken ordnen und konstruktiv an Lösungen arbeiten kann." Deshalb schloss sie sich nach ihrem Examen ihrer Tante an. Zusammen betreiben sie als Partnerinnen die Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen in Neu-Isenburg.

Die Wirtschaft braucht mehr Gründerinnen
Die Wirtschaft braucht innovative Geschäftsideen, die Impulse und Lösungsansätze liefern, um ihr Fortbestehen und Wachstum zu sichern. Und Menschen, die sich zutrauen, sie umzusetzen: Gründer:innen. In der Immobilienbranche sind Frauen als Unternehmensgründer unterrepräsentiert – und damit auch ihre Perspektiven.

An Stillstand war für die 43-Jährige seit dieser Entscheidung vor rund zehn Jahren dabei nicht zu denken. "Selbstständigkeit bedeutet für mich, mich weiterzuentwickeln und mit der Zukunft zu befassen und diese zu gestalten. Es gibt so viele Themen wie ESG, nachhaltiges Bauen und Digitalisierung in der Baubranche, an denen kein Vorbeikommen ist, sodass man sie mit Begeisterung angehen sollte. Das bringt Veränderungen mit sich und dabei will ich meine Mandanten unterstützen, damit sie daraus einen Erfolg für sich machen können." Konkret auf ihren Job bezogen bedeutet das, dass sich die Anwältin wie ihre Tante ständig weiterbildet und zwar weit über ihre Kernkompetenzen auf dem Gebiet Bau- und Architektenrecht hinaus.

Dabei behalte sie immer die angrenzenden Branchen im Blick. Mit Begeisterung verfolge sie zum Beispiel Entwicklungen in der IT-Branche und was ambitionierte Start-ups auf die Beine stellen. "Aus diesen Zukunftsthemen ergibt sich automatisch eine neue Sinnhaftigkeit der Arbeit. Man wächst mit seinen Aufgaben, entwickelt sich weiter und entdeckt für sich neue Themen." Ob diese Flexibilität in einer Großkanzlei als Angestellte in diesem Rahmen möglich wären, bezweifelt sie und sagt deshalb: "Den Einstieg in die Kanzlei habe ich nie bereut."

Janina Stadel

Gründerzeit in der Kanzleienszene

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Die Anker-May-Gründer (v.l.): Ulrich May, Sydney Gottschalk, Charlotte Plück, Christina Penningroth und Axel Anker.

Urheber: Nell Killius

Karriere 25.01.2024
Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ... 

Die Berker-Brüder haben die Kanzlei Hauck Schuchardt (Frankfurt) verlassen, ein Team um Axel Anker und Ulrich May ist bei Zirngibl (München) ausgestiegen. Beide sind zuversichtlich, dass ihnen in Zeiten von "Firesales" die Arbeit nicht ausgeht.

Der Name Zirngibl taucht im Archiv der Immobilien Zeitung (IZ) 45 Mal auf. Die Münchner Immobilienkanzlei beriet 2023 den Asset-Manager 7280 beim Kauf einer Büroimmobilie in Düsseldorf, im selben Jahr war sie Rechtsberater für Bauwerk beim Verkauf eines Holzhybridgebäudes in München an die Kommunale Unfallversicherung Bayern.

Anker May ist in der "Anwaltsstraße" zuhause

Anfang dieses Jahres sorgte die Sozietät selbst für Schlagzeilen. Fünf Mitglieder des Immobilienrechtsteams kehrten Zirngibl den Rücken und gründeten Anker May. Die Gründer der neuen Immobilienrechtskanzlei sind Axel Anker, Ulrich May, Sydney Gottschalk, Christina Penningroth (jeweils Partner) und Charlotte Plück. Auf rund 350 qm hat sich das Start-up in der Max-Joseph-Straße 7 eingerichtet. Unter Münchner Juristen ist das die "Anwaltsstraße", weil viele renommierte Kanzleien dort ihre Büros haben.

Das Motto von Anker May lautet "Immobilie pur". Bei Zirngibl ist Immobilien- und Baurecht nur eines von mehreren Beratungsgebieten. Die Verteilung von Investitionen muss zwischen den Partnern immer wieder neu ausgehandelt werden. "Bei Anker May können wir alle Ressourcen auf eine Sache konzentrieren", sagt Ulrich May. Auch der Besuch einer teuren Immobilienmesse bedürfe nun "keiner Abstimmung" mehr. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, sei dadurch erleichtert worden, "dass wir wussten, dass es weitergeht". Fast alle Mandanten aus der Zirngibl-Zeit seien ihnen erhalten geblieben.

