Unternehmen bringen Praxisbezug ins Hochschulstudium

Während Projektwochen arbeiten Studenten direkt bei Unternehmen mit.

Während Projektwochen arbeiten Studenten direkt bei Unternehmen mit.

Quelle: stock.adobe.com, Urheber: auremar

Karriere 28.07.2022
Weil die Projektentwicklung sowohl technische als auch kaufmännische Kenntnisse voraussetzt, bieten Hochschulen spezialisierte Masterstudiengänge an. Damit die Studenten praktische ... 

Weil die Projektentwicklung sowohl technische als auch kaufmännische Kenntnisse voraussetzt, bieten Hochschulen spezialisierte Masterstudiengänge an. Damit die Studenten praktische Einblicke in den späteren Beruf bekommen, ist die Unterstützung von kooperierenden Unternehmen gefragt. Diese wiederum profitieren vom Wissenstransfer mit den Hochschulen und können sich dem Nachwuchs als Arbeitgeber präsentieren.

Sie gilt als Königsdisziplin der Immobilienwirtschaft, und belegt seit Jahren den ersten Platz im Ranking um die Traumberufe der Studenten, die an der IZ-Arbeitsmarktumfrage teilnehmen: die Projektentwicklung. Für Anne Sanftenberg, Professorin für Immobilienmanagement an der bbw Hochschule in Berlin, ist das kein Wunder. "Das Interessante und Faszinierende in der Projektentwicklung ist für viele, dass sie selbst gestalten und eigene Ideen umsetzen können", fasst sie die Erwartungen ihrer Studenten zusammen.

Für dieses Erlebnis nimmt der Nachwuchs immer häufiger ein Masterstudium auf sich (siehe "Gute Chancen für die Corona- Master"). Allein an der Berliner Hochschule sind es jährlich rund 30 Studenten, die sich für den Master of Arts in Real Estate Project Management einschreiben. Das Interesse am spezialisierten berufsbegleitenden Studium lasse nicht nach, betont Dietmar Lucht, Professor für Immobilienmanagement und Projektmanagement. "Die Nachfrage an unseren immobilienwirtschaftlichen Studiengängen ist stetig gewachsen. Auch während der Pandemie haben wir hohe Immatrikulationszahlen verzeichnet." Etwa jeder Dritte hänge den Studiengang direkt an den Bachelorabschluss im Fach Immobilienmanagement an der Hochschule dran.

Andere kämen nach einigen Jahren im Beruf an die Hochschule, um sich weiter zu spezialisieren, ihr Profil zu schärfen, oder, weil sie sich von einem Masterabschluss ein besseres Gehalt erhoffen. Sie kämen z.B. aus der Architektur, dem Bauingenieurwesen, dem Facility-Management oder der Stadt- und Regionalplanung. Der zeitliche Ablauf mit nur einzelnen Präsenzwochen und Vorlesungen freitagnachmittags und samstags soll garantieren, dass das Studium berufsbegleitend möglich ist. Gelehrt werden dann Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen, Managementmethoden insbesondere Projektmanagement- und Steuerungsfähigkeiten sowie Führungsfähigkeiten in den Seminarräumen.

Austausch zwischen Wirtschaft und Lehre

Den inhaltlichen Kern der Ausbildung an der bbw bildet im Master die Vorlesung "Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft". Sie besteht aus drei Teilen, die Problemstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven, z.B. von Auftraggebern oder von Projektsteuerern, beleuchtet. Damit die Unterschiede nicht nur in der Theorie erläutert werden, stellen externe Lehrbeauftragte aus der Wirtschaft ihre Assetklassen und deren Besonderheiten vor und verdeutlichen sie bei Führungen auf Baustellen, indem sie Projekte ihrer Unternehmen präsentieren. "Unter den Projektentwicklern gehen in den nächsten Jahren mehr Profis in den Ruhestand als wir bis dahin ausbilden können. Durch das Studium mit dem sehr hohen Praxisbezug können schon während des Studiums auch Berufserfahrungen gesammelt und das Erlernte aus den Vorlesungen und Seminaren direkt umgesetzt werden", sagt Sanftenberg.

