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Kein Urlaub für Kinderlose in den Ferien?

Der Angestellte ist nicht verpflichtet, doppelt zu arbeiten und damit quasi seinen Urlaub komplett vorzuarbeiten.

Der Angestellte ist nicht verpflichtet, doppelt zu arbeiten und damit quasi seinen Urlaub komplett vorzuarbeiten.

Bild: Osborne Clarke

Karriere 10.07.2014
Sommerzeit ist Urlaubszeit. Damit in Unternehmen die Telefone nicht stillstehen, können nicht alle gleichzeitig in der Sonne liegen. Doch müssen Singles ohne Kinder deswegen immer im November ... 

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Damit in Unternehmen die Telefone nicht stillstehen, können nicht alle gleichzeitig in der Sonne liegen. Doch müssen Singles ohne Kinder deswegen immer im November Urlaub nehmen, während Familien mit Kindern bevorrechtigt die Sommermonate zugestanden werden? Sonja Riedemann, Arbeitsrechtlerin bei Osborne Clarke, erklärt im Interview, was beim Urlaub rechtens ist.

Immobilien Zeitung: Frau Riedemann, Familien mit schulpflichtigen Kindern oder Paare, bei denen ein Partner als Lehrer tätig ist, sind an die Sommerferien gebunden. Müssen Singles oder Paare ohne Kinder deswegen immer auf den November als Urlaubsmonat ausweichen, um den Betriebsfrieden nicht zu stören?

Sonja Riedemann: Ja und nein. Bei der Genehmigung des Urlaubs ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wenn dem keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Mitarbeiter, die bei ihrer Urlaubsplanung auf die Sommerferien angewiesen sind, sollten also besonders berücksichtigt werden. Allerdings schauen andere Hauptsaison-Interessierte nicht in jedem Jahr in die Röhre, vielmehr müssen hier nach dem Rotationsprinzip Lösungen gefunden werden. Der Single oder das Paar ohne Kinder dürfen während der Sommerferien ebenfalls mal Urlaub nehmen. Auch um die Weihnachtsfeiertage herum dürfen die Kinderlosen nicht immer nur die Sonderschichten machen.

IZ: Manche Unternehmen verlangen von ihren Mitarbeitern, ihren gesamten Jahresurlaub schon bis Februar durchzuplanen. Kann ein Chef so etwas überhaupt vorschreiben?

Riedemann: Solch eine innerbetriebliche Frist hat keinen gesetzlich bindenden Charakter. Es ist aber ein sinnvolles Procedere, um mögliche Überschneidungen von Urlaubswünschen in der Hauptferienzeit rechtzeitig sichtbar zu machen, um dann unter Umständen noch einzugreifen.

IZ: Das heißt, wer zuerst kommt, mahlt zuerst, gilt nicht bei der Urlaubsgenehmigung?

Riedemann: Zumindest sollte es das nicht, um unnötige Streitereien und Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Denn sonst könnte sich der Liebling vom Chef schon am zweiten Januar eines Jahres alle Brückentage sichern. Arbeitgeber sollten auch das Team im Auge behalten, wenn sie Urlaubsanträge genehmigen. Denn ist ein Urlaub erst einmal genehmigt, dann kann er dies grundsätzlich nicht wieder rückgängig machen. Klärende Gespräche sollten im Team also vor der Unterschrift geführt werden.

IZ: In vielen Immobilienunternehmen gibt es in den Wochen vor der Expo Real im Oktober, der Mipim im Frühjahr und dem Jahresabschluss eine Urlaubssperre. In welchem Umfang darf ein Arbeitgeber solche Zeiten bestimmen?

Riedemann: Eine Obergrenze hat der Gesetzgeber dafür nicht formuliert. Es müssen jedoch noch genug Wochen übrig bleiben, dass die Mitarbeiter ihren Jahresurlaub nehmen können. Übrigens: Wo ein Betriebsrat besteht, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht zu allgemeinen Urlaubsgrundsätzen, Betriebsferien oder Urlaubssperren.

IZ: Vor und nach dem Urlaub stapelt sich meist die Arbeit besonders hoch. Welche Regeln gibt es eigentlich zum Vor- und Nachbearbeiten rund um die freien Tage?

Riedemann: Der Angestellte ist nicht verpflichtet, doppelt zu arbeiten und damit quasi seinen Urlaub komplett vorzuarbeiten. Von jedem verantwortlichen Mitarbeiter wird jedoch erwartet, dass er eine Übergabe macht, damit z.B. Fristen während seiner Abwesenheit nicht verstreichen. Für solche Fälle sollte der Vorgesetzte eine Vertretung organisieren. Auch wer aus dem Urlaub zurückkommt, muss nicht 16-Stunden-Schichten schieben, um innerhalb von zwei Tagen wieder alles auf null abzuarbeiten. Vielmehr ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die Konsequenzen der Fehlzeiten entweder hinzunehmen oder dafür zu sorgen, dass, wie im Krankheitsfalle auch, eine Vertretung zumindest für bestimmte Aufgaben für die Zeit organisiert ist.

