Nachfrage nach Spezialisten treibt auch Gehälter von Geschäftsführern

Geschäftsführer ist nicht gleich Geschäftsführer - das lässt sich auch an den Gehältern ablesen.

Geschäftsführer ist nicht gleich Geschäftsführer - das lässt sich auch an den Gehältern ablesen.

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Karriere 24.08.2017
Geschäftsführer in Immobilienunternehmen verdienen inklusive Boni im Schnitt 122.763 Euro brutto im Jahr. Besagt jedenfalls eine Auswertung des Vergleichsportals Gehalt.de. Als ... 

Geschäftsführer in Immobilienunternehmen verdienen inklusive Boni im Schnitt 122.763 Euro brutto im Jahr. Besagt jedenfalls eine Auswertung des Vergleichsportals Gehalt.de. Als Durchschnittswert mag diese Zahl vielleicht sogar hinkommen. In bestimmten Segmenten wie der Projektentwicklung, dem Fonds- und Investment-Management oder dem Asset-Management werden jedoch viel höhere Gehälter gezahlt, wissen auf die Immobilienbranche spezialisierte Personalberater.

Die Zufallsstichprobe, die der Auswertung zugrunde liegt, enthält 229 Datensätze aus der Immobilienwirtschaft. Darunter finden sich viele kleinere Unternehmen. U.a. schwimmen Geschäftsführer von Hausverwaltungen und Maklerfirmen, Genossenschaften und Wohnungsunternehmen in dem Datenpool. Zwar gehören der Datenbasis auch Geschäftsführer an, die für mehr als 500 Mitarbeiter verantwortlich sind, doch die Personal- und Budgetverantwortung im analysierten Teilnehmerfeld ist eben sehr unterschiedlich verteilt. Und das Feld ist auch regional bunt gemischt.

Richard-Emanuel Goldhahn, Geschäftsführer von Cobalt Recruitment, hält den Nutzen von Durchschnittsgehältern bei einer so inhomogenen Gruppe wie Geschäftsführern aus der Bau- und Immobilienwirtschaft für ziemlich begrenzt - dabei deckt sich das Durchschnittsgehalt von Kandidaten in der Cobalt-Datenbank, die aktuell die Position eines Geschäftsführers oder eine vergleichbare Position bekleiden, mit den von Gehalt.de ermittelten Werten: "Die aus unserer Datenbank repräsentativ ausgewählten und ausgewerteten 175 Geschäftsführer verdienen inklusive variabler Bestandteile im Schnitt 126.000 Euro", so Goldhahn.

Das große Aber folgt prompt: "Für den einzelnen Geschäftsführer bzw. Kandidaten hat diese Zahl aber null Aussagekraft. Schließlich hängt das Gehalt eines Geschäftsführers im Einzelfall von vielleicht zehn Determinanten wie dem Geschäftszweck, der Region, der Assetklasse, der Unternehmensgröße, der Berufserfahrung oder der Zahl der Mitarbeiter in seinem Verantwortungsbereich ab. Extrem ins Gewicht fallen können auch einzelne Vermietungs- oder Verkaufserfolge, z.B. bei Projektentwicklern. Was sollen Entscheider also mit so einer Durchschnittszahl anfangen können? Und wie soll sie dem einzelnen Kandidaten nützen, sich selbst oder eine bestimmte Position einzuschätzen?"

Selbst in ein- und demselben Tätigkeitsfeld kann, führt Goldhahn aus, die Schere weit auseinandergehen: "In der Hausverwaltung bzw. im Property-Management sind bei einer entsprechend hohen Zahl verwalteter Einheiten Fixgehälter von 100.000 Euro bis 140.000 Euro möglich. Geht man davon aus, dass dieselbe Summe nochmal als Bonus obendrauf kommen kann, würde ein Spitzenverdiener hier bei rund 280.000 Euro liegen - während Geschäftsführer von Hausverwaltungen am unteren Ende der Skala schon mit 80.000 Euro zufrieden sein müssen."

Der Durchschnittswert, den Goldhahn anhand der eigenen Datensätze gebildet hat, wird insbesondere von kleinen Ingenieur-, Architektur- und Planungsbüros, bei denen der Inhaber nicht selten selbst die Geschäfte führt, nach unten gezogen. Auch in der Gebäudereinigung - "Hier können sich Geschäftsführer schon mit einem Jahresgehalt von 85.000 Euro glücklich schätzen!" - und in kommunalen Unternehmen mit nicht unüblichen Jahresgehältern von 70.000 Euro bis 90.000 Euro liegen die Gagen eher am unteren Rand.

