"Wenn ein Team funktioniert, spielt der Arbeitsort keine Rolle"

Für sein Unternehmen Conpur hat Richard Liehmann kein einziges Büro gemietet.

Für sein Unternehmen Conpur hat Richard Liehmann kein einziges Büro gemietet.

Quelle: Conpur

Karriere 15.02.2024
Als zum Jahresbeginn die Gesellschaft Conpur aus den beiden Unternehmen Robeo und Inpera entstanden ist, ist CEO Richard Liehmann einen radikalen Schritt gegangen. Er und seine Mitarbeiter ... 

Als zum Jahresbeginn die Gesellschaft Conpur aus den beiden Unternehmen Robeo und Inpera entstanden ist, ist CEO Richard Liehmann einen radikalen Schritt gegangen. Er und seine Mitarbeiter in dem Digitalunternehmen, das Einkaufslösungen für die Bauwirtschaft anbietet, arbeiten komplett remote. Damit das gelingt, braucht es laut dem Unternehmensgründer passende Führungsstrategien.

Immobilien Zeitung: Herr Liehmann, Sie haben kein festes Büro. Von wo aus arbeiten Sie heute?

Richard Liehmann: Ich bin heute in meinem Homeoffice in Berlin. Aber es gibt auch Tage, an denen arbeite ich von Salzburg aus oder von irgendeiner anderen Stadt, genauso wie unser gesamtes Team.

IZ: Wenn alle jeden Tag remote arbeiten, hat Conpur dann überhaupt noch eine Firmenadresse, an die zum Beispiel die Post geliefert werden kann?

Liehmann: Rein rechtlich braucht in Deutschland jede Firma eine Meldeadresse. Und die haben wir auch. Die Post, die dort ankommt, wird regelmäßig abgeholt und an die Mitarbeiter weitergeleitet, die sie brauchen. Das geht meistens sehr schnell, denn die Briefe werden eingescannt und per E-Mail versandt. Aber Büros mit Arbeitsplätzen betreibe ich keinen einzigen Quadratmeter. Es würde für uns einfach keinen Sinn machen.

IZ: Warum machen Büros keinen Sinn für Ihr Unternehmen?

Liehmann: Wir sind mit derzeit sieben Mitarbeitern noch eine kleine Firma. Wenn ein neues Unternehmen in Deutschland in den Markt eintritt, kommen keine Kunden dorthin. Stattdessen sind wir es, die zu unseren Kunden und Auftraggebern fahren. Unsere Mitarbeiter verteilen sich in ganz Deutschland, dadurch kann immer derjenige zu einem Termin, der die kürzeste Anreise hat. Das spart den Angestellten Reisezeit und macht uns als Unternehmen gleichzeitig flexibel gegenüber Kunden, wenn es zum Beispiel um kurzfristige Termine geht. Stattdessen wäre es unwirtschaftlich, Bürostandorte in ganz Deutschland zu eröffnen.

IZ: Wie investieren Sie das Geld, das Sie für Büromieten einsparen, stattdessen?

Liehmann: Vor allem in Forschung, Produktentwicklung und in Personal – etwa in Form von Weiterbildungen.

IZ: Wie funktioniert die Gewinnung von Mitarbeitern in einem Unternehmen, das keine Büros hat, in denen für gewöhnlich ja auch Bewerbungsgespräche geführt werden?

Liehmann: Recruiting und Hiring funktionieren auch ohne Büro sehr gut. Sowohl die Bauwirtschaft als auch die Softwarebranche tun sich im Moment schwer mit der Gewinnung von Fachkräften. Wir sind bei der Suche nach Mitarbeitern nicht auf einen Standort oder eine Region festgelegt und haben so eine größere Auswahl an Bewerbern, die fachlich zu uns passen. Bewerbungsgespräche sind aber tatsächlich etwas umständlicher, wenn sie rein remote geführt werden.

IZ: Inwiefern? Was müssen Sie dabei besonders beachten?