IZ: Darf ein Unternehmen einen Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückrufen?

Riedemann: Das geht nur bei einem außerordentlichen, wichtigen Grund. Dafür reicht es nicht, dass viel Arbeit anliegt, beispielsweise ein Maklerhaus unvorhergesehen ein großes Alleinvermietungsmandat bekommen hat. Für Arbeitsspitzen oder Urlaubszeiten müsste das Unternehmen selbst vorsorgen und etwa einen Personalpool vorhalten. Einen Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückzurufen, ist eine drastische Maßnahme und nur erlaubt, wenn sich das Unternehmen in einer absoluten Notlage befindet. Ein Beispiel wäre ein Brand und für die Inbetriebnahme der neuen Räumlichkeiten werden die eigenen Leute gebraucht. Dann darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter verpflichten zurückzukommen. Wer Mitarbeiter bittet, freiwillig den genehmigten Urlaub abzusagen, sollte dann aber die Stornokosten für den abgebrochenen Urlaub, einen Reisegutschein oder andere Kompensationen anbieten. Wenn ein Mitarbeiter sich dennoch weigert zurückzukommen - was sein gutes Recht ist -, dann darf der Arbeitgeber keine negativen Konsequenzen ziehen.

IZ: Frau Riedemann, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Sonja Smalian

Damit Interimmanager keine Angestellten werden

Interimmanager werden oft geholt, um einen kurzfristigen Personalengpass zu überbrücken, auch in der Immobilienbranche. Unternehmer müssen aufpassen, dass die Berater auf Zeit, die längst nicht mehr nur auf der obersten Führungsebene eingesetzt werden, ni

Interimmanager werden oft geholt, um einen kurzfristigen Personalengpass zu überbrücken, auch in der Immobilienbranche. Unternehmer müssen aufpassen, dass die Berater auf Zeit, die längst nicht mehr nur auf der obersten Führungsebene eingesetzt werden, ni

Bild: Fotolia.de/Visionär

Karriere 21.11.2013
Der Markt für Interimmanagement wächst: Auf 640 Mio. Euro summierten sich die Honorare für Interimmanager im Jahr 2010 und dürften bis zum Ende dieses Jahres etwa 1,2 Mrd. Euro erreichen. So ... 

Der Markt für Interimmanagement wächst: Auf 640 Mio. Euro summierten sich die Honorare für Interimmanager im Jahr 2010 und dürften bis zum Ende dieses Jahres etwa 1,2 Mrd. Euro erreichen. So lautet die Prognose der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management. Auch die Zahl der Interimmanager werde sich in diesem Jahr um rund 700 auf etwa 6.200 erhöhen, schätzt der Verband. Doch mit dem Instrument Interimmanagement kann nicht jeder kurzfristige Beschäftigungsengpass ausgeglichen werden. Welche arbeitsrechtlichen Vorgaben beachtet werden müssen, um Nachzahlungen zu verhindern, erläutert Sonja Riedemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke.

Immobilien Zeitung: Frau Riedemann, Interimmanager gelten gemeinhin als Feuerwehrkräfte in Nadelstreifen, die als Sanierer oder Changemanager für eine kurze Zeit ins Unternehmen geholt werden und dann zum nächsten Auftrag weiterziehen. Für ihre Dienste stellen sie eine Rechnung. Was können da für arbeitsrechtliche Probleme auftauchen?

Sonja Riedemann: Interimmanager finden sich inzwischen nicht mehr nur auf der ersten Führungsebene, sondern auch im mittleren Management. Und damit ist diese Tätigkeitsform auf einer Hierarchieebene angekommen, auf der eher weisungsabhängig gearbeitet wird und die in den Betrieb eingegliedert ist. Und wegen dieser beiden Punkte ist häufig doch Arbeitsrecht anwendbar und müssten sie als Arbeitnehmer beschäftigt sein.

IZ: Das heißt, die Person läuft Gefahr, scheinselbstständig zu sein?

Riedemann: Genau. Denn Scheinselbstständigkeit definiert sich anders, als gemeinhin angenommen, nicht über die Zahl der Auftraggeber. Entscheidendes Kriterium ist, ob die erwerbstätige Person wirklich als selbstständiger Unternehmer agiert oder tatsächlich eher wie ein Angestellter "abhängig beschäftigt" ist bei einem Unternehmen.

Ein freier Dienstvertrag muss geschlossen und gelebt werden

IZ: Wie äußert sich das in der Praxis?

