"Der nächste Kollege braucht IT-Wissen, kein Immobilien-Know-how"

Die digitale Welt der Immobilie wächst. Das bekommen Akteure der Branche unterschiedlich stark zu spüren.

Die digitale Welt der Immobilie wächst. Das bekommen Akteure der Branche unterschiedlich stark zu spüren.

Urheber: sahiltrikha786, Quelle: pixabay.com

Karriere 04.10.2019
Die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Berufsbilder ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Für Objektverwalter wie Markus Reinert von IC Immobilien ... 

Die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Berufsbilder ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Für Objektverwalter wie Markus Reinert von IC Immobilien ist es noch "viel zu früh", über veränderte Anforderungen zu sprechen. Analyseexperte Jens R. Rautenberg von Conversio hingegen spürt den "Atem der Technik" im Nacken.

Jens R. Rautenberg zögert. Der Gründer des Kölner Analysehauses Conversio Wahre Werte denkt lange über seine Antwort auf die Frage nach, ob er denn seinem Nachwuchs empfehlen würde, auch ein solcher Analyseexperte zu werden, wie er es ist. Das Problem ist, dass Rautenberg schon jetzt die Digitalisierung im Berufsalltag spürt. Der Bedarf an seinem Berufsstand werde zurückgehen, darin sei er sich "ganz, ganz sicher".

Gerade die Felder Standort- und Objektanalyse seien im Wandel. "Es ist noch gar nicht lange her, da stand die Objektanalyse im Mittelpunkt", sagt Rautenberg. Fakten wie Neu- oder Altbau, Projekt oder Bestand, Baujahr und Größe waren die ersten, die abgefragt wurden. Dann sei der Dienstleister rausgefahren und habe sich das Objekt der Begierde angeschaut und dabei die Lage in Augenschein genommen. "Innerhalb der vergangenen drei bis vier Jahre hat sich das gewandelt", sagt Rautenberg. Jetzt liegt der Fokus seiner Arbeit zunächst auf der Analyse des Standorts. Mit der Anschrift könnten vom Schreibtisch aus Daten wie Art und Zahl der Transaktionen vor Ort, Quadratmeterpreise, Faktoren, Mieten im Bestand und bei Neuverträgen abgerufen werden. "Vor drei Jahren noch haben wir einen Mietspiegel bei der Stadt angefordert und mussten einen frankierten Rückumschlag beilegen", erinnert er sich. Darüber könne er nur noch schmunzeln. Heutzutage erwarten Auftraggeber oft innerhalb von Stunden eine Einschätzung zu Objekt und Lage. Wer sich der Digitalisierung entzieht, werde Aufträge verlieren.

Rautenberg sieht diese Entwicklung allerdings kritisch. "Das Objekt rückt dabei ein Stück weit nach hinten", bemerkt der Berater. "Wenn es von der Datenlage her passt, dann sind 75% bis 80% des Weges zur Transaktion schon erledigt." Das Urteil des Gutachters, der sich das Objekt vor Ort anschaut, mache dann nur noch den Rest aus. Das gehe so lange gut, wie die momentane Hochphase anhalte. Steigende Verkaufs- und Mietpreise machten manch eine Fehlentscheidung wett. Spätestens jedoch mit einer Seitwärtsbewegung des Markts werde sich das ändern und professionelle sowie detailliertere Einschätzungen zu Objekt und Lage wieder mehr wertgeschätzt. Dem Berufsstand komme es zudem zupass, wenn der Gesetzgeber wieder neue Regeln für den Wohnungsmarkt einführt. Denn örtlich unterschiedlich gehandhabte oder mancherorts gar erst geplante Instrumente wie Mietpreisbremsen, Mietdeckel, Milieuschutzsatzungen seien aktuell nur sehr aufwendig digital abzubilden, belastbare Mietpreisprognosen also kaum mit einem Klick darstellbar. Dazu brauche es einen Profi mit Sachverstand und Weitblick.

Doch die Konkurrenz aus dem Netz wächst, das fängt schon bei den Onlineimmobilienportalen für den Laien an. Nach nur wenigen Klicks soll er seine Immobilie bewerten können, und das zu einem Spottpreis im Vergleich zu Forderungen eines Profis. Die Folge: Bewerter müssen auf diese Herausforderungen reagieren. Rautenberg rät, mehr ins eigene Marketing zu investieren und sich auf eine Assetklasse zu spezialisieren. Conversio selbst fokussiert sich seit Gründung auf Wohnimmobilien in unterschiedlicher Ausprägung. "Das wird auch so bleiben", betont der Inhaber.