Liehmann: Die Kennenlerngespräche erfordern ein hohes Maß an Vorbereitung. Ich muss mir genau überlegen, welche Fragen ich einem Bewerber stelle und was er von mir vielleicht wissen will. Dafür muss ich alle Unterlagen, wie zum Beispiel Informationen über unser Unternehmen, vorher zurechtlegen, um sie im Gespräch digital verfügbar zu haben. Auch kann ich nicht spontan einen Kollegen hinzuziehen oder dem Bewerber vorstellen. Ein Teamlead muss daher von Anfang an in die Terminabsprache mit eingebunden werden, damit er ebenfalls am Gespräch teilnehmen kann.

IZ: Fachliche Kompetenzen und Vorerfahrungen lassen sich in einem Videocall sicher gut abfragen, doch wie lernen Sie einen Bewerber auch menschlich kennen, um zu sehen, ob er ins Team passt?

Liehmann: Auch dafür gibt es einige Tricks, um jemanden aus der Reserve zu locken. Ich achte zum Beispiel immer auf den Hintergrund im Videocall, den sich jemand ausgesucht hat. Ich spreche an, was ich im Hintergrund sehen kann, sei es ein Gegenstand, oder ein Bild an der Wand. Solche Dinge können gute Ausgangspunkte für kurze Gespräche über Privates sein. Zudem versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen, wie sie auch wäre, wenn man im gleichen Raum sitzen würde, indem ich etwa zwischendurch aufstehe und das Fenster mal öffnet. Im Prinzip lerne ich die Leute so besser kennen als in einem sterilen Raum, der nicht ihr gewohntes Umfeld ist. Und wem diese Einblicke ins eigene Zuhause schon bei der Bewerbung zu privat sind, der passt nicht zu unserer Arbeitsweise.

IZ: Ein passendes Arbeitszimmer zuhause zu haben, ist aber dadurch irgendwie Voraussetzung, um bei Ihnen anfangen zu können, oder?

Liehmann: Wir arbeiten viel mit jungen Leuten zusammen. Die haben meistens ohnehin einen geeigneten Arbeitsplatz bei sich zuhause. Wenn ihnen Ausstattung fehlt, sei es ein Monitor oder ein geeigneter Schreibtisch, dann versorgen wir sie damit. Ob wir Arbeitsmittel anschaffen, um sie in ein zentrales Büro zu stellen, oder um sie an mehreren Orten zu verteilen, das macht doch keinen Unterschied. Und sollte jemand wirklich mal keine Möglichkeit zu Hause haben, finden wir eine Lösung. Ich denke zum Beispiel an Coworkingspaces oder ähnliche Angebote, die es inzwischen in fast jeder Stadt gibt.

IZ: Wenn schon die Einstellung von neuen Kollegen remote geschieht, kennen sich Ihre Mitarbeiter dann untereinander überhaupt persönlich?

Liehmann: Wir versuchen alle vier bis sechs Wochen Treffen zu ermöglichen. Nur eben nicht im gemeinsamen Büro. Stattdessen kann das zum Beispiel eine Zusammenkunft nach einem gemeinsamen Kundentermin in der dortigen Stadt sein. Zudem gibt es bei uns wie bei jedem anderen Unternehmen auch Workshops und Weihnachtsfeiern, bei denen alle zusammenkommen.

IZ: Und im Alltag?

Liehmann: Das zufällige Treffen oder der Plausch an der Kaffeemaschine fallen bei uns weg. Wir müssen diese Begegnungen remote abbilden und das bedeutet vor allem, Raum dafür schaffen.

IZ: Wie geht das konkret?

Liehmann: Es bedeutet vor allem, dass regelmäßige Meetings oder Wochengespräche anders geführt werden müssen, als es viele aus der Branche kennen. Es bedeutet, dass Führungskräfte in einem Meeting nicht nur die Themen-Agenda abarbeiten dürfen. Stattdessen muss vor und nach jeder Sitzung Zeit sein, um auch Themen aus der Vorwoche aufzugreifen, zu fragen, wie das Wochenende war, oder andere private Themen zuzulassen. Dafür muss das Mindset bei den Führungskräften stimmen, denn wenn sie sich nur eine halbe Stunde Zeit nehmen, um fünf Entscheidungen zu treffen, dann trauen sich ihre Mitarbeiter gar nicht, in diesem Rahmen auch auf die persönliche Ebene zu wechseln. Für uns bei Conpur heißt das, wir müssen klar machen, dass das erwünscht ist. Und inzwischen haben auch die Mitarbeiter diese Meetingkultur für sich angenommen.