Riedemann: Ein kritischer Fall ist zum Beispiel, wenn der Interimmanager in der Position eines Leiters Finanzen zeichnungsberechtigt ist. Damit wäre er Teil der Organisation und es handelt sich arbeitsrechtlich nicht mehr um einen freien Dienstvertrag. Für das Einsatzunternehmen bedeutet das, dass es sozialabgabenpflichtig ist. Der Interimmanager darf also grundsätzlich nicht in das Unternehmen eingegliedert sein. Dabei ist es nicht wichtig, was im Vertrag steht, sondern was gelebt wird.

IZ: Was sollte das Einsatzunternehmen im Alltag also beachten?

Riedemann: Dem Interimmanager dürfen vor allem keine Vorgaben zu Arbeitszeit und Arbeitsort gemacht werden. Hinzu kommen viele vermeintlich kleine Dinge. Der Interimmanager sollte keine Visitenkarte und keinen E-Mail-Account des Unternehmens bekommen. Auch sollte seine feste Durchwahl nicht auf der hausinternen Telefonliste auftauchen oder nur mit dem Hinweis "wenn im Hause tätig". Stattdessen sollte dort seine Mobilfunknummer bzw. die Nummer seines eigenen Beratungsbüros aufgeführt sein. Einen Urlaubsantrag müssen diese weiterhin selbstständig tätigen Berater ebenfalls nicht einreichen.

IZ: Das sind in der Tat viele Kleinigkeiten, die wahrscheinlich allein aus praktischen Gründen gern anders gehandhabt werden.

Riedemann: Um nicht in diese Falle zu tappen, hilft eine gedankliche Eselsbrücke. Das Unternehmen sollte sich die Frage stellen: Würde ich dieses oder jenes auch dem externen IT-Dienstleister anbieten, der ebenso auf Rechnung für das Unternehmen tätig ist? Letztendlich muss aber immer der Einzelfall betrachtet werden.

Interimmanagement nicht mit Zeitarbeit verwechseln

IZ: Wenn bei einer Betriebsprüfung festgestellt wird, dass der Interimmanager wie ein Angestellter tätig war, welche Folgen hat das für das Unternehmen?

Riedemann: Dann drohen neben der Nachzahlung der Sozialabgaben, und zwar sowohl Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, noch Verspätungszuschläge sowie Bußgelder. Es gibt jedoch noch eine andere Variante des Interimmanagements, bei der ebenfalls Risiken bestehen.

IZ: Und welche?

Riedemann: Häufig werden Interimmanager über Agenturen an die Unternehmen vermittelt. Haben diese Manager einen Vertrag mit der Agentur und werden für diese bei dem Einsatzunternehmen tätig, dann sind sie rechtlich gesehen Subunternehmer. Wenn dieser Subunternehmer entgegen der ursprünglichen Planung dann doch wie ein Arbeitnehmer eingegliedert wird, geht es um Arbeitnehmerüberlassung, also die klassische Zeitarbeit. Das dürfen aber nur Agenturen mit einer bestimmten Lizenz anbieten. Verfügt die Interimmanagement-Agentur nicht über diese Lizenz, hat das Kundenunternehmen wieder alle finanziellen und rechtlichen Risiken selbst zu tragen, z.B. die Sozialabgaben. Interimmanagement kann für das Unternehmen eine gute Alternative sein, um kurzfristig einen Personalengpass zu überbrücken. Doch das geht nur für Aufgaben, die tatsächlich von einem Selbstständigen ausgeübt werden können.

IZ: Frau Riedemann, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

IZ

Variable Vergütung gibt Anreize für Fehlverhalten

Variable Vergütungsmodelle können zur Umsetzung von Compliance-Richtlinien
eingesetzt werden. Doch in der Praxis scheuen offenbar noch viele
Unternehmen den hohen Aufwand, ihr Bonussystem an die Unternehmensziele
anzupassen.

Variable Vergütungsmodelle können zur Umsetzung von Compliance-Richtlinien eingesetzt werden. Doch in der Praxis scheuen offenbar noch viele Unternehmen den hohen Aufwand, ihr Bonussystem an die Unternehmensziele anzupassen.

Bild: BilderBox.com

Karriere 04.10.2012
Vergütung und Compliance sind zwei Aspekte, die Hand in Hand gehen sollten, zumindest bei Unternehmen, die ihre ethischen Richtlinien nicht nur für die Ablage formuliert haben. Doch selbst bei ... 

Vergütung und Compliance sind zwei Aspekte, die Hand in Hand gehen sollten, zumindest bei Unternehmen, die ihre ethischen Richtlinien nicht nur für die Ablage formuliert haben. Doch selbst bei engagierten Unternehmen hebeln die mit der variablen Vergütung gesetzten Anreize oftmals jegliche Compliance-Bemühungen aus. Sonja Riedemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Osborne Clarke, appelliert in ihrem Gastbeitrag für eine zeitgemäße Gestaltung der variablen Vergütung, die konsequent auf die Unternehmensziele abgestimmt ist. Wenn Compliance-Verpflichtungen dazu zählen, müssen sie auch berücksichtigt werden, und zwar durch Boni oder Sanktionen.