Zusätzlich nehmen die Studenten im zweiten Semester an einer Studienfahrt nach Wien teil, wo sie von kooperierenden Unternehmen, wie z.B. Signa und CA Immo, in deren Headquartern empfangen werden, um den Markt und die Branchenakteure vor Ort kennenzulernen. Dabei steht auch Netzwerken an, etwa bei gemeinsamen Abendessen und Get-togethers mit Unternehmensvertretern.

Im dritten Mastersemester verlassen die Studenten eine Woche den Campus und arbeiten als Kleingruppen in verschiedenen Unternehmen in der Region mit. Dadurch sollen sie Einblicke in die Berufswelt bekommen, sich aber auch mit potenziellen Arbeitgebern wie Drees & Sommer, Terragon, Bonava und Buwog vernetzen.

Bei KVL Bauconsult, einem Unternehmen für Projektentwicklungsmanagement, hatte eine Studentengruppe in Berlin fünf Tage Zeit, um an einem Ferienpark auf einem vorgegebenen Grundstück zu arbeiten. "Die Idee war, Ferienhäuser in Holzbauweise zu errichten", berichtet Markus Viering, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens vom Ergebnis der Studenten. Bei der Präsentation vor der Geschäftsführung und den eingebundenen Projektleitern am Ende der Woche habe er gemerkt, dass die Studenten in unterschiedliche Rollen geschlüpft sind und so u.a. aus der Sichtweise des Projektentwicklers und der finanzierenden Bank argumentieren konnten. "Die Abstimmung und die Recherche der Gruppe war spannend", sagt er. Die Projektwoche sollen die Studenten bei KVL vor Ort in den Büros verbringen. "So bekommen sie Einblicke in den Alltag bei uns", sagt Viering. Gerade, wer nach dem Bachelor zunächst in einem anderen Tätigkeitsfeld – etwa in der Beratung – tätig war, soll auf diese Weise sehen, dass Projektentwicklung und -management nicht nur vom Schreibtisch aus funktioniere. Tage auf der Baustelle gehören auch nach dem Studienabschluss genauso zum Berufsalltag wie intensive und regelmäßige Abstimmungen mit den Projektbeteiligten.

Als Geschäftsführer unterstütze er es, wenn seine eigenen Mitarbeiter, die als Bachelorabsolventen ins Unternehmen einsteigen, berufsbegleitend noch ein Masterstudium absolvieren. "Unseren Führungsstil macht es aus, dass wir gerne mit Leuten arbeiten, denen wir Wissen weitergeben können", sagt er. Von der bbw habe das Berliner Unternehmen schon zehn Absolventen eingestellt, doch auch andere Hochschulen kämen für seine Mitarbeiter infrage. "Es gibt viele Masterstudiengänge in der Immobilienwirtschaft. Doch sie unterscheiden sich in den Details", erklärt er. "Um herauszufinden, welcher für einen Mitarbeiter infrage kommt, muss man im ersten Schritt sehen, wo er in fünf Jahren stehen will", sagt er über die Wahl der Studieninhalte. "Aber auch Persönliches muss man in die Entscheidung einbeziehen, etwa, ob jemand ortsgebunden ist." Umgekehrt stelle er regelmäßig Kontakte zwischen Studenten und anderen Unternehmen oder der öffentlichen Hand her, wenn er oder seine Kollegen merken, dass ein Student, der noch auf Job- oder Praktikumssuche ist, Interesse an einer Stelle haben könnte.

Studentin Emma Casadei fühlt sich kurz vor Ende des Studiums gut in der Branche vernetzt. Sie hat sich im Laufe ihres Bachelorstudiums in Wirtschaftswissenschaften für den Master an der bbw entschieden, als ihr klar wurde, dass sie Projektentwicklerin werden will. "Durch das Studium komme ich spezialisierter von der Hochschule. Als ich mich um eine Werkstudentenstelle beworben habe, habe ich gemerkt, dass meine Chancen durch den Studiengang gestiegen sind", berichtet sie. In ihrer Masterarbeit vergleicht sie zwei konkrete Projekte der vertikalen Quartiersentwicklung miteinander. Eines davon aus China, eines vor Ort in Berlin. Mit dem Thema wolle sie bewusst auf dem Markt vor Ort Fuß fassen. Möglich sei das nur, wenn Unternehmen aus der Region bereit sind, Studenten Einblicke und Daten zu Projekten zu geben – auch wenn sie selbst nicht der Arbeitgeber sind. Bei KVL zeigt sich Viering dafür offen. "Wenn Unternehmen Abschlussarbeiten betreuen, profitieren sie davon, dass ihre Themen wissenschaftlich aufbereitet werden und Studenten profitieren vom frühzeitigen Einblick in die Praxis", sagt er. Zudem entstehe ein Wissensaustausch zwischen Hochschulen und Wirtschaft.