Michael Harter, geschäftsführender Gesellschafter der Personalberatung Westwind Real Estate Executive Search, beziffert die Spanne der Jahresgesamt- bzw. -zieleinkommen der von Westwind platzierten Geschäftsführer über alle Teilbranchen der Immobilien- und Bauwirtschaft hinweg auf "150.000 bis 500.000 Euro". Diese Werte inkludieren das Fixgehalt sowie alle variablen Bestandteile wie Boni, Prämien, Provisionen, Tantiemen, Ausschüttungen, Unternehmensanteile, Aktien oder Dividenden etc. Die Summe der tatsächlich gezahlten variablen Gehaltsbestandteile bewegt sich zwischen 25% und 100% des Jahresfixums, so Harter. Je größer ein Unternehmen ist, je höher die - möglichen - Margen und Erlöse ausfallen und je enger das spezifische Marktumfeld ist, desto besser sind auch die Gehaltsaussichten für die Geschäftsführer. Und: Je höher das Jahresfixum ist, "desto disproportional höher sind die variablen Vergütungsbausteine".

Noch unterhalb der genannten Gehaltsspanne notiert mancher Chef im Facility-Management (FM): Hier fangen die üblichen Einkommen bei ca. 90.000 Euro an - die Spanne reicht allerdings bis zu 350.000 Euro. Im Property-Management (PM) starten Geschäftsführer laut Harter üblicherweise im sechsstelligen Bereich, nämlich bei rund 120.000 Euro. In der Spitze endet die Skala im PM jedoch schon bei ca. 270.000 Euro. Auch in einer margenschwachen, aber personalintensiven Branche wie dem FM können eine besonders große Personal- und Umsatzverantwortung das Geschäftsführergehalt in stattliche Höhen treiben.

Selbst im Asset-Management (AM) erhalten Geschäftsführer - Ausreißer ausgenommen - am oberen Ende der Fahnenstange normalerweise auch nicht mehr als in der FM-Branche. Harter spricht von ca. 150.000 bis 350.000 Euro. Ein "Geringverdiener" im AM kriegt also weit mehr als diejenigen, die im FM oder auch im PM am unteren Ende des Gehaltsbandes rangieren. Und der Median im AM-Segment liegt auch deutlich über dem Median im FM: Eine spürbar größere Anzahl der AM-Geschäftsführergehälter notiert bei über 250.000 Euro, während im FM der Median eher bei 200.000 Euro oder darunter liege. Zudem ist festzustellen, dass ein AM-Geschäftsführer sein Gehalt stärker durch größere variable Bausteine nach oben treiben kann als seine Pendants in FM- oder PM-Gesellschaften: Während in diesen beiden Teilbranchen maximal die Hälfte des Fixums als Bonus oder dergleichen obendrauf kommt, ist für Geschäftsführer in der Vermögensverwaltung eine Variable in Höhe von bis zu 80% des Fixums drin.

Auf der nächsten Stufe der immobilienwirtschaftlichen Nahrungskette - im Fondsmanagement - ist noch weit mehr als im AM zu holen. Harter beziffert die Spanne auf 200.000 bis 500.000 Euro. Treiber sind hohe variable Elemente von bis zu 100% des Fixgehalts. "Dies ist insofern nachvollziehbar, als bereits ein gestandener Fondsmanager, auch wenn er keine nennenswerte Personalverantwortung hat, eine hohe finanzielle Verantwortung trägt und im spürbar sechsstelligen Gehaltsbereich verdient", sagt Harter.

In der Königsdisziplin Projektentwicklung zahlen die Mandanten von Westwind ebenfalls selten Geschäftsführersaläre unter 200.000 Euro, und auch hier ist - "je nach den Projektvolumina, der Unternehmensgröße und unternehmerischen Beteiligungsoptionen" - ein Jahresgesamteinkommen von bis zu 500.000 Euro und mehr realistisch. Die variablen Bestandteile fangen hier, wie im AM, PM und im Fondsgeschäft auch, bei 30% an. Im günstigsten Fall kann der Geschäftsführer eines Projektentwicklers sein Fixgehalt verdoppeln. Allerdings liegt es in der Natur des Projektgeschäfts, dass die Schwankungsbreite von Jahr zu Jahr groß ist.