Ob die Immobilienbranche einen Wertekanon benötigt hat oder ob ein solcher tatsächlich etwas ändert: Inzwischen kommt kaum ein Player im Real-Estate-Umfeld ohne das Thema Compliance aus. Insbesondere in der Immobilienbranche kann individuelles Fehlverhalten von Mitarbeitern große Auswirkungen haben, steht doch hier eine kleine Anzahl Beteiligter einem hohen Volumen pro Geschäftsvorfall gegenüber.

Galt 2002 der dem Enron-Skandal folgende Sarbanes-Oxley-Act noch als Beginn des allgemeinen Corporate-Governance-Hype, wuchs später nach weiteren Korruptionsskandalen das Bewusstsein, dass das langfristige Interesse der Anleger und Eigentümer über den eher kurzfristigen Interessen der angestellten Managementetage steht. Mit der als "Immobilienkrise" gebrandmarkten Finanzkrise 2009 erreichte dieser Trend seinen Zenit und inzwischen gehört die öffentliche und öffentlichkeitswirksame schriftliche Bestätigung, sich tatsächlich an Regeln und Gesetze halten zu wollen, zum Standard.

Je nach Größe des Unternehmens besteht die dahinterstehende Compliance-Organisation aus dem Compliance-Officer nebst Mitarbeitern - oder einem Aktenordner mit zusätzlich einzuhaltenden internen Regularien, einem so genannten Internen Kontrollsystem (IKS). Auch die Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) verlangt "geeignete" Regeln etwa zur Verhinderung oder jedenfalls Offenlegung von Interessenkonflikten. In den Empfehlungen "Wertemanagement" geht es um verbindliche Verhaltensstandards, über die alle Mitarbeiter informiert werden sollen, die arbeitsvertraglich abgesichert sowie durch innerbetriebliche Kommunikation im Bewusstsein gehalten werden sollen.

Doch die schönsten Compliance-Formulierungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, wenn sie in der unternehmerischen Praxis nicht mit Anreizen und bei groben Verstößen mit Sanktionen belegt werden. Ein Paradebeispiel für Fehlanreize sind oft die variablen Vergütungsmodelle in Unternehmen, die den Gesichtspunkt Compliance außer Acht lassen.

Variable Vergütungsmodelle fordern oft Umsatz um jeden Preis

Stammtischwissen ist, dass nur die hohen Bonus-Anreize der Banker diese zum hochriskanten "Zocken" verführt haben. Mitarbeiter, die reine Umsatzprovisionen verdienen können, ohne dass Kosten oder Risiken einberechnet werden, müssen dieses Signal ihres Arbeitgebers als das verstehen, was es ist: als einen Aufruf, Umsatz "um jeden Preis" zu machen.

Hat hier die Einführung von Compliance inzwischen tatsächlich zu geänderten Verhaltensanreizen geführt? Zwar bestehen heutzutage Verbote, etwaige Geschenke oder jedenfalls solche im Übermaß anzunehmen. Ein bewusster Verstoß zieht oft maximal eine Abmahnung, fahrlässige Verstöße meistens aber gar keine Sanktion oder nicht einmal eine Reaktion nach sich. Bonus oder Provisionen fließen in unveränderter Höhe weiter. Es gibt also einen Widerstreit zwischen Compliance-Verstößen, die oft keine monetären, sondern ausschließlich rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen auf der einen Seite, und variablen Vergütungsmodellen, die in der Praxis im besten Fall neutral zu den Compliance-Vorschriften und schlimmstenfalls gegenläufig dazu wirken auf der anderen Seite. Diese nicht selten offen widersprüchlichen Anreiz- und Sanktionsmechanismen werden in vielen Unternehmen nicht offen thematisiert - und die Mitarbeiter werden mit den daraus resultierenden Interessenkonflikten allein gelassen.

Kaum rechtliche Vorgaben für Vergütungsmodelle

Rechtliche Vorgaben, wie variable Vergütungen zu gestalten sind, gibt es für die Vorstände von börsennotierten Aktiengesellschaften (VorstAG) oder sind im Nachgang der Finanzkrise für den Bankensektor mit der Instituts-Vergütungsverordnung (ehemals MaRisk) entstanden. Andere oder gar konkretere Compliance-Anforderungen für die Immobilienbranche gibt es bisher nicht. Die bestehende arbeitsrechtliche Rechtsprechung zur variablen Vergütung steht auf der Seite der Mitarbeiter und betont deren faire Chance, in Aussicht gestellte Vergütung auch erreichen zu können sowie zugesagte Vergütung nicht einseitig entzogen zu bekommen.