Neben dem fachlichen Input habe Casadei im Studium auch Managementmethoden und Sozialkompetenzen vermittelt bekommen. Schon kurz nach dem Berufseinstieg eine Führungsposition anzunehmen, traue sie sich deshalb zu. Im Vergleich zu anderen Ausbildungen schätzt sie am Projektentwickler-Studium die Vielfältigkeit der Themen. "Im Gegensatz zu einem Studium in der Architektur, oder im Ingenieurwesen bekomme ich hier auch viel betriebswirtschaftlichen Hintergrund", fasst sie zusammen.

Im Master of Sciences Studiengang Projektentwicklung, den die EBZ Businessschool seit 2011 in Bochum und ab dem Wintersemester 2022 auch in Hamburg anbietet, wird der Input in den Vorlesungen, die jedes zweite Wochenende stattfinden, direkt mit der Architektur verknüpft. Die Studenten kommen aus unterschiedlichen Berufen. Unter ihnen sind neben Architekten auch Bauingenieure und Stadtplaner. In den Vorlesungen und Seminaren geht es um Steuer- oder Baurecht und Gesellschaftsformen. Hinzu kommt ein umfangreicher Praxisteil. Der startet im zweiten Semester. Dann spielen die Studenten in Kleingruppen ein kleines, ein mittleres und ein großes Projekt in drei Studienmodulen durch. Auf die Vorerfahrungen der Einzelnen zu bestimmten Assetklassen oder Märkten in Deutschland wird dabei erst einmal keine Rücksicht genommen. Im Gegenteil: Die Studenten sollen einen Blick über den eigenen Tellerrand wagen und auch Aufgaben durchspielen, die in ihrem bisherigen Berufsalltag noch Neuland für sie sind. Dafür sollen sie sich mit ihren Kommilitonen austauschen und können sich an der Hochschule Inspirationen bei digitalen Kaminabenden holen, bei denen Professoren und externe Gäste aus der Immobilienbranche ihre Tätigkeiten vorstellen.

Die Zahl der Studenten, die von ihrem Arbeitgeber beim berufsbegleitenden Studium unterstützt werden, sei in den vergangenen Jahren gestiegen. Das berichten Lehrende beider Hochschulen. Die Studenten bekommen dann z.B. angepasste Arbeitszeiten oder Zuschüsse zu den Studienkosten. Dabei wolle an der EBZ gar nicht jeder Student nach der Ausbildung in der Projektentwicklung tätig werden, sagt Studiengangsleiter Andreas Krys. Stattdessen nutzen einige das umfangreiche Studium auch, um die Verbindungen und Schnittstellen zwischen den einzelnen Disziplinen der Branche besser zu verstehen und sich im Beruf auf die Perspektiven anderer Akteure einlassen zu können.

Janina Stadel

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Immobilienprofi im Porträt: Alexander Wietasch

Beruflich leitet Alexander Wietasch als CEO die Westminster Group. In seiner Freizeit sammelt er Oldtimer.

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Urheberin: Melissa Otto

Karriere 18.04.2024
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Alexander Wietasch ist Geschäftsführer des Familiy-Offices Westminster. Der 34-Jährige ist in Salzgitter aufgewachsen und lebt heute mit seiner Familie in der Nähe von Berlin. Sein Weg in die Immobilienwirtschaft war eher ungewöhnlich, denn sein Berufsleben begann mit einer Ausbildung zum Mechatroniker, bevor er sich für ein Studium des Wirtschaftsrechts entschied und in die Branche wechselte. Seine Managementkenntnisse baute er in einem Auslandsjahr in Hongkong auf. In seiner Freizeit betreibt der junge Vater Kickboxen, verbringt Zeit mit seiner Familie und widmet sich seiner Oldtimer-Sammlung.

Wie und wo wohnen Sie zurzeit?