Was sich allerdings bei den Kölnern verändern wird, ist die Zusammensetzung des Teams. In einer seiner nächsten Stellenanzeigen wird Rautenberg wohl einen ITler suchen müssen - nicht zur Pflege der Firmenrechner, sondern als Teil des Analyseteams. Immobilien-Know-how muss er oder sie nicht unbedingt mitbringen, das der Kollegen reicht, es geht viel mehr darum, Daten zu sammeln, zu strukturieren und sie wieder anders aufbereitet auszugeben. Ob es da um Häuser oder andere Produkte geht, ist im Grunde zweitrangig.

Um Immobilienexperten wie Rautenberg auch weiterhin bei der Personalsuche zu unterstützen, hat sich jüngst Richard-Emanuel Goldhahn, Geschäftsführer der Personalberatung Cobalt Recruitment Deutschland, Gedanken darüber gemacht, ein eigenes Geschäftsfeld mit digitalen Berufsbildern mit Immobilienbezug zu eröffnen. Doch das Vorhaben hat er ad acta gelegt. Es habe sich vor allem herausgestellt, dass ähnlich wie Conversio viele andere Firmen bereit sind, bei den gesuchten ITlern auf das Immobilienwissen zu verzichten. Reine Informatiker, Spezialisten in Datenbanken, Blockchain und Software-Programmierung zu vermitteln, ist für Goldhahn allerdings zu fachfremd.

Im Lichte der Digitalisierung betrachtet, bemerkt der Personalberater kaum veränderte Anforderungen an die jungen Immobilienfachkräfte. "Dieser Hype ist mindestens verfrüht, wenn nicht sogar übertrieben", sagt Goldhahn. Damit stößt er ins gleiche Horn wie Markus Reinert. "Die Immobilienwirtschaft befindet sich da noch in der Steinzeit", sagt der Vorstandsvorsitzende von IC Immobilien. Bei vielen Unternehmen fehle noch die Grundlage, um überhaupt von Digitalisierung sprechen zu können. Sie scheiterten schon daran, alle Objektunterlagen, z.B. kaufmännische Dokumente, technische Planunterlagen und Grundbuchauszüge, im digitalen System abzulegen. Auch von einer papierlosen Mieterakte sei die Branche noch weit entfernt, das aber auch, weil die Technik dafür noch nicht ausgereift genug sei, z.B. beim Einlesen von Mietverträgen. Etliche unterschiedliche Sprachen, verschiedene Gesetzgebungen und individuelle Besonderheiten gilt es dabei zu berücksichtigen. Reinert weiß aus Gesprächen mit Proptech-Fachleuten, dass die Fehlerquote beim maschinellen Einlesen zurzeit bei 5% bis 7% liegt. "Selbst wenn sie nur bei 1% liegen würde, hieße das für mich, dass ich den Fehler finden muss", sagt Reinert. Denn dieser eine Fehler könnte unter Umständen große und kostspielige Folgen haben. Die Konsequenz: Die digitalisierten Mietverträge müssten erneut von einem Mitarbeiter kontrolliert werden. Ein Anreiz, viel Geld in diese Art von Digitalisierung zu investieren, ist das nicht gerade. "Bei aller künstlicher Intelligenz, man wird nie eine 100%ige Sicherheit erreichen", weiß auch Reinert. "Auch bei Menschen nicht." Aber für ihn sei derzeit das von IC-Mitarbeitern praktizierte Vier- bis Sechs-Augen-Prinzip in Verbindung mit weiteren Prüfmechanismen beim An- und Ablegen eines Mietvertrags sicherer als lediglich ein Klick am Rechner.

Abgesehen davon ersetzt im Berufsalltag der Umgang mit digitalen Daten nicht den Einsatz eines Objektverwalters vor Ort. "Mieterbetreuung und -management sind ein hohes Gut", sagt Reinert. Das sei der Schlüssel dafür , eine Immobilie stabil zu halten und aufzuwerten. Die Digitalisierung könne dabei unterstützen, die Arbeit eines Verwalters effizienter und professioneller zu machen. Aber so weit, Mitarbeiter zu ersetzen, sei die Technik noch lange nicht.