Der Arbeit der fünf Gründer bleibt in den neuen Strukturen die gleiche. Nur Baurecht wird erst einmal eine untergeordnete Rolle spielen. "Das Bauthema haben wir vorerst bewusst hinter uns gelassen, wir werden aber mit den ehemaligen Kollegen von Zirngibl kooperieren", versichert May. Zu den Mandanten von Anker May zählen viele Projektentwickler, darunter auch Family-Offices. Einige von denen rechneten sich gerade jetzt etwas aus. "In Deutschland und insbesondere in München gibt es ja zum Glück einige große Familienvermögen. Die kamen jahrelang nicht zum Zug, weil sie die riesigen Faktoren und Preise nicht mitgehen wollten. Deren Zeit ist nun gekommen", sagt May. 2024 werde überhaupt ein "sehr interessantes" Jahr. "Die Finanzierer werden einen Perspektivwechsel vollziehen müssen. Weg von der Frage, wie viel Rendite sie bei einer Finanzierung erzielen, hin zu der Frage, wie man den Schaden etwa durch die Insolvenz einer Projektgesellschaft minimieren kann." Unlängst habe er ein Gespräch mit einer Fondsgesellschaft gehabt. "Die wollen ein Projekt im Bau kaufen. Jetzt gilt es, nur noch die Bank und den Entwickler zu überzeugen."

Allein auf das volatile Transaktionsgeschäft will sich Anker May aber nicht verlassen. "Sie können sich als Immobilienkanzlei nicht nur auf Transaktionen konzentrieren", stellt Christina Penningroth klar. "Das ist oft ein Stop-and-Go und zum Schluss wird dann häufig doch nicht gekauft. Sie brauchen auch laufendes Geschäft." Dazu zählen Beratungsmandate im Bereich Projektentwicklung und Portfolioverwaltung. "Wir nennen das unser Brot- und Buttergeschäft." Derzeit sucht die Kanzlei Verstärkung für das Immobiliensteuerrecht. "Wir wollen diesen Bereich ausbauen."

Berkers & Cie. startet auf 2.000 qm im Hochhaus

Steuern – das ist auch die Kernkompetenz von Berkers & Cie. in Frankfurt. Hinter dieser Neugründung stehen als Eigentümer (Equity-Partner) die Brüder Dominik und Severin Berker, beide Steuerberater. Zusammen mit Gitta Gehring (Rechtsanwältin/Steuerberaterin), Daniel Cehovin (Steuerberater) und Henning Schuchhardt (Steuerberater) haben sie Ende 2023 die renommierte Immobilienkanzlei Hauck Schuchardt (117 Treffer im IZ-Archiv) verlassen. Der Schritt sorgte in der Frankfurter Anwalts- und Steuerberaterszene für einiges Aufsehen, geht doch einer der Namensgeber von Hauck Schuchardt von Bord. Berkers & Cie ist vom Start weg ein mittelständischer Betrieb. Für 72 Beschäftigte wurden 2.000 qm im Global Tower im Frankfurter Bankenviertel gemietet. Die üppige Flächenausstattung in Zeiten des Homeoffice erklärt Dominik Berker so: "Wir haben uns entschieden, jedem Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz in einem eigenen Büro zur Verfügung zu stellen, welches sie neben der Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, täglich nutzen können."

Berkers & Cie. will sich voll auf das Thema Immobilie und Steuern konzentrieren. "Auch in schwierigen Zeiten sind Steuerberatung, Jahresabschlüsse und Buchhaltung erforderlich", sagt Severin Berker. Er nennt das die "konjunkturunabhängige Basisarbeit". Sollte es mit der Branche wieder aufwärts gehen, sei "mit einem zusätzlichen Beratungsbedarf" zu rechnen, etwa durch Transaktionen. Die Zeichen für einen Aufschwung stünden nicht schlecht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde habe auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die erste Senkung des Leitzinses im Sommer in Aussicht gestellt. Glaube man den weiteren Leitzinsprognosen der Volkswirte, "erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte erste Stimulierungen für den Investitions- und Transaktionsmarkt", sagt Severin Berker. Kommt es anders, sieht sein Bruder Dominik der näheren Zukunft dennoch gelassen entgegen. "Firesales, Übernahmen, Restrukturierungen" – in diesem Umfeld gebe es jede Menge Beratungsbedarf steuerrechtlicher Art. "Marktkonsolidierungen sind immer ein Feld, auf dem gerade steuerliche Fragestellungen von Relevanz gedeihen. Solche Herausforderungen mögen wir", erklärt er selbstbewusst.

Ansonsten bemühen sich die Brüder, den Weggang von Hauck Schuchardt zu entdramatisieren. "Dass Partner zu anderen Kanzleien oder in die Selbstständigkeit wechseln, ist nun wahrlich kein Novum. Wir beide sind seit mehr als 15 Jahren gemeinsam in der Steuerberatung aktiv. Die Idee, eine eigene Beratung zu gründen, schwirrte uns schon lange im Kopf herum", erläutert Dominik Berker. Seine alte Partnerschaft sah sich dennoch zu einer Pressemitteilung bemüßigt. Hauck Schuchardt habe seine "Strukturen und das Dienstleistungsangebot im Bereich Steuern überarbeitet und neu ausgerichtet". Im Mittelpunkt stehe die verstärkte "Verzahnung von juristischer und steuerrechtlicher Beratung für die Immobilienwirtschaft". Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung hätten zwei Partner aus dem Steuerberatungs-/Buchhaltungsbereich die Kanzlei verlassen, "um auch in Zukunft ihr rein auf traditionelle Steuerberatung ausgerichtetes Geschäft zu betreiben". Der Name der beiden ehemaligen Partner wird nicht genannt.

Christoph von Schwanenflug