Die Personalabteilung hat zwar oft eine Schlüsselstellung in der Umsetzung von Compliance, aber keine gestaltende. Die dortigen Mitarbeiter/innen müssen allen anderen Kollegen zahllose Unterschriften unter noch zahllosere Compliance-Richtlinien abringen. Compliance-Regelungen wurden also oft nur als zusätzliche Verpflichtung eingeführt, ohne bisherige Systeme "compliant" umzugestalten.

Unternehmen möchten gerne die Motivationsfunktion variabler Vergütung nutzen, sind sich aber der Steuerungsfunktion zu wenig bewusst. Oder sie scheuen gerade deswegen "komplizierte" Modelle unter Einbeziehung multipler Risikofaktoren und Compliancekriterien, da komplexe Modelle angeblich dem einfachen Motivationsanreiz entgegenstehen. Wenn aber Vorgesetzte schon dafür, dass ihre Mitarbeiter ihre Pflicht erfüllen, den Anreiz zusätzlicher Vergütung benötigen, wieso sollen dann sanktionslose Compliancevorschriften eingehalten werden?

Die Vergütungsform, bei der am wenigsten Fehlanreize gesetzt werden, ist das reine Festgehalt. Ebenso wie die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmenserfolg, der unabhängig von individueller Performance an die Belegschaft ausgeschüttet wird. Beides wird nur noch selten genutzt.

In Immobilienverkauf und Vermietung sind Provisionsmodelle an der Tagesordnung. Sie reichen von einfachen Umsatzprovisionen bis zu komplexeren Modellen unter Einberechnung etwaiger Langfrist- und Risikofaktoren. Aber einfache Bonusbezugsgrößen wie die Brutto- oder Nettomiete haben möglicherweise unerwünschte Steuerungswirkungen. Werden zumindest Wertberichtigungen oder Abschreibungen auf Mietforderungen zeitnah berücksichtigt, besteht immerhin kein falscher Anreiz der Vermietung "um jeden Preis". Auch unterschiedliche Ausformungen so genannter Rent Incentives sind für das Unternehmen keineswegs kostenneutral und sollten daher bei der Berechnung von Erfolgshonoraren berücksichtigt werden. Mietreduzierte oder gar mietfreie Zeiten für neue oder verlängerte Mietverträge, (verlorene) Baukostenzuschüsse oder eigene Investitionen zum mietergerechten Umbau sind aber nicht auf die Schnelle vergleichbar. Sie bedürfen vielmehr jeweils einer finanziellen, bilanziellen, steuer- und haftungsrechtlichen Überprüfung durch das Immobilienunternehmen, um negative Effekte für die Zukunft zu vermeiden. Sie verdienen daher dringend Berücksichtigung bei Bonusbezugsgrößen. Fehlen diese, ist den handelnden Mitarbeitern weder moralisch zu verdenken, noch arbeitsrechtlich anzulasten, wenn sie ihr Verhalten den vom Arbeitgeber allein über den Bonusanreiz vorgegebenen Zielen anpassen.

Dagegen helfen auch keine wohlklingenden Compliance-Regularien ohne direkte finanzielle Motivationen oder gar Sanktionen, wenn nicht vielmehr sämtliche Prozesse im Unternehmen auf die erwünschten Verhaltensweisen und Entscheidungspfade gerichtet sind. Dies betrifft insbesondere die variablen Vergütungsmodelle. Viele Mitarbeiter kennen kaum die internen Kontrollvorschriften, aber können jedes noch so kleine Detail der exakten Berechnungsweise des Bonusmodells aufsagen. Liegt hierin nicht ein ungenutztes "pädagogisches Potenzial"? Eine direkte finanzielle Belohnung regelkonformen Verhaltens oder die Sanktion von Verstößen anstatt reiner Appelle - so funktioniert in großen Unternehmen sogar die Erhöhung der Frauenquote im Management durch sonst weniger feministisch geprägte männliche Vorgesetzte.

Engagement der Personaler gefordert

Bei der Umgestaltung variabler Vergütung können sich Personaler in ganzer Linie auch gestaltend einbringen und alle erwünschten arbeitsrechtlichen und personalpolitischen Anreize einrechnen. Dem üblichen "Umsatz abzüglich Kosten abzüglich drohender Kosten aller Art mal Risikofaktor mal Langfristigkeitsfaktor" können auch "abzüglich X Prozent für jeden fehlenden 6-Augen-Check" oder Zusatzpunkte für positive individuelle, nicht-monetäre Performance hinzugefügt werden. Die Ergebnisse eines 360- Grad-Feedbacks oder der tatsächliche Abzug der gesetzlichen Minderungsbeträge für (zu) lange Krankheitsfehlzeiten könnten ebenso eingewoben werden wie Pluspunkte für eine offene Fehlerkultur, gerade um Vertuschen von Fehlverhalten nicht zu befördern. Ob man auch Sanktionen für jeden AGG-Verstoß (nach dem Motto "10 Euro in die Machokasse") aufnimmt, bleibt der Kreativität und den auf Managementebene erarbeiteten, tatsächlichen Bedürfnissen des Unternehmens vorbehalten.

Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen komplexe Regeln: Solange solche Modelle transparent gestaltet sind und zulässiges, gesetzeskonformes und loyales Verhalten befördern, stehen arbeitsrechtliche Vorschriften nicht entgegen. Oft liegt es an mangelnder Kreativität oder an der Scheu vor dem (einmaligen großen) Aufwand, wenn Unternehmen ihr Bonussystem nicht an ihre Unternehmensziele anpassen. Aber auch aus Haftungsgründen empfiehlt sich eine Umgestaltung: Mit Hinweis auf die Leitfunktionen der variablen Vergütung könnten Mitarbeiter derzeit durchaus eine Mitschuld der Unternehmen bei etwaigem Fehlverhalten behaupten und so versuchen, sich selbst aus der Haftung zu entlassen.

Wer nun instinktiv eine "derart engmaschige Überwachung" abwehren will, hat seine eigene Complianceorganisation noch nicht verinnerlicht: Allein das Aufschreiben von Werten und Regeln ändert faktisch nichts. Es muss auch tatsächlich geeignete Systeme geben, die erwünschtes Verhalten fördern und unerwünschtes Verhalten wenn schon nicht verhindern, dann jedenfalls sanktionieren. Welcher Hebel eignet sich dafür besser als die Vergütung? (sma)

Sonja Riedemann

Mehr Rechte für Geschäftsführer

Geschäftsführer sind nicht nur für das Unternehmen zeichnungsberechtigt, sondern sind auch für ihre eigene Absicherung verantwortlich. Die neuere Rechtsprechung gesteht ihnen jedoch auch einige Arbeitnehmerrechte zu.

Geschäftsführer sind nicht nur für das Unternehmen zeichnungsberechtigt, sondern sind auch für ihre eigene Absicherung verantwortlich. Die neuere Rechtsprechung gesteht ihnen jedoch auch einige Arbeitnehmerrechte zu.

Bild: iStockphoto.com/kaisersosa67

Karriere 09.08.2012
Wer den Aufstieg vom Angestellten zum Geschäftsführer geschafft hat, der ist oben angekommen. Der vergrößerte Gestaltungsspielraum spiegelt sich nicht nur in der Verantwortung für das ... 

Wer den Aufstieg vom Angestellten zum Geschäftsführer geschafft hat, der ist oben angekommen. Der vergrößerte Gestaltungsspielraum spiegelt sich nicht nur in der Verantwortung für das Unternehmen, sondern auch in der eigenen Absicherung wider. Denn der Schutz, der bislang durch Arbeitsgesetze gesichert war, fällt weg. Nun gilt es eigenständig zu verhandeln. Doch erste Gerichtsurteile gestehen auch angestellten Geschäftsführern wieder einige Arbeitnehmerrechte zu, erläutert Sonja Riedemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke.

Immobilien Zeitung: Frau Riedemann, für Geschäftsführer gilt wie für Vorstände von Aktiengesellschaften und Leitungen anderer Unternehmensformen kein Kündigungsschutz. Worauf sollten Geschäftsführer bei der eigenen Absicherung achten, bevor sie ihr Arbeitsverhältnis verhandeln?

Sonja Riedemann: Wer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eingeht, sollte auf längere Kündigungsfristen als die üblichen drei Monate bestehen. Dafür bieten sich mehrere Varianten an. Denkbar sind Verträge mit Kündigungsfristen von zwölf Monaten - und dies nur zum Jahresende. Es kann auch verabredet werden, dass der Vertrag in den ersten zwei Jahren gar nicht kündbar ist, oder beides zusammen.

IZ: Was raten Sie Neu-Geschäftsführern mit befristeten Verträgen?

Riedemann: Ein befristeter Vertrag beispielsweise über drei Jahre kann vor Ablauf dieser Zeit nicht gekündigt werden. Das gilt für beide Seiten. Kommt es zum Zerwürfnis, muss das Unternehmen die noch ausstehenden Gehälter bis zum Vertragsende weiterhin zahlen.

Keine Arbeitnehmerrechte

IZ: Es sei denn, es kommt zur fristlosen Kündigung.

Riedemann: Ja, genau. Doch für eine fristlose Kündigung muss ein sehr schwerwiegendes Fehlverhalten nachgewiesen werden, was oftmals nicht vorliegt oder nur schwer nachweisbar ist.

IZ: Worin unterscheidet sich arbeitsrechtlich die Position des Prokuristen von der des Geschäftsführers?