IZ: Welche Besonderheiten gibt es zudem noch für Ihre Mitarbeiter?

Liehmann: Sie müssen gut kommunizieren und sich selbst organisieren können. Mit kommunizieren meine ich, dass sie es schaffen trotz Distanz in Kontakt zu bleiben, und zwar auch eigeninitiativ zum Beispiel über Videocalls. Selbstorganisation ist wichtig im Alltag, wenn es darum geht, Arbeitsmaterial zu beschaffen. Bei uns bestellen die Mitarbeiter selbst, was sie brauchen. Das erspart uns übrigens viel Kapazitäten in der Buchhaltung. Aber auch das Zeitmanagement ist wichtig, damit man sich im Homeoffice nicht verliert.

IZ: Wie sehen bei Ihnen die Arbeitszeiten aus?

Liehmann: Es gibt eine frei definierte Kernarbeitszeit von etwa zehn bis 15 Uhr. In dieser Zeit sollte jeder erreichbar sein – für Kunden, aber auch für Kollegen. Ansonsten kann sich das jeder frei einteilen. Wer ein klares Ziel vor Augen hat, etwa bei der Umsetzung eines Projekts, der wird sich selbst so organisieren, dass er auch ohne Anweisung durch eine Führungskraft mit Kollegen in den Austausch geht, wo es nötig und sinnvoll ist.

IZ: Sie haben diese Arbeitsweisen von Beginn an im Unternehmen umgesetzt und ausgeführt. Das Team ist kurz nach der Firmengründung noch recht klein. Aber wäre ein solcher Schritt in einem großen Unternehmen überhaupt denkbar?

Liehmann: Dass unsere Arbeitsweisen auch in größeren Teams funktionieren, haben wir bereits während Corona-Zeit in den Vorgängergesellschaften bewiesen. Ich bin der festen Überzeugung, sie lassen sich überall umsetzen, wo es um Forschung, Projektarbeit und Produktentwicklung geht. Sicher aber nicht im produzierenden Gewerbe, wo Mitarbeiter Geräte und Maschinen gemeinsam nutzen müssen. Aber gerade in unserer Branche schaffen es ja auch schon viele Firmen, über Standorte hinweg zu arbeiten. Da existieren schon funktionierende Verbindungen von Büro zu Büro – bei uns eben von Homeoffice zu Homeoffice. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass eine Führungskraft die Arbeitsweisen vorlebt, sich an Absprachen hält und die Mitarbeiter stets motivieren kann. Denn wenn ein Team an einem gemeinsamen Ziel arbeitet und richtig funktioniert, dann spielt der Arbeitsort keine Rolle für das Endergebnis.

IZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Janina Stadel.



Janina Stadel

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Arbeiten mit Urlaubsgefühl

Arbeiten unter Palmen kann durch Workation möglich werden.

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Quelle: stock.adobe.com, Urheber: Hernandez & Sorokina/Stocksy

Karriere 25.04.2024
Über das Konzept Workation ermöglichen es Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, für eine begrenzte Zeit aus dem Ausland zu arbeiten. Doch ein solcher Arbeitstrip erfordert einiges an ... 

Über das Konzept Workation ermöglichen es Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, für eine begrenzte Zeit aus dem Ausland zu arbeiten. Doch ein solcher Arbeitstrip erfordert einiges an Vorbereitung. Je nach Zielland müssen unterschiedliche Regelungen eingehalten werden.

Weder im Büro noch im Homeoffice, sondern von einem Urlaubsort aus arbeiten – das Konzept "Workation", also "work" und "vacation" in einem, ist in der Immobilienbranche längst angekommen. In einer Onlineumfrage der Immobilien Zeitung (IZ) gab mehr als jeder zweite (54%) von knapp 300 Teilnehmern an, gerne einmal mit dem Arbeitslaptop wegfahren und an Meetings in dieser Zeit via Online-Schalte teilnehmen zu wollen.