Ich wohne mit meiner Familie in einer Doppelhaushälfte in einem sehr schönen Neubaugebiet südlich von Berlin. Nach der Geburt unserer Tochter wollten wir etwas ländlicher und nicht mehr in einer Wohnung leben. Unser Wohnort liegt in der Nähe der A 10, sodass wir eine sehr gute Verkehrsanbindung haben. Momentan wohnen wir noch zur Miete, aber das soll nur eine Übergangslösung sein. Wir haben auf beiden Seiten Fensterfronten. Dadurch fällt viel Licht in die Wohnräume, was ich sehr schätze.

Was muss das perfekte Haus unbedingt haben?

Ein perfektes Haus wäre für mich eine schöne sanierte Altbauvilla in Wasserlage. Das wäre eine Immobilie, in der ich mir vorstellen könnte, alt zu werden.

Haben Sie bei einer Immobilien schon einmal selbst Hand angelegt?

Ja, erstmals als meine Eltern ihr Haus gebaut haben, da habe ich viel mitgeholfen. Im letzten Jahr sollte eine große Anzahl an Wohnungen in einem unserer Objekte umgebaut und vermietet werden. Ich bin zu Beginn des Projekts einen ganzen Tag mit unserem Monteur vor Ort gewesen und habe zusammen mit ihm angepackt. Anfangs wollte er nicht glauben, dass ich es ernst meine. Dass der Chef mit anpackt, hat bei den Mitarbeitern eine große Motivation ausgelöst und wird sehr respektiert. Handwerklich zu arbeiten, bereitet mir großen Spaß, und ich mache zu Hause viel selbst, wenn es die Zeit erlaubt.

Wie haben Sie Ihr erstes Geld verdient?

Mit 14 habe ich schon viele Sachen auf Ebay verkauft. Als ich dann 18 wurde und noch zur Schule ging, habe ich gebrauchte Autos gekauft, sie hergerichtet und wieder verkauft.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienwirtschaft gefunden?

Das war eher Zufall. Ich habe immer in Bereichen mit technischem Bezug gearbeitet. Für mich war klar, dass ich nach meinem MBA in Hongkong im Management arbeiten möchte. Durch Zufall wurde ich auf eine Stelle als Geschäftsführer eines Projektentwicklers in Berlin aufmerksam. Ich habe mich direkt beworben, denn die Stelle passte einfach zu meinem Profil, gefragt waren technische, kaufmännische und juristische Kenntnisse. Mit dem Gesellschafter habe ich mich auf Anhieb sehr gut verstanden, so dass ich bereits von Hongkong aus meinen Arbeitsvertrag unterschreiben und mit der Arbeit beginnen konnte.

Was braucht man Ihrer Einschätzung nach, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Man darf sich von schlechten Nachrichten nicht verunsichern lassen. Ich glaube, dass es wichtig ist, an der eigenen Strategie festzuhalten – unabhängig davon, was die Masse sagt. Man sollte das tun, was man kann und womit man erfolgreich ist. Und wenn man glaubt, dass die Zeit reif ist für einen Schritt, dann sollte man ihn auch gehen, unabhängig davon, wie der Markt gerade tickt. Meiner Erfahrung nach sind schlechte Prognosen oft Übertreibungen. Man malt den Markt für die nächsten zehn Jahre schwarz und später stellt sich heraus, dass es zwar schwierig war, aber nicht so schlimm wie vorhergesagt.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Wir feiern eher im kleinen Kreis oder veranstalten kleinere Events im Unternehmen. Außerdem laden wir unsere Mitarbeiter und Geschäftsfreunde regelmäßig zu den von uns gesponserten Sportevents ein.

Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Misserfolge gehören genauso zum Geschäft wie Erfolge. Ich lasse mich davon nicht unterkriegen, mache einfach weiter und versuche es so lange, bis es klappt – das ist meine Strategie. Zudem versuche ich aus meinen Fehlern zu lernen, um es beim nächsten Anlauf besser zu machen.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Ich war schon früh unternehmerisch tätig und mir macht es Spaß, Unternehmen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Ich würde in einem anderen Unternehmen die gleiche Position besetzen.

Was finden Sie an der Immobilienbranche besonders gut?