Auch nach Erfahrung von Sabine Märten, Inhaberin von Sabine Märten Executive Search, verdienen Geschäftsführer von Projektentwicklungsgesellschaften königlich. Die feste Basisvergütung angestellter Geschäftsführer mittelständischer Gesellschaften beziffert sie auf 130.000 bis 300.000 Euro. Die erfolgsabhängige, variable Tantieme reiche bei Projektentwicklern je nach Projektverlauf und -erfolg von fast nichts (30.000 Euro) bis zu mehr als 200% des Basisgehalts: Ein Spitzenverdiener kann in einem guten Jahr mehr als 1 Mio. Euro einstreichen.

In Immobilienfonds- und Investmentgesellschaften werden Märten zufolge Fixgehälter von 120.000 bis 350.000 Euro gezahlt. Die Palette der Tantiemen ist noch bunter: Die Grenzen definiert Märten bei 40.000 bzw. 320.000 Euro. Unterm Strich stehen 160.000 bis rund 600.000 Euro für den Geschäftsführer einer Fondsgesellschaft oder eines Investment-Managers zu Buche. In Asset-Management-Gesellschaften, die als reine Dienstleister agieren, hält Märten ein Grundgehalt von 130.000 bis 220.000 Euro für realistisch. Der variable Anteil beginnt hier ebenfalls bei 40.000 Euro und endet bei 130.000 Euro. Macht alles in allem 170.000 bis 350.000 Euro.

"Grundsätzlich gilt, dass in größeren Gesellschaften höhere Gehälter gezahlt werden und dass in opportunistisch tätigen Gesellschaften bzw. bei opportunistischen Projektentwicklern der erfolgsabhängige Tantieme-Anteil höher ist. Bei großen, insbesondere börsennotierten Gesellschaften wird teilweise deutlich mehr bezahlt. Auch im Bereich der Investmentfonds oder im Asset-Management gibt es große Gesellschaften, die Millionengehälter bezahlen", sagt Märten.

Personalberater Olaf Kenneweg betont, dass heutzutage weniger Führungskräfte gesucht würden als vor Lehman, weil in der Krise viele Stellen in der ersten Reihe abgebaut wurden und heutzutage mehr auf flache Hierarchien und geteilte Verantwortung gesetzt werde als früher. Die nackte Zahl der Führungspositionen auf der obersten Ebene sei heute geringer als früher. Zudem stellten Unternehmen Kandidaten nicht immer direkt für die erste Führungsebene ein, sondern diese müssten sich oft in der zweiten Reihe beweisen. Führungskräfte der ersten Ebene, die eine neue Herausforderung suchten, täten sich daher schwerer, wieder auf dem gewohnten Niveau unterzukommen.

Gesucht würden vor allem Spezialisten. Die Nachfrage hat in den letzten drei bis fünf Jahren auch deren Gehälter anziehen lassen - was nicht ohne Folgen für deren Vorgesetzte bleibt: "Dadurch steigen zwangsläufig auch die Gehälter der Führungskräfte. Wenn ein ‚normaler‘ Asset-Manager mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung 80.000 Euro im Jahr verdient, wird sich der Abteilungsleiter nicht mit 90.000 Euro zufrieden geben und der Geschäftsführer nicht mit einem Gesamtpaket von 120.000 Euro", so Kenneweg. Im internationalen Umfeld könne z.B. ein technisch geprägter Head of AM mit Perspektive zum Geschäftsführer mit 150.000 Euro per annum fix einsteigen und mit einem Bonus von rund 50.000 Euro rechnen.

An der Spitze der Bestverdiener sieht auch Kenneweg Fondsmanagement und Investment. Die Gesamtpakete taxiert er hier auf rund 250.000 Euro aufwärts. Im Schnitt sind sie ca. 350.000 bis 400.000 Euro schwer, und am äußersten Ende der Skala, in Private-Equity-getriebenen Firmen etwa, sind bis zu 600.000 Euro im Jahr drin. Schließlich komme selbst ein Teamleiter in Private-Equity-Strukturen schon auf bis zu 150.000 Euro. In einer anderen Gehaltsliga spielen indes die Vorstände kommunaler Wohnungsbaugesellschaften: Ihre Pakete enthalten 130.000 bis 160.000 Euro. Vor allem die variablen Anteile fallen hier schmaler aus. In der Branche insgesamt hat der Anteil variabler Vergütungsanteile laut Kenneweg indes "stark zugenommen". Vorausgesetzt, die Leistung stimmt, macht diese "inzwischen ein Drittel bis 50%" am Gesamtpaket aus.