Zwei Mitarbeiter, die das schon in die Tat umgesetzt haben, sind Alina Schöne und Tobias Brunner von Cobalt. Als Headhunter besetzen sie Stellen für Unternehmen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft, und das zeitweise von Barcelona oder Lissabon aus. "Ich fand es schön, dass man in einem anderen Land sein und arbeiten kann, aber tatsächlich auch mal weg von Zuhause ist", sagt Schöne. Im Gegensatz zu einer normalen Urlaubsreise habe sie es geschätzt, dass sie durch einen längeren Aufenthalt im Ausland richtig in die Kultur eintauchen konnte. "Ich war teilweise produktiver als im Büro. Weil ich einfach diesen Drive hatte und weil ich wusste, ich starte früh, bin ich effektiv durch den Tag gegangen." Die neue Umgebung habe ihre Motivation befeuert.

Gesteigerte Produktivität in neuer Umgebung

Dabei entstand das Konzept im Unternehmen aus einem Scherz heraus, wie HR-Director Susanne Franke berichtet. Zum ersten Mal sei die Idee während eines Leaderevents auf Mallorca aufgekommen. Schnell hätten sie gemerkt, dass das Arbeiten in der Sonne gar nicht so abwegig ist. Bis zur vollständigen Umsetzung des Angebots musste Franke zusammen mit einer Inhouse-Juristin jedoch viele organisatorische Punkte beachten und regeln. "Wir haben uns ein gutes halbes Jahr mit dem Thema beschäftigt, weil es doch komplexer ist, als wir eingangs dachten", erinnert sie sich. Als Beispiele zählt sie sozialversicherungs-, steuer- und arbeitsrechtliche Aspekte auf, die beim Arbeiten vom Ausland aus zu berücksichtigen sind. Dabei holten sie auch Rat bei einer Steuerkanzlei und einem Juristen ein.

Denn den Überblick zu behalten, ist herausfordernd. Beispielsweise gelten für Zielländer außerhalb der EU andere Rahmenbedingungen als innerhalb. Dies schränkte die möglichen Workation-Ziele für die Cobalt-Mitarbeiter beim Start des Angebots im Juni 2022 ein. Dadurch sind die Mitarbeiter von Cobalt aber auf der sicheren Seite, wenn es um das Thema Datenschutz geht. Die Verordnung, nach der sie in Deutschland mit Kontakten von Kunden oder Kandidaten umgehen, gilt in ihrer Form EU-weit, sodass keine Arbeitsprozesse umgestellt werden müssen.

Als eine der größten rechtlichen Hürden sieht Franke aus unternehmerischer Sicht das Betriebsstättenrisiko. Wenn im Ausland ein Büro oder eine Wohnung von einem Unternehmen gemietet wird, können je nach Land dafür Steuern fällig werden. Die Cobalt-Mitarbeiter kümmern sich um ihre Unterkünfte deshalb selbst.

Organisatorischer Aufwand auf allen Seiten

Mehr als 20 Tage dürfen sie aber nicht verreisen. Durch die strenge Grenze können sie sich bei den EU-Zielen sicher sein, im Gastland keine Steuern abführen zu müssen. Einige Besonderheiten im Arbeitsalltag, das weiß Brunner, hängen aber nicht nur mit der Reisedauer zusammen. So etwa eine Zeitverschiebung, die es bei der Organisation von Arbeitszeiten und Kundenterminen zu beachten gilt.

Aber nicht nur das müssen Mitarbeiter wie Schöne und Brunner vor Reiseantritt berücksichtigen. "Man sollte darauf achten, neben seinem Arbeitsequipment auch eine sogenannte A1-Bescheinigung mitzuführen", erklärt Franke. Nur so seien die Mitarbeiter im Ausland abgesichert, wenn es zu einem Arbeitsunfall kommt.