Anke Pipke

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Arbeiten mit Urlaubsgefühl

Arbeiten unter Palmen kann durch Workation möglich werden.

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Hernandez & Sorokina/Stocksy

Karriere 25.04.2024
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Über das Konzept Workation ermöglichen es Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, für eine begrenzte Zeit aus dem Ausland zu arbeiten. Doch ein solcher Arbeitstrip erfordert einiges an Vorbereitung. Je nach Zielland müssen unterschiedliche Regelungen eingehalten werden.

Weder im Büro noch im Homeoffice, sondern von einem Urlaubsort aus arbeiten – das Konzept "Workation", also "work" und "vacation" in einem, ist in der Immobilienbranche längst angekommen. In einer Onlineumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) gab mehr als jeder zweite (54%) von knapp 300 Teilnehmern an, gerne einmal mit dem Arbeitslaptop wegfahren und an Meetings in dieser Zeit via Online-Schalte teilnehmen zu wollen.

Zwei Mitarbeiter, die das schon in die Tat umgesetzt haben, sind Alina Schöne und Tobias Brunner von Cobalt. Als Headhunter besetzen sie Stellen für Unternehmen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft, und das zeitweise von Barcelona oder Lissabon aus. "Ich fand es schön, dass man in einem anderen Land sein und arbeiten kann, aber tatsächlich auch mal weg von Zuhause ist", sagt Schöne. Im Gegensatz zu einer normalen Urlaubsreise habe sie es geschätzt, dass sie durch einen längeren Aufenthalt im Ausland richtig in die Kultur eintauchen konnte. "Ich war teilweise produktiver als im Büro. Weil ich einfach diesen Drive hatte und weil ich wusste, ich starte früh, bin ich effektiv durch den Tag gegangen." Die neue Umgebung habe ihre Motivation befeuert.

Gesteigerte Produktivität in neuer Umgebung

Dabei entstand das Konzept im Unternehmen aus einem Scherz heraus, wie HR-Director Susanne Franke berichtet. Zum ersten Mal sei die Idee während eines Leaderevents auf Mallorca aufgekommen. Schnell hätten sie gemerkt, dass das Arbeiten in der Sonne gar nicht so abwegig ist. Bis zur vollständigen Umsetzung des Angebots musste Franke zusammen mit einer Inhouse-Juristin jedoch viele organisatorische Punkte beachten und regeln. "Wir haben uns ein gutes halbes Jahr mit dem Thema beschäftigt, weil es doch komplexer ist, als wir eingangs dachten", erinnert sie sich. Als Beispiele zählt sie sozialversicherungs-, steuer- und arbeitsrechtliche Aspekte auf, die beim Arbeiten vom Ausland aus zu berücksichtigen sind. Dabei holten sie auch Rat bei einer Steuerkanzlei und einem Juristen ein.

Denn den Überblick zu behalten, ist herausfordernd. Beispielsweise gelten für Zielländer außerhalb der EU andere Rahmenbedingungen als innerhalb. Dies schränkte die möglichen Workation-Ziele für die Cobalt-Mitarbeiter beim Start des Angebots im Juni 2022 ein. Dadurch sind die Mitarbeiter von Cobalt aber auf der sicheren Seite, wenn es um das Thema Datenschutz geht. Die Verordnung, nach der sie in Deutschland mit Kontakten von Kunden oder Kandidaten umgehen, gilt in ihrer Form EU-weit, sodass keine Arbeitsprozesse umgestellt werden müssen.

Als eine der größten rechtlichen Hürden sieht Franke aus unternehmerischer Sicht das Betriebsstättenrisiko. Wenn im Ausland ein Büro oder eine Wohnung von einem Unternehmen gemietet wird, können je nach Land dafür Steuern fällig werden. Die Cobalt-Mitarbeiter kümmern sich um ihre Unterkünfte deshalb selbst.

Organisatorischer Aufwand auf allen Seiten

Mehr als 20 Tage dürfen sie aber nicht verreisen. Durch die strenge Grenze können sie sich bei den EU-Zielen sicher sein, im Gastland keine Steuern abführen zu müssen. Einige Besonderheiten im Arbeitsalltag, das weiß Brunner, hängen aber nicht nur mit der Reisedauer zusammen. So etwa eine Zeitverschiebung, die es bei der Organisation von Arbeitszeiten und Kundenterminen zu beachten gilt.