Harald Thomeczek

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Gute Zeiten für Recruiter im Mittelstand

Fachleute zieht es zunehmend in Richtung Mittelstand.

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Karriere 29.09.2022
Weil sie wechselwilligen Kandidaten ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, haben mittelständische Unternehmen seit einigen Monaten leichtes Spiel bei der Mitarbeitersuche. Zum einen steigt ... 

Weil sie wechselwilligen Kandidaten ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, haben mittelständische Unternehmen seit einigen Monaten leichtes Spiel bei der Mitarbeitersuche. Zum einen steigt die Zahl der Bewerbungen, zum anderen verändern sich die Profile der Bewerber.

Lieferengpässe und veränderte Zinssätze zwingen viele Unternehmen – allen voran Projektentwickler – in die Knie. Wenn Projekte zurückgestellt werden oder sich Strategien im Bereich Transaktionen umkehren, wirkt sich das auf den Personalbedarf aus. "Für Projektentwickler, die gut aufgestellt sind, bieten sich nun jedoch gute Chancen, sowohl im Projektankauf als auch bei der Personalgewinnung", stellt Sascha Köneke, Senior Berater bei Westwind Real Estate Executive Search, seit einigen Wochen beim Recruiting und beim Headhunting fest. Zwar nehme die Wechselbereitschaft aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage im Moment tendenziell ab, weil nur wenige Kandidaten bereit sind, ein berufliches und somit ein finanzielles Risiko einzugehen. Doch "gute Unternehmen sind immer attraktiv", fasst Köneke zusammen und erklärt: "Festzuhalten bleibt, dass der Faktor Stabilität an Bedeutung gewinnt." Der Personalberater bezieht sich damit auf Unternehmen, die für Bewerber jetzt deshalb interessant werden, weil sie in den vergangenen Jahren wenig risikoreich investiert haben und daher eine durchgehende Finanzierungslage aufweisen können. "Start-ups, die vor der Pandemie zu beliebten Kandidatenzielen zählten, sowie risikoaffinere Akteure haben in dieser Hinsicht gegenüber etablierten Unternehmen an Attraktivität verloren", zieht Köneke ein Fazit. Und er ergänzt: "Dadurch ergeben sich auch für solide Mittelständler außerhalb von Metropolregionen bei der Fachkräftesuche Chancen qualifiziertes Personal zu gewinnen."

Wer weniger ankauft, der braucht mehr Asset- und Property-Manager

Diesen Trend bestätigt John Bothe. Er ist Geschäftsführer der mittelständischen Silberlake Real Estate Group, die gerade auf großer Rekrutierungsmission ist – erfolgreich. "In den letzten sechs Monaten ist die Zahl vielversprechender Bewerber bei uns gestiegen", berichtet er. Je nach ausgeschriebener Position kämen inzwischen etwa drei- bis viermal so viele Interessenten auf das Unternehmen zu als noch vor einem halben Jahr. "Wir sehen diese Situation als gute Möglichkeit, uns auf Mitarbeiterseite weiterzuentwickeln", sagt der Geschäftsführer. Denn das familiengeführte Unternehmen sei aufgrund neuer Mandate auf Wachstumskurs in allen Geschäftsbereichen, die die Projektentwicklung, Bestandswohnungen sowie Property- und Asset-Management umfassen.

Dabei habe sich nicht nur die Zahl der Bewerbungen bei Silberlake erhöht. "Wir merken, dass im Moment das Interesse von Kandidaten steigt, die sich bis vor einiger Zeit gar nicht bei einem Unternehmen unserer Größe beworben hätten", sagt Bothe, der die Unternehmensgruppe mit rund 80 Mitarbeitern leitet. Unter den Interessenten sieht er einige Kandidaten, die von großen Konzernen abwandern, und beschreibt die Großen als Unternehmen, die "in den vergangenen Jahren risikohaft in Immobilien investiert haben". Silberlake hingegen habe seit der Gründung 2015 auf "sehr konventionelle Finanzierungen" gesetzt. "Das kommt uns nun als Sicherheit zu Gute."