Aus Gesprächen mit Kandidaten wissen Franke und ihre Kollegen, dass nicht nur ihre, sondern auch Mitarbeiter anderer Unternehmen Flexibilität vom Arbeitgeber in der Frage nach dem Arbeitsort verlangen. Workation anzubieten, könnte je nach Aufgabenprofil also auch Bewerber anlocken. Noch werde in solchen Segmenten wie etwa dem Property- und Asset-Management oder in der kaufmännischen Projektentwicklung eher der Wunsch nach Homeoffice als nach Workation geäußert. "Das sind auch Berufe, bei denen man teilweise einfach vor Ort sein muss", erklärt Schöne. In der Buchhaltung sähe das vielleicht anders aus. Ein Bauleiter sei viel auf Baustellen und müsse sich auch Urlaub nehmen, ergänzt Brunner.

In der Onlineumfrage der IZ gaben 15% der Teilnehmenden an, für ein Workation-Angebot sogar den Arbeitgeber wechseln zu wollen. Alina Schöne ist froh, dass sie das Workation ausprobieren konnte. "Ich bin mit neuen Eindrücken nach Hause gekommen, war erholt und das Business hat in der Zeit dennoch nicht gelitten. Für uns als Unternehmen war Workation deshalb auf jeden Fall ein absolutes Win-win."

Janina Stadel ,Marius Katzmann

Immobilienprofi im Porträt: Alexander Wietasch

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Urheberin: Melissa Otto

Karriere 18.04.2024
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Alexander Wietasch ist Geschäftsführer des Familiy-Offices Westminster. Der 34-Jährige ist in Salzgitter aufgewachsen und lebt heute mit seiner Familie in der Nähe von Berlin. Sein Weg in die Immobilienwirtschaft war eher ungewöhnlich, denn sein Berufsleben begann mit einer Ausbildung zum Mechatroniker, bevor er sich für ein Studium des Wirtschaftsrechts entschied und in die Branche wechselte. Seine Managementkenntnisse baute er in einem Auslandsjahr in Hongkong auf. In seiner Freizeit betreibt der junge Vater Kickboxen, verbringt Zeit mit seiner Familie und widmet sich seiner Oldtimer-Sammlung.

Wie und wo wohnen Sie zurzeit?

Ich wohne mit meiner Familie in einer Doppelhaushälfte in einem sehr schönen Neubaugebiet südlich von Berlin. Nach der Geburt unserer Tochter wollten wir etwas ländlicher und nicht mehr in einer Wohnung leben. Unser Wohnort liegt in der Nähe der A 10, sodass wir eine sehr gute Verkehrsanbindung haben. Momentan wohnen wir noch zur Miete, aber das soll nur eine Übergangslösung sein. Wir haben auf beiden Seiten Fensterfronten. Dadurch fällt viel Licht in die Wohnräume, was ich sehr schätze.

Was muss das perfekte Haus unbedingt haben?

Ein perfektes Haus wäre für mich eine schöne sanierte Altbauvilla in Wasserlage. Das wäre eine Immobilie, in der ich mir vorstellen könnte, alt zu werden.

Haben Sie bei einer Immobilien schon einmal selbst Hand angelegt?

Ja, erstmals als meine Eltern ihr Haus gebaut haben, da habe ich viel mitgeholfen. Im letzten Jahr sollte eine große Anzahl an Wohnungen in einem unserer Objekte umgebaut und vermietet werden. Ich bin zu Beginn des Projekts einen ganzen Tag mit unserem Monteur vor Ort gewesen und habe zusammen mit ihm angepackt. Anfangs wollte er nicht glauben, dass ich es ernst meine. Dass der Chef mit anpackt, hat bei den Mitarbeitern eine große Motivation ausgelöst und wird sehr respektiert. Handwerklich zu arbeiten, bereitet mir großen Spaß, und ich mache zu Hause viel selbst, wenn es die Zeit erlaubt.

Wie haben Sie Ihr erstes Geld verdient?

Mit 14 habe ich schon viele Sachen auf Ebay verkauft. Als ich dann 18 wurde und noch zur Schule ging, habe ich gebrauchte Autos gekauft, sie hergerichtet und wieder verkauft.