Riedemann: Während der Prokurist noch Arbeitnehmer ist, hat der Geschäftsführer keine Arbeitnehmerrechte mehr: Geschäftsführer erhalten daher auch keinen Arbeitsvertrag, sondern juristisch einen Dienstvertrag, egal ob dieser "Anstellungsvertrag" oder anders genannt wird. Dennoch zeigt die aktuelle Rechtsprechung, dass Arbeitnehmerschutzrechte auch Geschäftsführern mitunter zugebilligt werden.

IZ: Inwiefern?

Riedemann: Der Europäische Gerichtshof hat vor kurzem einer Geschäftsführerin in Lettland, die aufgrund ihrer Schwangerschaft ihre Position verloren hatte, Mutterschutzrechte zugesprochen. In Deutschland verklagte ein Geschäftsführer seinen Arbeitgeber aufgrund von Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Bis vor kurzem hätte keiner gedacht, dass das AGG auch auf Geschäftsführer anwendbar ist. Doch der Mann bekam vom Bundesgerichtshof Recht - und den Ersatz des Verdienstausfalls zugesprochen. Das sind neue Entwicklungen, die sicherlich keine Einzelfälle bleiben werden. Hier müssen Unternehmen also künftig aufpassen und ihre Verträge entsprechend gestalten.

Klauseln mitunter ungültig

IZ: Und für die Geschäftsführer lohnt es sich genau hinzuschauen!

Riedemann: Ja, zumal es eine weitere Entwicklung gibt. Die Verständlichkeit von Arbeits- oder Geschäftsführerverträgen muss inzwischen den gleichen Anforderungen genügen, die dem Verbraucher zum Beispiel die Verständlichkeit des Kleingedruckten, also der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, garantieren soll.

IZ: Was bedeutet das in der Praxis?
"Ein Geschäftsführer kann mit dem Diskriminierungsargument sogar gegen seine Entlassung klagen und bekommt Schadenersatz."

Riedemann: Ist ein Vertrag leicht missverständlich formuliert oder enthält er viele Knebelklauseln wie zum Beispiel "Alle Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten", können die entsprechenden Passagen ungültig sein. Das gilt auch für Verträge von Geschäftsführern, die nicht gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens sind, also so genannte Fremd-Geschäftsführer. Das ist ein weiterer Bereich, in dem die Rechtsprechung immer arbeitnehmerähnlicher wird.

Immer häufiger Mischformen

IZ: Immer häufiger gründen Unternehmen für einzelne Geschäftsfelder eigenständige GmbHs, für die Geschäftsführer eingestellt werden müssen. In der Praxis werden dafür nicht selten Angestellte auf der Ebene der Bereichs- oder Abteilungsleitung oder Fachkräfte der Muttergesellschaft gewählt, die dann in Personalunion für eine einzelne Tochtergesellschaft, beispielsweise für einen Fonds, als Geschäftsführer agieren. Was gilt für diese Personen. Sind sie Angestellte oder Geschäftsführer?

Riedemann: Das kommt auf den Einzelfall an. Es kann Teil des Arbeitnehmervertrags ein, dass eine Geschäftsführerposition bei einer Tochtergesellschaft vorgesehen ist. Agiert der Angestellte als Geschäftsführer jedoch nicht frei, sondern ebenfalls weisungsbefugt, dann ist die Tätigkeit als Angestelltenverhältnis einzustufen - und entbindet die Person im Zweifelsfall von Haftungsrisiken. So selten diese "extremen Ausnahmefälle" laut Rechtsprechung zurzeit sind, so sehr vermute ich, dass diese neue Unklarheit für Arbeitnehmer-Geschäftsführer sich künftig weiter ausbreiten wird.

IZ: Frau Riedemann, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

Sonja Smalian

Plötzlich Prokurist - und was das mit sich bringt

Wer von seinem Arbeitgeber Prokura erhält und fortan zeichnungsberechtigt ist, sollte sich über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen des neuen Amtes vorab informieren.

Wer von seinem Arbeitgeber Prokura erhält und fortan zeichnungsberechtigt ist, sollte sich über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen des neuen Amtes vorab informieren.

Bild: alphaspirit/Fotolia.com

Karriere 26.07.2012
In Zeiten flacher Hierarchien sind die Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen häufig begrenzt. Gleichzeitig wird den Angestellten immer mehr Projektverantwortung übertragen und unternehmerisches ... 

In Zeiten flacher Hierarchien sind die Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen häufig begrenzt. Gleichzeitig wird den Angestellten immer mehr Projektverantwortung übertragen und unternehmerisches Handeln von ihnen erwartet. Damit sie diesen Aufgaben besser gerecht werden können, erhalten Angestellte oftmals Prokura. Die vermeintliche Auszeichnung kann große arbeitsrechtliche Veränderungen mit sich bringen, wie Sonja Riedemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke, erläutert.