Gerade bei jungen Immobilienleuten sieht er noch einen weiteren Aspekt, der einen Arbeitgeber mit unter 150 Mitarbeitern derzeit attraktiv mache. "Im Mittelstand gab es im Vergleich zu Konzernen schon immer flachere Hierarchien und kürzere Kommunikationswege – und zwar bis hin zum Chef. So bleiben Talente nicht unbemerkt und die Chance auf einen schnellen Aufstieg im Unternehmen steigt", sagt Bothe. "Wer jung und motiviert ist, sieht darin die Chance, sich selbst gut weiterentwickeln zu können", fasst er zusammen. Das gelte insbesondere im Bereich der ESG-Themen (ESG steht für Environmental Social Governance). Silberlake baut seine Angebote hier derzeit aus. Der Geschäftsführer weiß deshalb, dass Experten auf diesem Gebiet schwer zu bekommen sind. "Nicht zuletzt ist die ganze Herausforderung rund um diesen Themenkomplex noch neu in der Branche. Das macht es umso schwerer, erfahrene Kandidaten zu finden." Weil sich aber immer mehr motivierte Menschen bei Silberlake bewerben, will das Unternehmen in sie investieren und durch entsprechende Fortbildungen eigene Fachleute heranziehen.

Die Mittelständler locken Kandidaten mit sicheren Arbeitsplätzen

Führungskräfte sucht das Unternehmen aktiv mit der Hilfe von Headhunter. Auch in den Netzwerken des bestehenden Teams und der Führungskräfte sei Silberlake in der letzten Zeit vermehrt fündig geworden. Um Kandidaten abzuwerben, setzt das Unternehmen darauf, gezielt die Unternehmensphilosophie zu kommunizieren. Dafür zeigen sich laut Bothe immer mehr Kontakte offen und lassen sich auf einen Wechsel in den Mittelstand ein, obgleich der so eigentlich gar nicht geplant war.

Noch vor kurzem haben für viele Positionen auf niedrigeren Ebenen, beispielsweise für Tätigkeiten als Hausmeister, Techniker oder auch in der Buchhaltung, vor allem Quereinsteiger eine Bewerbung bei Silberlake eingereicht haben, so Bothe. Inzwischen beobachte er, dass sich die Quote an Bewerbern mit immobilienspezifischer Ausbildung erhöht. Besonders wechselwillig seien Kandidaten für Positionen im kaufmännischen Bereich. Bothe vermutet, "wer bedingt durch seine Aufgaben Einblicke in die Zahlen und die Auftrags- und Finanzlage seines Arbeitgebers hat, dem fallen kleinste Veränderungen auf. Wer jetzt clever ist, weiß diese Veränderungen einzuschätzen und schaut sich mit Weitsicht nach etwas anderem um, bevor eine Kündigungswelle durch Stellenabbau im eigenen Unternehmen eintritt."

David Peter, CEO und Gründer der Connex-Gruppe, rechnet in den kommenden ein bis zwei Jahren damit, dass sich vor allem Strategieänderungen von großen Wohnungskonzernen auf deren Mitarbeiterstrukturen auswirken. Dadurch betreffe eine Umorientierung vor allem Spezialisten aus bestimmten Fachgebieten. "Dadurch, dass sich die Strategien großer Unternehmen von Ankauf zu Verkauf ändern, werden sich einige Ankaufspezialisten entweder innerhalb der Unternehmen umorientieren müssen oder sich etwas Neues suchen, wenn Stellen abgebaut werden", sagt Peter. Gleichzeitig rechnet er damit, dass Mitarbeiter im Asset- und Property-Management, die schon jetzt schwerer zu finden seien als andere Berufsbilder, zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, weil Unternehmen einen stärkeren Fokus auf die Bestandspflege legen werden statt einzukaufen. "Hier wird der Bedarf eher noch weiter steigen", prophezeit der Connex-Chef.