Wie haben Sie den Weg in die Immobilienwirtschaft gefunden?

Das war eher Zufall. Ich habe immer in Bereichen mit technischem Bezug gearbeitet. Für mich war klar, dass ich nach meinem MBA in Hongkong im Management arbeiten möchte. Durch Zufall wurde ich auf eine Stelle als Geschäftsführer eines Projektentwicklers in Berlin aufmerksam. Ich habe mich direkt beworben, denn die Stelle passte einfach zu meinem Profil, gefragt waren technische, kaufmännische und juristische Kenntnisse. Mit dem Gesellschafter habe ich mich auf Anhieb sehr gut verstanden, so dass ich bereits von Hongkong aus meinen Arbeitsvertrag unterschreiben und mit der Arbeit beginnen konnte.

Was braucht man Ihrer Einschätzung nach, um es in Ihrem Job zu etwas zu bringen?

Man darf sich von schlechten Nachrichten nicht verunsichern lassen. Ich glaube, dass es wichtig ist, an der eigenen Strategie festzuhalten – unabhängig davon, was die Masse sagt. Man sollte das tun, was man kann und womit man erfolgreich ist. Und wenn man glaubt, dass die Zeit reif ist für einen Schritt, dann sollte man ihn auch gehen, unabhängig davon, wie der Markt gerade tickt. Meiner Erfahrung nach sind schlechte Prognosen oft Übertreibungen. Man malt den Markt für die nächsten zehn Jahre schwarz und später stellt sich heraus, dass es zwar schwierig war, aber nicht so schlimm wie vorhergesagt.

Wie feiern Sie Ihre Erfolge?

Wir feiern eher im kleinen Kreis oder veranstalten kleinere Events im Unternehmen. Außerdem laden wir unsere Mitarbeiter und Geschäftsfreunde regelmäßig zu den von uns gesponserten Sportevents ein.

Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Misserfolge gehören genauso zum Geschäft wie Erfolge. Ich lasse mich davon nicht unterkriegen, mache einfach weiter und versuche es so lange, bis es klappt – das ist meine Strategie. Zudem versuche ich aus meinen Fehlern zu lernen, um es beim nächsten Anlauf besser zu machen.

Was wären Sie heute gerne, wenn nicht Immobilienprofi?

Ich war schon früh unternehmerisch tätig und mir macht es Spaß, Unternehmen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Ich würde in einem anderen Unternehmen die gleiche Position besetzen.

Was finden Sie an der Immobilienbranche besonders gut?

Die Vielseitigkeit! In der Projektentwicklung und im Bestandsmanagement arbeitet man mit ganz unterschiedlichen Partnern zusammen, zum Beispiel aus dem kaufmännischen und dem technischen Bereich. Mir macht es Spaß, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, vom Mieter über den Architekten bis hin zum Ingenieur. Das macht meinen Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich.

Und was stört Sie an der Branche?

Was mich etwas stört, ist, dass in den Boomjahren einige unprofessionelle Akteure auf den Markt gekommen sind, was dem Ruf der Branche geschadet hat. Aufgrund der niedrigen Zinsen dachten viele, dass sich damit leicht Geld verdienen ließe. Jetzt sehen wir aber das Gegenteil, der Markt konsolidiert sich wieder.

Baulöwe, Miethai, Heuschrecke: Leute, die mit Immobilien Geld verdienen (wollen), haben nicht immer den besten Ruf. Zurecht?

Wenn ich im privaten Umfeld erzähle, dass ich in der Immobilienbranche tätig bin, bekomme ich manchmal die scherzhafte Antwort „Bis vor Kurzem warst du mir noch sympathisch“ oder „Ach, ein Immobilienhai“. Das ist nicht ernst gemeint, aber es spiegelt doch wider, was die Leute oft über Vertreter der Branche denken. Und ja, ich glaube, die Immobilienbranche hat einen zu schlechten Ruf. Das Problem ist, dass dies von einzelnen schwarzen Schafen herrührt, über die jedoch sehr medienwirksam berichtet wird. Die meisten Branchenvertreter bieten gute Immobilien zu fairen Preisen an und bemühen sich um ein gutes Verhältnis zu allen Beteiligten. So ist auch unser Selbstbild.