Aber nicht nur das müssen Mitarbeiter wie Schöne und Brunner vor Reiseantritt berücksichtigen. "Man sollte darauf achten, neben seinem Arbeitsequipment auch eine sogenannte A1-Bescheinigung mitzuführen", erklärt Franke. Nur so seien die Mitarbeiter im Ausland abgesichert, wenn es zu einem Arbeitsunfall kommt.

Aus Gesprächen mit Kandidaten wissen Franke und ihre Kollegen, dass nicht nur ihre, sondern auch Mitarbeiter anderer Unternehmen Flexibilität vom Arbeitgeber in der Frage nach dem Arbeitsort verlangen. Workation anzubieten, könnte je nach Aufgabenprofil also auch Bewerber anlocken. Noch werde in solchen Segmenten wie etwa dem Property- und Asset-Management oder in der kaufmännischen Projektentwicklung eher der Wunsch nach Homeoffice als nach Workation geäußert. "Das sind auch Berufe, bei denen man teilweise einfach vor Ort sein muss", erklärt Schöne. In der Buchhaltung sähe das vielleicht anders aus. Ein Bauleiter sei viel auf Baustellen und müsse sich auch Urlaub nehmen, ergänzt Brunner.

In der Onlineumfrage der IZ gaben 15% der Teilnehmenden an, für ein Workation-Angebot sogar den Arbeitgeber wechseln zu wollen. Alina Schöne ist froh, dass sie das Workation ausprobieren konnte. "Ich bin mit neuen Eindrücken nach Hause gekommen, war erholt und das Business hat in der Zeit dennoch nicht gelitten. Für uns als Unternehmen war Workation deshalb auf jeden Fall ein absolutes Win-win."

Janina Stadel ,Marius Katzmann

ESG-Experten dringend gesucht

Um die Transformation der Branche voranzutreiben, braucht es Experten mit echtem Interesse am Thema.

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Quelle: Immobilien Zeitung, Urheberin: Janina Stadel

Karriere 30.11.2023
Auf der Suche nach ESG-Managern stoßen Arbeitgeber auf viele Hürden. Die Kandidatenlage ist genauso unübersichtlich wie die Qualifikationen von Bewerbern. Weil auch die Erwartungen der ... 

Auf der Suche nach ESG-Managern stoßen Arbeitgeber auf viele Hürden. Die Kandidatenlage ist genauso unübersichtlich wie die Qualifikationen von Bewerbern. Weil auch die Erwartungen der einstellenden Unternehmen oft voneinander abweichen, müssen Headhunter Interessenten genau unter die Lupe nehmen.

Die Nachfrage nach Experten für Environmental Social Governance (ESG) in allen Sparten der Immobilienwirtschaft reißt nicht ab. Das zeigt sich an den Auftragszahlen von Headhuntern. Während die Personalberatung Cobalt Recruitment im gesamten Jahr 2022 nur eine einzige Funktion mit dem Schwerpunkt vermittelt hat, waren es allein im ersten Halbjahr 2023 schon acht. "Die Herausforderung für die gesamte Branche besteht darin, dass es kein genaues Bild von einem ESG-Experten gibt", sagt Cobalt-Geschäftsführerin Doreen von Bodecker. "Genauso neu wie der Berufsschwerpunkt sind die Zertifizierungen, die bisher angeboten werden", erläutert sie weiter. Diese Weiterbildungen gibt es zum Beispiel bei der IHK Münster unter dem Titel "ESG: Chancen für den Mittelstand", bei der IHK München in Form einer Ausbildung zum Transformation-Manager oder als Webinare zu EU-Taxonomien. Bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) kann man sich in zwei bis drei Monaten zum ESG-Manager weiterbilden lassen. In der Schulung wird Wissen zu Zertifizierungen und EU-Taxonomien ebenso vermittelt wie Kenntnisse von den Anforderungen für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb und von den Methoden, eine Immobilie ESG-konform zu managen. Weil sich die Inhalte der Schulungen aber unterscheiden, können Arbeitgeber die Zertifikate oft nicht richtig einordnen. Als Headhunterin fragt von Bodecker bei Kandidaten deshalb genau nach, was sie in der Vergangenheit gemacht haben, um einschätzen zu können, ob sie fachlich zu einer Stelle passen – und auch ins Teamgefüge. Letzteres sei deshalb wichtig, weil ESG-Manager das Thema auch in die Belegschaft tragen müssen. In vielen Fällen bedeute dies erst einmal aufzuklären, dass das Thema Nachhaltigkeit nicht länger als Belastung gesehen werden darf.