Bei Connex seien im Moment rund 30 Festangestellte tätig. Viel größer soll das Team nach Peters Wünschen nicht werden, "um Reibungsverluste bei Übergaben zwischen einzelnen Abteilungen zu vermeiden." Auf Halde Fachkräfte einstellen will er deshalb nicht, auch weil er damit rechnet, dass die Auswahl für die Arbeitgeber bald noch weiter steigen könnte. Zudem kann er sich vorstellen, dass der Mittelstand für diejenigen attraktiver wird, die sich weiterentwickeln wollen, oder für Berufseinsteiger. In seiner eigenen Firma besetze er Positionen oft danach, wer für eine Aufgabe passt, statt nach vorgegebenen Karrierestufen, wodurch viele Stellen immer wieder intern besetzt würden.

Zudem hat Peter eine weitere Gruppe von Fachkräften ins Auge gefasst, um eine große Auswahl an Kandidaten für sein Unternehmen zu haben: Handwerker und Ingenieure, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen und hier langfristig eine Arbeit suchen. Als Mittelständler sieht er gute Chancen, diese Handwerker als Subunternehmer für sich zu gewinnen, "weil die Bearbeitung von Auftragsrechnungen im Mittelstand schneller geht als bei großen Konzernen", begründet er. Diese Pläne stecken jedoch noch in den Kinderschuhen, da aufwendige Behördengänge die Strategie derzeit noch ausbremsen. Erste Kontakte habe eine Mitarbeiterin aber schon hergestellt. "Sie ist Ukrainerin und somit gab es keine Sprachbarrieren. Sie hat einigen Ukrainern bei der Einreise geholfen. Dass sie die Kontakte hergestellt hat, obwohl es nicht ihre Aufgabe gewesen wäre, ist ein Zeichen dafür, dass es bei einem Team nicht nur auf die Größe, sondern vor allem auf die Motivation ankommt."

Janina Stadel

Die Freude am Jobwechsel wächst wieder

Die Suche nach den besten Fachkräften geht in der Immobilienbranche auch nach der Pandemie noch weiter.

Die Suche nach den besten Fachkräften geht in der Immobilienbranche auch nach der Pandemie noch weiter.

Karriere 07.10.2021
Bewerber aus vielen Bereichen der Branche haben während der Corona-Pandemie neue Strategien bei der Wahl ihrer Arbeitgeber entwickelt. Dadurch geht der Kampf um erfahrenes Fachpersonal in ... 

Bewerber aus vielen Bereichen der Branche haben während der Corona-Pandemie neue Strategien bei der Wahl ihrer Arbeitgeber entwickelt. Dadurch geht der Kampf um erfahrenes Fachpersonal in die nächste Runde.

Ob per Videoschalte, bei Spaziergängen im Freien oder mit Maske und Luftfilter im Raum, Bewerbungsgespräche sind in der Immobilienbranche auch während der Corona-Pandemie nicht weniger geworden. Doch obwohl Personaler im Kampf um die besten Fachkräfte wie eh und je im Dauereinsatz waren, ging die Erfolgsquote über Monate hinweg nach unten. Viele Unternehmen berichten, dass sich auf manche Stellenausschreibungen weniger Bewerber gemeldet haben als üblich, so zum Beispiel bei Hansainvest Real Estate, wie Geschäftsführerin Martina Averbeck mit Zahlen verdeutlicht: "Aktuell haben wir sechs unterschiedliche Positionen ausgeschrieben, davon sind tatsächlich noch zwei Stellen seit 2020 unbesetzt." Technisch geprägte Aufgabenprofile wie in der Projektentwicklung und im technischen Asset-Management seien bei Hansainvest schon länger am härtesten zu besetzen. Inzwischen suche das Unternehmen zusätzlich gezielt im Investment- und im Transaktionsmanagement, berichtet die Geschäftsführerin.

"In den technischen Funktionen gibt es die meisten Schwierigkeiten, aber das war auch vor der Pandemie schon so", bestätigt Andreas Steimel, der bei Allianz Real Estate als COO im Vorstand für das Ressort Personal verantwortlich ist. Im Unternehmen sei die Zahl der Neueinstellungen während der Pandemie auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr geblieben, vor allem in den Abteilungen Akquisition, Asset-Management, technisches Management und Accounting. Zwischen fünf und zehn offene Stellen seien bei dem Investor seit einigen Jahren aber permanent zu besetzen.