Sie würden jungen Leuten raten, den Weg in die Immobilienwirtschaft einzuschlagen, weil…

… weil man in dieser Branche vorankommt, wenn man ehrgeizig ist und zeigt, was in einem steckt. Wichtig ist, dass man seine Leistungsbereitschaft zeigt. Man sagt den jungen Leuten heute nach, dass sie mehr auf ihre Work-Life-Balance achten und nicht mehr so leistungsfähig sind. Dieser Ruf haftet ihnen vielleicht zu Unrecht an, aber ich würde ihnen empfehlen, sich davon abzuheben, indem sie zeigen, was in ihnen steckt.

Haben Sie eine Lieblingsimmobilie?

Ich mag schöne alte Häuser. In Potsdam gibt es viele schöne Altbauten, die mir sehr gut gefallen. Wenn ich mir dort eine Immobilie aussuchen müsste, würde es mir nicht schwerfallen.

Und welches Gebäude in Deutschland würden Sie gerne abreißen und warum?

Was in den 70er Jahren gebaut wurde, finde ich nicht besonders schön. Aber es gibt kein Gebäude, das ich abreißen möchte. Ich finde, alles gehört irgendwie dazu, schließlich können beispielsweise auch DDR-Bauten ihren Reiz haben. Es kommt auf den Kontext an.

Was bringt Sie privat auf die Palme? Und was beruflich?

Ich weiß, dass es nichts bringt sich aufzuregen, also versuche ich, privat und beruflich in jeder Situation ruhig zu bleiben. Wenn Leute ignorant sind, kann ich mich schon mal aufregen, aber das kommt wirklich selten vor.

Wo oder wie können Sie sich besonders gut entspannen oder abschalten?

Daheim in meinem Garten oder im Urlaub in der Sonne.

Wenn Sie an Ihren letzten Urlaub denken, denken Sie an was …?

… an eine schöne Bucht in Ägypten mit sehr warmen Badetemperaturen im Dezember. Es war herrlich, wir hatten strahlenden Sonnenschein und konnten einfach nur entspannen.

Homeoffice, Büro oder mobil in der Bahn? Wo arbeiten Sie am häufigsten, wo am liebsten und warum?

Ich finde, dass sowohl das Büro als auch das Homeoffice Vorteile haben. Zuhause kann ich in Ruhe Dinge abarbeiten, im Büro bekommt man aber auch Dinge mit, die einem daheim entgehen würden. Deshalb finde ich beides wichtig und nutze auch beides. Wenn ich Termine habe, fahre ich lieber mit dem Auto als mit dem Zug.

Und für welches rein private Vergnügen haben Sie zu wenig Zeit?

Für den Sport. Ich versuche, ihn regelmäßig in meinen Alltag zu integrieren, aber zwischen Beruf und Familie kommt er oft zu kurz. Wenn man sich wie ich in einer Kampfsportart verbessern will, muss man sehr regelmäßig trainieren.

Wie und wo gehen Sie gerne aus?

Ich gehe gerne in Potsdam oder in Charlottenburg gut essen oder besuche kulturelle Veranstaltungen, aus dem Club-Alter bin ich mittlerweile raus.

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal einen Abend verbringen?

Ich würde Richard Branson gerne einmal treffen, weil ich finde, dass er ein interessanter Unternehmer ist. Ich finde es spannend, wie er seine Unternehmen aufgebaut hat, und denke, dass er mir spannende Anregungen für meine Arbeit geben könnte. Mit ihm würde ich auch gerne einmal für einen Tag tauschen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.

Verraten Sie uns auch noch Ihr Lieblingsgericht?

Ich mag die mediterrane Küche sehr. Da ich schwedische Wurzeln habe, mag ich auch die schwedische Küche sehr gern – da gibt es sehr viel Spannendes mehr als nur Köttbullar. Außerdem habe ich durch meine Frau die osteuropäische Küche für mich entdeckt.

Gibt es etwas im Ausland, was Sie in Deutschland vermissen?