Für Christoph Hartmann, Gesellschafter der Personalberatung Deiniger Consulting, umfasst das Thema ESG in den Unternehmen drei Blöcke. "Zum einen ist da der Bestand, also die Immobilien eines Unternehmens als solche, auf die ein ESG-Experte achten muss. Hinzu kommen die Mitarbeiter. Da greift vor allem das S für Social in ESG. Darüber hinaus hat ESG aber auch eine Bedeutung für die Wirkung eines Unternehmens nach außen. Anders ausgedrückt: Wer auf diesem Gebiet schon sehr weit ist, brüstet sich damit gerne und nutzt es als Marketingtool." Welche Schwerpunkte für ein Unternehmen wichtig sind, kann unterschiedlich ausfallen, für Hartmann ist aber klar: "Der Dreiklang muss stimmen. Dafür muss ein Bewusstsein bei den Mitarbeitern, vor allem aber bei den Führungskräften geschaffen werden."

Auf der Suche nach passenden ESG-Managern für ein Unternehmen befragt Hartmann seine Kunden deshalb proaktiv, welche Profile sie suchen. "Ich lasse die Klienten eine klare Erwartungshaltung aufdröseln. Aus Aufgaben und Verantwortlichkeiten müssen Anforderungen an die Kandidaten abgeleitet werden." Wichtig sei auch, wie sich die Stelle in den kommenden drei bis fünf Jahren weiterentwickeln soll. "Diese Frage stellt für viele die größte Herausforderung dar."

Die Verantwortung für das Thema einem bestehenden Mitarbeiter zusätzlich zu übertragen, sieht Hartmann nicht immer als die beste Lösung. "Gerade mit Blick auf den Bestand kann es Vorteile haben, wenn der ESG-Manager ihn gut kennt. Aber ihm kann auch der objektive Blick fehlen." Zudem bedeute eine Doppelrolle höhere Belastung, die auf die Qualität der Arbeit wirken kann.

Wegen der unübersichtlichen Kandidatenlage sei die Suche nach externen Kandidaten aber schwer für die Arbeitgeber. An bisherigen Berufsbezeichnungen könne man sich kaum orientieren, weil Immobilienexperten und somit auch potenzielle ESG-Manager oft trotz gleicher Aufgaben und Fähigkeiten in jeder Firma einen anderen Titel tragen. Was genau sich dahinter verbirgt, muss Hartmann jedesmal im Gespräch und durch genaues Prüfen der Vita herausfiltern. Hinzu komme, dass viele Unternehmen bei der Suche nach ihren Mitarbeitern nur auf die eigene Sparte schauen. "Das schränkt den Talentepool natürlich ein. Wer nur auf ein einziges Marktsegment schaut, hat in der Regel nur die Möglichkeit, Kandidaten von der direkten Konkurrenz abzuwerben", sagt Hartmann. Neue Blickwinkel gingen dadurch verloren. Doch gerade für einen ESG-Manager könnten diese nützlich sein und das Unternehmen langfristig nach vorne bringen. "Der Blick auf andere Branchen bleibt jedoch schwierig, denn Immobilienkenntnisse bleiben die Grundvoraussetzung."

Wo genau das Thema ESG innerhalb der Unternehmenshierarchie zu verorten ist, bestimmen die Arbeitgeber in der Regel individuell. "Wer glaubt, es muss beim CEO aufgehängt sein, lässt sich davon selten abbringen", so Hartmanns Erfahrung. Doch auch den Human Resources oder dem Business Development wird der ESG-Manager in einigen Unternehmen zugeordnet. Daraus ergeben sich ganz unterschiedliche Berichtsketten und unterschiedliche Entscheidungsgewalten für die gesuchten Experten.

