Günther & Sohn kontra Terrawert: Es fliegen die Fetzen Bei Weiterveräußerungen offenbar kräftig zugelangt / Konkurs scheintabgewendet

Köpfe 20.03.1997
Leipzig (hl) - "Affäre Günther & Sohn: wer lügt denn da?" titelte die Bildzeitung. Und in der Tat ist es für Außenstehende schwer durchschaubar, wer hier eigentlich wen über den Tisch zu ... 

Leipzig (hl) - "Affäre Günther & Sohn: wer lügt denn da?" titelte die Bildzeitung. Und in der Tat ist es für Außenstehende schwer durchschaubar, wer hier eigentlich wen über den Tisch zu ziehen sucht. Tatsache ist, daß Günther & Sohn auf der einen und die Terrawert Bau Aktiengesellschaft mit harten Bandagen aufeinander losgehen.

Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung von Günther & Sohn griff deren Vorstandsvorsitzender, Manfred Thomas, die Ravensberger-Tochter scharf an. Sein Vorwurf an die Adresse der Firmenleitung: Das Geschäftsgebaren der Terrawert habe sein Unternehmen schwer geschädigt. Der Günter & Sohn-Chef bezog sich bei seinen Anschuldigungen auf die Ergebnisse eines Prüfberichtes von Ernst & Young. Laut Thomas hat die ebenfalls in Leipzig ansässige Terrawert Alt- und Neubauten an sein Unternehmen zu völlig überhöhten Preisen weiterveräußert. Bei Altbauten habe die Terrawert einen Gewinnzuschlag von über die Hälfte aufgesattelt, bei Neubauten habe sie sich über 300% einverleibt. Dadurch ist dem in und um Leipzig tätigen Unternehmen Branchenkennern zufolge ein Schaden von rund 50 Mio. DM entstanden.

"An den Haaren herbeigezogen" sind die Vorwürfe nach Ansicht der Terrawert und der Ravensberger-Gruppe, die an Günther & Sohn mit 10,5% beteiligt und auch personell aufs Engste mit der Gesellschaft verflochten ist. So stand Achim Zink im vergangenen Jahr nicht nur an der Spitze des Aufsichtsrats bei Ravensberger, sondern auch bei Günther & Sohn. Und auch Peter Brenske war nicht nur im Vorstand des Bauunternehmens aus Grünwald, sondern hatte bis Ende Februar dieses Jahres auch einen Platz im Aufsichtsrat der Leipziger.

Während sich der Vorstand von Günther & Sohn inzwischen in eisiges Schweigen hüllt, ging man bei Terrawert und Ravensberger zur Gegenoffensive über. Das was Thomas auf der Hauptversammlung geboten habe, sei "unter die Gürtellinie" gegangen, gab Ravensberger-Sprecher Manfred Gburek den schwarzen Peter an Thomas zurück. Die Terrawert habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Ohne ein strategisches Konzept betrieben, sei die Grundstücks- und Personalpolitik bei Günther & Sohn "haarsträubend" gewesen.

Die Terrawert gab zu bedenken, daß einschneidende und unerwartete Marktveränderungen Ende August 1995 zu erheblichen Verlusten bei Günther & Sohn geführt hätten. Statt ein schlüssiges unternehmerisches Konzept zu präsentieren, mit dessen Hilfe man dem Kapitalverzehr entgegenzuwirken gedenke, versuchten Vorstand- und Aufsichtratsvorsitzender mit einem "schlecht recherchierten" Gutachten frühere Gesellschafter und Aktionäre zu einem finanziellen Engagement zu bewegen. So gab Terrawert bei der C&L Deutsche Revision ein Gegengutachten in Auftrag. Hinsichtlich der angeblich überhöhten Grundstückspreise bemängeln die Gutachter am Ernst & Young-Bericht, daß er eine Reihe von Ungereimtheiten und nicht schlüssige Behauptungen enthalte. Die Feststellung der Unangemessenheit von Verkaufspreisen für Grundstücke allein anhand von Margen sei nicht sachgerecht, weil werterhöhende Maßnahmen vor den Weiterverkäufen nicht berücksichtigt worden seien. Zudem seien die zugrundeliegenden Zahlen weder begründet noch belegt und somit nicht nachvollziehbar.

Doch scheint der Konkurs inzwischen abgewendet zu sein. Nach den Worten von Jörg Pluta, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, hat das vorwiegend im Wohnungsbau aktive Unternehmen Günther & Sohn seinen Verbindlichkeiten mittlerweile eine Forderung auf Schadensersatz entgegengestellt. Aus dem Unternehmen selbst war zu erfahren, daß die Altaktionäre von der Ravensberger Bau Beteiligungen AG, Peter Brenske und Kay Zimmermann, aufgefordert worden seien, die gestellte Forderung bis Ende März zu begleichen. "Sollte keine Einigung erzielt werden, geht es vor Gericht", war so zu hören. Sofern Thomas etwas Falsches sage, habe er seinerseits Schadensersatzansprüche am Hals, konterte Gburek.

Die Illiquidität scheint Pluta zufolge im Augenblick die größere Schwachstelle zu sein. Gegenwärtig verhandele das angeschlagene Unternehmen mit den Banken über die Aufrechterhaltung der Liquiditätslinien. Überdies verfüge die in Berlin für den amtlichen Handel börsennotierte Gesellschaft bis Herbst über ein Finanzpolster, so Pluta weiter.

hl

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