Die Vielseitigkeit! In der Projektentwicklung und im Bestandsmanagement arbeitet man mit ganz unterschiedlichen Partnern zusammen, zum Beispiel aus dem kaufmännischen und dem technischen Bereich. Mir macht es Spaß, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, vom Mieter über den Architekten bis hin zum Ingenieur. Das macht meinen Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich.

Und was stört Sie an der Branche?

Was mich etwas stört, ist, dass in den Boomjahren einige unprofessionelle Akteure auf den Markt gekommen sind, was dem Ruf der Branche geschadet hat. Aufgrund der niedrigen Zinsen dachten viele, dass sich damit leicht Geld verdienen ließe. Jetzt sehen wir aber das Gegenteil, der Markt konsolidiert sich wieder.

Baulöwe, Miethai, Heuschrecke: Leute, die mit Immobilien Geld verdienen (wollen), haben nicht immer den besten Ruf. Zurecht?

Wenn ich im privaten Umfeld erzähle, dass ich in der Immobilienbranche tätig bin, bekomme ich manchmal die scherzhafte Antwort „Bis vor Kurzem warst du mir noch sympathisch“ oder „Ach, ein Immobilienhai“. Das ist nicht ernst gemeint, aber es spiegelt doch wider, was die Leute oft über Vertreter der Branche denken. Und ja, ich glaube, die Immobilienbranche hat einen zu schlechten Ruf. Das Problem ist, dass dies von einzelnen schwarzen Schafen herrührt, über die jedoch sehr medienwirksam berichtet wird. Die meisten Branchenvertreter bieten gute Immobilien zu fairen Preisen an und bemühen sich um ein gutes Verhältnis zu allen Beteiligten. So ist auch unser Selbstbild.

Sie würden jungen Leuten raten, den Weg in die Immobilienwirtschaft einzuschlagen, weil…

… weil man in dieser Branche vorankommt, wenn man ehrgeizig ist und zeigt, was in einem steckt. Wichtig ist, dass man seine Leistungsbereitschaft zeigt. Man sagt den jungen Leuten heute nach, dass sie mehr auf ihre Work-Life-Balance achten und nicht mehr so leistungsfähig sind. Dieser Ruf haftet ihnen vielleicht zu Unrecht an, aber ich würde ihnen empfehlen, sich davon abzuheben, indem sie zeigen, was in ihnen steckt.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Ich mag schöne alte Häuser. In Potsdam gibt es viele schöne Altbauten, die mir sehr gut gefallen. Wenn ich mir dort eine Immobilie aussuchen müsste, würde es mir nicht schwerfallen.

Und welches Gebäude in Deutschland würden Sie gerne abreißen und warum?

Was in den 70er Jahren gebaut wurde, finde ich nicht besonders schön. Aber es gibt kein Gebäude, das ich abreißen möchte. Ich finde, alles gehört irgendwie dazu, schließlich können beispielsweise auch DDR-Bauten ihren Reiz haben. Es kommt auf den Kontext an.

Was bringt Sie privat auf die Palme? Und was beruflich?

Ich weiß, dass es nichts bringt sich aufzuregen, also versuche ich, privat und beruflich in jeder Situation ruhig zu bleiben. Wenn Leute ignorant sind, kann ich mich schon mal aufregen, aber das kommt wirklich selten vor.

Wo oder wie können Sie sich besonders gut entspannen oder abschalten?

Daheim in meinem Garten oder im Urlaub in der Sonne.

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an was …?

… an eine schöne Bucht in Ägypten mit sehr warmen Badetemperaturen im Dezember. Es war herrlich, wir hatten strahlenden Sonnenschein und konnten einfach nur entspannen.

Homeoffice, Büro oder mobil in der Bahn? Wo arbeiten Sie am häufigsten, wo am liebsten und warum?

Ich finde, dass sowohl das Büro als auch das Homeoffice Vorteile haben. Zuhause kann ich in Ruhe Dinge abarbeiten, im Büro bekommt man aber auch Dinge mit, die einem daheim entgehen würden. Deshalb finde ich beides wichtig und nutze auch beides. Wenn ich Termine habe, fahre ich lieber mit dem Auto als mit dem Zug.

Und für welches rein private Vergnügen haben Sie zu wenig Zeit?

Für den Sport. Ich versuche, ihn regelmäßig in meinen Alltag zu integrieren, aber zwischen Beruf und Familie kommt er oft zu kurz. Wenn man sich wie ich in einer Kampfsportart verbessern will, muss man sehr regelmäßig trainieren.