Gute Chancen auf eine Stelle haben laut Patrycja Arendt, CEO der Headhuntingboutique One Match, junge Kandidaten, denn auf der Suche nach einem ESG-Manager genüge oft schon die pure Affinität für das Thema. "Junge Kandidaten haben die Möglichkeit, ihre Schwerpunkte vom Karrierestart an auf das Thema zu legen und auf die Basis, die sie von der Hochschule mitbringen, aufzubauen. Sie sind selbst noch im Thema Lernen drin, weshalb man ihnen die Möglichkeit, sich fortzubilden, gut zuspricht."

Janina Stadel

Profis für ESG und Daten sind gesucht

Nicole Schwan (links) und Doreen von Bodecker.

Nicole Schwan (links) und Doreen von Bodecker.

Quelle: Cobalt, Urheber: Picture People

Karriere 04.10.2023
Die Suche nach ESG-Experten und Data-Mining-Spezialisten beschäftigen die Personalberater. Und zu möglichen Gehaltspaketen beraten Headhunter die Arbeitgeber verstärkt. ... 

Die Suche nach ESG-Experten und Data-Mining-Spezialisten beschäftigen die Personalberater. Und zu möglichen Gehaltspaketen beraten Headhunter die Arbeitgeber verstärkt.

Eine "richtige Arbeitsmesse" erwartet sich Doreen von Bodecker von den drei Tagen in München. Sie ist Geschäftsführerin der Personalberatung Cobalt (C1.011) und will zusammen mit 20 Kollegen auf der Expo Real die Bedürfnisse von Arbeitgebern in den Fokus nehmen. "Uns geht es in diesem Jahr viel um Kommunikation und ums Netzwerken. Wir wollen Trends aufspüren und News weitertragen", sagt sie.

Das helfe ihr und ihrem Team auch in Zukunft bei der Suche nach Kandidaten für Spezialistenstellen, wie etwa die von ESG-Managern. "Gesucht werden sie in allen Sparten – vom Generalunternehmen über die Investmentgesellschaft bis hin zur Bank für Immobilienfinanzierungen ist die Nachfrage überall hoch", sagt die Headhunterin. Doch die Anforderungen an die Bewerber fielen je nach Arbeitgeber ganz unterschiedlich aus und verändern sich fortlaufend.

"Data-Mining ist aktuell ein weiteres großes Thema", ergänzt von Bodecker. "Gesucht werden Datenmanager, die nicht nur Datenbanken zu Immobilien aufbauen können, sondern die gesammelten Daten auch aktuell halten und über statistische Methoden mit diesen arbeiten", beschreibt sie die Herausforderung. Die Experten sollen auf der Basis dieser Daten in den Unternehmen Prognosen erstellen, aus denen sich Trends für die Zukunft ableiten lassen. So sollen Kundenpräferenzen möglichst frühzeitig erkannt werden. "Zum Teil spielt hier auch der gekonnte Umgang mit KI-Tools eine große Rolle", gibt sie ein Beispiel für Kenntnisse, auf die sie bei der Kandidatensuche achtet.

Bei der Besetzung von vielen anderen Stellen hält die Headhunterin hingegen Ausschau nach Generalisten. "Statt mehrere Experten einzustellen, suchen Arbeitgeber wieder gezielter nach Mitarbeitern, die mehrere Aufgabenbereiche übernehmen können – nicht zuletzt, um so auch Stellen zu reduzieren und Kosten zu sparen", sagt von Bodecker. "Uns fällt auf, dass Arbeitgeber nicht mehr so häufig bereit sind, auf alle Gehaltsforderungen von Kandidaten einzugehen."

Dadurch, dass die Gehaltswünsche von Bewerbern in den letzten Monaten zum Teil weit über dem Budget der Arbeitgeber liegen, ist für die Expertinnen ein weiteres Aufgabenfeld in den Fokus gerückt. "Wir beraten dann, welche Pakete man gestalten könnte, etwa mit Boni oder Staffelungen des Fixums oder Benefits, um Kandidaten doch noch zu gewinnen", erklärt von Bodeckers Kollegin Nicole Schwan, die ebenfalls Mitglied in der Geschäftsführung von Cobalt ist. "Die Nachfrage nach diesem Beratungsangebot ist im Vergleich zu den letzten Jahren stark gestiegen", sagt sie.

Janina Stadel