Immobilien Zeitung: Frau Riedemann, welche Rechte erhält ein Angestellter wenn ihm Prokura verliehen wird?

Sonja Riedemann: Mit dem Zeitpunkt der Ernennung zum Prokuristen darf der Angestellte das Unternehmen nach außen rechtsgültig vertreten. Die Ernennung wird zusätzlich im Handelsregister eingetragen.

IZ: Welche Formen von Prokura sind üblich?

Riedemann: Es gibt sowohl Einzelprokura wie auch gemeinschaftliche Prokura. Gerade bei großen Unternehmen wird allein schon aus Compliance-Gründen häufiger gemeinschaftliche Prokura verliehen, um ein Mehr-Augen-Prinzip sicherzustellen.

Unternehmen können intern die Rechte des Prokuristen begrenzen

IZ: Gibt es rechtliche Einschränkungen für den Prokuristen?

Riedemann: Das kann und muss das Unternehmen selbstständig regeln. Zunächst gilt, dass der Prokurist im Außenverhältnis sowohl brancheninterne wie auch branchenübergreifende Geschäfte abschließen darf. Er ist also nach dem Handelsgesetzbuch nicht eingeschränkt. Es kann aber sein, dass das Unternehmen intern vertraglich festgelegt hat, dass der Prokurist nur zeichnungsberechtigt ist bis zu einer Höhe von beispielsweise 50.000 Euro. Für den Außenstehenden ist diese Einschränkung jedoch nicht erkennbar. Überschreitet der Prokurist seine intern festgesetzten Grenzen, dann sind seine abgeschlossenen Verträge trotzdem rechtsgültig - der Prokurist ist aber wohl schnell seinen Job los.

IZ: In welchen Geschäftssituationen kommt Prokura häufig zum Einsatz?

Riedemann: Zum einen, um Arbeitsabläufe bei der Abwesenheit des Geschäftsführers zu optimieren. Zum anderen ist es ein adäquates Mittel für ausländische Unternehmen, die sich in Deutschland engagieren. Solange sie hier noch keinen Geschäftsführer haben, können sie sich hier von einem Angestellten vertreten lassen.

IZ: Verleiht ein Unternehmen seinem Mitarbeiter Prokura, ist das auch eine besondere Form der Auszeichnung. Worauf sollte der Arbeitnehmer aus arbeitsrechtlicher Sicht achten?

Riedemann: Ein Zeichen der Wertschätzung ist es sicherlich, doch die geht nicht immer mit einer Gehaltserhöhung einher. Es ist sehr von der Unternehmensgröße abhängig, ob mit der Prokura nicht nur mehr Verantwortung einhergeht, sondern auch mehr Geld aufs Konto fließt. Arbeitsrechtlich kann sich die Situation dafür entscheidend ändern, auch wenn der Prokurist in der Praxis häufig keinen neuen Arbeitsvertrag bekommt. Mitunter wird er durch die Prokura zum leitenden Angestellten, und zwar im arbeitsrechtlichen Sinne.

"Prokura kann den Kündigungsschutz aufheben."
IZ: Und das heißt?

Riedemann: Es entfallen bestimmte arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen. Beispielsweise können sich leitende Angestellte nicht in den Betriebsrat wählen lassen und das Arbeitszeitgesetz hat keine Gültigkeit, d.h. Überstunden sind zulässig. Auch der Kündigungsschutz ist stark ausgedünnt.

IZ: Welche Folgen hat das?

Riedemann: Vor der Beförderung sollte sich der Angestellte kritisch fragen, welche Motivation hinter der Ernennung steht. Denn es ist auch eine Möglichkeit, langjährige, unkündbare Mitarbeiter in eine unsichere, also eine abschussreife Position zu befördern. Das sollte jeder angehende Prokurist im Hinterkopf haben.

Wer Personalentscheidungen trifft, ist leitender Angestellter

IZ: Welche Merkmale kennzeichnen den leitenden Angestellten?

Riedemann: Wenn der Prokurist auch selbstständig Einstellungen und Entlassungen vornehmen kann, dann ist das ein typisches Kennzeichen. Das gilt auch, wenn die Personalentscheidungen von den gemeinschaftlichen Prokuristen vorgenommen werden können.

IZ: Der Prokurist steht sicherlich auch in der Haftung?

Riedemann: Ja. Bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit wird er anteilig oder sogar voll in die Haftung genommen. Wer seine Unterschrift unter ein Schriftstück setzt, muss das also vorher genau prüfen. Ein Verstecken hinter dem Geschäftsführer ist in dieser Hierarchieposition nicht mehr zulässig.

IZ: Frau Riedemann, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sonja Smalian.

In Kürze erscheint ein weiterer Artikel zu den arbeitsrechtlichen Veränderungen vom Angestellten zum Geschäftsführer.

Sonja Smalian