Die unveränderte Nachfrage seitens der Unternehmen kennt auch Personalberater Frank Groß: "Bei den Arbeitgebern waren es selbst während der Pandemie nur kurze Phasen von ein bis zwei Monaten, in denen die Personalsuche nach hinten gerückt ist, weil andere Themen, wie etwa die Organisation von Homeoffice, kurzzeitig eine höhere Priorität hatten", erinnert er sich an die Anfänge der Pandemie. "Der große Knick ist aber nie gekommen. Im Gegenteil, die Nachfrage hat sich in einigen Bereichen sogar gesteigert."

Als Beispiel nennt er das Berufsbild des Property-Managers. "Eine Immobilie hat nun mal Bestand. Und was vor der Pandemie gekauft wurde, muss gepflegt und betreut werden", erklärt Groß. Dabei seien Property-Manager während der Lockdowns sogar ganz besonders gefragt gewesen. "Spätestens als es um Themen wie Mietkürzungen ging, waren sie als Ansprechpartner gefragt." Auch bei Transaktionsmanagern habe die Personalsuche nur kurze Zeit nachgelassen, als Reisen nicht möglich waren. Da Objektbesichtigungen vor Ort aber seit einigen Monaten wieder zugenommen haben, gehe das Buhlen um gute Leute auch hier weiter.

Gefragt sind Bewerber, die Erfahrung mitbringen

Sascha Köneke, Senior Consultant beim Personalberater Westwind, beschreibt gerade bei dieser Berufsgruppe eine Schwierigkeit. "Dafür braucht man Erfahrung. Gefragt sind Kandidaten, die schon etwa drei bis fünf Jahre im Beruf sind", sagt er. Ortskenntnisse und ein gutes Netzwerk seien nun mal die Basis für Transaktionen.

"Zwar kommen jährlich Absolventen von den Hochschulen nach, doch die müssen sich auf dem Markt erst einarbeiten", spricht er von einem langfristigen Problem, das schon vor Ausbruch der Pandemie bestand. Doch gerade während der Lockdowns seien Experten mit Berufserfahrung besonders zaghaft gewesen, wenn es um eine berufliche Veränderung ging. "Normalerweise ist es in der Immobilienbranche nicht unüblich, nach drei bis fünf Jahren den Job zu wechseln, um sich weiterzuentwickeln. Doch diese Wechselbereitschaft fehlte vielen Kandidaten während der Pandemie über Monate hinweg", kennt auch Groß das Problem. Er habe vor allem während der ersten zwölf Monate eine ungewohnte Zurückhaltung gespürt. "In vielen Gesprächen habe ich von Bewerbern zu hören bekommen, dass sie erst einmal abwarten wollen, was die Zukunft bringt. Vielen war ein Wechsel mitten in der Pandemie zu unsicher." Am häufigsten habe er diese Aussagen von Familienvätern und -müttern gehört. Aber auch bei Young Professionals sei die Zurückhaltung im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten gestiegen. So habe es in der gesamten Branche weniger Fluktuation in Positionen gegeben, für die Berufserfahrung Voraussetzung ist.

Bei JLL werden derzeit laut Head of Human Resources Patricia Offermanns vor allem Bewerber für die Bereiche Leasing und Bewertung gesucht. "Diese waren mit ihren Kompetenzen bereits vor der Pandemie besonders begehrt", erklärt sie. BNP Paribas Real Estate gibt an, im kaufmännischen und technischen Property-Management verstärkt nach Personal mit Erfahrung mit Gewerbeimmobilien zu suchen.

Das Baugewerbe hingegen kämpft mit Nachwuchsproblemen, sagt Thomas Reimann, Vorstandsvorsitzender von Alea Hoch- und Industriebau mit Sitz in Frankfurt. "Unverändert leidet die Branche unter dem Fachkräftemangel, insbesondere im gewerblichen Bereich. Dabei handelt es sich um Maurer, Betonbauer und Stahlbetonbauer im Hochbau und Rohrleitungsbauer und Tiefbauer im Tiefbau." In diesem Jahr seien durch einen späten Schulstart und auch durch Verzögerungen und Ungewissheiten während der Corona-Pandemie noch viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Dieser Mangel ziehe auf lange Sicht mit sich, dass die Personaldecke in höheren Qualifikationen eng wird, etwa bei Vorarbeitern und Polieren. "Die Situation um Bauleiter ist angespannt, der Markt spürt aber verstärkt die fertig werdenden Hochschulabsolventen." Das lässt Reimann etwas optimistischer in die Zukunft blicken. "Es sollte in den kommenden fünf Jahren eine leichte Entspannung im Bereich der Ingenieure zu spüren sein", prognostiziert er.