Wie und wo gehen Sie gerne aus?

Ich gehe gerne in Potsdam oder in Charlottenburg gut essen oder besuche kulturelle Veranstaltungen, aus dem Club-Alter bin ich mittlerweile raus.

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal einen Abend verbringen?

Ich würde Richard Branson gerne einmal treffen, weil ich finde, dass er ein interessanter Unternehmer ist. Ich finde es spannend, wie er seine Unternehmen aufgebaut hat, und denke, dass er mir spannende Anregungen für meine Arbeit geben könnte. Mit ihm würde ich auch gerne einmal für einen Tag tauschen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Ich mag die mediterrane Küche sehr. Da ich schwedische Wurzeln habe, mag ich auch die schwedische Küche sehr gern – da gibt es sehr viel Spannendes mehr als nur Köttbullar. Außerdem habe ich durch meine Frau die osteuropäische Küche für mich entdeckt.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Mit Blick auf Hongkong vermisse ich in Deutschland die Effizienz. Wenn ich die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin mit denen in Hongkong vergleiche, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Als ich von Hongkong nach Berlin kam und in die U-Bahn gestiegen bin, fiel mir auf, dass wir keinen Internetempfang in der U-Bahn und immer noch Fenster zum Aufklappen haben. Das war ein Gefühl, als sei ich 30 Jahre in die Vergangenheit gereist. In Hongkong ist jede U-Bahn klimatisiert und man hat überall in der U-Bahn einen top Empfang, man kann sich von dort aus problemlos Filme auf dem Handy anschauen.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben – welchen Traum erfüllen Sie sich?

Ich würde das Geld lieber spenden, weil es Menschen gibt, die es dringender brauchen als ich.

Die Fragen stellte Janina Stadel.

Janina Stadel

Reuter soll C&W in Deutschland führen

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Quelle: Cushman & Wakefield

Karriere 18.04.2024
Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus ... 

Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus verlassen hat.

Seit Anfang Dezember lässt C&W offen, wer die deutsche Tochter künftig führen wird. Im Winter hieß es auf Anfrage lediglich, Postleb werde "für einen längeren Zeitraum abwesend sein"; Tina Reuter, Head of Asset Services für Europa, solle "in seiner Abwesenheit vorübergehend die Verantwortung für Deutschland übernehmen".

Wie lange Postleb abwesend sein soll und ob er überhaupt wiederkommen wird bzw. wer ihm folgen soll – das sind Fragen, die C&W seit mehr als vier Monaten offen lässt. Ein Vakuum an der Spitze des Unternehmens mit 350 Beschäftigten. Noch wird Postleb auf der Internetseite von C&W als Managing Director Germany und Head of Germany geführt.

Jetzt aber ist aus gut unterrichteten Kreisen zu hören: Reuter wird den Chefposten übernehmen. Noch im April soll der Vertrag mit ihr unterschrieben werden. C&W bleibt dabei wortkarg. "Ich kann dies aktuell nicht kommentieren", sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Immobilien Zeitung (IZ). Auch Reuter selbst wollte gegenüber der IZ keinen Kommentar abgeben.

Reuter ist derzeit als Executive Partner verantwortlich für die Leitung und Entwicklung des Asset-Services-Geschäfts in Europa, über das rund 32 Mio. qm Gewerbefläche verwaltet wird, das 14 Länder abdeckt und mehr als 1.350 Mitarbeiter beschäftigt. Als Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W ist sie zudem mitverantwortlich für die strategische Ausrichtung des Gesamtunternehmens in Europa. Reuter verfügt über mehr als 20 Jahre internationale, bereichsübergreifende Führungserfahrung in der Immobilienbranche. Seit 2013 ist sie für C&W tätig.

Im Februar hatte Reuter der IZ erklärt, sie wolle die Dienste bei C&W bündeln sowie das Angebot breiter und diverser aufstellen. "Neben unserem bisherigen Office-Fokus stärken wir auch die Bereiche Residential, Healthcare und Logistik", sagte sie. "Unser Fokus liegt – als Teil unserer globalen Strategie – auf drei Prioritäten: Stärkung des Kerngeschäfts, effiziente Arbeit und Beratung sowie nachhaltiges, organisches Wachstum." C&W sehe den mittel- und langfristigen Erfolg nicht in der Konzentration auf wenige Bereiche, sondern "in gesamtheitlichen Lösungen".