Mit Blick auf Hongkong vermisse ich in Deutschland die Effizienz. Wenn ich die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin mit denen in Hongkong vergleiche, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Als ich von Hongkong nach Berlin kam und in die U-Bahn gestiegen bin, fiel mir auf, dass wir keinen Internetempfang in der U-Bahn und immer noch Fenster zum Aufklappen haben. Das war ein Gefühl, als sei ich 30 Jahre in die Vergangenheit gereist. In Hongkong ist jede U-Bahn klimatisiert und man hat überall in der U-Bahn einen top Empfang, man kann sich von dort aus problemlos Filme auf dem Handy anschauen.

Sie haben 100.000 Euro zur freien Verfügung und müssen das Geld komplett ausgeben – welchen Traum erfüllen Sie sich?

Ich würde das Geld lieber spenden, weil es Menschen gibt, die es dringender brauchen als ich.

Die Fragen stellte Janina Stadel.

Janina Stadel

Reuter soll C&W in Deutschland führen

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Tina Reuter ist schon jetzt Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W.

Quelle: Cushman & Wakefield

Karriere 18.04.2024
Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus ... 

Tina Reuter soll Insidern zufolge Deutschlandchefin von Cushman & Wakefield (C&W) werden. Damit würde sie Yvo Postleb nachfolgen, der im Winter sang- und klanglos das Maklerhaus verlassen hat.

Seit Anfang Dezember lässt C&W offen, wer die deutsche Tochter künftig führen wird. Im Winter hieß es auf Anfrage lediglich, Postleb werde "für einen längeren Zeitraum abwesend sein"; Tina Reuter, Head of Asset Services für Europa, solle "in seiner Abwesenheit vorübergehend die Verantwortung für Deutschland übernehmen".

Wie lange Postleb abwesend sein soll und ob er überhaupt wiederkommen wird bzw. wer ihm folgen soll – das sind Fragen, die C&W seit mehr als vier Monaten offen lässt. Ein Vakuum an der Spitze des Unternehmens mit 350 Beschäftigten. Noch wird Postleb auf der Internetseite von C&W als Managing Director Germany und Head of Germany geführt.

Jetzt aber ist aus gut unterrichteten Kreisen zu hören: Reuter wird den Chefposten übernehmen. Noch im April soll der Vertrag mit ihr unterschrieben werden. C&W bleibt dabei wortkarg. "Ich kann dies aktuell nicht kommentieren", sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Immobilien Zeitung (IZ). Auch Reuter selbst wollte gegenüber der IZ keinen Kommentar abgeben.

Reuter ist derzeit als Executive Partner verantwortlich für die Leitung und Entwicklung des Asset-Services-Geschäfts in Europa, über das rund 32 Mio. qm Gewerbefläche verwaltet wird, das 14 Länder abdeckt und mehr als 1.350 Mitarbeiter beschäftigt. Als Mitglied des EMEA Strategic Leadership Teams von C&W ist sie zudem mitverantwortlich für die strategische Ausrichtung des Gesamtunternehmens in Europa. Reuter verfügt über mehr als 20 Jahre internationale, bereichsübergreifende Führungserfahrung in der Immobilienbranche. Seit 2013 ist sie für C&W tätig.

Im Februar hatte Reuter der IZ erklärt, sie wolle die Dienste bei C&W bündeln sowie das Angebot breiter und diverser aufstellen. "Neben unserem bisherigen Office-Fokus stärken wir auch die Bereiche Residential, Healthcare und Logistik", sagte sie. "Unser Fokus liegt – als Teil unserer globalen Strategie – auf drei Prioritäten: Stärkung des Kerngeschäfts, effiziente Arbeit und Beratung sowie nachhaltiges, organisches Wachstum." C&W sehe den mittel- und langfristigen Erfolg nicht in der Konzentration auf wenige Bereiche, sondern "in gesamtheitlichen Lösungen".

Mit Alexander von Erdély bei CBRE und Matthias Leube bei Colliers hatten neben Postleb im vergangenen Winter auch zwei andere Topmanager von großen Gewerbemaklern ihre Posten abgegeben.

Peter Dietz