Personalberater Groß kann den Unternehmen auch in anderen Bereichen Hoffnung machen. Er spricht von einer "neuen Dynamik", die seit etwa sechs Monaten wieder zu mehr Einstellungen geführt hat. Die Bewerber seien wieder wechselfreudiger. Einige suchten sogar gezielt nach einer neuen Herausforderung oder holten einen Jobwechsel nach, den sie sich während der Pandemie nicht getraut haben. "Das ist auch gut so, denn durch das lange Zögern hat sich die Nachfrage nach Fachpersonal nur noch weiter erhöht", sagt Groß.

Das mache sich auch bei JLL bemerkbar. "Nach einer kurzen Phase erhöhten Sicherheitsbedürfnisses sind gute Fachkräfte so offen für neue Herausforderungen wie nie", berichtet Offermanns aus ihrer Erfahrung. "Die Pandemie hat Routinen und Gewohnheiten infrage gestellt oder sogar unterbrochen", lautet ihre Erklärung für den Trend. Sie beobachte, dass viele Kandidaten derzeit bereit sind, sich auf neue Aufgaben und Projekte einzulassen, und sagt sogar: "Hier sehen wir eine deutlich höhere Bereitschaft und Offenheit als noch vor der Pandemie."

"Wie sind Sie durch die Pandemie gekommen?"

Doch viele Bewerber wissen um ihre Begehrtheit auf dem Markt und nehmen potenzielle Arbeitgeber genau unter die Lupe. "Kandidaten fragen in Bewerbungsgesprächen sehr oft, wie ein Unternehmen durch die Pandemie gekommen ist", erzählt Groß. Dabei gehe es ihnen nicht nur darum, abzuklopfen, ob ein Arbeitgeber einen langfristigen Arbeitsplatz anzubieten hat. Vielmehr versuchen die Bewerber laut Groß durch diese Frage ein genaues Bild vom aktuellen Stand des Unternehmens zu bekommen. "Wenn die Antwort lautet, dass ein Kurier die Akten zu den Mitarbeitern nach Hause gebracht hat, ist das für viele Bewerber ein Zeichen dafür, dass die Digitalisierung in einem Unternehmen noch nicht sehr weit ist. Als Arbeitnehmer ist das unattraktiv. Damit wird die Frage, wie ein Unternehmen durch die Pandemie gekommen ist, schnell zum Qualitätstest für den Arbeitgeber."

Auch das Thema Homeoffice beherrscht seit Monaten viele Bewerbungsgespräche. Bei Allianz Real Estate habe man sich auf diesen Wunsch schon eingestellt. Den meisten Bewerbern könne man eine Mischung aus Tagen mit Arbeiten von zu Hause aus und dem persönlichen Austausch mit dem Team im Büro anbieten. Das sei zwar auch vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 schon möglich gewesen, die gezielte Frage danach habe aber in den vergangenen 18 Monaten deutlich zugenommen, sagt Steimel.

Für die Facharbeiter aus dem Baugewerbe bei Alea kommt Homeoffice nicht infrage. Doch auch in der Baubranche stellt Reimann fest, dass Bewerber seit der Pandemie genau auf die Rahmenbedingungen bei einem Job achten. "Wichtiger denn je ist dem Arbeitnehmer inzwischen eine geregelte Arbeitszeit", diese sollte nach Wünschen der Kandidaten nicht über 40 Stunden pro Woche liegen. Eine Erklärung dafür hat Reimann auch: "Ein Großteil unserer Arbeitnehmer sind Familienväter und Familie gewinnt wieder mehr an Bedeutung."

Groß rät: "Wenn ein Kandidat auf Homeoffice besteht, sollte er das von Anfang an klarmachen. Umgekehrt sollte ein Arbeitgeber es sagen, wenn er ein Problem damit hat, Homeoffice anzubieten, oder wenn der Geschäftszweck es nicht hergibt." Das Gleiche gelte für Regelungen in Bezug auf flexible Arbeitszeiten. Durch ein Entgegenkommen könnten Arbeitgeber hier inzwischen mehr Bewerber von sich überzeugen als mit hohen Gehaltsschecks.




Janina Stadel