Mit Alexander von Erdély bei CBRE und Matthias Leube bei Colliers hatten neben Postleb im vergangenen Winter auch zwei andere Topmanager von großen Gewerbemaklern ihre Posten abgegeben.

Peter Dietz

Reingehört: Eine eigene Zone für berufliche Werdegänge

Karriere 18.04.2024
Netzwerken gehört für Alexander Schmid zum Alltag. Nun hat er seine Real Estate Lounge Interview Zone in ein Podcast-Format gepackt. Darin stellt er in jeder Folge einen Gesprächspartner mit ... 

Netzwerken gehört für Alexander Schmid zum Alltag. Nun hat er seine Real Estate Lounge Interview Zone in ein Podcast-Format gepackt. Darin stellt er in jeder Folge einen Gesprächspartner mit seinem Berufsweg näher vor.

Im Februar 2024 ging der Podcast Real Estate Lounge Interview Zone an den Start. Dahinter steckt der Gründer der Real Estate Lounge Alexander Schmid, der sich in diesem Format mit seinen Interviewpartnern unterhält über Werdegänge, Stolpersteine und Best-Practice-Beispiele im Berufsleben in der Immobilienwirtschaft. In jeder der bislang vier Folgen bespricht Schmid mit einem Gast neben dessen Lebenslauf auch ein Fokusthema.

So zeichnet sich Gesprächspartner von Folge 1, der Unternehmensberater Robert Hoffmann, dadurch aus, dass er auf Instagram erfolgreich aktiv ist. Er hat innerhalb von knapp sechs Monaten mit seinen Videos 50.000 Follower gewinnen können. Sein Erfolgsrezept: Liefere kontinuierlich Inhalte, die authentisch sind und den Followern einen Mehrwert bieten. Jeden zweiten Tag kreiert Hoffmann nach diesem Rezept einen 90-Sekunden-Spot mit Einblicken in seine Erlebnisse aus der Unternehmensberatung.

In Folge 2 ist Oliver Ritschel zu Gast. Vor etwa vier Jahren hat sich der gelernte Elektroinstallateur mit dem Buero Oliver selbstständig gemacht. Inzwischen hat er drei Mitarbeiter, Tendenz steigend. Aus seiner Zeit als Angestellter weiß Ritschel, dass besonders für Sonderprojekte meist die Zeit fehlt, um das technische Property- und Asset-Management zu koordinieren. Diese Lücke kann er mit seinem Unternehmenskonzept füllen. Mit Schmid spricht er über seinen Weg in die Selbstständigkeit.

Marketingspezialisten, Ingenieurgeologen und als nächstes Sie?

Weitere Gäste in den Folgen 3 und 4 sind Felix Hilt von Brand Estates und Lukas Krödel von HPC. Hilt gibt Auskunft über erfolgreiches Immobilienmarketing, das er mit seiner Agentur betreibt: von der Namensfindung für ein Projekt bis hin zu Influencer-Engagements. Krödel ist für die Umwelt tätig und seines Zeichens mit nur 28 Jahren einer der jüngsten Standortleiter Deutschlands. HPC ist auf Umweltberatung, Infrastrukturplanung und Bodenrecycling spezialisiert. Der studierte Ingenieurgeologe begann vor knapp vier Jahren als Werkstudent bei dem Unternehmen und leitet nun ein eigenes Team in München.

Man darf gespannt sein, wer noch in der Interview Zone zu Gast sein wird. Mit den bisherigen Interviewpartnern stand Schmid durch sein Netzwerkevent-Format Real Estate Lounge bereits in Kontakt. In den Shownotes besteht die Möglichkeit, sich als Gast zu bewerben.

Die Folgen haben mit 30 bis 40 Minuten eine angenehme Länge. Lediglich Intro und Outro wirken leicht überzogen, wenn auch professionell umgesetzt. Angesichts der interessanten Gespräche lässt sich darüber hinweghören. Ein fester Turnus, in dem die Folgen erscheinen, ist anhand der bisherigen Veröffentlichungsdaten noch nicht ablesbar.

Alexandra Stiehl